Forum: HF, Funk und Felder Kümmern mich Reflexionen (PCB, MMCX, analoger IC)


von Paul S. (tresher83)


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Hallo lieber RF-Experte,

ich beginne mit meiner Frage (später folgen weniger wichtige Fragen), 
dann erkläre ich den Kontext und falls sich jemand mit RF auskennt, wäre 
ich sehr glücklich über eine hilfreiche Antwort.

Meine Frage:
Muss ich mir Gedanken machen über den Wellenwiderstand meiner 
Signalleitung (PCB), und die Abschlusswiderstände an beiden Enden oder 
arbeite ich quasi in der "DC-Domäne" und Reflexionen sind für meine 
Anwendung irrelevant ?

Kontext:
Ich habe einen analogen IC mit differentieller CMOS-Eingangsstufe. Es 
handelt sich dabei um einen analogen Filter. Diesen Chip bonde ich 
direkt auf ein PCB, damit ich mir ein Gehäuse sparen kann. Die maximale 
Signalfrequenz liegt bei 1,2 GHz. Da mein PCB-Hersteller 0.15 mm 
Leitungsdurchmesser unterstützt, dachte ich toll, das spart Platz. 
PCB-Material ist FR4, Kupferleitung, 35 um dick. Ich möchte das Signal 
mittels 50 Ohm - MMCX Connector auf das Board bringen, dann kommt 
vermutlich noch ein 50 Ohm-Balun und dann geht das Signal direkt zum 
Chip. Der Wellenwiderstand einer 0.15 mm Leitung beträgt natürlich keine 
50 Ohm. (nebenbei: kennt jemand ein gutes Freeware-Tool, um sowas zu 
berechnen ???). Ein Kumpel hat mir gesteckt, dass die Leitungsbreite 
eher um die 1.5 mm sein müsste, um bei FR4 und 35 um Kuperdicke auf 50 
Ohm zu kommen. Weiter im Text. Ich kenne die Eingangsimpedanz des Chips 
nicht. Erstmal hängt die bestimmt von der Frequenz ab. Ich denke, ich 
müsste eine S-Parameter Simulation durchfüren, um mir diese 
auszurechnen. (nebenbei: kennt jemand die passende Funktion zwischen 
Eingangsimpedanz und S-Parameter ???). Bisher bin ich glücklich, dass 
ich keinen Smith-Chart brauche und auf die ganzen passiven Elemente 
eines Matching-Netzwerks verzichte. Aber DARF ICH DAS ÜBERHAUPT ? Ich 
habe mir eine Formel zusammengesetzt, die besagen MÜSSTE, dass ich es 
darf und zwar wenn gilt: Leitungslänge l < c / (f*sqrt(er)*16). Wobei c 
Lichtgeschwindigkeit, er Dielektrizitätszahl von FR4, f Signalbandbreite 
in Hz und 16 "rule of thumb". Bin ich auf dem Holzweg ?

Wann würde es helfen "einfach mal" 50 Ohm Wirkwiderstand zwischen die 
beiden symmetrischen Signalleitungen zu klemmen ?

Bei manchen Bus-Systemen wie CAN oder LVDS schließt man den Bus einfach 
mit einem Wirkwiderstand ab, wieso funktioniert das überhaupt ??? 
Normalerweise braucht man doch eine komplexwertige Kompensation ???

Danke für eure Hilfe !
Paulchen.

von troll (Gast)


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Paul S. schrieb:
> 1,2 GHz
nett...

> nebenbei: kennt jemand ein gutes Freeware-Tool, um sowas zu
> berechnen ???).
http://www.hp.woodshot.com/ ?

von HF-Werkler (Gast)


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Um sinngemäss beím Titel zu bleiben: Ja die Anpassung sollte dich 
kümmern.

Wo ist eigentlich dein Ground/Shield der asym. Leitung? Ohne sauberes 
HF-fähiges GND wird das eher nichts.

Ja, man kann 0.15mm Leitungen als coplanar waveguide auf 50 Ohm bringen, 
da wird dann aber der Abstand zum GND recht klein (so 0,1mm!).

Auch die Anpassung der Chip-Eingänge ist meist komplex und variiert über 
die Frequenz. Du kannst es natürlich mit einer Zwangsanpassung 
versuchen, aber dabei verlierst du Signal.

Was soll an Signalen die Schaltung denn verarbeiten?

von супертролль (Gast)


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Das Tool : Appcad.

Der Zusammenhanz zwischen eingnagsimpedanz und S-Parameter ... irgendwie 
wurde da ein Stueck verpasst. Bist du sicher, das noetige Wissen zu 
haben ?

von HF-Dok (Gast)


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Die Eingangsimpedanz wird u.a. vom S11 (S-Parameter) dargestellt.

von Ralph B. (rberres)


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Bei FR4 und 50 Ohm Wellenwiderstand muss bei einer Stripline die 
Leiterbahnbreite ca 2,7mm betragen. Massefläche auf der Unterseite dabei 
nicht vergessen.

Ralph Berres

von Paul S. (tresher83)


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Hallo nochmal, ein paar Updates zu meinem Problem,

mir hat man gerade gesagt, dass meine Formel korrekt ist, wenn es um das 
Transmission-Line Problem geht. Jedoch würde der Balun nicht mehr 
korrekt funktionieren, wenn ich ihm keine differentiellen 50 Ohm als 
Last präsentieren würde. Deshalb brauche ich ein Model von den 
Bond-Drähten und ein Model der Chip-Pads.
Die passende Software wäre ADS von Agilent.

Was soll ein HF-fähiges GND sein ?

Bestimmt habe ich ein Stück verpasst zwischen Eingangsimpedanz und 
S-Parameter, deshalb frage ich ja hier. Entspricht S11 nicht dem voltage 
reflection coefficient mit (Z1 - Z2) / (Z1+Z2) ?

Danke,
Paulchen.

von HF-Werkler (Gast)


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Du scheinst wirklich recht "frisch" im Gebiet HF zu sein. Eine 
asymetrische HF-Leitung besteht immer aus der signalführenden Leitung 
und dem dazugehörigen Rückpfad (üblicherweise der Schirm/Groundplane). 
Ein gute GND ist eine gute Ground-Fläche oder zumindest ein HF-fähiger 
Aufbau beim PCB. Wie sieht denn der PCB aus? Doppelseitig? Wie dick? 
Gibt es eine ununterbrochene "Massefläche"?

Bei 1Ghz hat man den Bereich Gleichstrom schon verlassen. ;-)

von Winfried J. (Firma: Nisch-Aufzüge) (winne) Benutzerseite


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Wenn ich es recht verstehe willst du ein assymetrische Eingangssignal an 
einen symmetrischen Eingang bringen. Das bedeutet ein für das Spectrum 
geeigneter Transformator Ballun ist von Nöten.

Und ja 1,2GHz signalfrequenz ist schon "richtiger Wechselstrom" 
Reflexionen und Fehlanpassungen werden das Signal beeinflussen. egal ob 
am Bonddraht, dem PCB oder an deren übergang.

Ferner ist die Signalform ausschlaggebend für die notwendige Grenz/ 
Eckfrequenz. Und wenn es auf Phasenlage ankommt dann sind wir auf grund 
der wellenlänge schon in einem bereich bei dem Leiterlängen und 
gruppenlaufzeit auf dem PCB und am Chip selbst nicht mehr zu 
vernachlässigen sind (respektive kompensiert werden sollten).

[Kristallkugel]
Da das Ziel deiner Forschung streng geheim,
[/Kistallkugel]
...sind nur diese allgemeninen Hinweise möglich.

MfG
winne


newbees goes hightec

von Paul S. (tresher83)


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Genau, ich möchte zunächst ein asymmetrisches Signal in ein 
symmetrisches transformieren. Ich habe bereits einen passenden Balun 
aufgetrieben, der auf 50 Ohm und von 10 bis 1900 MHz spezifiziert ist.
Das Board soll 4-lagig sein, Dicke 1.6 mm. Ich denke, ich werde eine 
durchgehende Groundfläche (bis auf VIAs) realisieren können.
Das Signal wird zumindest so beschaffen sein, dass es innerhalb der 
Bandbreite von 1.2 GHz vollständig beschrieben werden kann.

von bazo (Gast)


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Paul S. schrieb:
> Genau, ich möchte zunächst ein asymmetrisches Signal in ein
> symmetrisches transformieren. Ich habe bereits einen passenden Balun
> aufgetrieben, der auf 50 Ohm und von 10 bis 1900 MHz spezifiziert ist.

> Das Board soll 4-lagig sein, Dicke 1.6 mm. Ich denke, ich werde eine
> durchgehende Groundfläche (bis auf VIAs) realisieren können.

Du musst (sic), alles andere funktioniert für ein HF gerechtes Layout 
nicht bei 1.2 GHz
FR4 ist in dem Bereich noch in Ordnung, allerdings ist das epsilon r 
dort schon deutlich niedriger als die üblich angebenen 4.8. Das sollte 
man bei dem Entwurf dann schon der Microstrip/Stripline oder Coplaner 
berücksichtigen. Außerdem spendiere deinen Masseverbindungen ausreichend 
viele VIA, wenn dein IC noch 1.2GHz übertragt, dann kann es durchaus 
entsprechendes Eigenleben entwickelt.

von Tokyo D. (tokyodrift)


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Paul S. schrieb:
> Diesen Chip bonde ich
> direkt auf ein PCB, damit ich mir ein Gehäuse sparen kann

Blöde Gegenfrage, machst du das selber? Wenn ja wie geht das?

von Paul S. (tresher83)


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Da ich bisher nur einmal unter Anleitung gebondet habe, werde ich auch 
diesmal unter Anleitung bonden. Es gibt hier einen manuellen 
Drahtbonder. Als Oberfläche werde ich eine Ni/Au Legierung wählen. Bin 
nicht sicher, ob galvanisch oder chemisch. Alles ist besser als Zinn ;)
Das Chip-Substrat werde ich per leitfähigem Kleber auf einer Massefläche 
befestigen, die ich per VIAs an die (hoffentlich HF-fähige) Groundplane 
eine Ebene drunter kontaktiere.

HF-Frage:
der Ausgang des Chips geht in eine differentielle aktive Hochimpedanz 
(25 kOhm) Probe. Was gibt es da hinsichtlich Reflexionen / Matching zu 
beachten ?

von Winfried J. (Firma: Nisch-Aufzüge) (winne) Benutzerseite


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1.) http://de.wikipedia.org/wiki/Anpassung_(Elektrotechnik)
2.) Übersprechen des Ausgangssignal auf den Eingang wirksam verhindern 
um Rückkopplung zu vermeiden

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