Forum: HF, Funk und Felder Leitung als Impedanztransformatoren


von Bernhard G. (bgwh)


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Hallo,

  ich bin gerade dabei mir die HF-Technik etwas genauer anzueignen und 
da bin ich in einem Buch (Heuermann-Hochfrequenztechnik) auf folgenden 
Satz gestoßen:
"Die Aufgabe eines Impedanztransformators ist es, zwei unterschiedliche 
Impedanzen mittels einer Zweitorschaltung reflexionsfrei aneinander 
anzupassen".

Und ich verstehe nicht, warum dies reflexionsfrei ist? Nehmen wir als 
erstes Beispiel den Gamma-Impedanztransformator (L+C), der wird ja dazu 
verwendet, um die Eingangsimpedanz so zu verändern, dass sie dem 
Wellenwiderstand der Leitung entspricht und man so Anpassung erreichen 
KANN, aber noch nicht angepasst ist. Also die Definition, dass bereits 
der Impedanztrafo reflexionsfrei angepasst ist, finde ich dann ja nicht 
ganz richtig!?

Noch verwirrender ist es meiner Meinung nach bei Leitungen als 
Impedanztransformatoren, nehmen wir als erstes Beispiel den 
lambda/2-Trafo (mir ist klar, dass dies im eigentlichen Sinne keine 
Impedanztrafo ist, sondern nur Eingangswiderstand=Ausgangswiderstand 
erreicht), Aber warum sollte man da reflexionsfrei angepasst sein? Ich 
meine das würde ja dann bedeuten, dass egal was für einen 
Abschlusswiderstand ich habe, einfach eine lambda/2 leitung anhänge und 
schon bin ich angepasst. Aber das ist ja Blödsinn!? Ich würde ja eher 
behaupten, dass durch die Tatsache, dass die Impedanz konstant bleibt 
auch der Reflexionsfaktor am Anfang und am Ende konstant bleibt, aber 
man sicher nicht r=0 erreicht!?

Ich hoffe ich habe meine Frage ausführlich beschrieben und hoffe auf 
reichlich antworten. :)

Sg Bernhard

von Purzel H. (hacky)


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Gehe mal von einer festen Frequenz aus. Bandbreite gegen Null.

von BGWH (Gast)


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Zwei von Drei schrieb:
> Gehe mal von einer festen Frequenz aus. Bandbreite gegen Null.

Ja klar das mache ich eh. Aber das hilft mir jetzt leider nicht wirklich 
weiter..

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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HI, Bernhard,

Deine Frage klingt vernünftig und verdient eine vernünftige Antwort.

> "Die Aufgabe eines Impedanztransformators ist es, zwei unterschiedliche
> Impedanzen mittels einer Zweitorschaltung reflexionsfrei aneinander
> anzupassen".
>
> Und ich verstehe nicht, warum dies reflexionsfrei ist?

Deine Frage ist völlig berechtigt und völlig richtig.
Ein einfacher Impedanztransformator ist lambda/4 lang. Der 
Wellenwiderstand Zk dieser Strecke wird ausgelegt auf Zk = sqrt(Zein * 
Zaus), also auf das geometrische Mittel der zu koppelnden Impedanzen.

Über diese Strecke liefert er der Signalquelle gleich zwei Reflexionen, 
aber gleichen Betrages und mit einem Phasenunterschied von Lambda/2.
Deshalb löschen die beiden sich gegenseitig aus, und der 
Lehrbuchschreiber hat in seinem Bestreben nach Simplifizierung wieder 
Recht.
Und Du ebenso mit Deinem Zweifel an dieser Lehrbuchweisheit.

Aber äußere solche Zweifel an Lehrbuchweisheiten hier nicht allzu laut, 
hier im Forum gibt es einige Deppen, denen die Einbände ihres 
Physiklehrbuchs die Grenzen ihrer Welt sind und die fanatisch jeden 
jagen, der den geheiligten Lehrsätzen widerspricht. I bäh.

Übrigens der Ansatz zur Erklärung: Die Fragestellung "wie funktioniert 
ein Lambda/4-Koppler?" Versetz Dich in die Situation der ankommenden 
Welle, sei Dir bewusst, wie Du nach den physikalischen Gesetzen 
reagieren müsstest und pass auf, wie Dir geschieht.
Aber habe auch die Weitsicht und Geduld, das Ergebnis aller 
Impedanzsprünge abzuwarten, bis Deine Welle am Ausgang angekommen ist.

In der Mikrowellentechnik gibt es da nämlich mehrere Überraschungen, an 
denen mentale Flachlochbohrer ohne diese Geduld zum Lehrbuchfanatiker 
mutieren.

Mich beschleicht der Verdacht, im Zuge der Verbilligung des Studiums 
würde nur noch die Lehrbuchweisheit gelehrt statt den Studenten das 
Verständnis, wie die zu Recht zustande kommen.

Cioa
Wolfgang Horn

von Bernhard G. (bgwh)


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Hi Wolfgang,

  erstmals vielen Dank für deine Antwort.

Wolfgang Horn schrieb:
>
> Über diese Strecke liefert er der Signalquelle gleich zwei Reflexionen,
> aber gleichen Betrages und mit einem Phasenunterschied von Lambda/2.
> Deshalb löschen die beiden sich gegenseitig aus, und der
> Lehrbuchschreiber hat in seinem Bestreben nach Simplifizierung wieder
> Recht.
> Und Du ebenso mit Deinem Zweifel an dieser Lehrbuchweisheit.

Okay, das bedeutet, dass durch den Anschluss an die lambda/4 Leitung 
nicht zusätzliche Reflexionen entstehen (obwohl ja Impedanzsprung 
passiert)? Ich meine angenommen ich habe einen (reellen) 
Abschlusswiderstand (Za) von 30Ohm und die lambda/4-Leitung hat einen 
(reellen) Wellenwiderstand Zl von 50Ohm, dann wird die Ausgangsimpedanz 
zu einen Eingangswiderstand Ze = Zl^2/Za = 50^2/30 = 83.33 Ohm 
transformiert. Aber wenn ich hier eine 50Ohm Leitung anhänge habe ich ja 
sehr wohl wieder Reflexionen. Also wo ist da jetzt der große Vorteil 
bzw. wie wird dies genützt?

Und auch die Verwendung vom lambda/2-Trafo ist mir nicht ganz klar. Ich 
meine mit dem erreiche ich doch "nur", dass Ze=Za ist und 
dementsprechend der Reflexionsfaktor am Ausgang und Eingang gleich 
bleibt (ist ja eine volle Umdrehung im Smith-Diagramm)?

Wäre sehr nett, wenn du mir da auch noch auf die Sprünge helfen 
könntest.

Sg Bernhard

von Purzel (Gast)


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Mit einer Lambda/2 Transformation kann man einen Kurzschluss in einen 
Offenen und umgekehrt transformieren.

von Bernhard G. (bgwh)


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Purzel schrieb:
> Mit einer Lambda/2 Transformation kann man einen Kurzschluss in einen
> Offenen und umgekehrt transformieren.

Nein, das geht mit einer lambda/4 Leitung. Nach lambda/2 hat man ja 
wieder selben Punkt der Welle wie am Ende bzw. Anfang.

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Hi, Bernhard,

>> Über diese Strecke liefert er der Signalquelle gleich zwei Reflexionen,
>> aber gleichen Betrages und mit einem Phasenunterschied von Lambda/2.
>> Deshalb löschen die beiden sich gegenseitig aus, und der
>> Lehrbuchschreiber hat in seinem Bestreben nach Simplifizierung wieder
>> Recht.
>> Und Du ebenso mit Deinem Zweifel an dieser Lehrbuchweisheit.
>
> Okay, das bedeutet, dass durch den Anschluss an die lambda/4 Leitung
> nicht zusätzliche Reflexionen entstehen (obwohl ja Impedanzsprung
> passiert)?
Ah grrr, die Irritationen der Mikrowelle!
Angenommen, Du willst mit einer Lambda/4-Leitung von 50 auf 100 Ohm 
transformieren.
Dann legst Du die Leitung auf 71 Ohm aus. Damit hast Du einen erste 
Reflektion 50-71 - und nach einer halben Wellenlänge kommt die zweite 
Reflektion 71-100 hinterher und löscht die erste Reflektion aus.

Aber nur, wenn Du am Ausgang auch 100 Ohm hast, sonst hast Du Fehler.

> Und auch die Verwendung vom lambda/2-Trafo ist mir nicht ganz klar.
Den kenne ich gar nicht.

Ciao
Wolfgang Horn

von Bernhard G. (bgwh)


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Hi Wolfgang,

Wolfgang Horn schrieb:

> Ah grrr, die Irritationen der Mikrowelle!
> Angenommen, Du willst mit einer Lambda/4-Leitung von 50 auf 100 Ohm
> transformieren.
> Dann legst Du die Leitung auf 71 Ohm aus. Damit hast Du einen erste
> Reflektion 50-71 - und nach einer halben Wellenlänge kommt die zweite
> Reflektion 71-100 hinterher und löscht die erste Reflektion aus.
>
> Aber nur, wenn Du am Ausgang auch 100 Ohm hast, sonst hast Du Fehler.

Okay, jetzt hab ich's. Danke dir vielmals.

von Martin (Gast)


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Wolfgang Horn schrieb:
> Ah grrr, die Irritationen der Mikrowelle!

Was hat das denn mit Mikrowelle zu tun?

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Oh, Martin,

>> Ah grrr, die Irritationen der Mikrowelle!
>
> Was hat das denn mit Mikrowelle zu tun?

Der Stoßseufzer hat tatsächlich etwas mehr mit Leitungstheorie zu tun, 
aber die kenne ich nun mal weniger aus pupinisierten Leitungen, sondern 
aus Wellenlängen unter 30cm.

Ciao
Wolfgang Horn

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