Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Grundlagenfrage Schaltregler-Layout / Ausgangsindutkivität


von miko l. (miko-la)


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Hallo,

ich hoffe ich bin hier mit meiner Frage richtig. Konnte mich nicht so 
recht zwischen Analog, Platinen und HF entscheiden.


Zu meiner Frage:

Beim Layout von Schaltreglern versucht man ja, sich durch geschickte und 
kurze Leiterbahnführung möglichst WENIG Induktivitäten einzuhandeln 
(siehe z.B. 
http://www.lothar-miller.de/s9y/categories/40-Layout-Schaltregler ) um 
bei den Schaltvorgängen keine ungewollten Spannungsspikes am Ausgang zu 
haben.

Nun sitzt aber im Ausgang (ich beziehe mich wieder auf den obigen Link) 
doch eine Induktivität mit in der Schaltung, deren Induktivität (in der 
Regel > 1 µH) doch wesentlich höher ist als das, was im gleichen Zweig 
durch die Leiterbahnführung (Faustformel 1 nH / mm) zustande kommt.

Wieso ist die Leiterbahninduktivität störend (klar, V = L * dI / dt), 
aber die Ausgangsinduktivität ist es nicht?


Wahrscheinlich eine dämliche Frage, aber das Brett vor dem Kopf sitzt 
verdammt fest...

: Verschoben durch Moderator
von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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miko l. schrieb:

> ich hoffe ich bin hier mit meiner Frage richtig. Konnte mich nicht so
> recht zwischen Analog, Platinen und HF entscheiden.

Ich hab's mal nach "Analog" geschoben, Spannungsregelung ist ein
typisches Thema dort, auch mit schaltenden Reglern.

> Wieso ist die Leiterbahninduktivität störend (klar, V = L * dI / dt),
> aber die Ausgangsinduktivität ist es nicht?

Leiterbahninduktivitäten in Reihe mit der Speicherdrossel stören
überhaupt nicht. ;-)

Allerdings gibt es genügend andere Stellen, bei denen man eben
keinen zusätzlichen Spannungabfall bei Stromspitzen haben will, und
dort muss man große Induktivitäten vermeiden.  Das trifft natürlich
ganz besonders auf den Massepfad zu.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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miko l. schrieb:
> Wieso ist die Leiterbahninduktivität störend (klar, V = L * dI / dt),
> aber die Ausgangsinduktivität ist es nicht?
Diese "Ausgangsinduktivität" ist nicht einfach irgendein "Filter", 
sondern ein Energiespeicher, der zuerst mal aus der Eingangsquelle 
"geladen" wird, um diese gespeicherte Energie später wieder abzugeben.
Und wie schon erwähnt: dort stört eine zusätzliche Induktivität 
natürlich nicht (in anderen Pfaden durchaus), aber weil jeder der drei 
Stromkreise eine Spule ist, kann diese eine Wicklung auch ein Magnetfeld 
aussenden. Und das ist störend und sollte unterbunden werden. Und das 
geht natürlich nur mit möglichst kurzen Leitungen und kompakten 
Schleifen.

von miko l. (miko-la)


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OK, war ich wohl doch verkehrt - danke fürs Verschieben!


Jörg Wunsch schrieb:
> Leiterbahninduktivitäten in Reihe mit der Speicherdrossel stören
> überhaupt nicht. ;-)

Und eben weil ich das eigentlich genauso sehe, verwirrt es mich ja :)
In dem Link von Lothar Miller (aber auch in anderen Quellen) heißt es, 
dass u.a. der Leerlaufkreis keine große Schleife bilden soll.

Unter dem Leerlaufkreis verstehe hier ich den Strompfad der beim 
Abschalten des Schalttransistors "aktiv" wird, also wenn die 
Speicherdrossel den "gespeicherten" Strom liefert, weil sie den 
Stromfluss aufrechterhalten will. Der Leerlaufkreis setzt sich zusammen 
aus Diode, Speicherdrossel und Ausgangskondensator (siehe im Link von 
Lothar Miller das zweite Bild, oranger Kreis).

Ist die Leiterbahninduktivität in dem Kreis nicht eigentlich fast 
vollkommen egal (solange sie deutlich unter der Induktivität der 
Speicherdrossel liegt)?

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Wie Lothar schon schrieb: entscheidend ist dort nicht so sehr die
Induktivität selbst, sondern vielmehr die umschlossene Fläche,
denn diese generiert ein Magnetfeld, das anderswo Störungen
verursachen kann.

von miko l. (miko-la)


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Da habe ich zu lange zum Tippen gebraucht, die letzten beiden Antworten 
hatte ich vorher noch nicht gesehen. Danke @Lothar und Jörg!

Lothar Miller schrieb:
> Und wie schon erwähnt: dort stört eine zusätzliche Induktivität
> natürlich nicht (in anderen Pfaden durchaus), aber weil jeder der drei
> Stromkreise eine Spule ist, kann diese eine Wicklung auch ein Magnetfeld
> aussenden.

Danke schonmal so weit!

Ich muss zugeben, dass die Grundlagen über Magnetfelder bei mir etwas 
wackelig sind. Aber habe ich nicht ein größeres Magnetfeld, wenn ich die 
Induktivität in einem Stromkreis erhöhe? Was machen dann z.B. 50 nH mehr 
an Leiterbahninduktivität, wenn die Speicherdrossel bereits 10 µH hat?

Ok, es gibt geschirmte Speicherdrosseln - oder wären eben genau diese 
die Antwort auf meine Frage? Oder kann ich davon ausgehen, dass die 
Feldlinien im Kern bleiben? Ich stehe irgendwo auf dem Schlauch.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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miko l. schrieb:
> Ok, es gibt geschirmte Speicherdrosseln - oder wären eben genau diese
> die Antwort auf meine Frage? Oder kann ich davon ausgehen, dass die
> Feldlinien im Kern bleiben?

Genau dies tun sie bei einer geschirmten Drossel.  Das will man auch
schon deshalb, weil sich dann eine gute Packungsdichte ergibt.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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miko l. schrieb:

> In dem Link von Lothar Miller (aber auch in anderen Quellen) heißt es,
> dass u.a. der Leerlaufkreis keine große Schleife bilden soll.

> Der Leerlaufkreis setzt sich zusammen
> aus Diode, Speicherdrossel und Ausgangskondensator (siehe im Link von
> Lothar Miller das zweite Bild, oranger Kreis).

> Ist die Leiterbahninduktivität in dem Kreis nicht eigentlich fast
> vollkommen egal

Kommt drauf an, wo im Stromkreis deine parasitäre Induktivität liegt. 
Zwischen Speicherdrossel und Ausgangs-C ist egal, denn hier fließt ja 
immer der gleiche Strom wie in der Speicherdrossel.

Nicht egal ist z.B. die zwischen Diode und Ausgangs-C. Denn wenn die 
Speicherdrossel "aufgeladen" wird, fließt hier kein Strom. Beim Wechsel 
in die Entladephase fließt Strom und "lädt" jetzt die parasitäre 
Induktivität auf. Genau das willst du aber nicht. Du willst die Energie 
in den Ausgangs-C schieben und nicht in eine parasitäre Induktivität.


XL

von miko l. (miko-la)


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Danke für die Antworten!

@Axel: So weit habe/hätte ich es jetzt auch verstanden. Der kritischste 
Schaltungsteil ist der, in der nur in einer der beiden Phasen (Schalter 
auf / Schalter zu) ein Strom fließt. Also Eingangs-C -> Regler -> Diode 
und über GND zurück. So habe ich es inzwischen auch in einer Application 
Note von TI gelesen. In dem Link zu Lothar Millers Seite oben ist der 
Teil als "Recovery-Pfad" bezeichnet.

Mir ist nur weiter nicht klar, wieso bei einigen Quellen eben auch das 
Layout im "Leerlaufkreis", also Diode, Speicherdrossel und 
Ausgangskondensator, als sehr kritisch bezeichnet wird.

Im Endeffekt hängt's bei mir noch an zwei Punkten:
a) Ist ein kurzes Routing für den Recovery-Pfad nicht wesentlich 
wichtiger als für den Leerlaufkreis?
b) Mir will nicht in den Kopf, wieso im Leerlaufkreis überhaupt auf 
besonders kompakte Anbindung geachtet werden muss. Was machen z.B. 50 nH 
mehr an Leiterbahninduktivität im Leerlaufkreis aus, wenn die 
Speicherdrossel bereits 10 µH hat? Es gibt ja auch Schaltregler, in 
denen keine geschirmte Speicherdrossel verwendet wird.





P.S. Das soll hier bitte nicht besserwisserisch oder als Kritik an der 
Seite von Lothar aufgefasst werden, ganz im Gegenteil, dazu verstehe ich 
von der ganzen Materie viel zu wenig. Nachdem ich mit Hilfe der 
Ratschläge von Lothar Millers Seite inzwischen ein paar Regler 
erfolgreich aufgebaut habe, interessiert mich nur mal der Hintergrund!

P.P.S. Schon wieder viel zu viel Text fabriziert...

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Es geht im Leerlaufkreis nicht um irgendwelche zusätzlichen 
Leitungsinduktivitäten, sondern allein um die Windungsgröße dieser 
Leiterschleife. Denn in dieser Schleife fließt viel Strom und der 
erzeugt starke elektromagnetische Strahlung.

Und beim Recovery-Pfad waren manchmal ein paar nH nicht schlecht, um die 
Flankensteilheit zu reduzieren und so nicht irgendwelche extrem hohen 
Frequenzen ins Spiel zu bringen.

von Johannes E. (cpt_nemo)


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Die Bezeichnung "Leerlaufkreis" ist nicht so besonders glücklich.

In englisch-sprachiger Literatur wird meistens zwischen "active", 
"passive" und "common" unterschieden.

"Common" ist der Pfad, der ständig von Strom durchflossen wird, also 
durch die Speicherdrossel. Dort hat man sowieso schon relativ viel 
Induktivität, deshalb ist hier die Leistungsinduktivität nicht so 
kritisch.

"Active" ist der Strompfad, der nur dann bestromt ist, wenn der 
Transistor leitend ist. In diesem Fall bildet sich ein Stromkreis über 
active und common.

"Passive" ist der Strompfad, der dann bestromt ist, wenn der Transistor 
nicht leitet; also die Freilaufdiode. Der Stromkries wird dann aus 
"passive" und "common" gebildet.

Beim Schaltvorgang springt der Strom also von active nach passive, 
dadurch  entsteht in active und passive jeweils ein großes di/dt. 
Deshalb sollten diese beiden Pfade möglichst wenig Induktivität haben. 
Das di/dt in common ist klein durch die Speicherdrossel.

Es geht also nicht darum, den kompletten Stromkreis niederinduktiv zu 
machen, sondern nur die Teile des Stromkreises, in denen der Strom 
springt.

Vielleicht hilft dir diese Erklärung fürs Verständis etwas weiter.

von Dieter Brüggemann (Gast)


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Hi

Beim Buck Converter ist der Ausgangskreis und beim Boost Converter der 
Eingangskreis unkritisch. Der Strom muss hier durch die Spule und kann 
sich daher per Definition nicht schnell ändern. Keine hohe 
Stromsteilheit bedeutet keine hohe Spannung an den parasitären 
Induktivitäten, z.B. in der Massefläche.

Das am meisten kritische ist das Entladen der Diodenkapazität durch den 
Schalttransistor. Hier entsteht eine sehr steile Stromänderung die an 
winzigen Induktivitäten hohe Spannungsspitzen erzeugt. Das gleiche gilt 
für die Phase, wenn wenn die Diode leitend wird.

Daher ist es vor allem wichtig den Ausgangskondensator beim Boost 
Converter resp. den Eingangskondensator beim Buck Converter mit 
möglichst wenig Stromschleifenfläche verbunden zu haben, resp. einen 
zusätzlichen HF Kondensator einzuführen.

Gruß
Dieter

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