Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Tarifvertrag als Werkstudent?


von bernd (Gast)


Lesenswert?

Hallo zusammen,

ich arbeit zur Zeit bei einem Konzern in München als Werkstudent. Die 
Firma zahlt bei Festangestellten nach IGM Tarif, für Werkstudenten gilt 
dieses Regelung jedoch nicht. Ich bekomme als Master Student E-Technik 
zur Zeit 10,5€/h (was angeblich so üblich ist), dazu keinen Urlaub, kein 
Weihnachtsgeld, keine Zahlung bei Krankheit oder Feiertagen.

Im Internet habe ich jetzt gelesen, dass ich eig sogar Anspruch auf 
einige dieser Sachen hätte, was mir nicht wirklich bewusst war.
In diesem Artikel 
http://www.experto.de/b2c/studium/finanzieren/das-privileg-der-werkstudenten.html 
der leider ohne Datum und Quellenangaben auskommt, steht sogar dass ich 
in den Tarifvertrag eingestuft werden könnte, was mit als Bachelor 
natürlich sehr zugute kommen würde.

Da ich mit der Arbeitsstelle recht zufrieden bin und nicht es mir mit 
unrechtmäßigen Forderungen nicht verscherzen möchte, wollte ich vorher 
hier mal fragen was ihr davon haltet. Natürlich könnte ich einfach die 
Stelle wechseln, aber lieber wäre es mir natürlich, wenn ich für meine 
jetzige Stelle einfach mehr Geld bekomme. Mir kommt es einfach komisch 
vor, dass ich als flexibel einsetzbarer Werkstudent nur so wenig bekomme 
und keinerlei Anspruch auf irgendwelche Leistungen habe, während man als 
Bachelor mit einem festen Vertrag ein vielfaches an Gehalt + Urlaub + 
etc. bekommt.

von umts (Gast)


Lesenswert?

Buah, das ist verdammt wenig. Selbst die TU-Berlin zahlt ihren Studenten 
11€/h. Und das im öffentlichen Dienst, Lohnfortzahlung bei 
Krankheitsfall und wenn man sich Urlaub nimmt. Netto bleiben dir da 9€ 
übrig.

Offen gestanden: Dafür würde ich nicht mal eine Toilette putzen. 
Komplexe Arbeiten im Embedded-Umfeld erst recht nicht. Hie und da sollte 
man halt genug Arsch in der Hose haben und sagen, dass das einfach nicht 
läuft.

Tipp:
Lass dich als Freiberufler eintragen und biete den Unternehmen ein 
Werkstudententätigkeit auf Rechnung an. Verlange mindesten 15€/h 
(München würde ich locker 20€/h verlangen, sofern das dein 
Lebenslauf+Erfahrung hergibt), bei maximal 20h/Woche (wg. studentischer 
KV). Wenn du dein Geld gescheit ausgibst, musst du quasi keine Steuern 
zahlen. Die Lohnsteuererklärung nimmt dir eine Software ab, da hast du 
maximal 45 Minuten Aufwand im Jahr. Stichwort: Kleinunternehmerregelung.

von bernd (Gast)


Lesenswert?

Danke für den Tipp. Mein Studium neigt sich sowieso schon dem Ende, 
daher lohnt sich sowas wahrscheinlich nicht mehr.
Bei meiner aktuellen Arbeit habe ich noch nicht so viel Erfahrungen, 
daher weiß ich nicht inwiefern das einer Firma wirklich 20€ wert wäre.

Mir ging es bei meiner aktuellen Arbeit auch mehr um die Erfahrung die 
ich sammeln kann, als nur um einen Job der mir Geld bringt. Allerdings 
heißt das ja nicht, dass man sich trotzdem wenig bezahlen lassen muss.

von seppl (Gast)


Lesenswert?

bernd schrieb:
> ich arbeit zur Zeit bei einem Konzern in München als Werkstudent. Die
> Firma zahlt bei Festangestellten nach IGM Tarif, für Werkstudenten gilt
> dieses Regelung jedoch nicht. Ich bekomme als Master Student E-Technik
> zur Zeit 10,5€/h (was angeblich so üblich ist), dazu keinen Urlaub, kein
> Weihnachtsgeld, keine Zahlung bei Krankheit oder Feiertagen.
Du studierst im Master, hast also einen Bachelor und arbeitest für 
10,50€ die Stunde, als Werkstudent, in München? Ich wette du würdest der 
Erfahrung wegen auch für eine Tüte Nüsse arbeiten.
Wärst du im Bachelorstudiengang würde ich das noch akzeptieren aber mit 
dem Bachelor in der Tasche?

Urlaubanspruch hast du auch als Werkstudent, sollte der "Konzern" mit 
IGM-Tarif eigentlich wissen oder er wird in deinem Fall vergütet, sollte 
in deinem Vertrag stehen.

von seppl (Gast)


Lesenswert?

bernd schrieb:
> daher lohnt sich sowas wahrscheinlich nicht mehr.
> Bei meiner aktuellen Arbeit habe ich noch nicht so viel Erfahrungen,
> daher weiß ich nicht inwiefern das einer Firma wirklich 20€ wert wäre.
Laber nicht rum, das ist eher noch zu wenig. Du bist kein 
Regalauffüller, die bekommen schon 15€, ungelernter McDonaldshelfer 
ebenso. 20€ als Bachelor ob mit Erfahrung oder ohne ist immer noch zu 
wenig. Ein Fensterputzer kostet schon >20€ und da kommst du mit 
mickrigen 20€ und dann noch in München? Hallo McFly! <knock, knock> 
aufwachen!

> Mir ging es bei meiner aktuellen Arbeit auch mehr um die Erfahrung die
> ich sammeln kann, als nur um einen Job der mir Geld bringt. Allerdings
> heißt das ja nicht, dass man sich trotzdem wenig bezahlen lassen muss.
Eben, verlange nen ordentlichen Stundensatz ansonsten lass es bleiben, 
die "Erfahrung" kannst du woanders besser bezahlt machen oder machst nen 
besser bezahlten Deppenjob wo du deine paar Stunden abreist und dich 
ansonsten auf den Studium konzentrieren kannst. "Erfahrung" in 
Selbstverarschung und Ausbeutung ist das was du bei dem tollen Konzern 
gemacht hast.

von bernd (Gast)


Lesenswert?

Du hast wahrscheinlich Recht.
Wenn ich sehe, was die Firma an mir verdient und wir dort mit hohen 
Beträgen umgegangen wir, wären leicht 15-20€ drin gewesen.
Als Student hat man eben noch kein gutes vertrauen in seine Fähigkeiten 
und denkt immer, man müssen dankbar sein, wenn man irgendwo arbeiten 
DARF. Wenn man so denkt, kommt man aber wahrscheinlich nicht weit, weil 
niemand freiweillig mehr Gehalt bietet, wenn er billige Stundenten 
findet.

Wie dem auch sei. Wäre eine Anstellung nach Tarif denn möglich bzw ist 
diese vorgeschrieben?

PS: Die Putzfrau in der Firma bekommt angeblich 35€/h, was angeblich 
günstig ist (sagen meiner Kollegen die teilweise selbst privat eine 
haben). Ist schon lustig, wenn es nicht so traurig wäre.

von bernd (Gast)


Lesenswert?

Und bei Lidl bekommt man laut Aussage der Website wirklich "mindestens 
10.5€/h" wenn man dort als Aushilfe arbeitet und die Regale einräumt. 
Hätte ich selbst nicht gedacht...

von umts (Gast)


Lesenswert?

bernd schrieb:
> Wie dem auch sei. Wäre eine Anstellung nach Tarif denn möglich bzw ist
> diese vorgeschrieben?

Bin mir nicht sicher. Bei Daimler ist es so: Je öfters du angestellt 
wirst (z.B. Praktikant -> Werkstudent -> Bachelorette) desto mehr Gehalt 
kriegst du. Bei der 3. Anstellung ist das schon ein ganz fürsterlicher 
Batzen, da wird dir deine Loyalität durchaus hoch angerechnet. Dito mit 
unbürokratischen Vertragsfragen ("15h die Woche sind dir zuviel, machen 
wir 10h draus... kein Problem").

von A. $. (mikronom)


Lesenswert?

umts schrieb:
> Bin mir nicht sicher. Bei Daimler ist es so: Je öfters du angestellt
> wirst (z.B. Praktikant -> Werkstudent -> Bachelorette) desto mehr Gehalt
> kriegst du. Bei der 3. Anstellung ist das schon ein ganz fürsterlicher

Fürchterlicher?

> Batzen, da wird dir deine Loyalität durchaus hoch angerechnet.

Klar, man weiß ja dann schon, dass man so einen Depp später zum 
Putzfrauengehalt anstellen kann, da nimmt man ihn natürlich gern.

von Frank M. (aktenasche)


Lesenswert?

10.5€ als bachelor? was ne ausbeutung...selbst die hochschule bei uns 
zahlt 14€, ich bekomme immerhin 12.7€

von genervt (Gast)


Lesenswert?

Wenn er einen fertigen Bachelor fest anstellen würde, müsste er mit 
25€/Stunden Minimum an Kosten rechnen. Die Zahl würde ich auf den Tisch 
legen und dann mal sehen, wie er reagiert. ;)

von Schnurpsel (Gast)


Lesenswert?

Also 10.50€ ist verdammt wenig. Ich habe damals als Werkstudent ohne 
Abschluss in der Softwareentwicklung 13.50€ gekriegt. Dazu dann 
entsprechend anteilig (Halbtagsstelle) Urlaub, Weihnachtsgeld usw.. Und 
das in einem Kleinunternehmen.

von Martin S. (sirnails)


Lesenswert?

> Ich bekomme als Master Student E-Technik
> zur Zeit 10,5€/h (was angeblich so üblich ist), dazu keinen Urlaub, kein
> Weihnachtsgeld, keine Zahlung bei Krankheit oder Feiertagen.


Also ein paar Dinge - ohne Rechtsberatung - hier hilft nur der Gang zum 
Anwalt.

Hans Mustermann sollte sich folgende Fragen stellen:

1) Ist die Anstellung als Aushilfe oder als Werksstudent? Normalerweise 
ist letzterer vertraglich begrenzt auf maximal zwei Jahre, die 
Wochenhöchstarbeitsdauer darf 20 Stunden während des Semesters (d.h. 
also in der Vorlesungszeit) nicht überschreiten.

2) Wenn der Vertrag im Bachelorstudiengang geschlossen wurde, endet 
dieser mit dem entsprechenden Abschluss. Als Master-Werksstudent ist 
somit ein neuer Vertrag nötig.

3) Es ist ein weitreichender Irrglaube, dass man als Werkstudent oder 
Aushilfe keinen Urlaubsanspruch besitzt. Im BUrlG ist ganz klar 
geregelt, dass Urlaubsanspruch grundsätzlich ab einer 
Beschäftigungsdauer von mindestens einem Monat besteht. Und das gilt 
unabhängig von der Wochenarbeitszeit. Egal ob es 20 oder 40 
Wochenstunden sind, so beträgt der Anspruch mit Vollendung eines Monats 
1/12 von 24 Tagen. Dieser Urlaub ist vom Arbeitgeber zu genehmigen und 
vor allem zu bezahlen.

4) Weihnachtsgeld (13tes Monatsgehalt) ist eine freiwillige betriebliche 
Leistung. Hier steht im Arbeitsvertrag, ob, und falls ja, in welcher 
Höhe gezahlt wird.

5) Ab einer Beschäftigungsdauer von mehr als 4 Wochen besteht Anspruch 
auf Lohnfortzahlung (Entgeldfortzahlung im Krankheitsfall) - unabhängig 
von der Art der Beschäftigung. Wer nur einen Monat angestellt ist, hat 
demnach keinen Anspruch. Der Anspruch ist gegenüber den Arbeitgeber 
geltend zu machen, soweit die Krankheitsdauer 6 Wochen nicht 
überschreitet. Anschließend zahlt die Krankenkasse weiterhin 70% des 
Lohnes (mit Einschränkungen).

Zur Vergütung: Es spielt keine Rolle, ob der Betrieb im Tarifverbund 
ist, oder nicht. Es zählt nur, was im Arbeitsvertrag steht. Wenn hier 
10,50 Euro / Stunde niedergeschrieben wurden, so wird auch nur dies 
bezahlt. Mit der Unterschrift wurde die Höhe des Entgeltes akzeptiert.

Schlussendlich war ich mal in einer ähnlichen Situation. Ich habe davon 
abgesehen, meinen AG zu verklagen (wegen 2 Tagen Urlaub, die mir 
verweigert wurden). Zwar hätte ich das Ding locker gewonnen, allerdings 
gibt es so einen berühmten Spruch: "Ist der Ruf erst ruiniert...". Man 
sieht sich im Leben immer zweimal.

Selbst wenn der Gang vor den Kader in Betracht gezogen würde, so sollte 
man sich darüber im klaren sein, dass lediglich der Urlaub des letzten 
Jahres eingeklagt werden kann, soweit der Stichtag (ich glaube 15ter 
März) nicht verstrichen ist. Sonst ist der Urlaub verfallen und der AG 
wird lapidar darauf verweisen, dass der Urlaubsanspruch nicht geltend 
gemacht wurde. Ob sich das also lohnt?!

von bernd (Gast)


Lesenswert?

Ich will hier niemanden verklagen. Das wäre ja noch schöner, erst den 
Vertrag unterschreiben und dann fällt einem nach einem Jahr ein, dass 
man eigentlich doch gerne Urlaub hätte.
Wenn ich sie wirklich schädigen will dann mache ich das, womit man hier 
in München die größten Probleme verursachen kann: Ich gehe einfach nicht 
mehr hin.

von PeterPan (Gast)


Lesenswert?

Also ich kenne das Problem. Bin auch bei einem großen Münchener Konzern 
als Werkstudent, aber anderer Standort.
Die Eingliederung von Werkstudenten in den IGM Vertrag erfolgt hier nur 
bei IGM Mitgliedern. Dann müssen die das wohl irgendwie :)
Ich hatte ein längeres Gespräch mit dem Betriebsrat vor der 
Vertragsunterzeichnung.
Und bevor jetzt Verdächtigungen aufkommen, dass er mich nur für die IGM 
gewinnen wollte: Ich hatte meinen Vertrag in der Hand, dann bin ich der 
IGM beigetreten und nun habe ich einen neuen Vertrag inkl gestiegener 
Bezahlung und mehr Urlaub (in Summe Vorteile von ca 250€) bei einem IGM 
Beitrag von 1% des Lohns (ca 13€ gesamt)

Gruß

von Martin S. (sirnails)


Lesenswert?

PeterPan schrieb:
> mehr Urlaub

Und dieses gewisse "mehr" heißt aber auch, dass Dir prinzipiell schon 
einige Dinge zugestanden wurden, auf die Du auch ein Anrecht hast. Das 
sehe ich als den Kasus Knaxus.

von PeterPan (Gast)


Lesenswert?

kann sein :)
 mehr weiß ich nicht - Die message, die ich rüber bringen wollte ist, 
dass sich der TE mal an den Betriebsrat wenden könnte. Vorallem bevor er 
seinem Vorgesetzten eine 25€/h Forderung auf den Schreibtisch knallt.
Meiner Erfahrung nach wissen die Vorgesetzten selten was die Studenten 
überhaupt bekommen. Bei uns (S.....) zählen Studenten auch nicht zu 
Headcount der Abteilung.

von aGast (Gast)


Lesenswert?

Martin Schwaikert schrieb:
> Und dieses gewisse "mehr" heißt aber auch, dass Dir prinzipiell schon
> einige Dinge zugestanden wurden, auf die Du auch ein Anrecht hast.

Nö, laut Urlaubsgesetz nur 24 Werktage, der Tariflich Urlaub gilt nur 
für Mitglieder der jeweiligen Gewerkschaft die auch den Tarif 
abgeschlossen hat.
Im IGM Tarif sind es nämlich 30 Werktage.
Die Frage ist nämlich nicht ob die Firma im Arbeitgeberverband, sondern 
ob der Mitarbeiter in der Gewerkschaft ist. Theoretisch kann ein Betrieb 
den Teil der Mitarbeiter die in der Gewerkschaft ist nach Tarif 
behandeln und die anderen nach der gesetzlichen Lage. Wird aber wegen 
des Betriebsfriedens normalerweise keiner machen.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.