Forum: HF, Funk und Felder Quarz Lastkapazität


von HF (Gast)


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Hallo,

ich hätte da mal eine allgemeine Frage bzgl. der Quarzauswahl, und zwar 
frage ich mich in wie weit die Lastkapazität eines Quarzes für dessen 
möglichen Einsatzbereich relevant ist.

Einige Quarze treiben ja relativ hohe Lasten (~30pF) , andere widerum 
nur sehr geringe (~9pF).

Worin genau unterscheidet sich der daraus resultierende bevorzugte 
Einsatzbereich?

Kann einer höheren bzw. einer niedrigeren möglichen Last generell ein 
Vorteil gegenüber der jeweils anderen zugesprochen werden?


mfg

von flo (Gast)


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möglicherweise könnte es zu einer unterschiedlichen bandbreite bei 
quarzfiltern (ladder filtern) führen.

von HF (Gast)


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...kann man sagen, je höher die Lastkapazität des Quarzes ausfällt, 
desto störunanfälliger wird die Schwingung?

...aber je höher die Last ist, desto schwieriger wird es wohl, diesen 
zur Schwingung anzustossen... oder nicht?

von PSPICE_Fan (Gast)


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HF schrieb:
> ...kann man sagen, je höher die Lastkapazität des Quarzes ausfällt,
>
> desto störunanfälliger wird die Schwingung?

Nein, das hat damit nichts zu tun.
Ein Quarz arbeitet am besten in Serienresonanz, dort haben die 
parasitären Kapazitäten der Schaltung keinen Einfluß auf die 
Schwingfrequenz. Die meisten einfachen Quarzoszillatoren arbeiten aber 
mit der Parallelresonanz des Quarzes. Diese liegt dicht neben der 
Serienresonanz und ist abhängig von den Kapazitäten des Aufbaus. Um 
jetzt dennoch die gewünschte Frequenz zu erhalten wird der Quarz so 
hergestellt, dass er etwas zu hoch schwingt. Mit der Lastkapazität wird 
diese absichtlich eingebaute Abweichung wieder ausgeglichen. Je höher 
die Abweichung um so höher die Lastkapazität. Die Quarze können meist 
passend für bestimmte Lastkapazitäten gekauft werden.
Bei zu hohe Lastkapazitäten gibt es aber in der Tat Probleme mit dem 
Anschwingen.

Schönen Abend noch

von B e r n d W. (smiley46)


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> Die meisten einfachen Quarzoszillatoren arbeiten aber
> mit der Parallelresonanz

IMO arbeiten fast alle Oszillatoren in Serienresonanz. Im Datenblatt ist 
eine Lastkapazität angegeben. Der Quarz wird so geschliffen, dass er mit 
dieser Lastkapazität bei der angegebenen Frequenz schwingt 
(+/-Toleranz). Will man es ganz genau, kann ein Trimmer verwendet 
werden, um die Frequenz  kalibrieren zu können. Damit wird die 
Serienresonanz verstellt. Die tiefste Frequenz wird erreicht, wenn die 
Serienkapazität weggelassen wird, dies ist jedoch nicht bei allen 
Oszillator-Typen möglich.

Die Parallelresonanz befindet sich ein paar kHz oberhalb der 
Serienresonanz. Diese wird durch die parasitäre Parallelkapazität 
verursacht. Sie liegt meist in der Größenordnung von 4-5pF. Wird ein 
weiterer C parallel geschaltet, verschiebt sich die Parallelresonanz in 
Richtung tieferer Frequenzen. Der Abstand zwischen Serien- und 
Parallel-Resonanz wird kleiner. Dadurch wird auch der Verstellbereich 
des zuvor genannten Trimmers in Richtung höherer Frequenzen reduziert. 
Dann lässt sich der Quarz schlecht "ziehen".

von PSPICE_Fan (Gast)


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B e r n d W. schrieb:
> IMO arbeiten fast alle Oszillatoren in Serienresonanz.

In der Digitaltechnik findet man fast ausschließlich die 
Pierce-Schaltung, und die arbeitet mit Parallelresonanz. In der 
HF-Technik mag das anders sein.

http://de.wikipedia.org/wiki/Quarzoszillator

von B e r n d W. (smiley46)


Angehängte Dateien:

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Hallo PSPICE_Fan

Interessantes Thema, zuerst war ich mir auch nicht sicher, da sich 
selbst die Literatur widerspricht. Aber nach meinem jetzigen Verständnis 
handelt es sich beim Pierce um einen Serienresonanz-Oszillator. IMHO 
liegt da Wikipedia falsch. Wobei durch Phasenverschiebungen in der 
Schaltung die Parallelresonanz nicht genau getroffen wird, sondern der 
Oszillator etwas höher schwingt.

In dem angehängten Beispiel sieht man, dass die Serienresonanz bei 
9.000MHz liegt und die Parallelresonanz bei ca. 9.012MHz (out1). Der 
Oszillator schwingt letztendlich bei 9.003 MHz (out3), also viel näher 
an der Serien-, als an der Parallelresonanz.

Auch an der offenen Schleifen-Verstärkung (out2) kann man erkennen, dass 
es bei der Parallel-Resonanz zwar eine Phase von Null Grad gibt, dort 
aber die Schleifenverstärkung bei < -30 dB liegt. Deshalb wird bei der 
Parallel-Resonanz die Schwingbedingung nicht erfüllt.

Gruß, Bernd

von Guido (Gast)


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B e r n d W. schrieb:
> IMHO liegt da Wikipedia falsch.

Ja Bernd, da liegst du richtig. Wie soll die Schwingung bei
einer Phasenverschiebung von 90° auch funktionieren?

von B e r n d W. (smiley46)


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> Diese Rückkopplung erzeugt aber eine Phasenverschiebung,
> die mehr bei 90° als bei den erforderlichen 0° liegt

Die 90° beziehen sich aber auf die Schaltung nach dem Pierce.

von oszi40 (Gast)


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B e r n d W. schrieb:
> In dem angehängten Beispiel sieht man, dass die Serienresonanz bei
> 9.000MHz liegt und die Parallelresonanz bei ca. 9.012MHz (out1).

Das sind aber 2 unterschiedliche Schaltungen wobei einige pF das Quarz 
auch etwas "ziehen" könnten (z.B. durch Transistorkapazitäten)?

von B e r n d W. (smiley46)


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Hallo  oszi40
> Das sind aber 2 unterschiedliche Schaltungen

Die 1. Schaltung entspricht einem Aufbau, mit dem typischerweise 
Quarzparameter ermittelt werden. C1 sollte der Lastkapazität aus dem 
Datenblatt entsprechen.

Bei der 2. Schaltung handelt es sich um die aufgetrennte Schleife des 
Oszillators. Die Pi-Anordnung des Quarzes soll eine 180° Phasendrehung 
bewirken. Man kann aber erkennen, dass der Phasendurchgand 0° beim out2 
sich etwas weiter rechts befindet. Dies erklärt noch nicht die 3kHz 
Abweichung. Möglicherweise gibt es in der Schaltung noch einen 
Unterschied zwischen Klein- und Großsignal-Verhalten, welcher in der 
Simulation nicht erfasst wird.

Den BC547 hatte ich wegen der höheren Basis-Kapazität gewählt, um die 
Frequenz etwas tiefer zu bekommen. Wird der 10pF Kondensator weiter 
vergrößert, schwingt die Schaltung nicht mehr.

von oszi40 (Gast)


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Hallo Berd,

ich glaube Deine Simulanten lügen manchmal wenn es um HF geht. Woher 
wollen die genau wissen, wie ein Draht 9 MHz wirklich gebogen ist?

von B e r n d W. (smiley46)


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> ich glaube Deine Simulanten lügen manchmal wenn es um HF geht

Ich würde das nicht als "lügen" bezeichnen, die Simulation macht genau 
das, was sie vorgesetzt bekommt. Sobald ich die Ursache verstehe und das 
Modell dementsprechend anpasse, stimmt auch das Ergebnis. Das Problem 
sitzt eher vor dem Computer.

Mir ging es um den Beweis, dass der Oszillator offensichtlich nicht auf 
der Parallelresonanz schwingt.

PS
Eine Induktivität in Reihe zum Quarz würde die Frequenz eher in Richtung 
tiefer Frequenzen verstimmen, ebenso eine parasitäre Kapazität.

von HabNix (Gast)


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Beim Pierce-Oszillator arbeitet der Quarz in Parallelresonanz.
http://www.crystek.com/documents/appnotes/PierceGateLoadCap.pdf

von FredM (Gast)


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In solchen Fällen hilft meist ein Blick in das hervorragende 
Quarz-Kochbuch von Bern Neubig (Axtal), das komplett zum Download im 
Netz steht.

Hier gehts zum Download von Kapitel 6

http://www.axtal.com/data/buch/Kap6.pdf

mit erhellenden Weisheiten über den Pierce Oszillator in Abschnitt 6.3.2

von B e r n d W. (smiley46)


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> http://www.axtal.com/data/buch/Kap6.pdf
> Weisheiten über den Pierce Oszillator in Abschnitt 6.3.2

Dieses Kapitel hatte ich zuvor schon überflogen. Es gibt einen Hinweis 
auf den Einfluss von Gatter-Laufzeiten. Ohne stundenlang die Formeln 
nachzuvollziehen, gewinne ich da keine weiteren Erkenntnisse.

Darauhin habe ich meine Simulation nochmals mit dem BFR93 wiederholt 
wegen seiner kleinen parasitären Kapazitäten und geringer Laufzeit. Mit 
einem 40pf und einem 37pF Kondensator gegen GND schwingt die Simulation 
genau auf 9.000 MHz. Auf weitere Nachkommastellen hab ich wegen der 
Simulationsdauer verzichtet.

> Beim Pierce-Oszillator arbeitet der Quarz in Parallelresonanz.
> http://www.crystek.com/documents/appnotes/PierceGateLoadCap.pdf

Die schreiben nur, dass sie einen Quarz mit Parallelschliff verwenden, 
nicht dass dieser auf der Parallelresonanz schwingt.

von FredM (Gast)


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Neubig schreibt in Abschnitt 6.2.5 zur Frage: Parellel oder 
Serienresonanz:

Diese Begriffe werden häufig auf verwirrende Weise benutzt, was nichts 
an der
Tatsache ändert, daß dies bereits vor Jahrzehnten wurde (Lit.[13], 
[14]).
In allen Quarzoszillatoren schwingt der Quarz selbst auf einem 
Arbeitpunkt, der in der Nähe seiner niederohmigen 
(Serien-)Resonanzfrequenz liegt. Dies heißt aber nicht, daß der 
Oszillator genau bei der Serienresonanzfrequenz des Quarzesarbeitet! Die 
übrigen Schaltungs- und Frequenzzieh-Elemente verschieben den 
Arbeitspunktdes Quarzes, es ist aber praktisch nicht möglich, einen 
stabilen Betrieb an einemPunkt zu erreichen, der näher an der 
Antiresonanz (Parallelresonanz) liegt als an der Serienresonanz.......

......Bei den mißverständlicherweise als Parallelresonanzoszillator 
bezeichneten Schaltungen wirkt der Quarz als eine Induktivität mit dem 
Wert Leff (Gleichung 10),die viel kleiner als die dynamische 
Induktivität des Quarzes (L1) ist. Dieses Leffkann in der 
Oszillatorschaltung dann mit den anderen Elementen einen 
Parallelschwingkreis bilden, der Quarz selbst arbeitet aber in der Nähe 
der niederohmigen Resonanz.

Aber unabhängig davon ist die eingentliche Ausgangsfrage des 
Threadopeners nach der Lastkapazität und ihrer Auswirkungen in Kapitel 6 
des Quarzkochbuches erschöpfend beantwortet.

von HabNix (Gast)


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Bernd Neubig von der Fa. TELEQUARZ zu dem Thema:
http://www.axtal.com/data/publ/ukw1979_d.pdf

von Guido (Gast)


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HabNix schrieb:
> Bernd Neubig von der Fa. TELEQUARZ zu dem Thema:

Jugendsünde, jeder lernt dazu! ;-)

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