Forum: Platinen Beidseitige automatische Bestückung mit SMD-Bauteilen?


von Fahrradrouter (Gast)


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Was ist für die beidseitige, automatische Bestückung von SMD zu 
beachten? Bedeutet das zwangsläufig das Aufkleben der Bauteile für's 
Reflow-Löten?
Wie ist der Kostenfaktor gegenüber einseitig bestückten Platinen?

von Frank B. (f-baer)


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Fahrradrouter schrieb:
> Was ist für die beidseitige, automatische Bestückung von SMD zu
> beachten?

Ist es zwingend notwendig?

> Bedeutet das zwangsläufig das Aufkleben der Bauteile für's
> Reflow-Löten?

Nein. Üblich ist eher zweimaliges Reflow-Löten. Deine Bauelemente 
sollten also nicht gar zu empfindlich sein. Mit den meisten 
08/15-Bauteilen ist das kein Problem.

> Wie ist der Kostenfaktor gegenüber einseitig bestückten Platinen?

Die Platine geht zweimal über die komplette Linie, also doppelte 
Durchlaufzeit. Den Kostenfaktor kann man aber nicht so einfach 
bestimmen. Dazu fehlen noch massig Informationen (sprich: 
Sondertechnologien, zusätzliche THT-Bauteile, zusätzlicher logistischer 
Aufwand beim EMS etc.).

von Jürgen D. (poster)


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Bei normalen Hühnerfutter ist das kein Problem mit der zweiten Seite.
aufpassen muß man halt wenn auf der ersten Seite schwere Bauteile 
sitzen.
Das können z.B. Elkos, Quarze, Steckverbinder oder Spulen mit Eisenkern 
sein.
Wenn möglich solche Teile auf die zweite Seite.
Kostensenkent kann sich hier dei eventuell kleinere Platinenoberfläche 
bemerkbar machen.
Höhere Kosten entstehen durch das zweite Pastensieb, und mehr 
Händlingaufwand wegen den kommpletten zweiten Durchgang mit pasten, 
bestücken (hier jetzt ja weniger Teile wegen Aufteilung auf zwei Seiten) 
und löten.

von Phil S. (zippi)


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Hi,

Man sollte beim Layout Entwurf darauf achten, dass man die empfindlichen 
Bauteile auf eine Seite macht, diese wird dann beim bestücken als 2tes 
Bestückt, somit gehen diese Bauteile nur 1x durch den Ofen, die anderen 
2x.
Desweiteren wird auch noch eine 2. Pastenmaske benötigt.

>Die Platine geht zweimal über die komplette Linie, also doppelte
>Durchlaufzeit.
Ganz so einfach kann man das leider nicht sehen, denn auf jeder 
Seite(doppelseitige Bestückung) sind dann ja weniger Bauteile als auf 
der einen Seite bei einer (einfachen Bestückung).

Wenn die Platine durch das Doppelseitige anordnen der Bauteile 
kleiner(z.B. 50%) wird dann könnte sich der Preis eventuell aufheben.
Wenn du ein paar mehr Infos Postest, dann kann ich dir mal ein Beispiel 
berechnen.

gruß

von Fahrradrouter (Gast)


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Hallo und Danke für die Infos, sehr interessant.

von Reinhard Kern (Gast)


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Fahrradrouter schrieb:
> Was ist für die beidseitige, automatische Bestückung von SMD zu
> beachten?

I.A. gibt es für eine der Seiten (die alte "Lötseite") eine 
Höhenbeschränkung auf 2..3 mm. D.h. z.B. keine Spulen, Elkos, grössere 
Tantals usw.; ICs, auch komplexe, sind aber kein Problem. Ausserdem hat 
das zur Folge, dass auf dieser Seite keine THT-Bauteile bestückt werden, 
also BS = hohe Bauteile und alles THT, LS = alles was flach ist.

Beidseitig mit grossen hohen Bauteilen bestückte LP sind technisch schon 
möglich, aber schlecht zu handhaben und schwierig einzubauen.

Gruss Reinhard

von 12345 (Gast)


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Man muss weder kleben noch aufpassen, daß Bauteile herunterfallen. Die 
erste Lötung macht man bei ca. 230°, für die zweite Lötung nutzt man 
niedrigschmelzende Paste, meist ca. 140°.

von Soul E. (Gast)


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Fahrradrouter schrieb:

> Was ist für die beidseitige, automatische Bestückung von SMD zu
> beachten?

* alle schweren Bauteile (Elkos, Drosseln) kommen auf die Seite, welche 
als zweites gelötet wird.

* zumindest die Bauteile der unteren Seite müssen für mindestens 2 
IPC-Reflowzyklen ausgelegt sein (3 ist Stand der Technik)

* auf der Seite, die zuerst gelötet wird, musst Du 5..7 mm am Rand 
freilassen, weil da die Platine im zweiten Durchlauf auf der 
Transportkette aufliegt. Oder waste area vorsehen, das hinterher 
abgeschnitten wird.

* Es werden nicht zwangsläufig beide Seiten am gleichen Tag bestückt. 
Daher müssen gepaarte Bauteile (z.B. Leuchteinheiten, LED+Vorwiderstand) 
auf der gleichen Seite bestückt werden.

* auf jede Seite gehört ein Datamatrix-Code (bzw den Platz dafür, 
anbringen macht die SMD-Linie üblicherweise selber)

von Soul E. (Gast)


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12345 schrieb:

> Man muss weder kleben noch aufpassen, daß Bauteile herunterfallen. Die
> erste Lötung macht man bei ca. 230°, für die zweite Lötung nutzt man
> niedrigschmelzende Paste, meist ca. 140°.

YMMD

von Mac G. (macgyver0815)


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soul eye schrieb:
> * Es werden nicht zwangsläufig beide Seiten am gleichen Tag bestückt.
> Daher müssen gepaarte Bauteile (z.B. Leuchteinheiten, LED+Vorwiderstand)
> auf der gleichen Seite bestückt werden.


Ggf. muss man einen Bauteiltyp halt zweimal rüsten wenns am anderen Tag 
nochmal dran kommt... aber das sollte doch egal sein?
(verursacht natürlich Kosten aber wenns nur um Kleinteile geht ist das 
wohl egal)


soul eye schrieb:
> 12345 schrieb:
>
>> Man muss weder kleben noch aufpassen, daß Bauteile herunterfallen. Die
>> erste Lötung macht man bei ca. 230°, für die zweite Lötung nutzt man
>> niedrigschmelzende Paste, meist ca. 140°.
>
> YMMD


Sowas wird aber durchaus so gemacht also warum YMMD?
Ist sogar schonender für die Bauteile auf der Rückseite wegen der 
niedrigeren Temp.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Mac Gyver schrieb:
> Sowas wird aber durchaus so gemacht also warum YMMD?
Aber nur, wenn das Design auf der anderen Seite total vermurkst ist. 
Und mit "bleifrei" ist dann auch nichts mehr los...

Normalerweise wird auf beiden Seiten mit dem selben Prozess gearbeitet 
und die Bauteile auf der Unterseite halten durch Adhäsion.

von Soul E. (Gast)


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Mac Gyver schrieb:

>> * Es werden nicht zwangsläufig beide Seiten am gleichen Tag bestückt.
>> Daher müssen gepaarte Bauteile (z.B. Leuchteinheiten, LED+Vorwiderstand)
>> auf der gleichen Seite bestückt werden.
>
> Ggf. muss man einen Bauteiltyp halt zweimal rüsten wenns am anderen Tag
> nochmal dran kommt... aber das sollte doch egal sein?

Es geht weniger ums Rüsten, sondern darum, dass man dann irgendwo 
zwischenspeichern muss, welche Halbklasse verbaut wurde. Wenn LED und 
Widerstand zusammenbleiben stellt sich diese Frage nicht.

von 12345 (Gast)


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Lothar Miller schrieb:
> Aber nur, wenn das Design auf der anderen Seite total vermurkst ist.
>
> Und mit "bleifrei" ist dann auch nichts mehr los...

Das stimmt beides nicht. SnBi58 o.ä. ist eigentlich Standard für 
(bleifrei)zweiseitiges Reflow. Das einzige Limit könnten die Kosten 
sein.
Murks entstünde eher, wenn man hier sparen will, und nur daher dieses 
und jenes Bauteil nicht an idealer Stelle setzen kann.

von Michael H. (michael_h45)


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Standard ist es sicherlich nicht. Das ist eine reine Sondertechnologie, 
wenn es nicht anders geht.
Und meistens geht es sogar nur dann nicht anders, wenn der Designer 
nicht mitgedacht hat und die Leiterplatte schon fertig ist.

von Squeegee (Gast)


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Bei doppelseitiger Nur-SMD-Bestückung und wärmeunempfindlichen Bauteilen 
empfiehlt sich ein 2-fach Spiegelnutzen.
Dazu wird die Leiterplatte in einem 2-fach Nutzen gefertigt, wobei die 
2. Leiterplatte an die erste gesetzt und dabei "umgeklappt" wird. Dabei 
entsteht beim Blick auf z. B. die "Lötseite" das exact gleiche Bild wie 
auf der "Bauteilseite". Der Vorteil: man kann mit einer Pastenschablone 
arbeiten, vorausgesetzt, die Passmarken (Fiducials) sitzen auf beiden 
Seiten an den gleichen Stellen. Und die Leiterplatte ist, bei 
Multilayern, symmetrisch aufgebaut.
Nach dem Bestücken der ersten Seite wird die Leiterplatte um die 
Längsachse gedreht (nicht um die Hochachse) und weiterbestückt. Man 
benötigt keinen Umrüstvorgang, da das Bestückprogramm für Vorder- und 
Rückseite identisch ist.
Die THT-Bestückung und Lötung kann danach nur noch manuell erfolgen. Es 
empfiehlt sich nicht, wenn viele THT-Bauteile zu löten sind.
Es sei denn, man arbeitet mit speziellen Lötmasken, die die SMD´s 
abdecken. Dazu muss dann der Nutzen vor dem THT-Löten getrennt werden.

Gruß
Squeegee

von Georg W. (gaestle)


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12345 schrieb:
> Man muss weder kleben noch aufpassen, daß Bauteile herunterfallen. Die
> erste Lötung macht man bei ca. 230°, für die zweite Lötung nutzt man
> niedrigschmelzende Paste, meist ca. 140°.

Das macht mein Bestücker nicht. Er fährt beide Male exakt den selben 
Prozess.

von obfri (Gast)


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... normalerweise wird auf beiden Seiten die gleiche Lötpaste benutzt. 
Ansonsten müsste man immer wieder den Reflow-Ofen umprogrammieren, was 
eigentlich umständlich ist und Sillstand bedeutet. Generell wird auf der 
erstbestückten Seite (meist die Unterseite) nur Hühnerfutter und 
leichtes Material verbaut (d.h. z.B. TSOP ja, BGA abhängig von Größe, 
...), die 2. Seite hat keine Beschränkung mehr. Damit will man ein 
Abfallen der Bauelemente verhindern. Generell würde ich dieses mit dem 
Fertiger Bauelement für Bauelement absprechen, um später keine Ausreden 
wegen der Qualität zu bekommen.

Wenn man keine Probleme mit dem Bauelemente wg. Gewicht hat, kann man 
den oben genannten Trick zum Einsparen der 2. Siebdruckschablone machen 
- aber das ist nur die Ausnahme und spart nur ein paar (max. 
dreistellig) Euronen.

von RAY (Gast)


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12345 schrieb:
> Man muss weder kleben noch aufpassen, daß Bauteile herunterfallen. Die
> erste Lötung macht man bei ca. 230°, für die zweite Lötung nutzt man
> niedrigschmelzende Paste, meist ca. 140°.

Das kenne ich so nicht als Standardverfahren - das nimmt man, auf beiden 
Seiten schwere Bauteile hat (wobei hier noch zu überlegen ist, ob man 
nicht klassisch klebt) oder wenn man thermisch empfindliche Bauteile 
hat.

Squeegee schrieb:
> Die THT-Bestückung und Lötung kann danach nur noch manuell erfolgen. Es
> empfiehlt sich nicht, wenn viele THT-Bauteile zu löten sind.
> Es sei denn, man arbeitet mit speziellen Lötmasken, die die SMD´s
> abdecken. Dazu muss dann der Nutzen vor dem THT-Löten getrennt werden.

Dafür gibt es dann Lötanlagen zum Selektivlöten - das kann man zwar auch 
mit einer normalen Welle und entsprechenden Masken (Blechen) - aber die 
kosten natürlich auch.

von 12345 (Gast)


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Da kann man mal sehen, wie weit wir schon gekommen sind. Es sind in 
Wahrheit rein finanzielle Gründe, die hier genannt werden. Die Technik 
steht an zweiter Stelle (Einschränkungen im Layout, zweimalige Belastung 
mit min. 230°C).
Das Kleben ist die einzige echte Alternative zu den zwei 
unterschiedlichen Pasten, macht aber definitiv mehr Aufwand bzw. sorgt 
für höhere Kosten.

von Michael H. (michael_h45)


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12345 schrieb:
> Es sind in
> Wahrheit rein finanzielle Gründe, die hier genannt werden.

es sind auch rein finanzielle gründe, was ich keinen privat-jet habe.

von M.A. S. (mse2)


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12345 schrieb:
> Da kann man mal sehen, wie weit wir schon gekommen sind. Es sind in
> Wahrheit rein finanzielle Gründe, die hier genannt werden. Die Technik
> steht an zweiter Stelle ...
Viele Dinge in der Welt der Menschen geschehen/gibt es (oder 
geschen/gibt es nicht) aus rein finanziellen Gründen.

von Georg W. (gaestle)


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12345 schrieb:
> Es sind in
> Wahrheit rein finanzielle Gründe, die hier genannt werden.

Wenn es nur um das liebe Geld geht ist eine einseitige Bestückung am 
billigsten (wenn nicht die Platinenfläche ansteigt) und schonendsten.
Schon mal daran gedacht, dass eine Klebung auch Kosten bei 
Nacharbeit/Reparatur und u.U. unschöne lokale Spannungen verursacht und 
wie soll das bei BGA/QFN überhaupt gehen? Dass die Montage beidseitig 
mit hohen Bauteilen bestückter Platinen erschwert ist? Wie sieht es mit 
der Zuverlässigkeit dieser Sonderpasten aus?

Die Fertigungskosten legt der Entwickler bereits beim 1. groben Entwurf 
auf dem weißen Blatt zu 80% fest. Die reinen Bestückungskosten gehen 
dann am Ende oft im Rauschen unter.
So lange unsere Gesellschaft auf der Erzielung von Gewinn basiert wird 
eben auf die Kosten geschaut. Dein Lebensunterhalt kommt auch mittel- 
oder unmittelbar aus diesem Gewinn!

von Georg A. (georga)


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> wie soll das bei BGA/QFN überhaupt gehen?

Das frage ich mich bei den beidseitig dicht BGA-bestückten 
Notebook-Platinchen auch immer. Muss aber wohl ;)

von Gebhard R. (Firma: Raich Gerätebau & Entwicklung) (geb)


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> wie soll das bei BGA/QFN überhaupt gehen?

Ja ganz normal, erst die erste Seite bestücken und reflow löten, dann 
die zweite ebenso. Bauteile haften und zentrieren sich durch 
Oberflächenspannung des Zinns.

Grüsse

von Mac G. (macgyver0815)


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Ich hab Platinen diverser Serienprodukte hier liegen wo recht große 
Bauteile in allen möglichen SMD Bauformen auf beiden Seiten bestückt 
sind.
Und dazu noch THT Komponenten (Steckverbinder...) auf einer Seite!
Also das geht selbstverständlich - teuerer isses sicher aber ab einer 
gewissen Stückzahl fällt das nicht mehr so stark ins Gewicht wie es 
scheint.

von Michael H. (michael_h45)


Angehängte Dateien:

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Georg A. schrieb:
>> wie soll das bei BGA/QFN überhaupt gehen?
>
> Das frage ich mich bei den beidseitig dicht BGA-bestückten
> Notebook-Platinchen auch immer. Muss aber wohl ;)

von Chris (Gast)


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Es gibt eine Formel, hatte sie ein paar mal hier im Forum schon 
gepostet,
womit man ausrechnen kann, ob das Bauteil runterfällt oder kleben 
bleibt,
bei zweiseitiger Bestückung und ein oder zwei mal Reflow.
Kleine BGA, diverse QFN usw gehen da problemlos durch, da die Fläche mit 
Lötpaste zimlich groß ist. Für einzelne grössere Bauteile gibt es dann
den roten Kleber, keine Härtung, einfach nur 2x Reflow.
Ansonsten gibt es  Sn89Sb10,5Cu0,5  mit ca 22° höherer Löttemperatur
als SAC 305 bzw equivalente und SnAgBiIn mit ca 20° niedrigeren 
Löttemperatur.

von Georg W. (gaestle)


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Gebhard Raich schrieb:
>> wie soll das bei BGA/QFN überhaupt gehen?
>
> Ja ganz normal, erst die erste Seite bestücken und reflow löten, dann
> die zweite ebenso. Bauteile haften und zentrieren sich durch
> Oberflächenspannung des Zinns.

Ich meinte das Kleben vor dem Reflow, das uns 12345 als das einzig wahre 
verkaufen wollte. Das man 2-seitig mit dem selben Lot und den selben 
Parametern Reflowlöten kann habe ich schon selbst bei einem Besuch bei 
meinem Bestücker gesehen. Große und schwere Bauteile sind mir aber aus 
Stabilitätsgründen in THT (im Nachgang selektiv gelötet) lieber.

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