Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik wie funktionieren schnelle Strommess-Zangen? Eigenbau?


von Alexander V. (avogra)


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Hallo zusammen,

wir haben auf Arbeit ein LeCroy Oszi und dazu eine Current Probe CP015, 
bei der ich mich immer wieder frage, wie die diese Leistungsdaten 
schafft. Ganz trivial scheints ja nicht zu sein, kostet(e) ja auch ein 
kleines Vermögen.
Unsere Zange kann Ströme bis 15A peak messen, feinste Einstellung sind 
20mA/div, Bandbreite liegt (glaube ich) bei DC bis 50MHz. Aktuelle 
Modelle schaffen sogar noch mehr. Vergleichbares haben eigentlich alle 
großen Hersteller.
Ich kann auf kleinster Einstellung noch problemlos 5mA erkennen. Bei 
AC-Kopplung ist z.B. auch ein Ripple von 10mA bei 5A DC-Strom kein 
Problem.
Die Kombination aus diesen Werten finde ich sehr beeindruckend.

Das macht mich natürlich neugierig und vllt. kann man sich eine low-cost 
Variante mit Einschränkungen auch für zuhause bauen :)

Ich hab mich ein bisschen umgeschaut, Wikipedia gibt einen ganz 
brauchbaren Überblick:
http://de.wikipedia.org/wiki/Stromsensor
http://en.wikipedia.org/wiki/Test_probe#Oscilloscope_probes

Vermtlich wird wie auch schon im zweiten Artikel ganz unten beschrieben 
eine Kombination aus Current-Transformer und Hallsensor eingesetzt. 
Transformer für schnelle Änderungen, Hallsensor für DC.
Wiki beschränkt sich an der Stelle leider auf zwei, drei Sätze.
Den im ersten Artikel beschriebenen Kompensationswandlern fehlts 
vermutlich wieder an Bandbreite.

Steckt tatsächlich rein vom Prinzip nicht mehr dahinter und die 
Hersteller leisten ganze Arbeit bei der Auslegung, Umsetzung und 
Abstimmung? Oder ist mir da grundsätzlich was entgangen?

So eine Current Probe ist schon ein sehr feines Werkzeug. Der Preis für 
mich privat leider indiskutabel, ich wäre aber mit deutlichen Abstrichen 
zufrieden.
Eine Bandbreite ab 1..2MHz wäre ok. Der Messbereich darf gerne geteilt 
sein, z.B. bis 200mA mit 5mA Genauigkeit, bis 5A mit 50mA.
Häufige manuelle Kalibrierung fände ich auch voll in Ordnung.

Günstigere Zangen (unter 200€) habe ich bis jetzt leider nicht gefunden. 
Das einzig Kaufbare sind die Stromwandler von LEM und anderen, die 
reichen allerdings gerade mal in den kHz-Bereich.

Ich sehe bei einem Eigenbau momentan das Hauptproblem, 
Übertragungsfunktion von Transformer und Hall-Sensor aufeinander 
abzustimmen. Da kann man wahrscheinlich beliebig viel Zeit versenken.

Hat schonmal jemand in der Richtung Erfahrungen gesammelt? Oder gibts 
vielleicht doch schon was Fertiges?

Schöne Grüße,
Alex

von Hansdampf (Gast)


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www.ilea.uni-stuttgart.de/dateien/smz/smz200_deu.pdf

ist noch relativ preiswert

von Alexander V. (avogra)


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Danke, die sieht ganz interessant aus. Leider wirds mit niedrigen 
Strömen schwierig, selbst mit mehrfach gewickelter Leitung.
Mir geht es vor allem um die schnelle Messung von kleinen Strömen, z.B. 
Messung des Ripples von Schaltreglern, ganz aktuell die Stromkurven in 
einer LED-Matrix, etc.

von Olaf (Gast)


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> Hat schonmal jemand in der Richtung Erfahrungen gesammelt? Oder
> gibts vielleicht doch schon was Fertiges?

Ich hab zwar auch noch nichts in der Richtung unternommen, aber der 
Gedanke da mal taetig zu werden verfolgt mich auch schon laenger.
Was mir an herkoemmlichen Zangen nicht so gefaellt ist aber das man halt 
ein Kabel in eine Probe einlegen muss. Ich wollte daher mal ausprobieren 
was man mit einem MR oder GMR-Kopf aus einer Festplatte erreichen kann. 
Damit muesste man doch eigentlich Stroeme messen koennen wenn man den 
Kopf nur auf einer Leiterbahn auflegt.

Aber wie man es auch immer macht, ich denke das Problem ist nicht so 
sehr die absolute Genauigkeit. Es waer mir vollkommen egal ob die Probe 
vielleicht mal 30% daneben liegt. Wichtiger waere aber eine gute 
Wiedergabe der Kurvenform, also eine brauchbare Linearitaet.

Olaf

von Alexander V. (avogra)


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Der Ansatz ist auf jeden Fall spannend. Die Messonde I-Prober 520 von 
TTI kennst du?
Ich denke, einen Festplattenkopf auszuwerten ist auch nicht ganz 
trivial. Und das Ganze dann noch halbwegs robust zu bekommen... die sind 
halt schon für einen sehr speziellen Zweck optimiert :)
Alternativ zum Festplattenkopf gibt es noch die Sensor-ICs von z.B. 
Allegro Microsystems. Ich hab aber noch nicht geschaut, wie empfindlich 
die sind.
Mir wären +-30% aber doch zu ungenau. Da würde ich im Moment lieber mit 
dem Einlegen einer Leitung leben.

von Johannes E. (cpt_nemo)


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Alexander v. Grafenstein schrieb:
> Steckt tatsächlich rein vom Prinzip nicht mehr dahinter und die
> Hersteller leisten ganze Arbeit bei der Auslegung, Umsetzung und
> Abstimmung? Oder ist mir da grundsätzlich was entgangen?

Im Prinzip ist das schon ao, dass es vor allem auf die Umsetzung 
ankommt. Bei den alten Tektronix-Stromzangen (AM503 + A6302, A6303) sind 
die Schaltpläne im Service-Manual abgedruckt; da kann man sich so 
einiges abgucken.

Der Aufwand beginnt schon mit dem Kern für die Zange selber. Das 
Kern-Material bekommt man als privater Baster nicht so einfach in 
kleinen Mengen. Soweit ich weiß sind das Schnittband-Kerne, die sehr 
aufwändig gesägt, poliert und geätzt werden müssen.
Die Mechanik ist auch relativ komplex, damit die Zange mit möglichst 
kleinem Luftspalt geschlossen wird und die Kerne genau übereinander 
liegen.

Die Elektronik dazu ist vermutlich das kleinere Problem; zumindest 
sollten die notwendigen Bauteile relativ einfach beschaffbar sein.

von Falk B. (falk)


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@  Johannes E. (cpt_nemo)

>Kern-Material bekommt man als privater Baster nicht so einfach in
>kleinen Mengen.

Wahrscheinlich.

> Soweit ich weiß sind das Schnittband-Kerne, die sehr
>aufwändig gesägt, poliert und geätzt werden müssen.

Glaub ich nicht, damit misst du keine 1MHz++ Das sind eher spezielle 
Ferrite.

>Die Mechanik ist auch relativ komplex, damit die Zange mit möglichst
>kleinem Luftspalt geschlossen wird und die Kerne genau übereinander
>liegen.

Für einen einfachen Ansatz kann man einen HF-Stromwandler für kleines 
Geld kaufen und AC-Messungen bis vielleicht 1MHz machen, ggf. etwas 
mehr. Wenn man mehrere Shunts umschaltet, kann man große und kleine 
Ströme messen. Für DC Messungen wird es deutlich aufwändiger.

MfG
Falk

von Alexander V. (avogra)


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@cpt_nemo und Falk: ok, danke für die ernüchternden Worte :) Ich hab 
zwar nicht den Anspruch einer amtlichen Zange, aber DC bis 1MHz hätte 
ich halt schon ganz gern :-P
Wenn DC ein Muss ist, ist wahrscheinlich alles ausser einer einfachen 
Hallsensor-basierten Lösung schon sehr aufwändig. Damit bin ich aber auf 
ca. 100kHz beschränkt.
Wie verwunderlich, dass es keine günstigen Zangen auf dem Markt gibt, 
wie ich sie mir Wünsche :-P

Wenn ich damit wirklich arbeiten will, ist es vermutlich am 
sinnvollsten, auf eine gebrauchte Zange z.B. bei Ebay zu warten. Bis 
jetzt ist mir leider noch nichts über den Weg gelaufen.

Das mit dem HF-Wandler werde ich einfach mal ausprobiern. Geht ja 
schnell und ist bestimmt auch für sich schon spannend :) Wo da dann wohl 
die untere Grenzfrequenz liegt?

von sensiteccer (Gast)


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Alexander v. Grafenstein schrieb:
> Wenn DC ein Muss ist, ist wahrscheinlich alles ausser einer einfachen
> Hallsensor-basierten Lösung schon sehr aufwändig. Damit bin ich aber auf
> ca. 100kHz beschränkt.

http://www.sensitec.com/index.php?s=3,1,0&p=62

FUnktionieren SEHR gut die Dinger ... zwar keine Strommesszange aber 
....

von Rolf S. (miromac)


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Alexander v. Grafenstein schrieb:
> Geht ja
> schnell und ist bestimmt auch für sich schon spannend :) Wo da dann wohl
> die untere Grenzfrequenz liegt?

Ich habe vor Jahren
in einem jetzt-will-ich's-aber-mal-wissen - Anfall
einen Stromwandler-Übertrager 15x16mm
aus einem PC-Schaltnetzteil genommen.
(Der hatte prim. 1 Wdg.)
Sekundärseitig hab ich das Ding mit 1R und 2C kompensieren müssen.
Es klebt ein Zettel dran:
AC Current Probe 100Hz...5MHz

Nur mal so als Anhaltspunkt und Ermutigung.

von Kai S. (kai1986)


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Hallo,

wenn ich es richtig verstanden habe, ist das Ziel eine Strommessung bei 
Kleinspannung im privaten Bastelbereich, bei der die Leitung nicht 
aufgetrennt werden muss.
Aus den Preisen für professionelle Strommesszangen schließe ich, das es 
wohl technisch doch eher anspruchvoll ist, soetwas zu bauen, deshalb 
folgende Alternatividee.
Die Strommessung über die Spannungsdifferenz der beiden Enden einer 
Leitung umsetzen. Dazu muss natürlich der Widerstand der Leitung (welche 
als Shunt fungiert) zuerst gemessen werden, was nach meinem Verständis 
mit einer potenzialfreien Widerstandsmessung auch in einer aufgebauten 
Schaltung mit entsprechend kleiner Messpannung (max 0,5 V um keine 
Halbleiterbauteil anzusprechen) machbar sein sollte. Eine Verfälschung 
des Messwerts tritt durch den eingebauten Zustand der Leitung 
(parallegeschalteter Widerstand) auf, wenn ich aber die Leitung mit mOhm 
und die Schaltungsumgebung mit Ohm ansetze ist die Abweichung vom 
tatsächlichen Wert kleiner 0,1%, was der Rest der Messung erst mal 
schaffen muss.
Wird die Spannungsdifferenz an den Leitungsenden dann verstärkt und auf 
ein Oszilloskop gegeben lässt sich bei geschickter Verstärkung der 
Stromfluss direkt am Oszilloskop ablesen. Hier muss natürlich auch 
wieder darauf geachtet werden, das kein Kurzschluss/Erdschluss über das 
Oszilloskop entsteht. Auch muss der Verstärker die Bandbreite, die 
gemessen werden soll können.

Ich bin nicht wirklich fit im Analogelektronik bauen, wenn ich aber 
keinen wesentlichen Punkt übersehen hab sollte sich das aber umsetzen 
lassen (wieviel Aufwand es ist kann ich eher schlecht einschätzen). Und 
es hätte den Vorteil, dass auch der Stromfluss in Leiterbahnen gemessen 
werden könnte.

Gruß Kai

von Alexander V. (avogra)


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@sensiteccer: Danke für den Hinweis. Leider muss ich da natürlich wieder 
die Leitung auftrennen. Allerdings hat mich das drauf gebracht, dass das 
im Bastelumfeld eigentlich fast immer eine Komfort-Frage ist. In den 
Fällen, wo das tatsächlich nicht geht, komm ich mit einer Zange meistens 
auch nicht weiter. Wichtig ist vor allem die galvanische Trennung.

Und jetzt fällt mir gerade erst auf, dass ich einfach noch gar keine 
brauchbare Lösung zuhause hab, um Ströme mit dem Oszi zu messen. Bisher 
hieß es bei mir immer: Schnell nen Widerstand rein und mit beiden 
Tastköpfen ran, mit allen damit verbundenen Nachteilen. Ich könnte das 
meiste wahrscheinlich sogar mit einer Highside-Shunt-Messung erschlagen, 
also sogar die galvanische Trennung ist eher optional.

Damit hab ich jetzt ein schönes kleines Bastelprojekt.

Danke für die Hilfe, rauszufinden was ich will :)

@Rolf: Danke, das klingt wirklich sehr ermutigend. Jetzt kommt wohl 
erstmal die einfache Strommessung dran, aber ich werds im Hinterkopf 
behalten!

von Alexander V. (avogra)


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Hallo Kai,

jetzt hab ich deinen Beitrag nicht mehr vor meinem Letzten gesehen. 
Einiges hat sich ja jetzt erübrigt.
Bei deinem Vorschlag sehe ich ein wesentliches Problem:
Bei den typisch vorhandenen Leitungen bewegt sich der Widerstand 
vermutlich im 1-, maximal 2-stelligen mOhm Bereich oder sogar darunter 
(->Leiterbahn). Darüber dann Ströme im Milliampere-Bereich schnell zu 
messen wird schwierig.
Bei z.B. 10mOhm Leitungswiderstand und 5mA Genauigkeit müssen 50µV 
sauber verstärkt werden. Sicher machbar aber das wird auch ordentlich 
aufwändig.

von Johannes E. (cpt_nemo)


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Falk Brunner schrieb:
>> Soweit ich weiß sind das Schnittband-Kerne, die sehr
>>aufwändig gesägt, poliert und geätzt werden müssen.
>
> Glaub ich nicht, damit misst du keine 1MHz++ Das sind eher spezielle
> Ferrite.

Und warum nicht? Der Trick beim Kompensationswandler ist doch, dass sich 
die Magentfelder der beiden Ströme gegenseitig aufheben, so dass der 
Fluss im Kern praktisch 0 ist. Deshalb sind auch hohe Frequenzen kein 
Problem.

Die Obergrenze für die Bandbreite bei so einer Stromzange wird nicht so 
sehr von den magnetischen HF-Eigenschaften des Kernmaterials bestimmt, 
sondern durch die Wicklungskapazität der Sekundärwicklung und anderen 
parasitären Kapazitäten.

Es gibt, z.B. von der Vakuumschmelze, sehr hochwertige Schnittbandkerne, 
die auch bei ziemlich hohen Frequenzen funktionieren. Der Vorteil ist, 
dass diese Materialien ein sehr viel größeres µ_r haben als Ferrite.
Dadurch sind die Kerne deutlich kleiner als ein Ferrit-Kern mit gleicher 
Induktivität, wodurch die Kapazität der Wicklung niedriger wird, was 
sich positiv auf die Bandbreite auswirkt.

Bei hohen Frequenzen sinkt das µ_r natürlich; die Grenze, ab der das µ_r 
kleiner als beim Ferrit ist, liegt aber deutlich oberhalb 1 MHz. Und bei 
sehr hohen Frequenzen braucht man sowieso keine hohe Induktivität mehr.

von Gregor B. (Gast)


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Die Stromzangen von LeCroy kamen übrigens von LEM, die haben allerdings 
den gesamten Bereich an Fluke verkauft.
Da LEM allerdings Spezialist in Sachen Kompensationswandler ist, gehe 
ich davon aus, dass die Stromzangen auch nach dem Prinzip funktionieren.

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