Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik quartz belastungskapazität


von Sina A. (sinapse)


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hallo,

es wird ja üblicherweise vom quartz hersteller eine Belastungskapazität 
C_L angegeben... da nehme ich zwei kondensatoren und schliesse diese 
eben nach der pierceschaltung aussen dran.

jetzt ist vom Chiphersteller, an dem der quartz angeschlossen werden 
soll, eine Streukapazität von 10pF angegeben.  Wenn nun auch vom quartz 
hersteller ein C_L von 10pF angegeben ist, bedeutet das, dass ich auf 
die zusätzlichen Kondensatoren verzichten kann? oder bedeutet das, dass 
ich den quartz nicht verwenden darf, oder bedeutet das, dass ich einen 
quartz mit höherem C_L raussuchen muss?

danke

sina

von Εrnst B. (ernst)


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Wenn der Quarz 10pF sehen will, und die IC-Pins 10pF mitbringen, läufts 
ohne externe Kondensatoren.
Und Quarze laufen üblicherweise mit einem sehr weitem C_l-Bereich, wegen 
Doppelter oder Halber Kapazität muss man sich da i.A. keine Sorgen 
machen. Schwingen tut er auch so, nur die Frequenz ist ein paar ppm 
anders (=> "Ziehen" des Quarzes)

von Sina A. (sinapse)


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danke... wie sieht es denn mit dem drive level aus... kann man den nur 
messtechnisch ermitteln oder lässt dieser sich berechnen?

von B e r n d W. (smiley46)


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> Wenn der Quarz 10pF sehen will, und die IC-Pins 10pF mitbringen

aus der Sicht des Quarzes sind die beiden 10pF Kondensatoren in Reihe 
geschaltet. Es hängen als Last also nur 5 pF dran. Deshalb sollten nach 
meinem Verständnis zwei weitere Kondensatoren mit je 10 pF gegen GND 
geschaltet werden.

Die Pi-Schaltung aus Quarz und Kondensatoren bewirkt eine Phasendrehung 
um 180°. Bei zu kleinen Cs wird die Rückkopplung geringer. Das hat bei 
mir schon mal Probleme bereitet, es kommt aber im Einzelfall auf die 
Verstärkung des Oszillators an.

> wie sieht es denn mit dem drive level aus

In den meisten Schaltungen ist die Quarz-Belastung schon recht gering.

Wird aber z.B. ein 74HC00 als Oszillatotor verwendet, würde ich das eher 
ausprobieren. Vom Ausgang des Nand/Nor ein Poti 10k zum Quarz schalten 
und das Poti auf den Schwingungseinsatz einstellen. Dies mit ein paar 
Quarzen wiederholen und jeweils den Widerstand des Potis notieren. Dann 
ca. die Hälfte des niedrigsten ermittelten Wertes als Festwiderstand 
einbauen.

von 6A66 (Gast)


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Εrnst B✶ schrieb:
> paar ppm
> anders (=> "Ziehen" des Quarzes)

paar ppm = [-300;300] etwa

rgds

von Sina A. (sinapse)


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>In den meisten Schaltungen ist die Quarz-Belastung schon recht gering.

was ist denn gering?  wenn ich jetzt einen quartz nehme mit 100 uW drive 
level ist das ausreichend?  habe mir halt den Oscillator Design Guide 
von ST durchgelesen... und da ist halt die rede von um die 100mW

von Kai K. (klaas)


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>jetzt ist vom Chiphersteller, an dem der quartz angeschlossen werden
>soll, eine Streukapazität von 10pF angegeben.

Schön, daß du uns sagst, was das für ein Chip ist...

Üblicherweise haben Oszillator-Eingänge rund 3pF Streukapazität. Wenn du 
also an jeder Seite 18pF nach Masse schaltest, ergeben sich pro Seite 
rund 21pF, in Serie also gut 10pF. Das ist dann die Bürdekapazität, die 
ein 10pF-Quarz sieht und für die er geschliffen wurde.

von Sina A. (sinapse)


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es ist ein STM32F4 und STM32F3

da ist halt folgendes angegeben

"PCB and MCU pin capacitance must be included (10 pF
can be used as a rough estimate of the combined pin and board 
capacitance) when sizing CL1 and CL2."

ich hatte jetzt verstanden, dass diese 10pF nun folgendermassen in die 
rechnung eingehen

C_L=C1*C2/(C1+C2)+Cs

wobei jetzt Cs diesen 10 pF PCB und MCU pin kapazität entsprechen...

so gesehen benötige ich doch gar keine kondensatoren C1 und C2, wenn Cs 
bereits ausreicht... oder doch jetzt?  kann man dann einfach die 
Oszillator eingänge des Chips direkt mit dem quartz verbinden?


sind denn jetzt 100uW drive level ausreichend (über den daumen gepeilt, 
bevor ich jetzt die dinger kaufe und viele messungen mache)?

von Kai K. (klaas)


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>so gesehen benötige ich doch gar keine kondensatoren C1 und C2, wenn Cs
>bereits ausreicht... oder doch jetzt?

Die angegebene Streukapazität kann extrem schwanken. Deswegen willst du 
nicht, daß diese Streukapazität die alleinige Bürdekapazität für den 
Quarz darstellt. Also wirst du einen Quarz aussuchen, der mehr als 10pF, 
also beispielsweise 20pF Bürdekapazität braucht. Dann rechnest du so: 
20pF-10pF= 10pF, also brauchst du jetzt zwei 20pF Caps (-> 2 x 
22pF/NP0).

>kann man dann einfach die Oszillator eingänge des Chips direkt mit dem
>quartz verbinden?

Vergiß Rext nicht!! Erst mit diesem Widerstand ergibt sich mit der 
Bürdekapazität überhaupt eine zuzsätzliche 180°-Phasendrehung, die für 
eine zuverlässige Funktion des Pierce-Oszillators entscheidend ist:

http://educypedia.karadimov.info/library/15287.pdf

>sind denn jetzt 100uW drive level ausreichend (über den daumen gepeilt,
>bevor ich jetzt die dinger kaufe und viele messungen mache)?

Nur in Verbindung mit einem ausreichend großen Rext!!! Machst du Rext zu 
klein, schnellt der "quartz drive level" in die Höhe und es droht sogar 
Zerstörung.

von Sina A. (sinapse)


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super...

nur Rext bereitet mir noch kopfschmerzen...  nach dem design guide 
muesste ich die spannung bzw. stroeme am quartz messen... da brauch ich 
super teure messproben für meinen oszi...

wenn ich jetzt nach dem abschnitt "4.4.3  Calculating external resistor 
R
Ext" gehe aus dem design guide, um über den daumen gepeilt einen wert 
für Rext zu berechnen, bekomme ich immer einen wert, der meine gain 
margin wieder kaputt macht...  ausserdem stehen bei total vielen 
datenblättern nicht alle benoetigten parameter drin, die man fuer diese 
ganzen berechnungen benoetigt.  ist das normal? wie kann man ohne diese 
parameter ueberhaupt solche quartze verbauen?

ich dreh langsam am rad und frage mich, ob man da doch nicht einfach nur 
einen quartz verbaut und einfach nur davon ausgeht, dass diese dinger 
extrem robust sind?

von Kai K. (klaas)


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>nur Rext bereitet mir noch kopfschmerzen...

Willkommen im Club!

>nach dem design guide muesste ich die spannung bzw. stroeme am quartz
>messen... da brauch ich super teure messproben für meinen oszi...

Läßt sich mit Amateurmitteln nicht wirklich zuverlässig messen. Und du 
brauchst vieeel Erfahrung dafür.

>ich dreh langsam am rad und frage mich, ob man da doch nicht einfach nur
>einen quartz verbaut und einfach nur davon ausgeht, dass diese dinger
>extrem robust sind?

Autsch! NEIN! Ohne passenden Rext kannst du leicht mehrere mW "quarz 
drive level" erzeugen. Das geht garnicht!

Du nimmst jetzt einfach deine berechneten Burdencaps mit dem passenden 
Quarz dazu und fängst mit ganz großem Rext an, sagen wir mal 4k7. Dann 
schaltest du die Spannungsversorgung des µC an und schaust, ob der Quarz 
überhaupt anschwingt. Falls nicht, verkleinerst du Rext geringfügig und 
testest wieder. Bei irgendeinem Rext schwingt er an. Von diesem Wert 
nimmst du nun die Hälfte, ein Drittel oder so ähnlich. Es gibt 
"application notes", die dieses Verfahren detailliert besprechen. Mußt 
halt suchen. Ich glaube Infineon hat sowas veröffentlicht.

von Sina A. (sinapse)


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Vielen Dank Klaas... so werd ichs dann machen

lg

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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sina anargo schrieb:
> einen quartz
müsstest du im Ausland kaufen. Hier in D gibt es nur Quarze ohne 't'...

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