Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Was bedeutet dieses Stellenangebot im Klartexe


von Heike (Gast)


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Ich suche eine Arbeitskraft als sog. Arbeitsassistenz. Da ich mehrfach 
gehandicapt, schwerbehindert, bin, brauche ich jemand, der / die dies 
tut, was ich nicht oder nur eingeschränkt kann bzw. was mir schwer 
fällt. Die Stelle wird mir vom Versorgungsamt gefördert / finanziert.

Zunächst brauche ich dringend Hilfe beim Ordnung schaffen und halten im 
Büro, was eine sehr umfängliche, anspruchsvolle und langfristige Aufgabe 
ist.
* Ablage, Systematisierung, Heraussuchen von Akten, Fachliteratur, 
Materialien pp.
* Dokumente lesen, auswerten, Recherchen anstellen, Botengänge, mich bei 
geschäftlichen Terminen begleiten
* absolut selbständiges Arbeiten, höchste Zuverlässigkeit, Diskretion, 
Genauigkeit, Disziplin, Konsequenz sind unabdingbar
* soziale Kompetenz
* Umgang mit Menschen (Menschenkenntnis, psychologische Grundkenntnisse)
* Sinn für Häuslichkeit in meiner Wohnung
* Die Bewerberin / der Bewerber sollte sehen, wo und bei was ich Hilfe 
brauche und selbständig, unaufgefordert einspringen - ich will nicht um 
jeden Handgriff bitten müssen, auch, weil es mir schwerfällt einzusehen, 
dass ich es nicht kann.

Wichtigtuer, Besserwisser und Businesstypen werden bei mir nicht 
gebraucht; bei mir zählt nur Verschwiegenheit und Loyalität. Bei mir 
können Sie keine Karriere machen, aber eine Chance erwerben, einen 
dauerhaften, relativ sicheren, anspruchsvollen Arbeitsplatz in 
angenehmer, menschlicher Atmosphäre zu bekommen. Ich verlange von Ihnen, 
dass Sie sich bewegen, zur unablässigen Fort- und Weiterbildung bereit 
sind, hinsichtlich meines, unmittelbar nebenan stattfindenden 
Privatlebens absolut tolerant sind und die mich betreffenden Dinge in 
jeder Hinsicht eigenständig, zuverlässig und wohlwollend befördern, dass 
Sie Engagement und eigenes Denken und selbständiges Handeln mitbringen.

Führerschein PKW, eigenes KFZ, bürotypische PC-Kenntnisse wären schön, 
sind aber keine Bedingung
Menschen mit Behinderung und Frauen werden bevorzugt.
Mein Büro befindet sich in meiner Wohnung.

von amateur (Gast)


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>Diskretion,
>soziale Kompetenz
>Umgang mit Menschen (Menschenkenntnis, psychologische Grundkenntnisse)

Jemand auf den diese Eigenschaften zutreffen würde:
1. Den Telefonhörer in die Hand nehmen.
2. Nach einigen klärenden Fragen einen Termin ausmachen.
3. Eventuell hinfahren und reden.

Also gehe ich mal davon aus, dass Sie dafür ungeeignet sind.

Ist eigentlich 1. so schwer?

von Auf der Durchreise (Gast)


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Meine Interpretation dieser Stellenanzeige ist die folgende:
Da ist ein Schwer- bzw. Schwerstbehinderter, der versucht der 
Allgemeinheit, so weit als möglich NICHT auf der Tasche zu liegen.
Er führt einen Kleinstbetrieb, sitzt möglicherweise im Rollstuhl und 
braucht bei vielen Dingen Unterstützung.
Schon das dritte Regalbrett oder "ganz hinten" auf dem Schreibtisch ist 
ein Problem.
Er möchte jemanden, dem er nicht sagen muss: Ich komme nicht an den 
Ordner im vierten Regal, sondern jemanden der so etwas sieht.

Die Grenze von der Hilfe, über die Haushaltshilfe, zum Pfleger scheint 
mir nicht klar definiert zu sein. Vielleicht ist so etwas aber auch 
nicht möglich, wenn ich nicht von vornherein zwei Stellen ausschreiben 
kann.

von Michael S. (technicans)


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Nennt sich wohl Faktotum.
http://de.wikipedia.org/wiki/Faktotum
Dürfte wohl der so ziemlich anspruchsvollste Job unter der Sonne sein.
Man lebt da praktisch nicht sein eigenes Leben, sondern das seines
Pfleglings. Allerdings wird der Pflegling es schwer haben da einen
Gedankenleser zu finden. Wenn dann noch so gewisse Eigenarten dazu
kommen wird er einen höllischen Verschleiß haben. So was kann auf
Dauer nur ein Lebenspartner erdulden, der dann auch auf Urlaub
verzichtet.

Auf der Durchreise schrieb:
> er versucht der
> Allgemeinheit, so weit als möglich NICHT auf der Tasche zu liegen.
Wenn dem so wäre hätte der folgende Satz nicht im Eröffnungspost
gestanden.
Heike schrieb:
> Die Stelle wird mir vom Versorgungsamt gefördert / finanziert.

Ich würde das mal als Job für eine examinierte erfahrene Pflegekraft
sehen, aber dann muss auch der Verdienst stimmen. Das dürfte nicht so
einfach zu besetzen sein.

von Jürgen W. (lovos)


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> Menschen mit Behinderung und Frauen werden bevorzugt.

Das könnte man als Verstoß ggü dem AGG sehen (Benachteiligungen aus 
Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des 
Geschlechts...)
Ist aber verständlich wenn die/der Suchende selbst eine Frau ist.

Aber so reinschreiben würde ich das nicht, sondern den Männern aus 
anderen Gründen absagen.

Wenn aber in einer Auschreibung zu einem Chefarztposten steht, dass 
Männer bevorzugt werden, dann wäre das gefährlicher *Zündstoff*.

von Wilhelm F. (Gast)


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Jürgen W. schrieb:

>> Menschen mit Behinderung und Frauen werden bevorzugt.
>
> Das könnte man als Verstoß ggü dem AGG sehen (Benachteiligungen aus
> Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des
> Geschlechts...)

In Stellenanzeigen beim öffentlichen Dienst findet man das aber fast 
immer. Da gäbe es reichlich zu klagen...

von Car (Gast)


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Da steht aber auch bei gleicher Eignung dabei und eine Begründung warum 
(Angleichung Frauen/Männer Quote).

von Car (Gast)


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Zur eigentlich Frage: Kann wohl der beste Job auf der Welt sein oder der 
schlimmste, je nachdem wie alles harmoniert. Ein bischen wie ein Butler 
vielleicht.

von Auf der Durchreise (Gast)


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> Die Stelle wird mir vom Versorgungsamt gefördert / finanziert.

Natürlich könnte sich der Betreffende auch in einem Pflegeheim 
"amüsieren". Das kostet dann 4-6K€/Monat und wäre dann unter dem Strich 
besonders erstrebenswert.
Und was ganz Wichtig ist: Die Allgemeinheit würde dann nicht damit 
belästigt.

von Jürgen W. (lovos)


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Es gibt zulässige Einschränkungen:
Z.B. darf eine "kath." Kirchengemeinde einen Muslimen als Pfarrer 
ablehnen.
Wenn eine Oper eine Sopranistin sucht, darf sie einen männl. 
Countertenor ablehnen.

Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts, einer 
Behinderung etc. ist gemäß § 8 AGG ausnahmsweise erlaubt, wenn eine 
bestimmte Ausprägung dieser Merkmale (sprich: Mann-Sein, Frau-Sein, 
Nichtbehindert-Sein etc.) wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit eine 
wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt.

von Elo (Gast)


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Was bedeutet dieses Stellenangebot im Klartext ?
Der Mensch braucht jemandem, der ihm ebenbürtig und zu dauernder 
uneigennütziger Hilfe bereit + willens und fähig ist.
Dazu soll er dessen Geschäfte tlws. selstständig leiten, in seinem 
Privatbereich alles und jedes akzeptieren. Würde sagen, diese Aufgabe 
kann kein Mensch in dem Umfang zu den Vorstellungen erbringen.
Wenn jemand durch köperliche Einschränkungen gehandicapt ist, braucht er 
dafür eine Pflegeperson.
Dass diese aber seinen Betrieb parallel seiner Vorstellungen leitet und 
führt, sich für seine Funktion einsetzt, dafür braucht es wohl einen 
Gesellschafter, den er aber mit den anderen Belangen nicht beauftragen 
kann. Da fehlt wohl jemand, der das Geschäft des Vaters in dem Fall 
weiterführt oder unterstützt.
Diese ganzen Funktionen in einer Person bekommen zu wollen, wird wohl 
ein Wunschtraum bleiben.

von Arsch G. (arschgwaf)


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Da muss ich irgendwie an den Film "Ziemlich beste Freunde" denken. 
Übrigens sehr sehenswert.

von A. $. (mikronom)


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Ich würde bei dem nie arbeiten wollen!

> * Die Bewerberin / der Bewerber sollte sehen, wo und bei was ich Hilfe
> brauche und selbständig, unaufgefordert einspringen

Hellseher soll man also sein.

> Wichtigtuer, Besserwisser und Businesstypen werden bei mir nicht
> gebraucht;

Wenn er in der Stellenanzeige schon so aggressiv rüberkommt, wie ist er 
dann real?

> Ich verlange von Ihnen,
> dass Sie sich bewegen,

Da darf man als Mitarbeiter also springen.

> zur unablässigen Fort- und Weiterbildung bereit
> sind,

Da darf man dann tagelang und wohl noch abends lernen, um sich dann 
anscheißen zu lassen, dass man es doch nicht kann?

Für mich ist das ein überaus frustrierter und ständig unzufriedener 
Mensch, dem man sowieso nichts recht machen kann. Diese Stellenanzeige 
ist sowas von unsympathisch. Aber meinetwegen, wer masochistisch 
veranlagt ist, bitte sehr, ich würde mir dafür nicht einmal den Wecker 
stellen.

von Jürgen W. (lovos)


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Das erinnert mich an die Willy Brand/Günter Guillaume Geschichte.
Das wurde ja sooft verfilmt und man sah, wie ein persönlicher Assistent 
(Guillaume) arbeitet. Natürlich ist es kein 7/24-Job, sondern er hat 
auch Urlaub und Feierabend und eigenes Privatleben.
Aber Guillaume war manchmal im Urlaub mit den Brandt's dabei, also 
stärker in das Privatleben eingebunden als bei einem normalen 
Arbeitsgeber.

Vielleicht handelt es sich bei obiger Announce um Schäuble? Wer weiß?

von Jürgen W. (lovos)


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Gestern kam im TV ein Film über Michael Faraday.
Der hatte in seinen ersten Wirkungsjahren auch so ein Dienstverhältniss, 
d.h. war wissenschaftlicher Lakai für irgendein Professor, den er auf 
seinen Reisen begleitete.
Offensichtlich war das vorteilhaft für ihn, er ist ja dann auch berühmt 
geworden, nicht aber der Professor.

von Michael S. (technicans)


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Damals waren Hausbedienstete ja auch verbreiteter als heute.
In Amerika soll das sogar heute noch so sein. Kann man in
einigen Filmen sogar sehen.

von kkEje (Gast)


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Was er braucht ist ein/e MINT-Akademiker/in der gleichzeitig mit 
Führungsqualitäten und einer Pflegeausbildung...

viel spaß beim suchen augenroll

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