Forum: Platinen Starke Qualitätsschwankung beim Reflow Löten von Thermopads!!


von Richard (Gast)


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Hallo Leute,

ich lasse bei einem Bestücker neben anderen Teilen einen Chip mit 
Thermopad ( qfn24 package ) auf eine 4lagige Leiterplatte der dicke 
1.6mm löten.

Es sind 9 thermal-vias  (3x3 quadratisch) mit einem Drill von 0.3mm 
unter dem Thermopad.

Leider schwankt die Qualität der Lötung vom Thermopad stark.
Im schlimmsten Fall hängt das ganze Zinn am Thermopad, hat sich aber 
nach unten hin zur Platine absolut nicht verbunden. Man sieht den Fehler 
von aussen nicht. Wenn man den Chip mit Heissluft abnimmt, wird die 
Sache aber sehr deutlich sichtbar.

Andere Platinen sehen hingegen gut aus. Es ist die selbe Charge.
Die Rohplatinen sind von PCB Pool.

Was könnte helfen?
Hattet ihr schon ähnliche Probleme?

Meine Ansätze bisher:
- Lötzeit verlängern
- Irgendeine Art Grundierung / Reinigung für Rohplatinen einsetzen, dass 
das Reflow Zinn besser angenommen wird (falls es so etwas gibt??)


Danke für eure Hilfe!

Beste Grüße
Richard

von Silvio K. (exh)


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war da hal oder chemisch Zinn drauf? und sind die vias rückseitenbelackt 
oder offen?

von Floh (Gast)


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Richard schrieb:
> ich lasse bei einem Bestücker

Was sagt der Bestücker?
Schließlich ist das sein Fachgebiet, er muss es fertigen können oder dir 
Hinweise auf eine Alternative (anderes Layout, keine Vias im Pad ...) 
geben können.
Das Problem ist ja ganz offensichtlich mangelnde Qualität.

von Richard (Gast)


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Hallo,

unser Bestücker windet sich gern wie eine Schlange, wenns um 
Reklamationen geht. Von daher wollte ich mich vorab auch noch hier im 
Forum informieren.

Dass ein Qualitätsmangel da ist, ist klar.

Es ist Chemisch Zinn drauf.
Die Rückseite der Vias ist belackt. Das Belacken bringt uns beim 
Verbauen der Platinen Vorteile, z.B. dass Fertigungsmitarbeiter aus 
versehen an engen Stellen beim Anlöten von Litzen nichts Kurzschließen 
können. Deswegen sind im Moment alle Vias belackt. Nur die Thermopads 
sind 'Chipseitig' mit einer quadratischen Fläche direkt unter dem QFN 
Chip ausgenommen.

Das Layout der Thermopads ist, wie es gängige App-Notes von den 
Halbleiterherstellern vorschlagen. Vias sind hier einfach vorgesehen. 
Damit muss man arbeiten.

Kann die Belackung der Rückseite der Thermopads ein Problem sein ?

von Reinhard Kern (Gast)


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Floh schrieb:
> Schließlich ist das sein Fachgebiet

Genau. Wahrscheinlich ist einfach zuwenig Zinn vorhanden, es ist ein 
bekanntes Problem für Thermal Pads oder noch schwieriger für Thermal 
Vias genug Lot zur Verfügung zu stellen. Es gibt dafür dicke 
Spezialschablonen und die Möglichkeit mehrfach drüberzudrucken, aber wie 
auch immer, das kann nur der Bestücker lösen und wenn er es nicht kann 
muss er das mitteilen. Am Layout kann man da wenig ändern, weil es nicht 
um ein paar Prozent mehr Lotpaste geht, sondern um ein Mehrfaches. Das 
kann auch Mehrkosten verursachen, mir bekannte Lösungen z.B. bedeuten 
einen zusätzlichen Lotpastendruck mit dickem Sieb und Spezialpaste auf 
die Fläche unter den Thermal Pads.

Richard schrieb:
> Kann die Belackung der Rückseite der Thermopads ein Problem sein ?

Höchstens dass die Wärmezufuhr dadurch begrenzt wird, was aber bei 
Reflow keine Rolle spielen dürfte. Zinn auf den Nicht-BS Pads schadet 
auch nicht, wärmetechnisch ist es eher von Vorteil, aber dann wird ja 
noch mehr Lot gebraucht.

Gruss Reinhard

von Bernd G. (Gast)


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Ohne die Kompetenz von Reinhard anzuzweifeln, scheint mir das Problem 
hier zu liegen:

> Es ist Chemisch Zinn drauf.

Chemisch Zinn vergammelt in Nullkommanichts. Wenn du die Leiterplatten 
nicht sofort verarbeitest, bekommst du Probleme beim Löten. Diesen 
Fehler habe ich nur ein einziges Mal gemacht.
Mein Bestücker verarbeitet deshalb nur HAL oder Gold, außer der Kunde 
will unbedingt chemisch Zinn. Dann muss er aber mit dem Ausschuss leben.

Weil ich meine Lp längere Zeit zwischenlagern muss, nehme ich HAL. Aucfh 
nach einem Jahr habe ich mit der Thermals keine Probleme.

von Silvio K. (exh)


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ein mir bekannter bestücker rät vom chemischen Zinn ab, da nach seiner 
Erfahrung benetzungsprobleme auftraten. in meinem umkreis werden die 
vias beim thermischen pad nicht rückseiten belackt. so kann Luft 
entweichen.

von Richard (Gast)


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Reinhard, ich denke das könnte mein Problem sein.
Der Bestücker hat nämlich den 'free stencil' von PCB Pool verwendet.

Wie das Auftragen der Paste in zweierlei Dicken abläuft, verstehe ich 
aber immer noch nicht, würde mich aber genauer interessieren.

Angenommen man verwendet erst eine dickere Schablone, wo nur das 
Thermopad ausgenommen ist. Dann rakelt man drüber und hätte eine dicke 
Schicht am Thermopad. Klar. Aber, wenn man dann mit einer dünnen 
Schablone kommt, rakelt man die dicke Schicht doch wieder aufs Niveau 
der dünnen runter?

Umgekehrt, erst die dünne, dann die dicke, wäre ja noch schlimmer.

Wie wird so etwas realisiert?

danke und Grüße

Richard

von Michael H. (michael_h45)


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Richard schrieb:
> Der Bestücker hat nämlich den 'free stencil' von PCB Pool verwendet.
dein bestücker ist also ne bastelbude.

meine güte, was soll man denn lang sagen: entweder du lernst dich in 
die bestückung von qfn ein und bleibst bei deinem billigheimer, oder du 
suchst dir einen bestücker, der sein handwerk versteht und mehr kostet.

dieses geknausere an der falschen stelle kostet überall im eigenen haus 
geld ohne ende.

> unser Bestücker windet sich gern wie eine Schlange, wenns um
> Reklamationen geht.
da gibt es nichts zu winden. wenn er sagt, er ist bestücker, hat er zu 
bestücken. und wenn etwas nicht geht, ist das sein problem, nicht deins. 
er hat gesagt, er bestückt das - und kanns nicht.
wenn er für fehlerhafte ware geld sehen will, geht die beziehung halt 
auseinander. was ist denn daran so schwer?

von Richard (Gast)


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Oh, was Bernd G und Silio K zum Chemisch Zinn und HAL schreiben dürfte 
meine Lösung sein. Bei einigen Platinen sah das Pad vom QFN Chip nämlich 
ziemlich oxidiert aus. Deshalb kam ich auch eingangs auf die Idee mit 
der Grundierung. Wobei ich mir nicht sicher war, ob das nicht doch vom 
Ablösen mit dem Heissluftgebläse kam...

Chemisch Zinn wird auf der PCB-Pool Seite leider sehr positiv 
dargestellt, wie wenn es keine Nachteile gäbe. Deshalb hatte ich das 
eingesetzt.

@Michael H.
das ist klar, mich persönlich interessiert der technische Hintergrund.

Nochmals danke an alle und schönen Sonntag abend euch!

Grüße Richard

von Michael H. (michael_h45)


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Richard schrieb:
> mich persönlich interessiert der technische Hintergrund.
Der kann einen ganzen Haufen von Gründen haben.

- keine Vias im Thermal-Pad außer am Rand. Garantiert gleichmäßigen
  Lot-Abfluss.
- keine verdeckten Vias unter dem Thermal-Pad. Sonst wird Luft
  eingeschlossen, die sich beim Erhitzen ausdehnt und die Lötstelle
  verschiebt.
- Aufteilen der Pastenmaske in kleinere Teilmasken, um Verschwimmen
  bei nicht komplett gleichmäßiger Erhitzung zu verhindern.
- exakte Dosierdung der Lotpaste. Aufschwimmende Höhe bei Pads und
  Thermal-Pad identisch und grob 50µm groß.
- Nicht übergroße Dimensionierung des Kupfers. Die Lotpunkte, die
  zuerst verflüssigt werden, ziehen sonst zu stark am Bauteil.
- uswusf...

Da muss sich halt dein Bestücker auskennen.
Wenn du dich da wirklich sauber einarbeiten willst, kannst du gleich 
selber bestücken.

von Reinhard Kern (Gast)


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Richard schrieb:
> Wie das Auftragen der Paste in zweierlei Dicken abläuft, verstehe ich
> aber immer noch nicht, würde mich aber genauer interessieren.

Nach einem Artikel in einer US-Zeitschrift, den ich erst wieder suchen 
müsste, ist u.a. wichtig ein dickes Sieb mit Trapez-Kanten, die Cutouts 
für normale Pads müsste man dementsprechend verkleinern, damit sie nicht 
zuviel Lot bekommen - mehrfach Drucken mit verschiedenen Sieben geht 
wohl wirklich nicht (mit dem gleichen schon), also streiche "zusätzlich" 
aus:

Reinhard Kern schrieb:
> bedeuten
> einen zusätzlichen Lotpastendruck mit dickem Sieb

Alle möglichen Gesichtspunkte werden hier ausführlich beschrieben:

http://www.adestotech.com/data/doc3641.pdf

da sind auch Muster für den Druck empfohlen.

Das heisst aber in jedem Fall enge Zusammenarbeit mit dem Bestücker, den 
würde ich erstmal wechseln, da er offensichtlich die Problematik nicht 
kennt (auch wenns an Chemisch Zinn liegt, was ja sein kann, auch das 
sollte er wissen).

Gruss Reinhard

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