Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Alterung von Elektronik bei nichtgebrauch


von Max (Gast)


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Hallo an alle,
ich habe eine Frage zur Alterung von Elektronik bei nichtgebrauch. 
Speziell geht es um eine Lötstation, die seit ca. 5 Jahren nicht mehr 
benutzt wurde. Kann es da irgendwelche Probleme geben, da es schon so 
lange nicht mehr in betrieb war, noch nicht einmal am Stromnetz 
angeschlossen war?

Hab mal irgendwas davon gehört, dass besonders Elkos unter nichtgebrauch 
leiden.

Was haltet ihr davon?

LG,
Max

von Praktiker (Gast)


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Max schrieb:
> Was haltet ihr davon?

Zuviele unnütze Gedanken. Schließ das Ding halt mal an und gut ist.

von Ben _. (burning_silicon)


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Elkos mögen das wirklich nicht, bei Elkos für Netzspannung (zB. 
Zwischenkreiskondensatoren von Frequenzumrichtern) ist dann oft eine 
Formierung nötig.

Erfahrungsgemäß würd ich bei einer Lötstation sagen schalt ein und sieh 
was passiert. Eigentlich müßte das funktionieren, Garantie von mir gibts 
natürlich nicht.

von amateur (Gast)


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Wenn das Teil äußerlich halbwegs in Ordnung ist, es geht ja meist um 
229V dann einfach:

Probieren geht über ...

Das eventuelle Klacken des Automaten ist dabei kaum zu überhören und die 
damit einhergehende Dunkelheit ist kaum zu übersehen;-)

von Fabian B. (fanick)


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5 Jahre sind ja nichts. Wir haben auch schon 40 Jahre alte Elektronik 
eingesetzt (klar, die war damals stabiler gebaut und einige Elkos machen 
dann nach und nach trotzdem Probleme).

Wenn die 5 Jahre nicht eingesetzt wurde und da auch schon ein älteres 
Modell war, würde ich vorsichtig sein, ansonsten keinen Kopf machen.

von Praktiker (Gast)


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Hallo,

kritisch sind eigentlich nur Elkos (und eventuell verschiedene Sensoren 
welche mittels elektrochemische Effekten arbeiten - das gehört aber zum 
Profibereich).
Aber 5 Jahre machen unter normalen Lagerbedingungen auch den Elkos 
nichts aus - formieren von Kondensatoren ist nach diesen Zeitraum nicht 
notwendig.

Also must du schon sehr viel Pech haben wenn deine Lötstation noch ihrer 
"Schlafphase" einen defekt bekommen hat.

mfg

   Praktiker

von F. F. (foldi)


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Ben _. schrieb:
> Elkos mögen das wirklich nicht, bei Elkos für Netzspannung (zB.
> Zwischenkreiskondensatoren von Frequenzumrichtern) ist dann oft eine
> Formierung nötig.

Das dieser Beitrag schon alt ist, habe ich gelesen, aber ich wollte dann 
auch keinen neuen schreiben.

Kann man das generell sagen, dass man alle Geräte, die man nicht so oft 
benutzt, ab und an mal anschalten sollte.

Hatte jetzt in meinem Fein Multimaster einen defekten Entstörkondensator 
und konnte leider, als ich das Gerät jetzt nach Jahren mal brauchte, 
nicht damit arbeiten. Das war sehr ärgerlich.

Ähnliches hatte ich mit so einem gecrackten Sat Receiver. Das die 
Verschlüsselung grundlegend geändert wurde, hatte ich den lange nicht in 
Betrieb und als ihn hier keiner haben wollte (wollte ich vor einiger 
Zeit mal hier verschenken), habe ich ihn aufgemacht und wollte sehen, ob 
ich da was ausschlachte. Vor allem wollte ich mir das Schaltnetzteil 
ansehen, weil ich zu dem Zeitpunkt Schaltnetzteile lernen wollte.
Siehe da! Die Kondensatoren vom Netzteil hatten auch schon dicke Backen 
gemacht. Das Gerät lief zwar noch, aber als ich die defekten 
Kondensatoren ausgelötet hatte, waren die Werte sehr schlecht.

Könnt ihr mal grundsätzlich dazu was sagen?

von Paul B. (paul_baumann)


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F. F. schrieb:
> Hatte jetzt in meinem Fein Multimaster einen defekten Entstörkondensator
> und konnte leider, als ich das Gerät jetzt nach Jahren mal brauchte,
> nicht damit arbeiten. Das war sehr ärgerlich.

Das war nicht fein.

MfG Paul

von Georg (Gast)


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F. F. schrieb:
> Das Gerät lief zwar noch, aber als ich die defekten
> Kondensatoren ausgelötet hatte, waren die Werte sehr schlecht.

Warum sollte es auch ohne Kondensatoren laufen??

Georg

von F. F. (foldi)


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... und jetzt mal wieder ernst.

von Paul B. (paul_baumann)


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F. F. schrieb:
> ... und jetzt mal wieder ernst.

Zu Befehl!
;-)

Im Ernst
Bei der "Fahne" wurden technische Geräte und Baugruppen, die in Reserve 
geahlten wurden, regelmäßig für einige Stunden betrieben, um 
sicherzustellen, daß sie einsatzbereit sind, wenn man sie braucht.
"Störfrei-Machung" hieß das und war nicht die schlechteste Idee.

MfG Paul

von Marian (phiarc) Benutzerseite


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F. F. schrieb:
> Könnt ihr mal grundsätzlich dazu was sagen?

Die Elkos in Consumermüll sind oft sowieso nur für eine Nutzungsdauer 
von 2-4 Jahren ausgelegt, da wundert es mich nicht, wenn die Lagerdauer 
nicht viel besser ausfällt.

von Gerd E. (robberknight)


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F. F. schrieb:
> Ähnliches hatte ich mit so einem gecrackten Sat Receiver. Das die
> Verschlüsselung grundlegend geändert wurde, hatte ich den lange nicht in
> Betrieb und als ihn hier keiner haben wollte (wollte ich vor einiger
> Zeit mal hier verschenken), habe ich ihn aufgemacht und wollte sehen, ob
> ich da was ausschlachte. Vor allem wollte ich mir das Schaltnetzteil
> ansehen, weil ich zu dem Zeitpunkt Schaltnetzteile lernen wollte.
> Siehe da! Die Kondensatoren vom Netzteil hatten auch schon dicke Backen
> gemacht.

Die Kondensatoren blähen sich nur im Gebrauch auf, nicht bei Lagerung.

Meine Vermutung daher: während das Ding damals ständig in Gebrauch war 
blähten sich die Kondensatoren auf. Das ist aber nicht weiter 
aufgefallen, weil das Gerät ja noch ging und niemand reingeschaut hat.

Das Lagern hat daran dann nichts mehr geändert.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Gerd E. schrieb:
> Das Lagern hat daran dann nichts mehr geändert.

Und mit dem Fein Multimaster wird es genauso sein. Es war früher mal 
möglich, das solche Kondensatoren Feuchtigkeit aufgenommen haben und 
beim ersten Aktivieren dann kaputt gegangen sind, das ist aber schon 
sehr lange her.

von F. F. (foldi)


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Ich habe das mit dem Formatieren, auf die Kondensatoren nicht so ganz 
verstanden. Ist es wie bei Batterien?

von HildeK (Gast)


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Marian B. schrieb:
> Die Elkos in Consumermüll sind oft sowieso nur für eine Nutzungsdauer
> von 2-4 Jahren ausgelegt

Ich hatte gestern ein altes, uraltes, Radio Saba Mainau zur Reparatur. 
Geschätztes Alter so 3-4 Jahrzehnte. Es stand sicherlich auch schon seit 
vielen Jahren unbenutzt herum.
Was war: die Bandumschalter waren verdreckt und korrodiert - mit WD40 
spielte es nach kurzer Einwirkdauer wieder.
In dem Zusammenhang habe ich mir auch die beiden 2500µF-Elkos nach dem 
Gleichrichter angeschaut, d.h. ausgelötet und nachgemessen. Beide waren 
mit ihrer Kapazität noch bei rund +20% oberhalb des aufgedruckten 
Wertes. 10h Dauerlauf hat es auch schon erfolgreich hinter sich.

Ich kann locker an einer Hand abzählen, was mir an defekten Elkos bisher 
in den 40 Jahren aktiver Tätigkeit begegnet ist - die letzten beiden 
waren gar keine Elkos, sondern einmal der Serienkondensator im 
Kondensatornetzteil einer Senseo und dann ein Motorkondensator in 
unserem Wäschetrockner.

Ich will nur damit sagen, dass die hier häufig genannten Ratschläge zum 
Tausch der Elkos aus meiner Sicht ein Hype sind.

von Dietrich L. (dietrichl)


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F. F. schrieb:
> Ich habe das mit dem Formatieren, auf die Kondensatoren nicht so ganz
> verstanden. Ist es wie bei Batterien?

Das heißt "formieren".
Siehe dazu auch https://de.wikipedia.org/wiki/Elektrolytkondensator : 
"dessen Anoden-Elektrode aus einem Metall (Ventilmetall) besteht, auf 
dem durch Elektrolyse (anodische Oxidation, Formierung) eine 
Isolierschicht erzeugt wird"

Diese Oxidschicht kann bei rumliegen ohne Spannung abgebaut werden, 
sodass beim Wiedereinschalten der Kondensator nicht mehr die 
erforderliche Spanungsfestigkeit hat. Durch Anlegen einer genügend 
kleinen Spannung, die man dann schrittweise erhöht, kann die Oxidschicht 
wieder aufgebaut werden.

Noch eine Quelle: 
http://www.el-me-se.de/old/pdf_files/Formieren%20alter%20HV-Elkos.pdf

Gruß Dietrich

von F. F. (foldi)


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Ah, danke Dietrich!
Vielen Dank für die Kurzfassung. Ich habe im Moment nicht den Kopf mir 
alles anzulesen. Klar "formieren", ich Dösel.

von Wolfgang (Gast)


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Dietrich L. schrieb:
> Durch Anlegen einer genügend
> kleinen Spannung, die man dann schrittweise erhöht, kann die Oxidschicht
> wieder aufgebaut werden.

Dabei sollte man auf jeden Fall den Strom mit einem passenden 
Vorwiderstand begrenzen.

von Dietrich L. (dietrichl)


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HildeK schrieb:
> Ich will nur damit sagen, dass die hier häufig genannten Ratschläge zum
> Tausch der Elkos aus meiner Sicht ein Hype sind.

Bei alten Geräten, bei denen noch keine Schaltnetzteile verwendet 
werden, ist das auch nicht so kritisch: Die Elkos werden nur mit 100Hz 
"belastet", ihre Kapazität muss entsprechen hoch sein und ihr ESR ist 
daher kleiner. Dadurch ist die Eigenerwärmung entsprechend kleiner und 
die Lebensdauer höher (10° Temperaturerhöhung halbiert die 
Lebensdauer!).
Bei Schaltnetzteilen dreht man die Frequenz möglichst hoch, damit Spule 
und Kondensator klein werden.
Folge: ESR wird entsprechend größer => die Verlustleistung steigt im 
Quadrat des ESR an => durch die kleinere Bauform und den auch noch oft 
engen Aufbau kann die Wärme schlechter abgegeben werden => deutlich 
höhere Eigenerwärmung => deutlich kürzere Lebensdauer.

Das kann man nur dadurch halbwegs in den Griff bekommen, wenn man Elkos 
mit besonders niedrigem ESR hoher Temperaturfestigkeit (z.B. 105°-Typen) 
verwendet.

Gruß Dietrich

von Bernd B. (bbrand)


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HildeK schrieb:
> In dem Zusammenhang habe ich mir auch die beiden 2500µF-Elkos nach dem
> Gleichrichter angeschaut, d.h. ausgelötet und nachgemessen. Beide waren
> mit ihrer Kapazität noch bei rund +20% oberhalb des aufgedruckten
> Wertes.

Dass die gemessenen Kapazitätswerte alter Elkos mitunter deutlich höher 
als ihre Nennwerte sind, liegt daran, dass mit der Zeit der 
Isolationswiderstand der Elkos sinkt. Das wirkt sich praktisch so aus, 
als ob dem Elko ein hochohmiger Widerstand parallelgeschaltet worden 
wäre. Man sollte aus solchen "besser als neu"-Werten nicht schliessen, 
dass der Elko noch in Ordnung wäre.

Ansonsten stimme ich aber zu, dass die Alterung von Elkos - mal 
abgesehen vom Einsatz in SNTs) oftmals nicht kritisch ist, d.h. die 
Kennwerte des Geräts werden sich verschlechtern (was man nicht 
unmittelbar bemerken muss), aber das Gerät wird in vielen Fällen 
trotzdem immer noch funktionieren.

von Rufus Τ. F. (rufus) Benutzerseite


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F. F. schrieb:
> Das dieser Beitrag schon alt ist, habe ich gelesen, aber ich wollte dann
> auch keinen neuen schreiben.

Das ist dann das Altern von Threads bei Nichtgebrauch.

von Fpgakuechle K. (Gast)


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Max schrieb:

> Hab mal irgendwas davon gehört, dass besonders Elkos unter nichtgebrauch
> leiden.

Neben Elkos werden auch LED; nuchtflüchtiger Speicher und lichtsensitive 
sensoren zu den kritischen Bauelementen gezählt. Allerdings weniger 
kritisch als Alu-Elkos:

https://www.roodmicrotec.com/fileadmin/user_upload/pdfs%20Presse/pdfs_Publications/Publications_2007/Alterungsmechanismen_PLUS.pdf 
S. 4

MfG,

von Schreiber (Gast)


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Pufferbatterien sind auch noch kritisch, besonders wenn wichtige Daten 
nur im RAM vorliegen

von Paul B. (paul_baumann)


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Rufus Τ. F. schrieb:
> Das ist dann das Altern von Threads bei Nichtgebrauch.

SO kenn ich Dich!
:-))

MfG Paul

von F. F. (foldi)


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Fpga K. schrieb:
> Neben Elkos werden auch LED; nuchtflüchtiger Speicher und lichtsensitive
> sensoren zu den kritischen Bauelementen gezählt. Allerdings weniger
> kritisch als Alu-Elkos:
>
> 
https://www.roodmicrotec.com/fileadmin/user_upload/pdfs%20Presse/pdfs_Publications/Publications_2007/Alterungsmechanismen_PLUS.pdf
> S. 4

Danke, sehr interessantes Dokument.

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