Forum: HF, Funk und Felder Ausbreitungsgeschwindigkeit in Kupfer


von Bernhard G. (bgwh)


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Hallo zusammen,

  beschäftige mich gerade mit HF-Technik und da bin ich auf eine völlig 
essentielle Frage gestoßen, die ich aber im Internet bislang nirgends 
ordentlich beantwortet, gefunden habe.

Im wesentlichen geht es um die Wellenausbreitung in Kupferleitungen.

Ich werde etwas allgemeiner anfangen, um meine Frage besser schildern zu 
können. Die Lichtgeschwindigkeit im Vakkum ist ja etwa 3*10^8 m/s und 
laut Einstein ist dies die höchste Geschwindigkeit mit der 
Energie/Information übertragen werden kann. Da ja Licht auch eine 
elektromagnetische Welle ist, kann man ja dieses Wissen auf die 
Leitungstheorie ummünzen.
Es geht mir jetzt darum Formeln zu finden, um die Phasengeschwindigkeit 
in verschiedenen Materialen berechnen zu können.

Ich habe einmal gelesen, dass z.B. die Phasengeschwindigkeit in Kupfer 
etwa 2/3*c0 ist. Allerdings würde ich dies gerne mathematisch bewiesen 
haben, dazu habe ich folgende Formeln, die mir dabei behilflich sein 
müssten:

 v_ph = co/(sqrt(mu_r*eps_r))   sowie  lamda = v_ph/f

Ich möchte es an zwei Beispielen berechnen: 1. Koaxialkabel und 2. 
Kupferleitung auf einem PCB.


1. Nehmen wir als erstes ein Koaxialkabel. Da ist es ja so, dass der 
Innenleiter und der Mantel die Stromleitungen sind und sich das 
elektromagnetische Feld und damit die Nuzleistung, über das Dielektrikum 
ausbreitet!? (Poynting-Vektor)
Dazu habe ich jetzt auch in Wikipedia gefunden, dass man da auf die 
2/3*c0 kommt, aufgrund des verwendenten Dielektrikums, z.B. Teflon 
eps_r=2. Dies ist mir also klar.

2. Aber der viel viel interessantere Teil für mich ist nun, wie man die 
Ausbreitungsgeschwindigkeit auf einer handelsüblichen Kupferleitung auf 
einem PCB berechnet?
Ich meine man hat ja auch dort bei hohen Frequenzen (z.B. GHz) 
Wellenphänomene, die berücksichtigt werden müssen. Dementsprechend 
müssen doch die oben genannten Formeln auch hier anwendbar sein!?
Jetzt stellt sich aber die Frage mit welcher v_ph muss ich rechnen, um 
die Wellenlänge auf meinem PCB berechnen zu können?
Denn folgende Formel
    v_ph = co/(sqrt(mu_r*eps_r))
ist ja wohl schwer anwendbar, da eps_r für einen elektrischen Leiter ja 
riesig groß wird und ich im Internet auch keine Angabe für eps_r von 
Kupfer gefunden habe.
Jetzt ist die Frage, ob ich hier aber mu_r & eps_r von Kupfer anwenden 
muss, oder ähnlich wie bei der Koaxialleitung die Parameter des 
dazwischenliegenden Materials zwischen Hin-und Rückleiter verwenden 
muss, z.B. Luft oder Material aus dem das Board ist?

Ich hoffe ich habe mein Problem verständlich geschildert und würde mich 
über jegliche Antwort freuen.

Schoene Gruesse
  Bernhard

von Stephan (Gast)


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c^2 = 1/(u*e)

e: dielektrizitätskonstante
u: permeabilitätskonstante
c: lichtgeschwindigkeit

von Stephan (Gast)


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sorry, hatte nicht gesehen, dass du schon weiter warst

von nicht "Gast" (Gast)


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Bernhard G. schrieb:
>
> 2. Aber der viel viel interessantere Teil für mich ist nun, wie man die
> Ausbreitungsgeschwindigkeit auf einer handelsüblichen Kupferleitung auf
> einem PCB berechnet?

Nun auch dort breiten sich die EM-Wellen im Dieelektrikum (PCB und 
umgebende Luft) aus und nicht im Metall selbst. Die effektive 
Dieelektrizitätskonstante hängt von der Geometrie ab und liegt 
(logischerweise) zwischen der von Luft und FR4 (oder was auch immer du 
als Platinenmaterial verwendest).

von Bernhard G. (bgwh)


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@nicht:

>
> Nun auch dort breiten sich die EM-Wellen im Dieelektrikum (PCB und
> umgebende Luft) aus und nicht im Metall selbst. Die effektive
> Dieelektrizitätskonstante hängt von der Geometrie ab und liegt
> (logischerweise) zwischen der von Luft und FR4 (oder was auch immer du
> als Platinenmaterial verwendest).

Danke für deine Antwort.

okay, das habe ich schon vermutet. Allerdings würde dies ja bedeuten, 
dass du die Ausbreitungsgeschwindigkeit vollkommen beeinflussen kannst, 
indem du den hin- und rücklaufenden Leiter anders legst? Und auch, dass 
der Informationsfluss, dann eigentlich über die Luft bzw. PCB geht und 
nicht über die Leitung? Kann man das so sagen? (bei Koax-Kabel tut man 
es ja)

Weiters müsste diese Betrachtung dann ja auch im NF-Bereich gelten!?

von nicht "Gast" (Gast)


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Bernhard G. schrieb:
> ... Und auch, dass
> der Informationsfluss, dann eigentlich über die Luft bzw. PCB geht und
> nicht über die Leitung? Kann man das so sagen? (bei Koax-Kabel tut man
> es ja)

Naja, was heisst schon "Informationsfluss"? Der Leistungstransport 
geschieht tatsächlich über die EM-Wellen im Dieelektrikum und die 
Metallstrukturen dienen der Führung dieser Wellen (und tragen 
hauptsächlich zu den Verlusten bei).

von Bernhard G. (bgwh)


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nicht "Gast" schrieb:
> Naja, was heisst schon "Informationsfluss"? Der Leistungstransport
> geschieht tatsächlich über die EM-Wellen im Dieelektrikum und die
> Metallstrukturen dienen der Führung dieser Wellen (und tragen
> hauptsächlich zu den Verlusten bei).

ja okay, Leistungstransport passt besser.
Das ist echt interessant.

Bedeutet dies dann auch, dass man in der HF-Technik "zusammengehörende" 
Leitungen immer möglichst parallel führt, um ein möglichst konstantes 
Verhalten zu erreichen?

In der NF-Technik ignoriert man dies ja vollkommen und deswegen fehlen 
mir da auch die Erfahrungen.

von HF-Werkler (Gast)


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Hallo,
in der HF-Technik auf Platinen nutzt man sehr gerne definierte 
Bedingungen (und Strukturen), damit das Entwickeln nicht zur 
3D-Feldsimulation verkommt.

Daher werden dort oft 50 Ohm Leitungen (standardisierte Messtechnik) 
genutzt. Das Epsilon R (Materialkonstante) und die Leiterbahnbreiten 
(Kapazität/Induktivität) bestimmen dabei die Impedanz. Da man keine 
Impedanzsprünge haben will, (ausser man will etwas bestimmtes damit 
erreichen, z.B. Anpassung oder Filter), werden im HF-Bereich immer beide 
Leitungsteile (Hin- und Rückleiter) berücksichtigt und meist möglichst 
konstant gehalten und "parallel" geführt. Jede Abweichung davon führt zu 
einer sog. Stossstelle, an der ein Teil der Leistung reflektiert wird. 
Das ist meist eher unerwünscht, kann aber auch für bestimmte Aufgaben 
genutzt werden.

Die Erfordernis ist an die Wellenlänge gekoppelt. In der NF-Technik ist 
diese so gross, dass die Platine kaum in nennenswerte Bruchteile davon 
fällt. Daher kann man dort auch beliebig mit der Impedanz "spielen".

Relevant ist die Leitungslänge/Leitungsimpedanz so ab ca. Lambda/10 
(Faustformel).

Gruss

von nicht "Gast" (Gast)


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Ganz richtig. Man bevorzugt bei der Parallelführung aber Leitungen 
übereinander statt nebeneinander (auf das PCB bezogen). Konkret führt 
man Leitungen über einer möglichst durchgehenden Massefläche (aka Ground 
Plane). Der "Rückstrom" "sucht" sich hier den Weg des geringsten 
Widerstandes - bei HF den der geringsten Induktivität. Und dieser Weg 
liegt unter der "Hinleitung".

von Bernhard G. (bgwh)


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Vielen vielen Dank euch beiden.

Hat mir echt sehr weitergeholfen!!

Schoene Gruesse
  Bernhard

von HF-Werkler (Gast)


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nicht "Gast" schrieb:
> ... Der "Rückstrom" "sucht" sich hier den Weg des geringsten
> Widerstandes - bei HF den der geringsten Induktivität.
Ich würde mal eher sagen, den der höchsten Kapazität zwischen den 
Leitern.

Beispiel: Man lege eine HF-Leitung über einer Massefläche in einer 
Mäanderstruktur. Der Rückstrom wird keinesfall den direkten Weg 
(geringste Induktivität) zwischen Ein- und Ausgang nehmen, sondern dem 
Weg des Leiters auch auf der Massefläche folgen (höchste Kapazität bzw- 
elektrische Feldstärke).

von nicht "Gast" (Gast)


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Ich habe nicht behauptet, dass der Strom den kürzesten Weg nimmt, 
sondern den unter der Hin-Leitung. Da besteht kein Widerspruch zu deiner 
Aussage.

von HF-Werkler (Gast)


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Du steht aber bei dir "geringste Induktivität" und das ist nicht 
korrekt, oder?

von John D. (Gast)


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Und die hast du ja nicht wenn der Rückleiter den kürzesten Weg nimmt, 
sondern wenn Hin- und Rückleitung möglichst eng aneinander geschmiegt 
sind.

von HF-Werkler (Gast)


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Also für mich ist der Rückweg unter dem Hinleiter, der Weg der 
geringsten Impedanz der Leitung.

;-)

von Bonzzo (Gast)


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Zurueck zur Frage. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle ist auf der 
Oberflaeche, nicht im Material. Die Elektronengeschwindigkeit im 
Material ist Millimeter pro Sekunde. Eine Welle breitet sich auf einer 
Geometie aus. Die Geometrie bestimmt die Impedanz. Das Material ist 
nicht dermassen wesentlich. Ob man nun Alu, Kupfer, Silber, oder PEC 
(perfect electronic conductor) nimmt, ist den Wellen egal. Von den 
leitergebundenen Wellenleitern gibt es solche, die koennen TEM 
(transversal elektromagnetisch), dann benoetigen sie mindestens zwei 
unabhaengige Oberflaechen, oder es sind TM (transversal magnetisch) oder 
TE(transversal elektrisch) Wellen. Der einfachste Fall ist die 
Zweidrahtleitung, und das Koax. Die Impedanz ist eine Frage der 
Geometrie, die Ausbreitungsgeschwindigkeit ist eine Frage der Geometrie 
und der Parameter. Aufgrund der Felder kann man der Leitung einen 
Kapazitaetsbelag(pF/m) und einen Induktivitaetsbelag(nH/m) zuweisen. Die 
Ausbreitungsgeschwindigkeit ist etwas wie 1/(sqrt(L*C)). Dh mit viel L 
und viel C kann man die Welle langsam machen.

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