Forum: HF, Funk und Felder Strom/Magnetfeld/Bezugssystem


von Markus K. (Gast)


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Hallo, geschätztes Forum!

Ich habe eine etwas theoretische Frage, dazu mal vorweg:
Strom I ist ja bewegte Ladung. Und ein Strom erzeugt ein Magnetfeld.

1.:
Man nehme 2 positiv geladene Kugeln halte sie in einem bestimmten 
Abstand zueinander und man merkt das sie sich voneinander wg. der 
Coulombkraft abstoßen. Wenn man nun loslaufen tut, so verursacht man 
durch diese bewegten Ladungen zwei gleichgerichtete parallele Ströme. 
Dadurch müssten sich eigentlich um diese Kugeln ein Magnetfeld bilden, 
wodurch dann wiederum die Lorentzkraft auf sie einwirkt. Wenn man jetzt 
schnell genug laufen könnte, so wäre irgendwann die Lorentzkraft stärker 
als die Coulombkraft und man müsste dann die Kugeln (für einen 
bestimmten Abstand) nicht zusammendrücken, sondern auseinanderhalten. 
Ist das so richtig?

2.:
Man nehme an man säße auf dem Mond. Und man nehme außerdem an man halte 
eine Ladung still vor sich hin. Keine bewegte Ladung, folglich kein 
Strom und kein Magnetfeld. Wenn man jetzt das ganze von der Erde aus 
ansieht, so bewegt sich der Mond aber mit der Ladung um die Erde. Also 
doch ein Strom und damit ein Magnetfeld?

Ich hoffe das ich einigermaßen verständlich geschrieben habe und freue 
mich auf ein paar Denkanstöße :)

von Purzel H. (hacky)


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Solche Effekte spielen beim Plasma. Die Effekte sind dort wegen der 
viel hoeheren Geschwindigkeiten zumindest Beobachtbar. Rechne mal die 
Kraefte, die sich mit den Kugeln einstellen.
Dasselbe mit dem Mond. Fuer einen vernuenftigen Effekt muesste man dan 
soviel Ladung draufpacken, dass der Mond auseinanderfliegen wuerde. Und 
die Geschwindigkeit sollte Richtung relativistisch gehen.

von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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Markus K. schrieb:
> Strom I ist ja bewegte Ladung.

Eine bewegte elektrische Ladung ist noch kein Strom, dazu bedarf es noch 
einen elektrischen Leiter.

von mse2 (Gast)


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Joe G. schrieb:
> Markus K. schrieb:
>> Strom I ist ja bewegte Ladung.
>
> Eine bewegte elektrische Ladung ist noch kein Strom, dazu bedarf es noch
> einen elektrischen Leiter.

Sorry, aber das ist Blödsinn! Ein bewegte elektrische Ladung IST ein 
Strom, auch ohne Leiter drumherum!

von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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mse2 schrieb:
> Sorry, aber das ist Blödsinn! Ein bewegte elektrische Ladung IST ein
> Strom, auch ohne Leiter drumherum!

So wie also eine bewegte magnetische Ladung (z.B. Permanentmagnet) 
magnetischer Strom ist?

von Roro (Gast)


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Joe G. schrieb:
> mse2 schrieb:
>> Sorry, aber das ist Blödsinn! Ein bewegte elektrische Ladung IST ein
>> Strom, auch ohne Leiter drumherum!
>
> So wie also eine bewegte magnetische Ladung (z.B. Permanentmagnet)
> magnetischer Strom ist?

Aus Wikipedia:

"Ströme können in Festkörpern, Flüssigkeiten, Gasen oder im Vakuum 
vorkommen."

von Markus K. (Gast)


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Siebzehn und Fuenfzehn schrieb:
> Solche Effekte spielen beim Plasma. Die Effekte sind dort wegen der
> viel hoeheren Geschwindigkeiten zumindest Beobachtbar. Rechne mal die
> Kraefte, die sich mit den Kugeln einstellen.

Das die wirkenden Kräfte minimal sind ist klar, mir gings vor allem um 
das Verständnis. Ich entnehme aus deiner Antwort das das mit den zwei 
Kugeln stimmt. Das mit dem Plasma hört sich interessant an, mal schaun 
was google schönes hergibt :)

> Dasselbe mit dem Mond. Fuer einen vernuenftigen Effekt muesste man dan
> soviel Ladung draufpacken, dass der Mond auseinanderfliegen wuerde. Und
> die Geschwindigkeit sollte Richtung relativistisch gehen.

Wie gesagt, das ist eine etwas theoretische Frage. Ich bin mir einfach 
nicht sicher was ein Strom ist. Also wie gesagt, eine (riesige) Ladung 
befindet sich auf dem Mond. Vom Mond aus gesehen (also wenn man 
draufsitzt, das Bezugssystem quasi der Mond selbst ist), so fließt ja 
eigentlich kein Strom...
... wenn ich so dahinschreibe würde ich sagen das doch Strom fließt, da 
ja das ein beschleunigtes Bezugssystem ist?!...
Naja und dann dachte ich eben BezSys. Erde, Sonne, 
Milchstraßenmittelpunkt. Ich glaube mir ist grad ein Licht aufgegangen 
xD Das sind ja alle beschleunigte Bezugssysteme, somit würde ich jetzt 
sagen, dass der Strom egal aus welcher Sicht vorhanden ist, und somit 
auch ein Magnetfeld. Allerdings wenn ich mir überlege wie groß die 
Bahngeschwindigkeit unseres Sonnensystems ist, so stellt sich die Frage 
ob man das nicht messbar ist.

von Dumdi D. (dumdidum)


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Markus K. schrieb:
> wenn ich so dahinschreibe würde ich sagen das doch Strom fließt, da
> ja das ein beschleunigtes Bezugssystem ist?!...

Du vermischt da was :

- Bewegte Ladung -- > B-Feld
- Beschleunigte Ladung  -> EM-Welle + B Feld (durch die Bewegung)

Deine B-Feld Frage ist klarer wenn Du eine bewegte, unbeschleunigte 
Ladung nimmst.

von mse (Gast)


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Markus K. schrieb:
> Hallo, geschätztes Forum!
>
> Ich habe eine etwas theoretische Frage, dazu mal vorweg:
> Strom I ist ja bewegte Ladung. Und ein Strom erzeugt ein Magnetfeld.
Alles eine Frage des Bezugssystems!
Eine relativ zu einem Bezugssystem bewegte Ladung ist für das besagte 
Bezugssystem ein Strom, der ein Magnetfeld erzeugt.
Für das relativ zur Ladung ruhende Bezugssystem ist es eine ruhende 
Ladung, die nur ein elektro(-statisches) Feld aufweist.


> 1.:
> Man nehme 2 positiv geladene Kugeln halte sie in einem bestimmten
> Abstand zueinander und man merkt das sie sich voneinander wg. der
> Coulombkraft abstoßen. Wenn man nun loslaufen tut, so verursacht man
> durch diese bewegten Ladungen zwei gleichgerichtete parallele Ströme.
> Dadurch müssten sich eigentlich um diese Kugeln ein Magnetfeld bilden,
> wodurch dann wiederum die Lorentzkraft auf sie einwirkt. Wenn man jetzt
> schnell genug laufen könnte, so wäre irgendwann die Lorentzkraft stärker
> als die Coulombkraft und man müsste dann die Kugeln (für einen
> bestimmten Abstand) nicht zusammendrücken, sondern auseinanderhalten.
> Ist das so richtig?
- Zwei gleichnamige Ladungen (im Bezugssystem des Beobachters ruhend) 
stossen einander ab (elektrisches Feld).

- Für ein relativ zu den Ladungen bewegtes Bezugssystem sind die beiden 
Ladungen gleichgerichtete Ströme, die je ein Magnetfeld ereugen und sich 
durch diese ebenfalls abstossen.

von mse (Gast)


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dumdi dum schrieb:
> Markus K. schrieb:
>> wenn ich so dahinschreibe würde ich sagen das doch Strom fließt, da
>> ja das ein beschleunigtes Bezugssystem ist?!...
>
> Du vermischt da was :
>
> - Bewegte Ladung -- > B-Feld
> - Beschleunigte Ladung  -> EM-Welle + B Feld (durch die Bewegung)
>
> Deine B-Feld Frage ist klarer wenn Du eine bewegte, unbeschleunigte
> Ladung nimmst.

Angesichts dieser Aussage, die im Vergleich zu meiner angenehm kurz und 
korrekter ist, möchte ich zu meinem Beitrag ergänzen:
Ich hätte statt 'Bezugssystem' besser 'Inertialsystem' (=nicht 
beschleunigtes Bezugssystem) schreiben sollen.

von physiker (Gast)


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Joe G. schrieb:
> Eine bewegte elektrische Ladung ist noch kein Strom, dazu bedarf es noch
> einen elektrischen Leiter.

Es existieren auch noch andere Ströme die nicht an Leiter gebunden sind.
Beispielsweise der Verschiebungsstrom, der durch eine Anderung der 
Elektrischen Flußdichte beschrieben wird.

von mse (Gast)


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physiker schrieb:
> Joe G. schrieb:
>> Eine bewegte elektrische Ladung ist noch kein Strom, dazu bedarf es noch
>> einen elektrischen Leiter.
>
> Es existieren auch noch andere Ströme die nicht an Leiter gebunden sind.
> Beispielsweise der Verschiebungsstrom, der durch eine Anderung der
> Elektrischen Flußdichte beschrieben wird.

genau!
...und der ebenfalls ein Magnetfeld erzeugt...

von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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physiker schrieb:
> Es existieren auch noch andere Ströme die nicht an Leiter gebunden sind.
> Beispielsweise der Verschiebungsstrom, der durch eine Anderung der
> Elektrischen Flußdichte beschrieben wird.

Genau darauf wollte ich ja hinaus, es existiert neben dem 
leitungsgebundenen Strom noch ein Ergänzungsterm für die Ursache eines 
magnetischen Feldes. Maxwell erweitert ja gerade das Ampersche Gesetz um 
diesen Term. Nur ist dieser Term kein Strom im Sinne des physikalischen 
Strombegriffes. Maxwell hat zwar die Begriffe „Leitungsstrom“ und 
„Verschiebungsstrom“ dafür eingeführt, meinte aber mit „Strom“ die 
Stromdichten [1].

[1] James Clerk Maxwell: Lehrbuch der Electricität und des Magnetismus; 
Band 2; J. Springer, 1883

von mse2 (Gast)


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Joe G. schrieb:
> physiker schrieb:
>> Es existieren auch noch andere Ströme die nicht an Leiter gebunden sind.
>> Beispielsweise der Verschiebungsstrom, der durch eine Anderung der
>> Elektrischen Flußdichte beschrieben wird.
>
> Genau darauf wollte ich ja hinaus, es existiert neben dem
> leitungsgebundenen Strom noch ein Ergänzungsterm für die Ursache eines
> magnetischen Feldes.


Das:
Joe G. schrieb:
> Markus K. schrieb:
>> Strom I ist ja bewegte Ladung.
>
> Eine bewegte elektrische Ladung ist noch kein Strom, dazu bedarf es noch
> einen elektrischen Leiter.
ist aber eine seltsame Art, dieses auzudrücken.

von Dumdi D. (dumdidum)


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Um es auf den Punkt zu bringen:

Eine bewegte Ladung ist ein Strom. Insbesondere kann man das an der 
Kontinuitaetsgleichung (in Integralform am besten) sehen. Der j Term in 
der Kontinuitaetsgleichung muss !=0 sein, und das ist der Strom. Dieser 
j Term taucht auch in rot H = j wieder auf und erzeugt somit ein 
magnetisches Feld.

von Markus K. (Gast)


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mse schrieb:

> - Zwei gleichnamige Ladungen (im Bezugssystem des Beobachters ruhend)
> stossen einander ab (elektrisches Feld).
>
> - Für ein relativ zu den Ladungen bewegtes Bezugssystem sind die beiden
> Ladungen gleichgerichtete Ströme, die je ein Magnetfeld ereugen und sich
> durch diese ebenfalls abstossen.

und wenn man jetzt auf der Kugel sitzt sind das dann zwei Ströme oder 
nicht?

von mse2 (Gast)


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Markus K. schrieb:
> mse schrieb:
>
>> - Zwei gleichnamige Ladungen (im Bezugssystem des Beobachters ruhend)
>> stossen einander ab (elektrisches Feld).
>>
>> - Für ein relativ zu den Ladungen bewegtes Bezugssystem sind die beiden
>> Ladungen gleichgerichtete Ströme, die je ein Magnetfeld ereugen und sich
>> durch diese ebenfalls abstossen.
>
> und wenn man jetzt auf der Kugel sitzt sind das dann zwei Ströme oder
> nicht?

Interessante Frage! Ich kann sie leider nicht beantworten.
Grundsätzlich ist ein rotierendes Bezugssystem ja kein Intertialsystem 
sondern ein beschleunigtes. Ein nicht mitrotierender Beobachter sieht 
dann beschleunigte Ladungen, die demgemäß elektromagnetische Strahlung 
abgeben müssten.
Der mitrotierende Beobachter müsste dann eigentlich ebenfalls irgendwie 
eine Engergieabgabe der Ladungen sehen.

Wie gesagt, ich kann es nicht korrekt erkären bzw. mathematisch 
formulieren, dazu bin ich zu wenig Physiker. Der nächste bitte!

von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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dumdi dum schrieb:
> Um es auf den Punkt zu bringen:
>
> Eine bewegte Ladung ist ein Strom.

Vielen Dank für diesen Hinweis, er macht glaube ich das gesamte Dilemma 
deutlich.
Nehmen wir doch einfach die 4. Maxwellsche Gleichung, gerne auch in 
Integralform. Sie sagt aus, dass die magnetische Zirkulation über der 
Randkurve einer Fläche gleich der Summe aus dem Konvektionsstrom 
(elektrischer Strom) und der zeitlichen Änderung des elektrischen 
Flusses durch die Fläche ist (Verschiebungsstrom). Dabei ist der 
Konvektionsstrom an eine elektrische Ladung gebunden, der 
Verschiebestrom ist jedoch nicht an einen Ladungstransport gebunden. 
Beide erzeugen jedoch ein Magnetfeld. Damit ist die obige Aussage „Eine 
bewegte Ladung ist Strom.“ unglücklich formuliert. Dank Maxwell müssen 
wir uns jedoch keine neue Definition einfallen lassen. Der wahre, 
wirkliche oder ganze elektrische Strom ist die Summe aus dem 
Leitungsstrom und dem Verschiebestrom. Oder besser gleich das Original 
(siehe Anhang) [1].

[1] James Clerk Maxwell: Lehrbuch der Electricität und des Magnetismus;
Band 2; J. Springer, 1883 S. 306

von Purzel H. (hacky)


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Nicht ganz. Ich kann auch einen Strom von nicht-leitungsgebundener 
Ladung haben. ZB den Strahlstrom in einer Roehre, in einem TV, in einem 
Beschleuniger. Gut, das waren alles Elektronen. Ich kann auch einzelne 
Ionen in einem Feld beschleunigen. Wenn die Ladung sich mal bewegt, 
unbeschleunigt, dh geradeaus, erzeugt sie auch ein Magnetfeld.
Auch diesen Strom kann man als Stromdichte beschreiben. Die Leistung 
eines Beschleunigers ist zb die Energie der Teilchen in Elektronenvolt 
multipliziert mit dem Strahlstrom.

von Michael L. (Gast)


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Hallo Markus,

> Ich habe eine etwas theoretische Frage, dazu mal vorweg:
> Strom I ist ja bewegte Ladung. Und ein Strom erzeugt ein Magnetfeld.
>
> 1.:
> Man nehme 2 positiv geladene Kugeln halte sie in einem bestimmten
> Abstand zueinander und man merkt das sie sich voneinander wg. der
> Coulombkraft abstoßen. Wenn man nun loslaufen tut, so verursacht man
> durch diese bewegten Ladungen zwei gleichgerichtete parallele Ströme.
> Dadurch müssten sich eigentlich um diese Kugeln ein Magnetfeld bilden,
> wodurch dann wiederum die Lorentzkraft auf sie einwirkt. Wenn man jetzt
> schnell genug laufen könnte, so wäre irgendwann die Lorentzkraft stärker
> als die Coulombkraft und man müsste dann die Kugeln (für einen
> bestimmten Abstand) nicht zusammendrücken, sondern auseinanderhalten.
> Ist das so richtig?
Nein. Du mischst hier die Bezugssysteme ungünstig miteinander.

Wir wollen zwei Bezugssysteme (Inertialsysteme) unterscheiden:
I:  das Laborsystem
I': das mit den Kugeln mitbewegte System.

Wenn Du mit den Kugeln losläufst befindest Du Dich im System I'. Die 
Kugeln besitzen in diesem Bezugssystem die Geschwindigkeit v'=0. Also 
gibt es in diesem Bezugssystem keinen Strom.

Für den Beobachter im Laborsystem I existieren die von Dir 
vorausgesagten Ströme. Die Kugeln werden dabei sowohl Coulombkräfte, als 
auch magnetische Lorentzkräfte aufeinander ausüben.

> 2.:
> Man nehme an man säße auf dem Mond. Und man nehme außerdem an man halte
> eine Ladung still vor sich hin. Keine bewegte Ladung, folglich kein
> Strom und kein Magnetfeld. Wenn man jetzt das ganze von der Erde aus
> ansieht, so bewegt sich der Mond aber mit der Ladung um die Erde. Also
> doch ein Strom und damit ein Magnetfeld?
Ja, ganz genau.

Noch ein Gedankenexperiment:

Du stellst einen Permanentmagneten auf den Labortisch. Auf den Magneten 
legst Du ein Elektron. Es befindet sich in einem magnetischen Feld mit 
der Flussdichte B=B_0. Wir wollen annehmen, daß es ruht. Weitere 
Ladungen seien nicht vorhanden.

*Kraftbetrachtung im Laborsystem*:
Im Laborsystem stehend rechnest Du folgende Kraft auf das Elektron aus:
F=q(E+vxB)=q(0+0xB_0)=0

*Kraftbetrachtung im mitbewegten System*:
Nun bewegst Du Dich (aus dem Laborsystem betrachtet) mit der 
Geschwindigkeit v=-v_0 von der Anordnung weg. Außer Deiner 
Geschwindigkeit relativ zum Labor ändert sich dabei nichts.
Aus Deinem neuen Bezugssystem weist das Elektron eine Geschwindigkeit 
v'=+v_0 auf. Du berechnest folgende Kraft:

F'=q(E'+v'xB')=q(E'+v_0xB')=0

==>

E'=-v_0xB'

mit
.

Du siehst plötzlich eine ganz andere elektrische Feldstärke. Das ist ein 
relativistischer Effekt. Im Gegensatz zur Mechanik, bei der 
relativistische Effekte erst bei großen Relativgeschwindigkeiten 
zwischen den betrachteten Inertialsystemen auftreten, sind 
relativistische Effekte in der Elektrodynamik schon bei kleinsten 
Geschwindigkeiten relevant.
Näheres findest Du in der Elektrodynamik unter dem Stichwort 
"Lorentztransformation".


Viele Grüße
Michael

von Michael L. (Gast)


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Hallo Joe,

> Nehmen wir doch einfach die 4. Maxwellsche Gleichung, gerne auch in
> Integralform. Sie sagt aus, dass die magnetische Zirkulation über der
> Randkurve einer Fläche gleich der Summe aus dem Konvektionsstrom
> (elektrischer Strom) und der zeitlichen Änderung des elektrischen
> Flusses durch die Fläche ist (Verschiebungsstrom). Dabei ist der
> Konvektionsstrom an eine elektrische Ladung gebunden, der
> Verschiebestrom ist jedoch nicht an einen Ladungstransport gebunden.
> Beide erzeugen jedoch ein Magnetfeld. Damit ist die obige Aussage „Eine
> bewegte Ladung ist Strom.“ unglücklich formuliert. Dank Maxwell müssen
> wir uns jedoch keine neue Definition einfallen lassen. Der wahre,
> wirkliche oder ganze elektrische Strom ist die Summe aus dem
> Leitungsstrom und dem Verschiebestrom. Oder besser gleich das Original
> (siehe Anhang) [1].

interessant ist auch folgendes Gedankenexperiment:

Wir stellen uns eine kreisrunde ebene Fläche A vor, durch die eine 
positiv geladene Punktladung q hindurchfliegt. Die Ladung q soll sich 
senkrecht zu der Fläche bewegen und die Fläche in ihrem Mittelpunkt 
durchstoßen (d. h. wir haben eine symmetrische Anordnung). Weitere 
Ladungen seien nicht vorhanden. Der Radius der Fläche sei so klein, daß 
uns Ausbreitungseffekte noch nicht interessieren.

Die Frage lautet: Sehen wir in dem Moment, in dem die Ladung die Fläche 
durchstößt, entlang des Randes \partial A der Fläche A ein magnetisches 
Feld?

Die Lösung ist ausgesprochen kontraintuitiv und lautet "Nein". Der Grund 
ist der Verschiebungsstrom.

Strom
Immerhalb des Zeitintervalls Delta t fließt die Ladung q von rechts nach 
links durch die Fläche.
Der Strom beträgt: I=q/(Delta t)

Verschiebungsstrom
Unmittelbar, bevor die Ladung die Fläche A passiert, weist die Fläche A 
einen elektrischen Fluß auf, welcher der Ladung +q/2 entspricht. Dies 
ist daran zu erkennen, daß die Hälfte der Feldlinien die Fläche von 
rechts nach links durchstößt.
Wenn die Ladung sich auf der anderen Seite der Fläche befindet, beträgt 
der elektrische Fluß durch die Fläche -q/2. Die andere Hälfte der 
Feldlinien durchstößt die Fläche, und zwar von der anderen Seite. Der 
elektrische Fluß beträgt nun folglich -q/2.

Die Flußänderung beläuft sich insgesamt auf:
-q/(Delta t)

Strom und Verschiebungsstrom kompensieren einander exakt. Am Rand der 
Fläche A ist beim Durchtritt der Ladung durch die Fläche kein Magnetfeld 
vorhanden.


Viele Grüße
Michael

von trulla (Gast)


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Sehr Interessant. Das heisst dann, die beiden bewegten Ladungen haben im 
ruhenden Bezugssystem kein magnetisches Feld um sich und ziehen sich 
somit auch nicht "magnetisch" an. Korrekt?
Gleichsinnige Ströme ziehen sich übrigens an, und stossen sich nicht, 
wie weiter oben mal stand, ab. Im Plasma gibt es dadurch den 
Pinch-Effekt.

von Michael L. (Gast)


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Hallo Trulla,

> Sehr Interessant. Das heisst dann, die beiden bewegten Ladungen haben im
> ruhenden Bezugssystem kein magnetisches Feld um sich und ziehen sich
> somit auch nicht "magnetisch" an. Korrekt?
Kommt drauf an, wie Du es meinst.

Wenn Du Dich mit den Kugeln mitbewegst, dann siehst Du ruhende Ladungen 
und damit verbunden ein D- bzw. E-Feld. Die Kraft ist aus diesem 
Bezugssystem eine rein elektrische Kraft.

Wenn Du (im Labor) ruhst und die Kugeln bewegst, dann siehst Du sowohl 
ein E-Feld (ein anderes als der mitbewegte Beobachter!) und die 
zugehörige Coulombkraft, als auch eine magnetische Kraft. Die 
Gesamtkraft setzt sich in diesem Bezugssystem aus einer Coulombkraft und 
einer magnetischen Lorentzkraft zusammen.

Die Kräfte, die Du in beiden Bezugssystemen mißt, sind nicht identisch, 
da sie als klassische 3dimensionale Kräfte auch einer 
Lorentztransformation unterliegen (d. h. in verschiedenen Bezugssystemen 
unterschiedlich angegeben werden).
Für den Fall, daß sich die beiden Bezugssysteme eine 
Relativgeschwindigkeit zueinander haben, die deutlich kleiner als die 
Lichtgeschwindigkeit ist, kannst Du sie aber näherungsweise als gleich 
groß ansehen.

Viele Grüße
Michael

von trulla (Gast)


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Hmmm, dann denke ich mir doch mal in meinem ruhenden Bezugsystem (wo 
sich die Kugeln bewegen) eine Fläche durch die die eine Kugel 
hindurchtritt. Offenbar (s.o.) ist ja auf der Fläche rotB = 0 
(Strom=Verschiebungsstrom) und somit auch B=0 (um die Fläche rum ...). 
Dort befindet sich ja aber zu jedem Zeitpunkt die andere Kugel, die 
somit kein Magnetfeld sieht und deshalb auch nicht angezogen wird.

Bestimmt ganz falsch gedacht?

von Michael L. (Gast)


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Hallo,

trulla schrieb:
> Hmmm, dann denke ich mir doch mal in meinem ruhenden Bezugsystem (wo
> sich die Kugeln bewegen) eine Fläche durch die die eine Kugel
> hindurchtritt. Offenbar (s.o.) ist ja auf der Fläche rotB = 0
> (Strom=Verschiebungsstrom) und somit auch B=0 (um die Fläche rum ...).
> Dort befindet sich ja aber zu jedem Zeitpunkt die andere Kugel, die
> somit kein Magnetfeld sieht und deshalb auch nicht angezogen wird.
>
> Bestimmt ganz falsch gedacht?
Du hast eher einen Schritt weiter gedacht als ich. Wenn die Kugeln das 
B-Feld der jeweils anderen Kugel nicht sehen, ist die Gesamtkraft in 
beiden Fällen rein elektrisch. Das E-Feld transformiert sich zwischen 
den beiden Bezugssystemen nur marginal, da zwei Komponenten jeweils nur 
um einen gamma-Faktor geändert werden (kleine Relativgeschwindigkeiten 
zwischen den Bezugssystemen vorausgesetzt, d. h. Kugelgeschwindigkeiten 
<< c).


Viele Grüße
Michael

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