Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Poly-Fuses und Varistoren als Schutz gegen Kurzschlüsse und Spannungsspitzen


von Sebastian (Gast)


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Hallo,

ich will eine Schaltung vor Kurzschlussstrom sowie vor Spannungsspitzen 
schützen. Für den Schutz vor Kurzschlussstrom verwende ich eine 
Poly-Fuse / Resettable PTC (2016L Serie von Littelfuse) (=F1 in 
beiligendem Screenshot). Gegen Spannungsspitzen verwende ich einen 
Varistor (= VR1 in beiliegendem Screenshot).
Jetzt das Problem:
Platziere ich die Poly-Fuse vor den Varistor, so ist die Poly-Fuse nicht 
vor Spannungsspitzen geschützt. Platziere ich hingegen die Poly-Fuse 
hinter dem Varistor, so ist zwar die Polyfuse vor Spannungsspitzen 
sicher, es gibt aber keinen Schutz mehr vor Kurzschlüssen, die z.B. am 
Varistor enstehen könnten.
Wie geht man hier am Besten vor? Oder ist die Poly-Fuse unempfindlich 
gegen kurze Spannungsspitzen?
Oder gibt es alternative, bessere Vorgehensweisen zur Absicherung gegen 
Kurzschlussstrom und Spannungsspitzen?

Bin gespannt auf Eure Meinungen,
Sebastian

von fawrvq34 (Gast)


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Erkläre doch mal die Schaltung, die da hinter hängt.

Eventuell gibt es ja einen einfacheren Weg.

von MiWi (Gast)


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Sebastian schrieb:
> Hallo,
>

> Platziere ich die Poly-Fuse vor den Varistor, so ist die Poly-Fuse nicht
> vor Spannungsspitzen geschützt. Platziere ich hingegen die Poly-Fuse
> hinter dem Varistor, so ist zwar die Polyfuse vor Spannungsspitzen
> sicher, es gibt aber keinen Schutz mehr vor Kurzschlüssen, die z.B. am
> Varistor enstehen könnten.



> Wie geht man hier am Besten vor? Oder ist die Poly-Fuse unempfindlich
> gegen kurze Spannungsspitzen?

Nein. Schau ins Datenblatt. Die mögen das nicht sehr gerne, wenn mehr 
als die zulässingen Volt über der Polyfuse zu messen sind..


> Oder gibt es alternative, bessere Vorgehensweisen zur Absicherung gegen
> Kurzschlussstrom und Spannungsspitzen?



Die Polyfuse ist in dem Sinn keine echte Sicherung... denn sie schaltet 
das System dahinter nicht richtig Spannungsfrei wie es eine "richtige" 
Sicherung macht wenn die auslöst. Und sie bleibt im Sicherungsfall heiß, 
das altert sie und was dann geschieht ist IIRC auch nirgendwo sauber 
dokumentiert. Was geschieht, wenn sie ihre Eigenhitze nicht mehr mag - 
erleidet  sie dann doch irgendwann einmal interne Kurzschlüsse und wird 
dadurch niederohmig? Oder hochohmig? Sehr unklar das.

Ich verwende die daher nur dann wenn sichergestellt werden kann daß die 
Polyfuse nicht zu lange schützen muß, also entweder blöde Bedienerfehler 
abfängt oder das gesammte System recht bald Spannungsfrei geschalten 
wird wenn der Teil hinter der Polyfuse nicht mehr ansprechbar ist (vom 
übergeordneten System)

iaW: Du brauchst sowieso wahrscheinlich vor der Polyfuse irgendwo eine 
"richtige" Sicherung. Und die löst en passant Dein Dilemma mit dem 
Varistor, denn wenn der dann durchgeht löst die richtig Sicherung aus, 
die Polyfuse wird dabei nicht mitbeschädigt oder vorgealtert.

Grüße

MiWi

von Alex (Gast)


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Varistoren schützen aber nur recht unempfindliche Lasten.
Bei hohen Überspannungen entstehen meist hohe Ströme und dann haben 
Varistoren recht hohe Überspannungen (Datenblatt!). Man verwendet sie 
meist bei Netzspannung, vor Trafos.

Für Elektronik sind Zehnerdioden oder spezielle 
Überspannungsschutzdioden "Transzorb" besser geeignet. Gibt es von 5V 
bis über 100V. Aber auch an ihnen entsteht deutliche Überspannung (z.B. 
25V-Typ fängt bei 28V zu leiten an, bei 1A sind es ca. 30V, bei 30A 
42V).

Die Polyfuses sind meist sehr träge (Datenblatt!). Je nach Last sind 
also flinke Sicherungen besser und haben sehr hohe Abschaltspannung.

von MiWi (Gast)


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Nachtrag zu dem, warum auch ein Varistor eine richtige Sicherung(!) 
braucht:

http://www.cob.org/services/safety/education/surge-suppressors.aspx


Grüße

MiWi

von Kai K. (klaas)


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>Nachtrag zu dem, warum auch ein Varistor eine richtige Sicherung(!)
>braucht:

In solchen Geräten wird heutezutage der Varistor immer mit einer 
Temperatursicherung abgesichert. Eine normale Sicherung davor macht gar 
keinen Sinn, weil sich der Varistor schon bei relativ kleinen Strömen 
total überhitzen kann.

>Für Elektronik sind Zehnerdioden oder spezielle
>Überspannungsschutzdioden "Transzorb" besser geeignet.

Das stimmt so nicht. Die Transzorb begrenzt zwar härter, aber der 
Varistor hält wesentlich höhere Energien aus. Deswegen werden Varistoren 
und Transzorbs gleichermaßen in der Elektronik verwendet, jeder in 
seiner typischen Anwenung.

>Wie geht man hier am Besten vor? Oder ist die Poly-Fuse unempfindlich
>gegen kurze Spannungsspitzen?

Einen echten CE-Surge hält eine Polyfuse nicht aus. Die Spannung muß 
deshalb bereits vor der Polyfuse auf ungefährliche Werte begrenzt 
werden.

von Sebastian (Gast)


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Vielen Dank für die vielen Antworten :)
Werde das mit der Polyfuse nun sein lassen und dafür eine normale 
Sicherung einsetzen, ist irgendwie doch zu unsicher sonst.
Ob ich beim Varistor bleibe oder doch lieber entsprechende Dioden 
einsetze, werde ich mir noch überlegen, ich tendiere aber auch hier zu 
den Dioden. Danke für Eure Meinungen,
schönes Wochenende
Sebastian

von Kai K. (klaas)


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>Werde das mit der Polyfuse nun sein lassen und dafür eine normale
>Sicherung einsetzen, ist irgendwie doch zu unsicher sonst.

Falls du die Schaltung gegen eine zerschossene Transzorb absichern 
willst, kannst du eine surge-feste Sicherung davor schalten. Ein 
Beispiel für eine solche "surge resistant" Sicherung findest du hier:

http://www.ic72.com/pdf_file/f/250140.pdf

Der Vorteil einer solchen Sicherung ist, daß du einen Kurzschlußschutz 
hast, ohne daß die Sicherung beim CE-Surgetest abraucht, wie von den 
Normen vorgeschrieben.

Solche Sicherungen sind sinnvoll, wenn du <1A absichern willst. Größere 
normale träge Sicherungen halten oft schon von alleine Surge aus.

>Ob ich beim Varistor bleibe oder doch lieber entsprechende Dioden
>einsetze, werde ich mir noch überlegen, ich tendiere aber auch hier zu
>den Dioden.

Wenn du einen Varistor nimmst, mußt du in der Regel zweistufig 
begrenzen, mit einer nachfolgenden Transzorb, weil der Varistor oft 
nicht steil genug ist, so wie hier beispielsweise:

http://www.gaptec-electronic.com/datenblaetter/Datenblatt_30DAW4_1.0.pdf

Für normale Anwendungen dürfte eine einzelne Transzorb aber völlig 
ausreichen.

Wenn du die Schaltung aber vom KFZ-Bordnetz betreiben willst, sieht die 
Welt wieder völlig anders aus. Dann kommt schweres Gerät zum Einsatz, 
wie beispielsweise die LDP24A.

von Sebastian (Gast)


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Hallo,
vielen Dank für den Tipp mit der surge-festen Sicherung!!!

Bzgl. Alterung von Varistoren habe ich nun die entsprechende Stelle im 
Katalog von Würth Elektronik gefunden (S.172, Katalo Passive Bauelemente 
2012/2013):
"Varistoren besitzen eine endliche Lebensdauer. Selbst ein ausreichend 
dimensionierter Varistor kann durch Überlastungen zerstört werden. Dies 
führt zu starkert Erwärmung, Rauchentwicklung und/oder zum Zerplatzen 
des Varistors. Folgeschäden sind dadurch möglich. Es ist daher unbedingt 
empfehlenswert, Varistoren abgetrennt auf der Platine zu platzieren, im 
besten Fall in einer separaten Kammer. Desweiteren ist es notwenig im 
Strompfad des Varistors eine Sicherung zu platzieren, welche im Falle 
der Zerstörung des Varistors, auslöst. Diese Sicherung kann Schutz gegen 
Netzfolgeströme und damit auftretende Schäden bieten"

Ich habe mich daher jetzt für eine TVS-Diode entschieden, die reicht 
voll aus für meine Anwendung. Gibt es für TVS-Dioden auch ähnliches zu 
beachten (z.B. Alterung etc.)? Habe dazu jetzt bisher nichts gefunden...

Vielen Dank
Sebastian

von Alex (Gast)


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>Gibt es für TVS-Dioden auch ähnliches zu
beachten (z.B. Alterung etc.)?

Meines wissens altern die nicht, aber es darf trotzdem die 
Dauer-Verlustleistung (leider meist nicht angegeben, aber 1/4...1/2 
W))nicht überschritten werden.
Außerdem gibt es uni- und bidirektionale. Die erste ist wie eine normale 
Z-Diode (Diode in Durchlassrichtung), bidir. ist auch für 
Wechselspannung geeignet.

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