Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik VDE - Wer kennt sich aus?


von Thomas (Gast)


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Hallo,

was tun bei kundenspezifischen Laborsystemen, die den von der VDE 
zugelassenen Ableitstrom von 3,5mA technisch bedingt überschreiten?
Der Übeltäter ist ein Netzteil und lässt sich leider nicht ersetzten.
Die Systeme sind ortsveränderlich und verfügen über einen normalen 
Schukostecker.

Lässt sich die VDE irgendwie so interpretieren, dass auch größere 
Ableitströme zulässig sind?

Gibt es technische Maßnahmen mit denen höhere Ableitströme zulässig 
sind?

Eine Auslegung bis etwa 10mA würde reichen.

Wer kennt sich wirklich mit der VDE aus und kann was dazu sagen?

Gruß,
Thomas

von Thomas (Gast)


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Ach ja, gerade gelesen.
Laut Wikipedia sind in der Industrie bis 5mA erlaubt.
3,5mA gelten angeblich nur für den Heimbereich:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ableitstrom#Grenzwerte

Andere Quellen bestätigen das allerdings nicht...

von Marcus (Gast)


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Der Begriff "Ableitstrom" ist leider etwas untauglich, da schwammig.

Meinst Du den Schutzleiterstrom, hervorgerufen z.B. durch 
Y-Kondensatoren gegen PE oder den Berührungsstrom, hervorgerufen z.B. 
durch parasitäre Transformatorkapazitäten oder Y-Kondensatoren zwischen 
Primär- und Sekundärseite?

von c-hater (Gast)


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Thomas schrieb:

> was tun bei kundenspezifischen Laborsystemen, die den von der VDE
> zugelassenen Ableitstrom von 3,5mA technisch bedingt überschreiten?
> Der Übeltäter ist ein Netzteil und lässt sich leider nicht ersetzten.

Das ist doch Quatsch. Wenn die DIN-Latte gerissen wird und der 
Verursacher klar ist, dann gibt es kein "läßt sich leider nicht 
ersetzen".

Dann muß er ersetzt werden, oder du stehst mit einem Bein im Knast. Das 
ist dann nämlich nicht mehr nur fahrlässig, sondern eindeutig 
vorsätzlich.

Wenn tatsächlich irgendwer wegen des Pfusches abkratzt, den du mit 
deiner Entscheidung nachweislich verantwortest, dann hast du unter 
bestimmten Umständen sogar eine Mordanklage an Hals.

Aber auch ohne alle besonderen Umstände kannst du dich mit Sicherheit 
auf "schwere Körperverletzung mit Todesfolge" einstellen. Das ist zwar 
kein Mord, aber auch kein Spaß, weder für das Opfer noch für den 
Angeklagten.

Und bei einem kannst du sicher sein: Wenn nach den Schuldigen gesucht 
wird, wird dein Chef es nicht sein, dafür wird er schon sorgen. Und nur 
er wird der sein, der jetzt Kohle spart, wenn das beschissene NT nicht 
getauscht wird.

Das Risko hast allein du, den möglichen Gewinn allein dein Chef. Da 
fällt die Entscheidung nicht schwer...

Und wenn du dein eigener Chef bist, naja, dann ist wenigstens 
Gewinnmöglichkeit und Risiko einigermaßen gerecht verteilt, jedenfalls 
wenn man das potentielle Opfer unberücksichtigt läßt...

von Dennis H. (t1w2i3s4t5e6r)


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Marcus schrieb:
> Der Begriff "Ableitstrom" ist leider etwas untauglich, da schwammig.

Ist aber durchaus üblich, der Begriff. Es wird sozusagen das Gerät 
isoliert aufgestellt(einfacher Lappen unterlegen reicht zu) und es wird 
im Betrieb gemessen, wieviel über den PE fließt. Die VDE macht bei 
ortsveränderlichen Geräten garantiert keinen Unterschied zwischen Heim 
und Industrie. Heizgeräte dürfen soweit ich weis über den 3,5mA 
Ableitstrom haben, pro 1kw 1mA mehr, soweit ich das noch aus dem Kopf 
weis.

Es gibt schon Unterschiede, diese sind aber z.B. Leistungsabhängig, wenn 
es um den Spannungsfall einer Zuleitung geht, der kann ab 100KVA größer 
werden. Nur mal als Beispiel aus der VDE.

Ansonsten sehe ich es wie c-hater, die Grenze ist überschritten, somit 
bekommt das Gerät kein neues Prüfsiegel. Was der Kunde dann damit macht, 
kann dir ja egal sein. Wenn du das Siegel trotzdem drauf machen sollst, 
obwohl das Gerät nach VDE nicht i.O., könntest du die ganze Messung 
gleich weglassen und einfach nur überall das Siegel draufkleben, oder 
noch besser, der Kunde selbst kann sich das Siegel kaufen und überall 
drauf kleben, damit hast du dann nix mehr zu tun. Der einzigste Grund 
solcher Messungen ist es ja, solche Defekte rauszufinden und als das 
Gerät neu war, gab es diesen hohen Ableitstrom schließlich auch nicht, 
also muss sich ja was verändert haben.

MfG Dennis

von Bert Bürzel (Gast)


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Ja, der Ableitstrom ist ein veralteter Begriff. Man unterscheidet gemäß 
DIN EN 60950-1 2006-11 Abschnitt 5.1 zwischen Berührstrom und 
Schutzleiterstrom (die Begriffe sind selbsterklärend)

Hm, mal überlegen: Sagen wir mal, das Laborgerät stellt gemäß DIN-EN 
60905-1 ein informationstechnisches Gerät dar (Die Norm gilt für eine 
Nennspannung bis 600V). In der Norm werden verschiedene Steckanschlüsse 
aufgeführt, in diesem Falle reden wir gemäß Abschnitt 1.2.5.1 / 1.2.5.2 
von "Typ A"(nicht industrielle Steckvorrichtung. Nach Abschnitt 5.1.7.1 
läßt die Norm für "bewegbare oder ortsfeste Einrichtungen mit 
Steckanschluss Typ A zur Verwendung in einer Betriebsstätte mit 
beschränktem Zutritt (=Labor)und mit einem Einzelanschluss an den AC 
Versorgungsstromkreis .. mit gesonderter Schutzleiterklemme (dazu später 
mehr)" ausdrücklich Berührungsströme > 3.5mA zu.

So, jetzt kommen wir zum Schutzleiterstrom: Die Norm DIN EN 60905-1 
verknüpft obige Randbedingungen mit der Anforderung, daß 1)
Der eff. Schutzleiterstrom bei bestimmungsgemäßem Gebrauch 5% des 
Aufnahmestroms in einem Außenleiter dabei nicht überschreiten darf
(Bei Schieflast wähle man den am stärksten beanspruchten Außenleiter).
2) In der Nähe des AC Anschlusses eine Aufschrift angebracht werden muß: 
Achtung! Höher Berührungsstrom! Vor Anschluß an den 
Versorgungsstromkreis unbedingt Erdverbindung herstellen!

Aha, eine zweite Erdverbindung muß her.
Nach DIN-VDE 0100-540 2007-06 Abschnitt 543.7 ist jetzt zusätzlich zum 
normalen (Schuko) Stecker von Verbrauchsmittel bis zum Punkt, an dem der 
Schutzleiter >10² Cu oder 16² Al ist eine zweite PE Verbindung mit 
mindestens dem Querschnitt des ersten Schutzleiters herzustellen.

Alternativ kann man nach der Norm den einzelnen PE vom Verbrauchsmittel 
bis zum o.a. Punkt mit >= 10² ausführen (aber das halte ich persönlich 
für weltfremd...wie soll das in eine Schukoverbindung passen ??)

Hoffe, es hilft.....

von F. F. (foldi)


Angehängte Dateien:

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Weiß nicht in wie weit sich das in den letzten paar Jahren geändert hat, 
aber schau dir mal das PDF zur Ladegeräteprüfung an.
Da stehen die Werte drauf.

von b35 (Gast)


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Mehr Info wäre nicht schlecht! Welche Normen werden angewendet, was ist 
es für ein Gerät?
Durch Herstellerangaben bzw. Produktnormen können höhere Grenzwerte 
gelten (DIN VDE 0701-0702: 2008, Kap. 5.5). Bert hat ein Bsp. für ein 
60950 Gerät bzw. für Anlagen (0100-540) gegeben. auch bei F/U sind mit 
bestimmten Maßnahmen größere Ströme zulässig...
Mit welchem Messgerät wurde gemessen?

von Lukas T. (tapy)


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Höm, gibt's nicht sowieso die Regelung: Nur Leute mit Ahnung im Labor = 
Muss nicht alles allen Normen entsprechen?

Zumindest habe ich schon einige ... interessante ... Aufbauten gesehen, 
die offenbar völlig legal rumstanden.

Fettes Label "Zur zum Gebraucht durch Abteilung sowieso in den Räumen 
soundso bis dahin" natürlich auch immer drauf, aber ich weiß nichtmal, 
ob das muss. Um was für ein Labor geht es überhaupt?

von Igel (Gast)


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c-hater schrieb:
> schwere Körperverletzung mit Todesfolge

c-hater schrieb:
> wegen des Pfusches abkratzt

c-hater schrieb:
> Wenn nach den Schuldigen gesucht wird


kann es evtl. sein das Ihr ein Ei auf dem Hals habt?
Gequirltlte Scheiße hoch³!

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