Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik P-Regler stationäre genauigkeit


von PPP (Gast)


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Hallo,

wieso ist es mit einem P-Regler alleine oft nicht möglich, eine 
stationäre Regelabweichung von 0 zu haben?

Nehmen wir an, ich gebe als Referenz xr=0 vor, das System hat aber eine 
stationäre Regelabweichung und x=0.1. Dann würde doch der P-Regler auch 
helfen, oder nicht?

Viele Grüße

von Dieter Werner (Gast)


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> wieso ist es mit einem P-Regler alleine oft nicht möglich, eine
> stationäre Regelabweichung von 0 zu haben?

Weil dazu eine sehr hohe Verstärkung nötig ist (Xp = 0) und es in 
Verbindung mit Verzögerungs- und Totzeiten der Regelstrecke zu 
Schwingungen kommt.

von Sina A. (sinapse)


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der p-regler versucht mit einem zum regelfehler proportionalen signal 
den fehler auszugleichen... je näher du an der sollstellung dran bist, 
desto kleiner ist die ausgleichs-ansteuerung... wenn jetzt konstant eine 
störgröße wirkt, reicht die kleine ausgleichs-ansteuerung nicht aus, um 
auch den letzten restfehler zu korrigieren.  du brauchst also einen 
I-anteil.  ein integrierender anteil, wuerde die kleinen fehler 
aufsummieren und somit eine groessere gegensteuerung erreichen.  hat 
deine regelstrecke jedoch bereits ein integrierendes verhalten, brauchst 
du nicht unbedingt einen I-anteil im regler, weil schon in der 
regelstrecke vorhanden

lg

von Udo S. (urschmitt)


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Und, Hausübung jetzt erledigt? :-)

von PPP (Gast)


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Ist keine Hausübung.

Ich verstehe nur nicht, je stärker die Störgröße ist, desto stärker 
müsste doch der P-Regler entgegen regeln. Da dürfte doch wenn überhaupt 
nur ein minimaler Fehler bleiben.

von Sina A. (sinapse)


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>Da dürfte doch wenn überhaupt nur ein minimaler Fehler bleiben.

genau... aber minimal ist je nach aufgabenstellung anders zu 
definieren... kommt halt auf deine regelstrecke, die störgröße, deinen 
gewählten P-Anteil an, was da an restfehler übrig bleibt... und wie 
bereits in einem posting vor meiner letzten antwort gesagt, kannst du 
den P-Anteil nicht beliebig groß wählen, weil es sonst zu 
Überschwingungen und Instabilitäten führt.

von Karl H. (kbuchegg)


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PPP schrieb:
> Ich verstehe nur nicht, je stärker die Störgröße ist, desto stärker
> müsste doch der P-Regler entgegen regeln. Da dürfte doch wenn überhaupt
> nur ein minimaler Fehler bleiben.

Nö.
Denn dein Regler dreht zb die Heizung nur soweit auf, wie es ihm die 
Abweichung von der Sollgröße vorgibt. D.h. je näher die Temperatur der 
Solltemperatur kommt, desto mehr dreht der Regler die Heizung ab. Er 
berücksichtigt dabei aber nicht, dass dir ständig irgendwo Wärme 
verloren geht. D.h. das ganze pendelt sich dann dort ein, wo der Regler 
die Heizung gerade soweit aufgedreht hat, dass er den Abfluss durch die 
Verluste ausgleicht. Aber deswegen ist deine Sollgröße noch lange nicht 
erreicht.
Oder anders ausgedrückt: Wenn du 100° erreichen willst, dann wird es 
nicht sehr zielführend sein, dass Heizelement auf 20° zu drosseln, nur 
weil du dich den 100° schon bis auf 20° Abweichung angenähert hast. Mit 
einem Tauchsieder der auf 20° gedrosselt ist, wirst du die 100° nie 
erreichen. Auch dann nicht, wenn du schon auf 80° bist.

Ich kann nur jedem wärmstens empfehlen das zu tun, was auch mir mehr 
Klarheit verschafft hat: eine Simulation am PC zu machen (am besten 
nicht nur mit reinen Zahlenwerten sondern auch diese Zahlen in Form von 
Diagrammen aufbereiten). Mit Excel ist das kein Kunststück. Da wird dann 
vieles klarer.

von Paddy (Gast)


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PPP schrieb:
> Da dürfte doch wenn überhaupt
> nur ein minimaler Fehler bleiben.

Dann hast du es doch verstanden. Diesen "Fehler" nennt man üblicherweise 
stationäre Regelabweichung. Jetzt kommt es halt auf deine Anwendung 
drauf an wie groß diese ist und ob du sie tolerierst. Oder ob dein 
minimaler Fehler schon zuviel Abweichung ist.

Bleibende Regelabweichungen gibt es z.B. wenn du Riemen Z-Achsen (also 
hoch/runter) auf eine Position regeln willst. Aufgrund der Schwerkraft 
und äußeren Lastmomenten bleibt eine Abweichung, wenn du nur einen 
P-Regler nimmst.

von tobi (Gast)


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Paddy schrieb:
> Dann hast du es doch verstanden. Diesen "Fehler" nennt man üblicherweise
> stationäre Regelabweichung. Jetzt kommt es halt auf deine Anwendung
> drauf an wie groß diese ist und ob du sie tolerierst. Oder ob dein
> minimaler Fehler schon zuviel Abweichung ist

Eben, es kommt auf die Regelstrecke an :-)

von Wolfgang-G (Gast)


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von rava (Gast)


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stell dir vor du hast einen Tempomat fürs Auto.

der lineare P-Regler hört auf, Gas zu geben, sobald dein Auto die 
Sollgeschwindigkeit erreicht (Fehler=0).
Dadurch wird das Auto wieder langsamer (Luftwiderstand).

Irgendwann wird es sich bei einem Wert einpendeln, der nicht dein 
Sollwert ist.

von Karl H. (kbuchegg)


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rava schrieb:
> stell dir vor du hast einen Tempomat fürs Auto.
>
> der lineare P-Regler hört auf, Gas zu geben, sobald dein Auto die
> Sollgeschwindigkeit erreicht (Fehler=0).
> Dadurch wird das Auto wieder langsamer (Luftwiderstand).
>
> Irgendwann wird es sich bei einem Wert einpendeln, der nicht dein
> Sollwert ist.

Auch ein gutes Beispiel. Denn an dem sieht man recht gut, wo das Problem 
bei einem reinen P-Regler sitzt:

Angenommen die Ist-Geschwindigkeit ist identisch zur 
Soll-Geschwindigkeit. Das heist Regelabweichung 0. Regelabweichung 0 
bedeutet aber bei einem P-Regler, dass er eine Stellgröße von 0 ausgibt. 
Stellgröße von 0 würde im gegenständlichen Fall bedeutet, dass überhaupt 
kein Gas mehr gegeben wird. Das man ohne Fuss am Gas auf der Autobahn 
keine 130 halten kann, dürfte wohl jeder schon mal erfahren haben.
Und an dieser Stelle kommt dann der I-Regler ins Spiel, der sich solange 
die Regelabweichungen aufsummiert hat, bis er es schafft völlig ohne 
P-Regler die Geschwindigkeit zu halten, weil er gerade so viel Gas gibt, 
dass die 130km/h gehalten werden. Der P-Regler ist zu diesem Zeitpunkt 
schon komplett draussen (wegen Regelabweichung 0).
Sieht man einem Regler bei der Arbeit (zahlenmässig) zu, dann bemerkt 
man tatsächlich dieses. Zunächst übernimmt der P-Regler die 'Arbeit' die 
Istgröße an die Sollgröße heranzuführen. Der I-Regler dümpelt bei 
kleinen Werten rum und hat eigentlich wenig Einfluss. Aber das ändert 
sich mit der Zeit. Je länger die Regelstrecke läuft, desto geringer wird 
der Anteil des P-Reglers (weil ja auch die Regelabweichung kleiner wird) 
und dafür übernimmt der I-Regler immer mehr die Regelarbeit. Solange bis 
die Sollgröße erreicht ist. Da ist dann nur noch der I-Regler am 
Arbeiten und der P-Regler ist weg.
Bis dann irgendwann ein Sprung in der Sollgröße erfolgt 
(Benutzereingabe). Dann springt der P-Regler sofort an und beginnt die 
Stellgröße nachzuführen, bis dann wieder der I-Regler immer mehr ins 
Spiel kommt und die Regelabweichung auf 0 bringt und auch dort hält.

Wie schon gesagt: Mit einer Simulation auf dem PC (numerisch und mit 
Diagrammen) hat das bei mir ganz gut geklappt rauszufinden, wie die 
einzelnen Reglertypen da ineinandergreifen.

von PPP (Gast)


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Ich hätte jetzt eher erwartet, dass die Ist Geschwindigkeit um den Soll 
Wert schwingt (durch Trägheitseffekte etc.).


rava schrieb:
> stell dir vor du hast einen Tempomat fürs Auto.
>
> der lineare P-Regler hört auf, Gas zu geben, sobald dein Auto die
> Sollgeschwindigkeit erreicht (Fehler=0).
> Dadurch wird das Auto wieder langsamer (Luftwiderstand).
>
> Irgendwann wird es sich bei einem Wert einpendeln, der nicht dein
> Sollwert ist.

von Tonwelle (Gast)


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Einfaches, lineares System:

(a): Ist = Stellgröße + Störgröße
(b): Fehler = Soll - Ist
(c): Stellgröße = Fehler * P_Faktor

(d): (a) umstellen: Stellgröße = Ist - Störgröße
(e): (a) und (c) gleichsetzen: Ist - Störgröße = Fehler * P_Faktor
(f): (b) umstellen: Ist = Soll - Fehler
(g): (f) in (e) einsetzen: Soll - Fehler - Störgröße = Fehler * P_Faktor

(h): (g) auflösen:

             Soll - Störgröße
    Fehler = ----------------
               P_Faktor + 1


Man sieht: Je größer der P_Faktor, desto kleiner der Fehler, und 
zusätzlich: Skaliert man Soll entsprechend dem P_Faktor, verschwindet 
die stationäre Abweichung wenn keine Störgröße vorhanden ist.

von rava (Gast)


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PPP schrieb:
> Ich hätte jetzt eher erwartet, dass die Ist Geschwindigkeit um den Soll
> Wert schwingt (durch Trägheitseffekte etc.).

Das Schwingen kann auch eintreten, da hast du Recht. das ist dann eine 
Frage dessen, wie das System(Modell) aussieht. Und damit nicht Teil 
deiner Frage :P


In deinem Fall:
Wenn du die Gleichungen für's Fahrzeug aufstellst, kommst du auf etwas 
wie
F_Motor - F_Widerstand = m*a
v = a'
F_Widerstand = konst * v
F_Motor = konst * (v-v_soll) <-- Regler

Da nur eine Ableitung (a') in den Gleichungen auftaucht, kommt ein 
DGL-System 1. Ordnung heraus und das ist nicht schwingungsfähig.


Wichtig, um auf deine Anmerkung zu antworten, ist aber, dass selbst ein 
schwingungsfähiges System nicht um den Sollzustand schwingen wird, 
sondern um den resultieren Wert (Sollzustand + verbleibende 
Regelabweichung).


Um es plausibel zu machen: Das ensprechende Beispiel ist eine aufrecht 
stehende Feder zwischen zwei schweren Platten. Die z-Position der 
unteren Platte kannst du meinem Aktor direkt einstellen und du möchtest, 
dass die obere Platte auf einer bestimmten Höhe z_soll "schwebt".
Da die Masse der oberen Platte unbekannt ist, ist auch die statische 
Zusammendrückung der Feder durch die Schwerkraft nicht bekannt.
Wieder wird bei einem reinen P-Regler dein Aktor die untere Platte auf 0 
positionieren, sobald die obere Platte an der richtigen Stelle ist. Das 
funktioniert aber nur, wenn z_soll == z_statische_zusammendrückung ist. 
In allen anderen Fällen müsste die untere Platte verschoben sein. Die 
Stellgröße wär also im sollzustand nicht 0. Das kann der P-Regler nicht 
liefern.
Das System kann schwingen. Es wird sogar ganz sicher schwingen. Und ganz 
sicher sogar hat die Wahl der Konstante im P-Regler einen Einfluss auf 
das Schwingen. Aber wenn nach 1000 Jahren das Schwingen abgeklungen ist, 
wird der Regelfehler verbleiben, weil nur ein P-Regler verbaut ist.

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