Hallo, ich spiele schon seit einiger Zeit mit dem Gedanken, mich als Entwickler selbstständig zu machen. Hier gibt es ja auch schon einige Themen dazu die ich auch gelesen habe. Das allgemeinte Ergebnis dieser Themen ist immer: Relativ viel Arbeit, der Anfang ist schwer (90% scheitern), viel Papierkram, Wenig Urlaub, Krank sein ist ein großes Problem. Dafür: Freiheit! Bei mir ist die Situation jedoch noch etwas spezieller. Ich habe die Firma, die mein Dad aufgebaut hat übernommen, die wirft bei recht geringem Aufwand relativ solide seit 15 Jahren so 10k bis 20k Euro im Jahr ab. Ich habe ein Bachelor in Medizintechnik (duales Studium) hinter mir und mache im Moment meinen Master in Mechatronik an einer FH. Habe auch durchaus schon Berufserfahrung sammeln können in meiner Selbstständigkeit und bei Werkstudentenjobs. Wenn ich daran denke, wie leicht es mir fällt, mich im Moment durch Werkstudentenjobs über Wasser zu halten und einen ziemlich hohen Lebensstandart und gleichzeitig viel Zeit für Hobbies zu haben... Da könnte ich mir vorstellen das nach dem Studium einfach weiter zu machen! Wenn ich erstmal als Angestellter arbeiten würde, bin ich es gewöhnt rel. viel Geld zu haben, da habe ich sicher keine Lust mehr auf diesen Schritt. Wie realistisch sind meine Vorstellungen?
Benjamin Ru schrieb: > Wie realistisch sind meine Vorstellungen? Vergiss es! Freiberufler zu sein, bedeutet relativ viel Arbeit, der Anfang ist schwer (90% scheitern), viel Papierkram, Wenig Urlaub, Krank sein ist ein großes Problem. Die "Freiheit" kannst Du dafür in die Tonne treten, die nutzt Dir dann nämlich gar nichts.
>die wirft bei recht geringem Aufwand relativ solide seit 15 Jahren so 10k >bis
20k Euro im Jahr ab.
Hmmm, hilf mir mal auf die Sprünge....:
15k : 12 = ?
Hallo, wenn du die Firma deines Vaters übernommen hast, solltest du nach meinem Verständnis beschäftigt sein, sonst machst du etwas falsch. Nach 10 bis 20 Jahren haben kleine Firmen normal eine solide Basis erreicht, von der aus sie ohne Existenzsorgen dem nächsten Monat entgegensehen können. An der Stelle darauf zu vertrauen, das alles so weiterläuft wie bisher wird aber früher oder später schief gehen, da sich alles immer ändert. Wenn du in der Firma nichts zu tun findest, dann hast du vermutlich nicht richtig nachgeschaut. In den meisten Fällen ist es gut Abhängigkeiten von wenigen Großkunden durch das Werben neuer Kunden zu reduzieren (oft mit einer Expansion verbunden). Auch ein zusätzliches Standbein in einem benachbarten Bereich aufzubauen, um die Überlebenschance des Betriebes in Kriesenzeiten zu verbessern, ist normal ratsam. Gruß Kai
Die Firma ist eine kleine Nieschenfirma, die einen speziellen Sensor herstellt, bei dem der Bedarf einfach sehr gering aber seit Jahren rel. konstant ist. Da ist leider nichts mit expandieren, bzw. weiterentwickeln. Obwohl ich dir recht gebe, dass das sonst wohl die beste Vorgehensweise ist. Ich hatte nur gedacht dass das ein ganz gutes Sprungbrett wäre, da ich ja schon ein Grundeinkommen habe. Das ist zwar nicht garantiert aber ein gewisses Risiko hat man ja bei Allem. Von mehr als 10'000 Euro im Jahr lebe ich jetzt als Student auch nicht, wäre also keine große Umstellung. Aber wenn die Perspektive auf die Zukunft nicht so aussieht, dass die Vorteile irgendwann mal die ganzen Nachteile am Anfang aufwiegen, werde ich wohl tendentiel eher mit einer Teilzeitstelle glücklich.
Benjamin Ru schrieb: > Wenn ich daran denke, wie leicht es mir fällt, mich im Moment durch > Werkstudentenjobs über Wasser zu halten und einen ziemlich hohen > Lebensstandart und gleichzeitig viel Zeit für Hobbies zu haben... Da > könnte ich mir vorstellen das nach dem Studium einfach weiter zu machen! Das ist aber ein Trugschluss, denn sobald du nicht mehr Student bist fallen sowohl für dich als auch für die Firmen einige steuerliche Erleichterungen weg und es entstehen neue Nebenkosten. Wieso aber auch sich auf Freiberuflichkeit festnageln wenn du eh schon eine Firma hast. Keiner verbiete hier ein zweites Geschäftsfeld (wenn auch erstmal probeweise) aufzubauen, die ganze Infrastruktur wie Buchhaltung etc. ist dann ja schon vorhanden...
Na ja, in deiner Stelle werde ich es auf jeden Fall versuchen, zwar nicht als Freiberufler sondern irgendwie zuerst als Teilzeit, und parallel dich in einem Master einschreiben lassen, somit fällt das mit der Verischerung schon mal weg, nach 6 Mon/1J weisßt du dannmehr ob es sich lohnen wir oder nicht. Neben meinem Job (SW) studiere ich an der Fernuni Hagen und ziehe auch eine kleine Firma (in meinem Ursprungsland) Hoch. Alles kostet halt Zeit und wenn deine Familie nicht mitmacht, hast halt verloren. Gruß
Benjamin Ru schrieb: > Da ist leider nichts mit expandieren, bzw. weiterentwickeln. Wieso das denn bitte? Haben die Kunden keine Sonderwünsche?
Zwei Anmerkungen: 1. Wenn in der Familie die Kultur der Selbstständig bereits vorhanden ist, dann sollte man sie nicht untergehen lassen. 2. Wer fragt (insbesondere hier), ob er sich selbstständig machen soll, der ist schon gescheitert.
Drobel schrieb: > 2. Wer fragt (insbesondere hier), ob er sich selbstständig machen soll, > der ist schon gescheitert. Da Selbständigkeit kaum auf dem Vorlesungsplänen (außer vielleicht bei BWL) zu finden ist, ist es doch kein Fehler sich mal umzuhören, was andere dazu für eine Meinung haben. Besser wäre es vielleicht wenn man nebenberuflich einsteigt, sonst wirds ein Sprung ins kalte Wasser. Nötiges Basiswissen holt man sich am Besten in einem Existensgründungskurs bei der örtlichen IHK. Aber das hat der TO sicher schon wo anders hier gelesen. Ich hab schon mit den Sprösslingen einiger Chefs zusammen gearbeitet bis die dann das Ruder übernehmen konnten.
Benjamin Ru schrieb: > Die Firma ist eine kleine Nieschenfirma, die einen speziellen Sensor > herstellt, bei dem der Bedarf einfach sehr gering aber seit Jahren rel. > konstant ist. Klingt für mich nach sehr guten Voraussetzungen. Sensoren werden immer mehr benötigt und auch für immer speziellere Anwendungen. Zudem brauchen alle Branche Sensoren. Ein Medizintechnik und Mechatronikstudium dürfte auch nicht gerade die schlechteste Ausgangssituation für Sensorenentwicklung sein. Und das man etwas nicht weiterentwickeln kann bezweifel ich ein wenig. Sogar das Rad wird immer noch weiter entwickelt. Mit einer solchen Firma könnte man potenziell sogar reich werden (was im Allgemeinen mit ehrlicher Arbeit nicht geht). Meine persönliche Meinung: Wenn du in der Firma (ohne das ich sie genau kenne) kein Potenzial siehst solltest du dich eher nach einer Anstellung umsehen. Zu deinen Bedenken wegen der mangelnden Freiheit bei einer Anstellung: Mit einem guten Chef hast du bei einer Festanstellung vermutlich mehr Freiheiten wie bei einer freiberuflichen Ingenieurstätigkeit. Gruß Kai
Sonderwünsche haben die Kunden schon aber eigentlich relativ selten. Aus diesem Markt kann man einfach nicht so viel rausholen und mit dem vorhandenen Know How kann man anderweitig auch nicht so extrem viel anfangen. Eine Marktniesche halt. Es bleibt die Idee etwas vollkommen anderes zu entwickeln und zu vertreiben und die vorhandene Infrastruktur zu nutzen. An der Stelle bleibt das Problem, dass die GbR 3 Gesellschafter hat und der Gewinn durch 3 geteilt wird. Muss ich nochmal überprüfen ob das überhaupt rechtlich geht, dass ich mehr bekomme als die Anderen, selbst wenn diese damit einverstanden sind. Ich denke die solideste Idee ist, sich eine Teilzeitstelle zu suchen und dann darauf aufzubauen. Sind Arbeitgeber eigentlich grundsätzlich eher dazu bereit einen in Teilzeit einzustellen, wenn man gute Gründe dafür hat und in Aussicht stellt irgendwann mal Vollzeit zu arbeiten, falls es die Stelle erlaubt? Ich meine ist ja erstmal billiger für den Arbeitgeber und er hat ein geringeres Risiko, falls man als Ing nichts drauf hat.
Nach dem Studium steigen aber auch deine Ausgaben enorm. Du musst an die Rente denken, du musst dich "richtig" Krankenversichern... Man kann als Hausnummer sagen, dass man als Freiberufler das doppelte verdienen muss wie als Angestellter damit es sich lohnt. Also nix mit 20k€, eher mal 80k€-100k€ anpeilen. Ich würds lassen ohne richtigen Plan (den du scheinbar nicht hast, außer dass du weiter "chillen" willst wie bisher im Studium).
Benjamin Ru schrieb: > Ich meine ist ja erstmal billiger für den Arbeitgeber und er hat ein > geringeres Risiko, falls man als Ing nichts drauf hat. Arbeitgeber im Ing. Bereich sehen Teilzeit gar nicht gerne. Du schaffst einfach deine Projekte nicht und die Zeit die du da bist geht manchmal schon für Besprechungen drauf, wann willst du dann noch arbeiten? Auch signalisierst du, dass du für Überstungen nicht zur Verfügung stehst.
Benjamin Ru schrieb: > Die Firma ist eine kleine Nieschenfirma, die einen speziellen Sensor > herstellt, bei dem der Bedarf einfach sehr gering aber seit Jahren rel. > konstant ist. Da ist leider nichts mit expandieren, bzw. > weiterentwickeln. Bist du dir da so sicher? Expansion: - International vertreiben - Den Kunden weitere Dienstleistungen rund um den Sensor anbieten, insbesondere Elektronikentwicklung im Bereich dieser Nische - Den Sensor für andere Gebiete etablieren, wo man die Technologie ebenfalls verwenden kann Weiterentwicklung: - Einerseits neuen Bedarf durch stetig verbesserte Sensoren erzeugen - Andererseits stets auf der Hut sein, dass man nicht plötzlich von innovativer Konkurrenz überflügelt wird - gerade in der heutigen Zeit kann man ja z.B. viele Geräte, die früher ein Vermögen kosteten, mit einer Smartphone-App nachbilden Bin in einer ähnlichen Situation wie du und ich würde so eine Firma mit funktionierenden Strukturen und Kundenstamm mit Handkuss übernehmen und richtig was draus machen.
Zum einen kann man diese Firma (relaiv wenig Aufwand) neben einer Anstellung weiterfuehren. Man kann ja den Papa als offiziellen Besitzer und Werktaetigen weiterlaufen lassen... Ich empfehle eine Anstellung, um noch etwas Berufserfahrung zu bekommen. Es gibt noch soviel, das es zu lernen gibt, das nicht im Studium vermittelt wird. Mach mal 10 Jahre als Angestellter irgendwo im Team, um moeglichst viel zu lernen. Nach einem Studium sollte mal noch mindestens dreimal soviel zu lernen wie man schon weiss, um nur auf irgendeinem Level zu sein.
Bei den Voraussetzungen würde ich sagen: mach es! 15-20k für geringen Aufwand sind doch eine ideale Grundlage. Aber: ich würde nicht auf reine Entwicklung für Kunden gehen, sondern direkt eigene Produkte entwickeln und anbieten - sonst bist Du stark von Aufträgen anderer abhängig. Lieber eine eigene Nische besetzen und dort etwas anbieten. Das kannst Du ja durchaus mit Deinem eigenen Unternehmen ohne Gesellschafter tun. Du wirst natürlich mehr arbeiten müssen, aber Eigenständigkeit (Freiheit) ist ein hohes Gut, das ich nicht mehr missen möchte. Monetär reich werden kannst Du durchaus mit ehrlicher Arbeit - es hängt nur von einem ab: Dir! Mein Ziel war aber nie viel Geld - ich möchte einfach das machen, woran ich Spaß habe. Mittlerweile lasse ich wohl 95% aller hier in den Gehaltsthreads genannten Zahlen hinter mir - das ist schön, aber nicht wichtig für mich. Viel wichtiger: 1) Ich mache ausschließlich das, was mir Spaß macht. 2) Termindruck gibt es nicht, da nur eigene Produkte entwickelt und vertrieben werden. Und die sind fertig, wenn sie fertig sind - keinen Tag früher. 3) Wir haben immer noch keinen Wecker Ich genieße jeden Tag, meine Verantwortung, meine Unabhängigkeit, die Möglichkeit, rasch entscheiden und Dinge mit meinem Angestellten umsetzen zu können. Voraussetzung für Dich: Du willst es wirklich. Also nicht nur: "Bisher läufts ganz gut, so reicht es mir" - das ist zu wenig! Denn es wird noch deutlich härter werden. Ich würde von mir selbst nicht sagen, dass ich besondere Talente habe. Aber eins hatte ich immer deutlich mehr als andere: Geduld und Ausdauer! Deine Voraussetzungen hätte ich mit Kusshand genommen :-) Viel Erfolg (auf welchem Pfad auch immer)!
Chris D. schrieb: > Ich würde von mir selbst nicht sagen, dass ich besondere Talente habe. Grenzenloser Optimismus ist kein Talent? Claus M. schrieb: > wann willst du dann noch arbeiten? Vertrieb? Oder im Produktmanagement. Bei der Firma wo ich zu Letzt mein Praktikum gemacht habe, bieten die eine entsprechende Stelle in Teilzeit an, sogar wahlweise. Also gehts ja. Benjamin Ru schrieb: > Sind Arbeitgeber eigentlich grundsätzlich eher dazu bereit einen in > Teilzeit einzustellen, wenn man gute Gründe dafür hat und in Aussicht Welche Gründe sollen denn das sein? Mutter oder Vater spielen könnte man sich ja vorstellen, aber als Selbständiger nebenbei ist grenzwertig, solange der Chef keinen Interessenkonflikt wittert. Gute Beziehungen sind da wohl günstig wenn andere nach der eigenen Pfeife tanzen sollen.
Michael S. schrieb: > Chris D. schrieb: >> Ich würde von mir selbst nicht sagen, dass ich besondere Talente habe. > > Grenzenloser Optimismus ist kein Talent? Nein, das ist eine Lebenseinstellung. Das kann man lernen - Talent nicht.
Chris D. schrieb: > Ich würde von mir selbst nicht sagen, dass ich besondere Talente habe. Die meisten Unternehmer/Geschäftsführer können sich nicht selber gut einschätzen, die sind zu "betriebsblind". Viele ihrer (zwingend notwendigen) Selbstverständlichkeiten bemerken sie gar nicht. Was macht Geschäftsführer erfolgreich? Intelligenz? Wissen? Geldgeilheit? Es gibt keine konkrete solcher Eigenschaften, die das ausmachen, es ist die Mischung aus mehreren Dingen und vor allem ein gutes Händchen meistens die richtigen Entscheidungen zu treffen. Deshalb würde ich sagen, dass du das Talent hast, eine gesunde Mischung aus Cleverness, Vertrieb, Fachwissen, Führungswissen, Kommunikationsfähigkeit, etc. zu haben und diese einsetzen zu können. Was dir aber vermutlich am meisten hilft: Spezialisierung, das bewahrt dich nämlich am ehesten vor Wettbewerb. Chris D. schrieb: > Aber eins hatte ich immer deutlich mehr als andere: Geduld und Ausdauer! Die haben viele, sehr viele. Chris D. schrieb: > Michael S. schrieb: >> Grenzenloser Optimismus ist kein Talent? > > Nein, das ist eine Lebenseinstellung. Das kann man lernen - Talent > nicht. Optimismus kann man nicht in der Menge lernen, wie man sich Fachwissen aneignen kann.
> Wie realistisch sind meine Vorstellungen? 10-20k sind 10 mal weniger als ein anständiges Ingeniuerbüro abwerfen sollte. Aber der Ansatz, ein Nischenprodukt zu haben was sonst keiner baut, ist wohl auch die einzige Form um überhaupt auf dem Markt bestehen zu können. > mit Handkuss übernehmen und richtig was draus machen. Oder in die Scheisse reiten. Nicht alles klappt, was man sich vornimmt. > werde ich wohl tendentiel eher mit einer Teilzeitstelle glücklich. Wohl eher nicht, als teilzeit bis du von jeglicher Beförderung ausgenommen, denn keien Firma braucht Chefs die nicht da sind. Mach dein eigenes Ding, aber denke dran, daß von 100 Sensoren die man so erfinden und konstruiert, nur 1 auf dem Markt erfolgreich wird. Dann hast du allerdings ausgesorgt.
Andi $nachname schrieb: > Die meisten Unternehmer/Geschäftsführer können sich nicht selber gut > einschätzen, die sind zu "betriebsblind". Viele ihrer (zwingend > notwendigen) Selbstverständlichkeiten bemerken sie gar nicht. Was macht > Geschäftsführer erfolgreich? Intelligenz? Wissen? Geldgeilheit? Es gibt > keine konkrete solcher Eigenschaften, die das ausmachen, es ist die > Mischung aus mehreren Dingen und vor allem ein gutes Händchen meistens > die richtigen Entscheidungen zu treffen. Vielleicht. Eventuell ist es das sog. "Bauchgefühl" bei vielen Entscheidungen: eine schwer zu fassende Mischung aus Erfahrung und Spürsinn. > Deshalb würde ich sagen, dass du das Talent hast, eine gesunde Mischung > aus Cleverness, Vertrieb, Fachwissen, Führungswissen, > Kommunikationsfähigkeit, etc. zu haben und diese einsetzen zu können. Hmm, wo Du es sagst: stimmt, ich kann sehr gut mit Kunden umgehen, mich in diese hineindenken - das haben mir schon viele Kunden explizit bestätigt. > Was dir aber vermutlich am meisten hilft: Spezialisierung, das bewahrt > dich nämlich am ehesten vor Wettbewerb. Auf jeden Fall. Masse - das können die Großen viel besser als wir. Nischen lohnen sich dort oft nicht. Und Nischen gibt es wirklich reichlich. > Chris D. schrieb: >> Aber eins hatte ich immer deutlich mehr als andere: Geduld und Ausdauer! > > Die haben viele, sehr viele. Da hab zumindest ich andere Erfahrungen gemacht. Einen 5-Jahres-Plan aufzustellen und dann auch durchzuziehen - da gibt es nicht viele. Ganz besonders zeigt sich das mMn bei Problemen in der Entwicklung. Ein Produkt auch wirklich erst dann rauszubringen, wenn es komplett ausgereift ist, erfordert einfach Geduld, die man heute kaum noch irgendwo findet. Dementsprechend viele grüne Bananen findet man. Dieses "Auf-den-Gewinn-warten"-Können, mitunter ein, zwei Jahre länger als geplant, das erfordert schon eine Mentalität, die nicht jeder hat. Kurzfristiges Denken ist leider (oder für mich: zum Glück) weit verbreitet. > Optimismus kann man nicht in der Menge lernen, wie man sich Fachwissen > aneignen kann. Ich würde sagen: das kommt ganz auf das an, was man in seinem Leben so durchmachen musste und erfahren hat. Ich habe da leider sehr viel lernen müssen, was mich aber dann zu einem wirklichen Optimisten hat werden lassen. Und dafür bin ich im Nachhinein sehr dankbar, denn das Leben wird dadurch wesentlich schöner.
Andi $nachname schrieb: > Was macht > Geschäftsführer erfolgreich? Intelligenz? Wissen? Geldgeilheit? Es gibt > keine konkrete solcher Eigenschaften, die das ausmachen, es ist die > Mischung aus mehreren Dingen und vor allem ein gutes Händchen meistens > die richtigen Entscheidungen zu treffen. Die Summe seine Entscheidungen muss gut genug sein, um nicht insolvent zu gehen. Egal wie intelligent er ist, wenn er seine Leistung nicht verkauft bekommt, ist er ungeeignet für den Job. Und immer wieder erstaunlich, wie schlecht man in dem Job sein kann.
Chris D. schrieb: > Andi $nachname schrieb: > >> Deshalb würde ich sagen, dass du das Talent hast, eine gesunde Mischung >> aus Cleverness, Vertrieb, Fachwissen, Führungswissen, >> Kommunikationsfähigkeit, etc. zu haben und diese einsetzen zu können. > > Hmm, wo Du es sagst: stimmt, ich kann sehr gut mit Kunden umgehen, mich > in diese hineindenken - das haben mir schon viele Kunden explizit > bestätigt. Das können nicht viele. Der Kellerinformatiker und viele Ingenieure sind so schlechte Beispiele. Warum sollte man den Kunden zuhören, wenn das eigene Produkt sowieso alles kann? >> Chris D. schrieb: >>> Aber eins hatte ich immer deutlich mehr als andere: Geduld und Ausdauer! >> >> Die haben viele, sehr viele. > > Da hab zumindest ich andere Erfahrungen gemacht. Einen 5-Jahres-Plan > aufzustellen und dann auch durchzuziehen - da gibt es nicht viele. Ich sags dir ja nur ungern, aber das ist der ganz ordinäre Zeitraum für eine strategische Planung. Das ist jetzt wirklich nix besonderes! Das Problem für andere Unternehmer ist die Ebene darunter, wie man die strategischen Ziele erreicht, ohne ständig die Umsetzung wegen externer Einflüsse und unerwarteter Ereignisse ändern zu müssen. Du hast (vielleicht gerade wegen deiner Spezialisierung) eine komfortable Position, die dir dabei hilft diese Sorgen nicht zu haben. Andere beneiden dich ganz sicher dafür! > Ganz besonders zeigt sich das mMn bei Problemen in der Entwicklung. Ein > Produkt auch wirklich erst dann rauszubringen, wenn es komplett > ausgereift ist, erfordert einfach Geduld, die man heute kaum noch > irgendwo findet. Du kannst dir das leisten, weil du (1.) dank hoher Spezialisierung nicht so viele Konkurrenten hast und (2.) scheinbar nicht gierig bist. > Dementsprechend viele grüne Bananen findet man. Das sind meistens Monopolisten oder Oligopolisten mit ausgeprägter Gewinngeilheit. Hätten die mehr Wettbewerb dann könnten sie sich solchen Mist nicht erlauben und wenn doch wären sie bald vom Fenster weg bzw. haben nur selten langfristige Lieferbeziehungen (die müssen dann ständig neue Abnehmer finden, siehe die ganzen Chinalieferanten).
Benjamin Ru schrieb: > Von mehr als 10'000 Euro im Jahr lebe ich jetzt als Student auch nicht Kann man nicht vergleichen. Sowohl steuerlich als auch von den eigenen Ansprüchen her entwickeln sich die Dinge doch deutlich zu höheren Zahlen hin. Was hat denn dein Vater außerdem noch gemacht? Allein von den 10-15k netto pro Jahr leben haut wohl eher nicht hin. Kommt mir daher auch im Grunde genommen etwas seltsam vor. Benjamin Ru schrieb: > Ich denke die solideste Idee ist, sich eine Teilzeitstelle zu suchen und > dann darauf aufzubauen. Dafür sind Teilzeitstellen viel zu selten. > Sind Arbeitgeber eigentlich grundsätzlich eher dazu bereit einen in > Teilzeit einzustellen, wenn man gute Gründe dafür hat und in Aussicht > stellt irgendwann mal Vollzeit zu arbeiten, falls es die Stelle erlaubt? Der Arbeitgeber braucht nicht irgendwann mal jemanden der Vollzeit arbeitet, sondern jetzt. > Ich meine ist ja erstmal billiger für den Arbeitgeber Interessiert in dem Zusammenhang nicht. > und er hat ein > geringeres Risiko, falls man als Ing nichts drauf hat. Dieses Risiko wird heutzutage gerne an die Ingenieurdienstleister abgegeben. Die wiederum zu 99% Leute für Vollzeitjobs vermitteln.
Andi $nachname schrieb: >> Da hab zumindest ich andere Erfahrungen gemacht. Einen 5-Jahres-Plan >> aufzustellen und dann auch durchzuziehen - da gibt es nicht viele. > > Ich sags dir ja nur ungern, aber das ist der ganz ordinäre Zeitraum für > eine strategische Planung. Das ist jetzt wirklich nix besonderes! Der Plan ansich nicht, aber: > Das Problem für andere Unternehmer ist die Ebene darunter, wie man die > strategischen Ziele erreicht, ohne ständig die Umsetzung wegen externer > Einflüsse und unerwarteter Ereignisse ändern zu müssen. Genau das meine ich mit "und dann auch durchziehen". Pläne machen in der Tat viele ... Das dann auch durchziehen, das können nur wenige. > Du hast > (vielleicht gerade wegen deiner Spezialisierung) eine komfortable > Position, die dir dabei hilft diese Sorgen nicht zu haben. Andere > beneiden dich ganz sicher dafür! Das ist allerdings etwas, das ich mich oft frage: warum in aller Welt bieten die Leute die 20. Lösung eines Problems an? Haben die so wenig Phantasie/Ideen? Es gibt doch soooo viele Nischen. Allein das, was uns unsere Kunden im Monat an Vorschlägen antragen, würde jeweils für ein Kleinunternehmen reichen. Aber es geht natürlich auch ohne Kunden: die Leute müssen einfach nur mit offenen Augen durch die Welt gehen. gestern erst ist mir bei uns im Haushalt wieder etwas aufgefallen, das mit ziemlicher Sicherheit großen Absatz finden würde, gerade wo die Menschen immer dicker werden. Einfach mal im Netz etwas gesucht: gibt es offenbar noch nicht. Hmmm, vielleicht ist es auch die Phantasie, die Unternehmer auszeichnet? Vielleicht sehen wir einfach, was andere übersehen? Oder vielleicht sehen wir direkt, welche Ideen sich lohnen und können schon im Vorfeld Flops von Rennern unterscheiden? >> Ganz besonders zeigt sich das mMn bei Problemen in der Entwicklung. Ein >> Produkt auch wirklich erst dann rauszubringen, wenn es komplett >> ausgereift ist, erfordert einfach Geduld, die man heute kaum noch >> irgendwo findet. > > Du kannst dir das leisten, weil du (1.) dank hoher Spezialisierung nicht > so viele Konkurrenten hast Eigentlich hab ich gar keine :-) Aber darauf darf man sich natürlich nicht ausruhen - tun wir auch nicht. Selbst wenn wir dort nichts mehr verkaufen würden, wäre das mittlerweile kein Beinbruch mehr. > und (2.) scheinbar nicht gierig bist. Nicht "scheinbar" - "anscheinend" :-) Bin ich aber wirklich nicht. Geld bedeutet nur bis zu einem gewissen Level mehr Lebensqualität. Und: alles, was wirklich wichtig ist, gibt es dafür sowieso nicht :-) Und das hab ich schon. Und auch hier vertragen sich Gier und Geduld nicht. Möchte man ein Unternehmen solide (und wie in meinem Fall gänzlich ohne Verschuldung) aufbauen, dann dauert das einfach eine gewisse Zeit. Das muss einem klar sein, so wie die vielen kleinen Brötchen, die man in den ersten Jahren backen muss. Ich hab ja schon ein paar Mal erzählt, wie ich mit dem Köfferchen auf Messen "Klinkenputzen" war. >> Dementsprechend viele grüne Bananen findet man. > > Das sind meistens Monopolisten oder Oligopolisten mit ausgeprägter > Gewinngeilheit. Hätten die mehr Wettbewerb dann könnten sie sich solchen > Mist nicht erlauben und wenn doch wären sie bald vom Fenster weg bzw. > haben nur selten langfristige Lieferbeziehungen (die müssen dann ständig > neue Abnehmer finden, siehe die ganzen Chinalieferanten). Ja, das ist der eine Teil. Aber es gibt auch den anderen: "Die Konkurrenz hat das zur Messe schon - wir müssen da auch was anbieten können." Stress pur - da hab ich keine Lust zu :-) Ok, jetzt sind wir ziemlich vom OP abgekommen - also nochmal dazu: 15-20k€ ist nicht viel, aber damit kann man anfangs überleben. Ich hatte beim Start nicht so viel und niemand erwartet, dass Du das jetzt auf 200k€ ausbauen sollst. Du sagst ja selbst, dass der Markt da nicht mehr hergibt. Also: ein zweites Standbein muss her (ist auch sicherer) Welches Standbein das ist (Bereich Sensorik oder etwas ganz anderes), das musst Du entscheiden - Du bist der Unternehmer und musst das Potential einschätzen können :-)
Drobel schrieb: > Zwei Anmerkungen: > > 1. Wenn in der Familie die Kultur der Selbstständig bereits vorhanden > ist, dann sollte man sie nicht untergehen lassen. > > 2. Wer fragt (insbesondere hier), ob er sich selbstständig machen soll, > der ist schon gescheitert. Hier muß ich doch noch geschwind dem Drobel absolut beipflichten und zwar in beiden Punkten. Insbesondere der 1. erscheint mir wichtig, auch im Hinblick auf die Wahl von Partnerinnen von bereits Selbstständigen. Meiner Erfahrung nach funktioniert eine Selbständigkeit nur weiter gut, wenn die Partnerin in diese Kultur paßt. Die Mehrheit tut das nämlich nicht, weil diese Kultur nicht nur meist überdurchschnittliches Einkommen, sondern auch überdurchschnittliche Arbeit und Engagement bedeuten.
Chris D. schrieb: > Andi $nachname schrieb: >> Du hast >> (vielleicht gerade wegen deiner Spezialisierung) eine komfortable >> Position, die dir dabei hilft diese Sorgen nicht zu haben. Andere >> beneiden dich ganz sicher dafür! > > Das ist allerdings etwas, das ich mich oft frage: warum in aller Welt > bieten die Leute die 20. Lösung eines Problems an? > > Haben die so wenig Phantasie/Ideen? Betriebsblindheit! Die haben das schon jahrzehntelang gemacht und sind überzeugt davon, dass sie die gleiche Strategie auch zukünftig weiterfahren können. Sie haben es so gelernt, sie haben es schon immer so gemacht und sie werden damit auch absaufen. "Wer nicht mit der Zeit geht geht mit der Zeit." > Es gibt doch soooo viele Nischen. "Das lohnt sich doch nicht dort zu investieren!" werden da viele abwinken. Stell dir auch mal vor, du bist ein Massenanbieter und willst jetzt in eine Nische. Du brauchst vielleicht eine ganz andere Entwicklung, andere Produktionsmittel, andere Gebäude, anderen Produkteeinkauf, etc. pp. Die alte Strategie (Masse) über den Haufen zu werfen und was anderes zu machen (Nische) müsstest du in den Köpfen deiner ganzen Belegschaft ändern. Das ist quasi unmöglich! "Das haben wir schon immer so gemacht" und "Das geht nicht!" würde dir dauernd als Eiswind entgegenwehen. Selbst wenn du die Änderungen durchsetzen würdest, die Mitarbeiter werden anfangen wieder in alte Muster zu verfallen. Du musstest diesen Wandel nicht machen und andere haben noch nicht erkannt, dass sie besser in eine kleine Nische als in einen überlaufenen Riesenmarkt einsteigen sollten. > Ich hab ja schon ein paar Mal erzählt, wie > ich mit dem Köfferchen auf Messen "Klinkenputzen" war. Ja, da kenne ich auch einen, der kurz nach dem 2. Weltkrieg mit dem Bauchladen losmarschiert ist um sein Zeug zu verkaufen. Daraus entstand ein Textilunternehmen mit tausenden Mitarbeitern. Vor etwa 10 Jahren ist er im Alter von fast 80 ausgestiegen und seine Nachkommen haben das Geschäft übernommen. Die kleineren Konkurrenten dagegen haben sich auf Nischen spezialisiert, haltbare Outdoorkleidung, Berufsbekleidung, große Größen. Anfangs wurden sie von dem Textilunternehmen belächelt und ihnen urde die baldige Pleite vorausgesagt. Die kleinen expandieren aber seit Jahren alle langsam weiter. Das größere Unternehmen mit den Söhnen des alten Inhabers setzt aber auch weiterhin auf die Strategie "Billige Produkte für Endverbraucher" und scheitert daran gerade auf voller Seite. Immer mehr Entlassungen, immer mehr Schließungen. Selber in China einzukaufen oder produzieren zu lassen war nur ein leichtes abbremsen im freien Fall nach unten, denn warum sollte sowas wie C&A oder der Otto-Versand teuer bei einem deutschen Unternehmen einkaufen, wenn die die Ware noch billiger direkt beim Hersteller in China einkaufen können? > Ok, jetzt sind wir ziemlich vom OP abgekommen - also nochmal dazu: Es ist vielleicht gar nicht so schlecht, wenn diverse Leser anhand von Beispielen mal darüber nachdenken, in welchem Bereich (Nische! Spezialisten! Monopole!) man tätig sein sollte, ohne dass man wenige Monate später ohne Auftrag oder Job dasteht.
Gert schrieb: > Drobel schrieb: >> Zwei Anmerkungen: >> >> 1. Wenn in der Familie die Kultur der Selbstständig bereits vorhanden >> ist, dann sollte man sie nicht untergehen lassen. >> >> 2. Wer fragt (insbesondere hier), ob er sich selbstständig machen soll, >> der ist schon gescheitert. > > Hier muß ich doch noch geschwind dem Drobel absolut beipflichten und > zwar in beiden Punkten. Insbesondere der 1. erscheint mir wichtig, auch > im Hinblick auf die Wahl von Partnerinnen von bereits Selbstständigen. > Meiner Erfahrung nach funktioniert eine Selbständigkeit nur weiter gut, > wenn die Partnerin in diese Kultur paßt. Die Mehrheit tut das nämlich > nicht, weil diese Kultur nicht nur meist überdurchschnittliches > Einkommen, sondern auch überdurchschnittliche Arbeit und Engagement > bedeuten. Ja, das ist richtig. Der (abgedroschene?) Satz von der starken Frau hinter jedem starken Mann (und sicherlich umgekehrt) kann ich nur dick unterstreichen. Ich habe/hatte das große Glück, dass meine Frau von Anfang an voll hinter unserem Unternehmen gestanden hat. Dazu gehören dann eben auch Dinge wie durchgearbeitete Wochenenden, wenig bis gar kein Urlaub, wenig Geld (zumindest in der Startphase) und auch bei ihr: Geduld und Ausdauer. Und sie weiss auch, dass die nächsten Wochenenden wohl in den Umzug in die neue Halle fließen werden (ab 1.3. :-). Bei so etwas kann man jemanden, der dann jammert, dass man dann am WE nichts unternimmt, nicht gebrauchen. Eher jemanden, der dann z.B. abends Pizza zur Halle bringt, wenn wir dort rödeln - oder der zum Elektrohandel fährt, weil noch zwei Drehstromsteckdosen gebraucht werden. Aber: natürlich muss man die Freizeit irgendwann nachholen - schon für die eigene Seele/Gesundheit. Man kann eine Zeit lang unter Volldampf schaffen - aber dann muss es auch wieder Ruhephasen geben. Da wird dann eben einfach mal im Sommer, wenn weniger los ist, der Laden ab 12 dichtgemacht und man geht wandern etc. >> 2. Wer fragt (insbesondere hier), ob er sich selbstständig machen soll, >> der ist schon gescheitert. Das würde ich nicht soo kritisch sehen. Er hat sich ja noch nicht entschlossen, sondern sondiert erstmal, holt Meinungen dazu ein. Das finde ich nicht verkehrt - habe ich damals auch gemacht. Man hat viele Fragen, auch Unsicherheit, natürlich auch Bedenken. Da ist es legitim, sich bei Leuten zu erkundigen, die das bspw. schon alles durch haben - ob es nicht noch den einen oder anderen Tipp gibt. Wenn man sich dann aber entschließt, darf es keinen Zweifel mehr geben.
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