Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Vertrauensarbeitszeit


von Umsteiger (Gast)


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Servus,

mir liegt ein Arbeitsvertrag vor, es wird Vertrauensarbeitszeit 
vereinbart, dh. es findet keine Zeiterfassung o.ä. statt. Man ist in der 
Gestaltung seiner Arbeitszeit relativ frei, solange man die vereinbarten 
Ziele erreicht. Soweit klingt das ja nett, aber irgendwie ist mir dabei 
doch etwas unwohl:

Wird das nicht gerne vom AG ausgenützt, indem man durch sehr hoch 
gesteckte Ziele zu Überstunden genötigt wird, die aber nicht wirklich 
abgebaut werden können, da sich ja nicht erfasst werden?

Wer hat Erfahrungen mit solchen Modellen sammeln können?

Danke!

von Kan a. (Firma: Basta) (kanasta)


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Das kommt ganz auf den Betrieb und die Stimmung dort an.

Gehe mal davon aus, das die Arbeitnehmer dort schon ihre
vorgeschriebene Zeit (oder evtl. mehr) absitzen, sonst
würde man mit neuen Angestellten nicht mehr auf
Vertrauensbasis arbeiten.

von Kevin (Gast)


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Wikipedia

von Rudi Radlos (Gast)


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1.Das KLeingedruckte lesen: ob man die auch wieder abschaffen kann, 
falls übermäßig viele Überstunden anfallen.

2.Kollegen und Betriebsrat fragen schadet selten.
3.Trotzdem selbst Stunden notieren um Übersicht zu behalten.

von Promeus (Gast)


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Ich habe das hier auch so. Man ist völlig frei wann man Kommt und Geht, 
allerdings sollte man die Bürozeiten einhalten.
Weder die Arbeitgeberin noch die Arbeitnehmern nutzen das aus. Dadurch 
herrscht hier aber auch ein Super Arbeitsklima.

Firmengrösse ca. 1800 Angestellte.

von Michael S. (technicans)


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Da kann der Chef schnell mal einen Teil oder die ganzen Überstunden
killen und genau aus diesem Grund wird das auch gemacht. In einer Bude
wo ich mal war ist mir nämlich genau das passiert. Manche können damit
leben und arrangieren sich. Da gibts dann auch kein Privatleben mehr, 
sondern nur noch die Firma. Ein Kollege aus der Abteilung kam morgens
immer erst so gegen 10Uhr.

von Michael K. (charles_b)


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Umsteiger schrieb:
> Servus,
>
> mir liegt ein Arbeitsvertrag vor, es wird Vertrauensarbeitszeit
> vereinbart, dh. es findet keine Zeiterfassung o.ä. statt. Man ist in der
> Gestaltung seiner Arbeitszeit relativ frei, solange man die vereinbarten
> Ziele erreicht. Soweit klingt das ja nett, aber irgendwie ist mir dabei
> doch etwas unwohl:
>
> Wird das nicht gerne vom AG ausgenützt, indem man durch sehr hoch
> gesteckte Ziele zu Überstunden genötigt wird, die aber nicht wirklich
> abgebaut werden können, da sich ja nicht erfasst werden?
>
> Wer hat Erfahrungen mit solchen Modellen sammeln können?
>
> Danke!

Genau so ist es, du bist dann für den Output deiner Arbeit 
verantwortlich und kein "Zeiarbeiter" mehr.

Ich hab die Erfahrung, dass man da automatisch MEHR arbeitet als die 
klassischen 40 Stunden. Es gehört also schon ein wenig Mut dazu, die 
Dinge auch mal liegenzulassen.

Ich hab mal von einer "freien" Arbeitszeit zu einer Stelle mit Stechuhr 
gewechselt. Mein Vorgesetzter meinte damals, dass er letzten Monat auch 
schon mal 10 Überstunden gehabt hätte.... Mein Kollege und ich mussten 
fast laut loslachen, weil wir 10 Überstunden locker in einer Woche 
zusammenbekommen hatten - früher eben.

von tron2000 (Gast)


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wir haben Vertrauensarbeitszeit + Kernzeit von 9 bis 17 Uhr. Hinzu kommt 
eine vertraglich festgelegte Arbeitszeit von 40h samt der Floskel 
"eventuelle Mehrarbeit ist mit dem Grundgehalt bereits abgegolten".

Nach 17:30 Uhr ist eigentlich niemand mehr da - dann heißt es von den 
Vorgesetzten fast schon: haben die alle nen halben Tag Urlaub? ;-)

wer freiwillig kostenfreie Überstunden leistet schade nicht nur sich 
selbst, sondern auch den Kollegen, die dazu nicht bereit sind!

Konkrete Zielvereinbarungen gibt es nicht. Es müssen halt Termine 
eingehalten werden. Dann wird halt erwartet, dass man auch mal länger 
bleibt. Habe ich kein Problem mit. Jedoch hat sich bislang immer 
herausgestellt, dass es letztendlich unnötig gewesen ist. Zumal die 
meisten Termine politischer Natur sind und es hier nicht auf 
entwicklungstechnische Details und Feinheiten ankommt. Hauptsache, man 
hat irgendwas. "Man kann es ja später noch als Bugfix beheben (=fertig 
machen)".

von Jens P. (picler)


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Ich habe mal in so einer Firma gejobbt, bei der es Vertrauensarbeitszeit 
gab. Für die normalen Arbeiter war das egal, denn die hatten durchweg 
12h-Schichten und da war nach dieser Zeit auf jeden Fall Schluss. Doch 
die Ingenieure und Verwaltungsleute wurden i.d.R schief angesehen, wenn 
die nach 8 Arbeitsstunden schon wieder gingen. Das führte zu einer 
miesen Stimmung unter den Kollegen.

Es gibt auch andere Formen, wo z.B. die Arbeitszeit zur Kontrolle 
erfasst wird, die Überstunden aber mit dem Gehalt abgegolten sind. Ist 
immer von der Firma abhängig. In einer Firma mit gutem Arbeitsklima ist 
man dabei eher bereit, die eine oder andere Stunde gern mehr zu 
arbeiten. Doch erkläre das mal den Chefs...

von testtest (Gast)


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Ja, das ist ne heikle Sache. Mach dir klar daß es nie bei der 
vereinbarten Zeit bleiben wird und setz dir eine Grenze. Denn 
Überstunden gibt es per Definition nicht die man später abbauen kann. 
Letztendlich läuft es nach Dienst nach Vorschrift aus mit der Gefahr daß 
jemand dein Engagement ausnutzt.

von forenputze (Gast)


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tron2000 schrieb:
> "eventuelle Mehrarbeit ist mit dem Grundgehalt bereits abgegolten".
Diese Floskel wurde kürzlich für Normalarbeiter vor Gericht einkassiert.

Gilt nur für Topleute im Management die wirklich ordentlich Schotter 
bekommen, da lässt man solche Floskeln gelten, sagt das Gericht.

von forenputze (Gast)


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von tron2000 (Gast)


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Ah vielen Dank. Dennoch kann man nicht einfach länger bleiben (wenn 
nicht angefordert), um dann an anderen Tagen diese Mehrarbeit 
abzufeiern. Also z.B. Montag 10h und dann Dienstag 6h. Inoffiziell geht 
das schon - per mündlicher Vereinbarung mit den Vorgesetzten z.B. wenn 
Kinder betreut werden wollen.

von Ulrich S. (voodoofrei)


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Nennt man das eigentlich so, weil der AG darauf vertrauen darf, das der 
AN mehr arbeitet?

von Michael S. (technicans)


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Ulrich S. schrieb:
> Nennt man das eigentlich so, weil der AG darauf vertrauen darf, das der
> AN mehr arbeitet?

Die Arbeitsleistung hat damit nichts zu tun, da es um Anwesenheitszeiten
oder Bereitschaftszeiten geht. Es gibt auch Fälle wo die Chefs die
Arbeit gern in die Freizeit verschieben indem Sie dauernd anrufen
obwohl längst Feierabend ist. Da wird es immer welche geben die das
mit sich machen lassen.

tron2000 schrieb:
> Dennoch kann man nicht einfach länger bleiben

Kommt auf das Arbeitszeitmodell an. Wenn es Gleitzeit ist, geht das
schon. Nur in der Kernarbeitszeit muss man da sein, aber einige
schaffen da auch eine noch flexibelere Vereinbarung.

von Ulrich S. (voodoofrei)


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Michael S. schrieb:
> Nur in der Kernarbeitszeit muss man da sein, aber einige
> schaffen da auch eine noch flexibelere Vereinbarung.

Kommt auf die Tätigkeit an - ein Programmierer kann auch Nachts um 3:00 
coden, das stört keinen, aber die Schnittstellen nach Außen müssen in 
der Firma zu gewissen Urzeiten besetzt sein.

von tron2000 (Gast)


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Ulrich S. schrieb:
> Kommt auf die Tätigkeit an - ein Programmierer kann auch Nachts um 3:00
> coden, das stört keinen

ich kann aber wohl schlecht z.B. Sonntags über remote arbeiten und dann 
den Montag entsprechend kürzer gestalten - eben wegen der langen 
Kernzeit von 9 bis 17 Uhr. Da ist nicht viel Spielraum, höchstens durch 
längere Mittagspausen. Gleitzeit gibt es hier auch nicht.

Außerdem weiß ich gar nicht, inwieweit der Versicherungsschutz gilt, 
wenn ich am Wochenende unaufgefordert in die Firma fahre und beim 
Verlassen vergesse, den Alarm wieder einzuschalten.

von Ulrich S. (voodoofrei)


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Mit externen freiberuflichen Mitarbeitern geht es ja auch: Die liefern 
ihre Arbeit pünktlich ab, das ist alles. Ob diese nur Sonntags ihre 
Arbeit machen ist dabei auch egal, das Ergebnis zählt.

von robocash (Gast)


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Mein Vorstellungsgespräch bei der Softwarefirma M2P: Der Chef legte Wert 
auf Vertrauensarbeitszeit und verbat sich, dass ich meine Stunden im 
eigenen Kalender notieren wollte. Wohl weil ich überhaupt gefragt habe, 
bekam ich die Stelle nicht.

von robocash (Gast)


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robocash schrieb:
> Der Chef legte Wert
> auf Vertrauensarbeitszeit und verbat sich, dass ich meine Stunden im
> eigenen Kalender notieren wollte. Wohl weil ich überhaupt gefragt habe,
> bekam ich die Stelle nicht.

Reds dir nur ein, so wie du dich hier im Forum gibst würd ich dich auch 
nicht einstellen.

von Ausgenutzter (Gast)


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Umsteiger schrieb:
> Wird das nicht gerne vom AG ausgenützt, indem man durch sehr hoch
> gesteckte Ziele zu Überstunden genötigt wird, die aber nicht wirklich
> abgebaut werden können, da sich ja nicht erfasst werden?

Genauso ist es im richtigen Leben. Ich würde da auch ganz genau 
aufpassen und die Zeiten selber protokollieren. Vertrauen muss für beide 
Seiten gelten.

von Jens P. (picler)


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Ausgenutzter schrieb:
> Vertrauen muss für beide Seiten gelten.

Naja, der wertlose Müll, den ein Arbeiter mitnimmt, berechtigt in diesem 
Land zur fristlosen Kündigung des Arbeiters wegen eines gestörten 
Vertrauensverhältnisses. Wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer 
hintergeht, anschreit und beleidigt und monatelang kein Gehalt zahlt, 
dann darf dieser nicht wegen des fehlenden Vertrauens fristlos kündigen. 
Schöne Welt...

von Ausgenutzter (Gast)


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Jens PICler schrieb:
> Naja, der wertlose Müll, den ein Arbeiter mitnimmt, berechtigt in diesem
> Land zur fristlosen Kündigung des Arbeiters wegen eines gestörten
> Vertrauensverhältnisses. Wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer
> hintergeht, anschreit und beleidigt und monatelang kein Gehalt zahlt,
> dann darf dieser nicht wegen des fehlenden Vertrauens fristlos kündigen.
> Schöne Welt...

Deswegen halte ich die Geschichte ohne eigene Kontrolle für sehr 
fragwürdig. Der AG bekommt einen 40h oder mehr AN fürne 35h Bezahlung. 
Das rechne mal aufs Jahr hoch, das sind 2 Monatsgehälter.

von Michael S. (technicans)


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Jens PICler schrieb:
> dann darf dieser nicht wegen des fehlenden Vertrauens fristlos kündigen.

Fristlos nicht, es sei denn das Arbeitsverhältnis kann dir wegen
Rechtsverstößen durch den Arbeitgeber nicht mehr zugemutet werden.
Und Fristgerecht kannst du IMMER kündigen. Wenn es plausibel begründet
wird bekommst du auch Stütze anstatt einer Sperre. Unter Umständen
muss man den Sachverhalt durch Fakten oder Zeugen dem Amt gegenüber
glaubhaft machen. Wenn ein Arbeitgeber z.B. eine Mitarbeiterin sexuell 
belästigt kann sie sogar ohne Folgen die Arbeit verweigern und vom 
Arbeitsplatz fern bleiben, aber es hängt wirklich auch ein wenig
von den Umständen ab. Behaupten allein wird nicht reichen, könnte
ich mir denken. Manchmal ein Wanderung auf schmalem Grat.

von Marx W. (Gast)


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Ulrich S. schrieb:
> Mit externen freiberuflichen Mitarbeitern geht es ja auch: Die liefern
>
> ihre Arbeit pünktlich ab, das ist alles. Ob diese nur Sonntags ihre
>
> Arbeit machen ist dabei auch egal, das Ergebnis zählt.

Genau, und du liegst eh nur in der Sonne rum.

von Dipl-Inf (Gast)


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tron2000 schrieb:
> wir haben Vertrauensarbeitszeit + Kernzeit von 9 bis 17 Uhr.

Da hat man ja extrem viel Spielraum für "Vertrauen" ... ;-)

Das wird euch vermutlich noch als flexibles Arbeitszeitmodell verkauft 
mit 8h Kernzeit?


Ulrich S. schrieb:
> Nennt man das eigentlich so, weil der AG darauf vertrauen darf, das der
> AN mehr arbeitet?

Das ist auch meine Vermutung :)

von Marx W. (Gast)


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Dipl-Inf schrieb:
> Das wird euch vermutlich noch als flexibles Arbeitszeitmodell verkauft
>
> mit 8h Kernzeit?

Is doch Easy, die AN müssen min 8 h in der Firma sein.
8h- 0,5h wg Pause mal 5 Tagewoche macht ne 37,5h Woche!

HeHeHeHeh, der Chef is echt cool!!!!!

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