Hallo zusammen bei uns im "Produktionsraum" haben wir 3 Arbeitsplätze mit ESD Matten auf dem Tisch und am Boden wir haben ESD Schuhe und nen Schuhtester. Armbänder nutzen wir nicht... wir haben bei uns Platinen im Einsatz die einen 8051 und nen paar AD Wandler drauf haben. es ist noch nie was Kaputt gegangen ... auch nicht beim über den Teppich Flur schlürfen und dann die Platine an die Erde halten .. hehe Blitz zwar aber die Platine läuft nach 3 Jahren immer noch im Dauerteststand... So nun letztens hatten wir 9001 Audit und unser Berater meinte danach zu mir das es doch erhebliche Mängel bei unserem ESD Schutz gäbe und wenn er als Kunde uns auditieren würde, würde er uns alle Platinen wieder zurück schicken... Bemängelt hat er hauptsächlich Keine Armbänder Plastiktrinkflasche am Boden (Zitat "Das sind 8000V im Umrais von 3m"...) Plastik Mülleimer überhaupt Plastik Teile ... Keine Überwachung der Erdung der Matten... Ehrlich gesagt geht mir das ein bissel zu weit... Ich meine wenn wir wirklich anfällige Bauteile in der Produktion hätten könnt ich das verstehen... Klar ich könnte den Raum komplett ESD gerecht ausstatten lassen für mehrere Kilo € nur die Frage die ich mir dann immer stelle ist: Ist das notwendig? T
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Stephan G. schrieb: > Ist das notwendig? Kommt ganz darauf an WAS Ihr macht. Ungeschützte MOSFETS wären bei Euch schon lange tot. Bevor Ihr Geld ausgebt: Achtet auf die ausreichende Luftfeuchtigkeit, geeigneten Fußbodenbelag und messt mal bei der Arbeit die statische Aufladung bevor Ihr viel Geld ausgebt! Man braucht erst ein Gefühl wo diese Spannungen auftreten. Tückisch sind die Aufladungen der Arbeitsstühle. Auch Papier erzeugt böse statische Aufladungen ...
Stephan G. schrieb: > es ist noch nie was Kaputt gegangen Das Problem ist oft nicht das digitale "geht / geht nicht", sondern das analoge "es hat sich etwas verändert". Und das sieht man nicht so einfach in einem Dauertest. Als ich noch jung war :-), habe ich das auch nicht so ernst genommen. Dann war ein Kollege mal in der Prüfabteilung und hatte gemessen, wie sich z.B. die Eingangsströme eines CMOS-ICs durch EMV-Belastung ändern. Ergebnis: die Änderung waren im Bereich von Zehnerpotenzen. Folge: in vielen Schaltungen ist das egal, ob z.B. der Strom statt 1µA jetzt 10µA ist. Aber wehe, jemand braucht die Eigenschaft in der Schaltung (und hat das auch sauber worst-case dimensioniert). Dann kann es kritisch werden. Auch wenn es noch geht, wird der Störabstand schlechter, analoge Schaltungen haben einen größeren Fehler etc. > Ist das notwendig? Das ist eine Qualitäts- und Zuverlässigkeitsfrage. Notwendig? Das ist produkt- und kundenabhängig. Sinnvoll ist es in jedem Fall. Gruß Dietrich
Das sind zwei Fragen, eine technische und eine btriebswirtschaftliche. Technisch gesehen würde ich sagen, Armbänder sind das allerwichtigste, darauf zu verzichten macht die ganzen anderen Massnahmen nutzlos. Es muss nur ein Arbeiter mit Wollpulover einmal den Arm heben und schon hat er eine Spannung im kV-Bereich. Also: Armbänder und Lötstation mit je einem ca. 100k bis 1MOhm-Widerstand an Erde. --- Betriebswirtschaftlich gesehen kommt es darauf an, was man bzw. die Kunden wollen. Die Kosten für Defekte aufgrund von ESD dürften nicht so hoch sein, dass sich deswegen der ESD-Schutz rechnet, insbesondere da ESD-geschädigte Teile gewöhnlich erst nach Monaten den Geist aufgeben, also oft erst nach Ablauf der Garantie. Ich hab mal in ner Firma gearbeitet, die hat Garantiereparaturen für Sony und IBM gemacht und ESD-Schutz war eine von mehreren Voraussetzung, das wir den Vertrag bekommen haben, also stellte sich die Frage gar nicht.
Der Endkunde darf erwarten, dass die Bauteile während des gesamten Produktionsprozesses so behandelt werden, wie die Spezifikationen für den Umgang mit solchen Teilen es vorschreibt. Da hilft nur, die "Specks" einzuhalten. Sonst bekommt halt ne andere Bude den Auftrag...
Nochwas: Stephan G. schrieb: > auch nicht beim über den Teppich Flur schlürfen und dann die Platine an die Erde Kommt drauf an, wo der Strom durchgeflossen ist: Wenn es nur Hand-Masse-Erde war, dann haben die ICs natürlich nicht viel davon mitgekriegt. oszi40 schrieb: > Achtet auf die ausreichende Luftfeuchtigkeit Stimmt, wir hatten sogar teilweise mit ionisierter Luft gearbeitet.
Stefan M. schrieb: > Da hilft nur, die "Specks" einzuhalten. Da schreibt aber auch jeder gerne seine Maximalforderungen hinein, nur um sich im Fall der Fälle abgesichert zu haben. --- Der erste und wichtigste Punkt gerade in der Heizperiode ist eine ausreichende Luftfeuchtigkeit, diese würde ich zuerst kontrollieren. Das begrenzt die Aufladung. Erst dann kann man sich an die Messung der Aufladung machen und ggfs. die konkrete Probleme angehen. Das halte ich für sinnvoller als solche Pauschalaktionen a la "ESD-Müllbeutel für alle!". Das hilft primär das Audit zu bestehen. Es gibt leider genügend Auditoren die auf solche Dinge achten, aber dabei nicht bemerken dass z.B. die Packerin ganz ohne Schutz arbeitet oder dieses tolle Kontrollgerät für die Schuhe und Armbänder nicht benutzt wird (Bedienungsanweisung ist nur in englischer Sprache angebracht). Wahrscheinlich wird als nächstes ein Drehkreuz und die Dokumentation aller Messwerte für 30 Jahre verlangt, dass sich keiner vorbei mogeln kann. Ein Blich in Pausenraum, Sanitärräume und Hinterhof sagt mehr über eine Firma aus als all diese Audits und Zertifikate. Es hat sich auf diesem Gebiet eine Industrie gebildet, die ihre Produkte und Dienstleistungen los werden will. Das sollte man auch im Hinterkopf behalten.
Georg W. schrieb: > Da schreibt aber auch jeder gerne seine Maximalforderungen hinein, nur > um sich im Fall der Fälle abgesichert zu haben. Nützlich wäre, wenn die Produkte konstruktiv AUSREICHEND vor statischer Aufladung geschützt sind. Denn die Klimmzüge, die in "zertifizierter Umgebung" gemacht werden, wird kein dahergelaufener Elektriker am Einsatzort (wenn er irgendwo auf einer Baustelle was tauschen soll) machen. Viele Schaltkreise haben Schutzdioden. Baugruppen sollten von Haus aus so konstruiert sein, daß sie problemlos getauscht werden können. Für speziell hochohmige und wissenschaftliche Zwecke wird/sollte man sinnvollerweise eine Anitstatikbändchen beilegen WENN es nötig ist! Das Bändchen ist billiger als die nächste Dienstreise zum Kunden.
> Nützlich wäre, wenn die Produkte konstruktiv AUSREICHEND vor statischer > Aufladung geschützt sind. Denn die Klimmzüge, die in "zertifizierter > Umgebung" gemacht werden, wird kein dahergelaufener Elektriker am > Einsatzort (wenn er irgendwo auf einer Baustelle was tauschen soll) > machen. Der ausreichende konstruktive Schutz kann aber erst wirken, wenn die Konstruktion komplett ist. Bevor die Schutzdiode aufgelötet ist, kann sie nicht schützen. Auch der FET an Deiner Pinzette wird erst durch die Diode geschützt, wenn er eingelötet ist. Das ist also alles schön und gut für fertige Produkte. Aber in der Produktion selber muss man halt andere Maßnahmen ergreifen.
Also, bei uns in der Fertigung ist das so: - Leitfähiger Fußboden - ESD-Tische - ESD-Transportbänder - ESD-Transportkisten - ESD-Werkzeuge - ESD-Schuhe - ESD-Kittel - ESD-Armbänder - ESD-Stühle - ESD-Lagerkästen - Sperre vor der Fertigung, ohne Leitfähigkeitsmessung kommst Du nicht durch dir Schleuse - ...
Gregor B. schrieb: > ohne Leitfähigkeitsmessung kommst Du nicht > durch dir Schleuse ... und dann schiebst Du 20 Blatt Papier über den Tisch? Pffft...
oszi40 schrieb: > ... und dann schiebst Du 20 Blatt Papier über den Tisch? Pffft... In der Fertigung findest du Papiere nur in ESD-Hüllen und nicht lose auf dem Tisch. Würden wir den ganzen Aufwand nicht treiben, hätten wir mit Sicherheit extrem viele Ausfälle. Trench-IGBTs sind ein gefundenes Fressen für ESD.
Du mußt geerdet sein. Wenn Du kein Armband tragen willst, reicht auch ESD-Fußboden, -Stuhl, -Schuhe und -Kittel. Bei besonders empfindlichen Teilen kann auch eine ESD-Kopfbedeckung nötig sein. Vielleicht gibts ja auch ESD-Haargel. Peter
> Du mußt geerdet sein.
Blumenerde hilft weniger gegen statische Aufladung auf den Schreibtisch.
Altklug schrieb: > Also: Armbänder und Lötstation mit je einem ca. 100k bis > 1MOhm-Widerstand an Erde. Ich verstehe zu wenig von der Materie, wieso nicht direkt mit Erde verbinden? Wenn ich zu Hause was bastle fasse ich vor dem IC kurz das Gehäuse meines Netzteils an (Alu blank, direkt geerdet).
Ro R. schrieb: > Ich verstehe zu wenig von der Materie, wieso nicht direkt mit Erde > verbinden? Wenn ich zu Hause was bastle fasse ich vor dem IC kurz das > Gehäuse meines Netzteils an (Alu blank, direkt geerdet). Weil du erstens keine schnelle Entladung wegen den Bauteilen möchtest und zweitens sicher nicht in jeder Situation, gerade wenn du an Elektrotechnik arbeitest, geerdet sein willst ;-)
"EMV-Belastung" Das bedeutet ausgeschrieben Elektro-MAGNETISCHe Verträglichkeit, also ein Problem der Elektrodynamik, nicht der Elektrostatik - ganz andere Baustelle! Die (ziemlich hochohmig) leitfähigen Tütchen schützen keineswegs gegen Hochfrequenz. Ja mit ESD haben die Qualitätssicherer endlich einen Existenzberechtigungsnachweis gefunden. Von jeglichen fachlichen Kenntnissen unbeeinträchtigt kann man da Checklisten nachprüfen und Berichte schreiben. Der ESD-Voodoozauber hat Ähnlichkeit mit den audiophilen Esoterikern. Ein Beispiel sind die oben genannten "8000V". Irgendwelche Zahlen von einer Feldmühle abgelesen, kV/m oder kV, völlig egal, Hauptsache es klingt gefährlich. Das Märchen der Fernwirkung irgendwelcher elektrostatischer Ladungen gehört zu diesen Mythen. Dass der Funke erst auf dem letzten Zehntels-Millimeter überspringt, wird geflissentlich übersehen. Ich halte das ganze inzwischen für reine Geldmacherei. In ganzseitigen Anzeigen wird der teure ESD-Krempel angeboten, Schulungsfirmen und eben die ISO900x-Auditoren leben davon. Wieso muss ein ESD-Schraubenzieher 5 € mehr kosten als derselbe ohne ESD-Zeichen? An der schwarzen Farbe kann es doch nicht liegen.
Christoph Kessler (db1uq) schrieb: > An der schwarzen Farbe kann es doch nicht liegen. Doch, aber ob die 5€ wert ist? Eher eine Rücklage, falls die Firma wegen fehlendem ESD-Schutz verklagt wird.
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