Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Wärmeentwicklung MOSFET


von Tom (Gast)


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Hallo,

ich möchte gerne die Wärmeentwicklung eines MOSFETs berechnen, weiß aber 
nicht so recht wie ich das anstellen soll, da etwas arg krasse Werte 
rauskommen, wenn ich es so mache wie ich es dachte, dass es gemacht 
wird. Vielleicht kann mir jemand von euch helfen.

Ich habe den MOSFET IPB036N12N3. Laut Datenblatt hat dieser eine 
Wärmewiderstand zwischen

junction - case, R_thJC = 0,5 K/W und zwischen
junction - ambient, R_thJA = 62 K/W.

Hier ist meine erste Frage: was genau sind das für Stellen? Ist Junction 
die Löststelle?  Ich habe es so aufgefasst, dass das eine der 
Wärmewiderstand zwischen Lötstelle und Gehäuse ist, und das andere der 
zwischen Lötstelle und Umgebung.

Wenn ich jetzt meine Verlustleistung bei meiner Anwendung berechne, 
komme ich insgesamt auf eine Leistung = = 15,9W, zusammengesetzt aus den 
Schaltverlusten und den Durchlassverlusten.

Ich hätte jetzt die Wärmewiderstände als eine Serielle Schaltung 
betrachtet und einfach berechnet:
T_JC = R_thJC * P = 0,5K/W * 15,9W = 7,95K.
Dies wäre noch ein durchaus guter Wert.
T_JA = R_thJA * P = 62K/W * 15,9W = 985,5K.
Dieser Wert scheint mir arg unrealistisch. Mir ist zwar durchaus klar, 
dass ich über meinen MOSFETs wohl einen Kühlkörper benötige, jedoch ist 
mir der Wert etwas sehr unrealistisch hoch.

Für die Endgültige Erwärmung hätte ich T_JC und T_JA zusammengezählt. 
Aber mit einem so unrealistischem Wert für T_JA spare ich mir vorerst 
den Schritt und würd eerne wissen, ob mir jemand von euch weiterhelfen 
kann.

Zu erwähnen ist vielleicht noch, dass ich keine exakten Werte benötige, 
lediglich eine Überschlagsrechnung um ungefähr die Wärmeentwicklung 
abschätzen zu können. Für eine exakte Berechnung müsste ich den 
Widerstandswert R_DSon des MOSFETS, welchen ich verwendet habe ständig 
der Temerpatur anpassen etc. Darauf würde ich aber gerne verzichten, wie 
gesagt, eine einfache, grobe Abschätzung würde genügen.

von Nix (Gast)


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Tom schrieb:
> Wenn ich jetzt meine Verlustleistung bei meiner Anwendung berechne,

Wie gerechnet, was für eine Anwendung?

von Udo S. (urschmitt)


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Tom schrieb:
> junction - case, R_thJC = 0,5 K/W und zwischen
Ist der Widerstand zwischen Chip und Gehäuse

Tom schrieb:
> junction - ambient, R_thJA = 62 K/W.
Ist der Widerstand zwischen Chip und Umgebung ohne zusätzliche Kühlung.

Tom schrieb:
> komme ich insgesamt auf eine Leistung = = 15,9W
Du brauchst also einen Kühlkörper.
Rechne noch (überschlagsmäßig) 0,2 - 0,5 K/W als Übergang von Gehäuse zu 
Kühlkörper dann solltest du zum Beispiel für eine Chiptemperatur von 
max. 45° über Umgebungstemperatur einen Kühlkörper mit < 2K/W haben.

von Route_66 H. (route_66)


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Hallo!
Deine Werte sind realistisch.
R_thJC ist zwischen Halbleiterkristall und Gehäuse, R_thJA ist zwischen 
Kristall und Umgebung (also ohne Kühlkörper).
Bei Kühlkörperbetrieb hast du neben R_thJC noch den Übergang zum KK (bsp 
Glimmer oder Wärmeleitpaste) und dann noch den Wärmewiderstand des KK 
zur Umgebung.

zu langsam...

von Georg W. (gaestle)


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Du hast eine Reihenschaltung von R_thJC und dem Wärmewiderstand 
Gehäuse-Umgebung (also hier von deiner Platine). Parallel dazu liegt 
R_thJA.

Aber du kannst mit diesem SMD-Gehäuse keine 16W Dauerverlustleistung 
abführen. Dafür müsstest du mindestens einen Rth von 
(175°C-50°C)/16W=7,8 K/W erreichen.

von Falk B. (falk)


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Siehe Kühlkörper

von Tom (Gast)


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Georg W. schrieb:
> Aber du kannst mit diesem SMD-Gehäuse keine 16W Dauerverlustleistung
> abführen. Dafür müsstest du mindestens einen Rth von
> (175°C-50°C)/16W=7,8 K/W erreichen.

Wie meinst du das?

Georg W. schrieb:
> Du hast eine Reihenschaltung von R_thJC und dem Wärmewiderstand
> Gehäuse-Umgebung (also hier von deiner Platine). Parallel dazu liegt
> R_thJA.

Wenn der Widerstand R_thJC parallel zu R_thJA liegt, kann man dann nicht 
einen Gesamtwärmewiderstand 1/R_thGES = 1/R_thJC + 1/RthJA und somit
R_thGES = 0,496 berechnen, was dann nur noch eine Temperaturerwärmung um 
8K im Vergleich zur Aussentemperatur zur Folge hat (wobei man natürlich 
berücksichtigen müsste, dass sich die Ausßentemperatur dadurch auch 
erwärmt und somit der MOSFET auch wieder wärmer wird und es sich so 
langsam weiter steigert bis zu einer gewissen Grenze) ?

von Tom (Gast)


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Route 66 schrieb:
> R_thJC ist zwischen Halbleiterkristall und Gehäuse, R_thJA ist zwischen
> Kristall und Umgebung (also ohne Kühlkörper).

Würde das nicht bedeuten, dass in R_thJA der Widerstand R_thJC bereits 
enthalten ist?
Wenn der eine zwischen Kristall und Gehäuse und der andere zwischen 
Kristall und Umgebung ist?

von Udo S. (urschmitt)


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Tom schrieb:
> kann man dann nicht
> einen Gesamtwärmewiderstand 1/R_thGES = 1/R_thJC + 1/RthJA und somit
> R_thGES = 0,496 berechnen,

Theoretiker.
Was bitte bringt dir das 1%?
Die Fehler durch unterschiedliche Konvektion liegt eh im 10 - 100% 
Bereich

von Tom (Gast)


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Udo Schmitt schrieb:

> Was bitte bringt dir das 1%?
> Die Fehler durch unterschiedliche Konvektion liegt eh im 10 - 100%
> Bereich

Sorry, die Aussage check ich mal garnicht ... Welches 1% meinst du?

von Georg W. (gaestle)


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Tom schrieb:
> Wenn der Widerstand R_thJC parallel zu R_thJA liegt, kann man dann nicht
> einen Gesamtwärmewiderstand 1/R_thGES = 1/R_thJC + 1/RthJA und somit
> R_thGES = 0,496 berechnen, was dann nur noch eine Temperaturerwärmung um
> 8K im Vergleich zur Aussentemperatur zur Folge hat (wobei man natürlich
> berücksichtigen müsste, dass sich die Ausßentemperatur dadurch auch
> erwärmt und somit der MOSFET auch wieder wärmer wird und es sich so
> langsam weiter steigert bis zu einer gewissen Grenze) ?

Wenn der Wärmewiderstand zwischen Gehäuse und Umwelt 0 ist, ja. Du 
solltest dich mal grundlegend in die Materie einarbeiten.

von иммэр эин нэуёр намэ (Gast)


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Der Waerme Uebergangswiderstand eines passiven Kuehlkoerpers in den 
Spezifikationen bezieht sich mit den Rippen vertikal, unten und oben 
einen fuss frei, sodass die Luft ungehindert durchstroemen kann. In 
Realitaet ist das natuerlich so nicht gegeben, so dass der 
urspruengliche Waermewiderstand auf's zehnfache anwachsen kann.

von Route_66 H. (route_66)


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Hallo!
@immer ein neuer Name (ich habe keine Kyrillische Tastatur)
Hinzu kommt noch die Nichtlinearität des Wärmewiderstandes zwischen KK 
und Umgebung. Die Konvektion ist bei hoher Temperaturdifferenz stärker. 
Wenn der KK wärmer wird nimmt also der Kühleffekt durch Konvektion ab. 
Gleichzeitig steigt die Wärmeabgabe durch Strahlung. Dann ist die 
Oberflächenbeschaffenheit wichtig. In der Theorie wird also so 
dimensioniert, daß genügend Reserve ist. Für Serienprodukte macht man 
auch gerne Messserien um nicht unnötig Material und Platz zu vergeuden. 
Für ausreichend Geld gibt es auch Simulationssoftware.

von Tom (Gast)


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Ich muss das ganze aber nicht auslegen oder sonstwas, darum muss ich das 
ganze nicht so großartig im detail wissen/ausrechnen. Ich bin nur für 
die schaltung mit den MOSFETs verantwortlich. Um den Kühlkörper etc. 
kümmert sich jemand anderes. Ich muss in meiner Arbeit nur eine GROBE 
abschätzung einbringen, wie stark sich der MOSFET UNGEFÄHR erwärmt. Eine 
genaue Berechnung ist die Aufgabe von jmd anderem. Also ich würde gerne 
ohne großartig irgendetwas zu simulieren oder sonstwas, einfach nur 
wissen, (ob und wenn ja) wie man mit den beiden gegebenen Thermischen 
Widerständen GANZ GROB die Erwärmung der MOSFETS abschätzen kann, wenn 
nicht gekühlt wird.
Wie gesagt, die exakte Berechnung der entstehenden Wärme und der 
Auslegung des Kühlkörpers ist nicht meine Aufgabe....

Trotzdem Danke für eure Hilfe!

von Falk B. (falk)


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@  Tom (Gast)

>kümmert sich jemand anderes. Ich muss in meiner Arbeit nur eine GROBE
>abschätzung einbringen, wie stark sich der MOSFET UNGEFÄHR erwärmt.

Siehe Kühlkörper.

von M. K. (sylaina)


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Also die Erwärmung des Mosfets ohne Kühlkörper, ja? Das ist recht 
einfach.
Du brauchst dann hierbei den thermischen Widerstand zwischen 
Sperrschicht (engl. Junction) und Umgebung (engl. Ambient). Der setzt 
sich zusammen aus dem Widerstand zwischen Sperrschicht und Gehäuse 
(engl. Case) und dem Widerstand Gehäuse und Umgebung.
Außerdem brauchst du noch die Leistung, die im Mosfet umgesetzt wird. 
Das musst du aus deiner Schaltung ja wissen.

Nehmen wir mal an du würdest 20 A fließen lassen und dein Mosfet wäre 
voll aufgesteuert und hätte hierbei 86 mΩ Widerstand zwischen Drain und 
Source dann wäre die umgesetzte Leistung:
EDIT: Pmos=I^2*R=20^2*0.086*A^2*Ω=34.4W

Es sind also 34.4 W die über den Wärmewiderstand an die Umgebung 
abgegeben werden müssen.
Nehmen wir nun mal ein TO220-Gehäuse an, diese haben idR einen 
Wärmewiderstand zwischen Gehäuse und Umgebung von um die 60 K/W dann 
berechnet sich die Temperaturdifferenz zwischen Umgebungstemperatur und 
Sperrschichttemperatur zu
EDIT: dT=Rthja*Pmos=60K/W*34.4W=2064K

Würde also bedeuten ohne Kühlkörper erwärmt sich die Sperrschicht auf 
2064K über der Umgebungstemperatur. Der, der den Kühlkörper nun 
dimensionieren muss muss ihn also so auslegen, dass die 
Sperrschichttemperatur nicht den maximal zulässigen Wert aus dem 
Datenblatt erreicht (150°C sind da üblich). Für ihn ist u.a. der 
Wärmewiderstand zwischen Sperrschicht und Gehäuse wichtig, das stellt 
die untere Grenze da.

EDIT: Warum gehen denn die Formeln in Latex-Style nicht? Kann sich da 
mal bitte ein Mod erbarmen?

von Jens G. (jensig)


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@Tom (Gast)
>Wenn der Widerstand R_thJC parallel zu R_thJA liegt, kann man dann nicht
>einen Gesamtwärmewiderstand 1/R_thGES = 1/R_thJC + 1/RthJA und somit
>R_thGES = 0,496 berechnen, was dann nur noch eine Temperaturerwärmung um
>8K im Vergleich zur Aussentemperatur zur Folge hat (wobei man natürlich

Jein.
Ja deswegen, weil in der Wärmewiderstandsberechnung dieselbe Methode 
verwendet wird wie bei ohmchen Widerständen.
Nein aber deswegen, weil dieser resultierende Unterschied marginal ist 
(tut in der Praxis die Rechnung ohnehin nicht zu supergenauen 
Ergebnissen führt, wegen zu vieler Unwägbarkeiten/Toleranzen).
Und zweitens ein Nein, weil R_thJC und R_thJA nicht auf voller Länge 
parallel liegen, weil sich erst innerhalb der Kühlfahne/-Platte sich die 
Wärmeströme so langsam aufteilen richtung C bzw. A (J, C, A bedeuten 
übrigens Junction (Sperrschicht), Case (Gehäuse) und Ambiente 
(Umgebung), falls Dir das noch nicht aufgegangen sein sollte).
Auch liegt an der Kühlfahne der Kühlkörper an, steht an der Stelle also 
nicht mehr im Sinne von R_thJA zur Kühlung zur Verfügung.
Du hättest also eher so eine Widerstandsanordnung, wobei die Grenze zw. 
links und rechts wohl eher als fließend zu betrachten sind:
                 _
             ---|___|--- A
      _   |
J ---|___|--+
            |    _
             ---|___|--- C (ausen an Grenzfläche zum KK)

>berücksichtigen müsste, dass sich die Ausßentemperatur dadurch auch
>erwärmt und somit der MOSFET auch wieder wärmer wird und es sich so
>langsam weiter steigert bis zu einer gewissen Grenze) ?

Die Erwärmung der Ausentemperatur in unmittelbarer Nähe des Transis bzw. 
KK steckt schon in den R_th-Angaben von Transi und KK drin. Wenn Du 
dagegen Geäuseinnentemperatur meinst, die sich dann auf irgendeine 
Temperatut höher als Umgebungstemperatur einstellt, dann mußt Du das als 
Ambienttemperatur einsetzen.

Aber wie schon gesagt, ist das eher nur von akademischem interesse, weil 
der eine Anteil ohnehin eher irrelevant ist (genau so, wie wenn Du zu 
einem 1k Widerstand nochmal 1M parallelschaltest), und weil 
Wärmewiderstandsberechnungen ohnehin als ziemlich ungenau anzunehmen 
sind (also sollte ohnehin mit reichlich sicherheit gerechnet werden).

>kümmert sich jemand anderes. Ich muss in meiner Arbeit nur eine GROBE
>abschätzung einbringen, wie stark sich der MOSFET UNGEFÄHR erwärmt. Eine
>genaue Berechnung ist die Aufgabe von jmd anderem. Also ich würde gerne

Wie Du jetzt erkennen müsstest, ist das Quark, weil so eine Berechnung 
nur auf dem Papier genau ist, und in der Praxis dann ohnehin mit hoher 
Wahrscheinlich eine zweistellige prozentuale Abweichung haben wird. Denn 
der KK mit seiner Umgebung, bzw. die Anbringung/Verteilung der Transis 
auf dem KK bewirken dann eine kräftige Vergrößerung des KK-Widerstands - 
je nach Fall.
Auch ist die Formel für den R_th so simple wie die ohmsche Berechnung, 
so daß man es auch gleich exakt ausrechnen kann, und schlägt dann je 
nach Erfahrung oder Gefühl eine ordentliche Sicherheit mit drauf.
Oder man mißt die Temperaturverhältnisse dann am lebenden Prototypen, 
und korrigiert dann entsprechend, wenn man aufgrund mangelnder Kennwerte 
zum Wärmeverhalten des Systems 
KK/Gehäuse/Innenluft/Konvektionen/Verwirbelungen/... keine Nummer sieht.

Ansonsten - der ganze theoretisch allgemeine Formelkram ist oben in 
Falks Link zu finden.

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