Zugegebenermaßen ist meine Frage nicht sehr praxisnahe oder gar
"wichtig", sie geht mir aber schon durch den Kopf, seit ich mich mit
Transistoren beschäftige, und ich habe nie eine plausible Antwort
bekommen.
Bei Transistorschaltungen beobachtet man als U(BE)=0.65...0.7V. Dieser
Bereich wird auch für Arbeitspunkteinstellungen herangezogen. Wie passt
das mit der üblichen "Theorie" zusammen, wonach
ist. Dann ist ja
Und das ist ein exponenzieller Verlauf. Da gibt es keine 0.65V mit
Knick. Wieso stellt sich U(BE) trotzdem praktisch immer auf 0.65V ein.
Es könnten ja auch 0.5V oder 0.9V sein. Irgendwo habe ich da ein
"Missing Link".
LG, Michael
Michael W. schrieb:> Wieso stellt sich U(BE) trotzdem praktisch immer auf 0.65V ein.
Nun, meine Theoriestunden sind schon sehr lange her.
Aber praktisch ist es so, dass du selbstverständlich UBE bei 0.5V oder
auch bei 1V antreffen kannst. Das ist einfach abhängig davon, wieviel
Basisstrom du zur Verfügung stellst. Schau dir einfach mal in
Datenblättern oder in der Praxis die UBE bei Ib = 1µA oder IB = 1A an.
Den Knick, den du vermisst, ist sowieso eine optische Täuschung aus der
Skalierung der Kurve UBE vs. IB.
HildeK schrieb:> Den Knick, den du vermisst, ist sowieso eine optische Täuschung aus der> Skalierung der Kurve UBE vs. IB.
Genau das ist es, was ich nicht verstehe. Nicht dass ich jetzt so viele
Transistorschaltungen durchgemessen habe, aber einige waren es schon:
Und da waren bisher immer 0.7V zwischen B und E, nie 0.5V... Mir ist
klar, wenn ich IB kleiner mache, dann habe ich irgendwann 0.5V, aber
scheinbar sind die Transistoren so gebaut, dass man bei vernünftigen
Strömen immer in einem Bereich ist, wo 0.7V rauskommen. Das müsste ja
nicht so sein...
Michael W. schrieb:> scheinbar sind die Transistoren so gebaut, dass man bei vernünftigen> Strömen immer in einem Bereich ist, wo 0.7V rauskommen. Das müsste ja> nicht so sein...
Doch, weil Transistoren mehr oder weniger zwei Dioden in einem Gehaeuse
sind. Das Verhalten, was Du mit der UBE von 0,7V siehst, ist die
Flussspannung der Diode zwischen B und E.
fonsana
fonsana schrieb:> Michael W. schrieb:>> scheinbar sind die Transistoren so gebaut, dass man bei vernünftigen>> Strömen immer in einem Bereich ist, wo 0.7V rauskommen. Das müsste ja>> nicht so sein...>> Doch, weil Transistoren mehr oder weniger zwei Dioden in einem Gehaeuse> sind. Das Verhalten, was Du mit der UBE von 0,7V siehst, ist die> Flussspannung der Diode zwischen B und E.>> fonsana
Das ist ja eh klar. Damit verschiebt sich meine Frage von Transistor auf
Diode ;-)
Hallo,
das dIb/dUbe ist so groß, dass sich die Spannung Ube auch bei einer
erheblichen Vergrößerung des Basisstromes fast nicht verändert. Das ist
der Grund. Bei der Diode genauso. Rechne es doch einfach mal aus für
einen Arbeitspunkt.
Gruß,
Thomas
Erwärme den Transistor mal auf 100°C, dann siehst du auch die 0,5V, da
Ube sich mit 2mV/K ändert. ;-)
Die Ube-Kennlinie ist ja kein Knick mit unendichem Anstieg. Wenn nur
paar µA Basisstrom fließen, hast du auch niedrigere Spannungen.
Normalerweise werden im Arbeitspunkt aber mA fließen und man hat bei
Zimmertemperatur ca. 0,65V.
Dass bei Zimmertemperatur und IB zwischen 1uA und 1mA ca 0.7V anliegen,
liegt dann am Parameter Is, der demnach ca 6x10^-21 A sein müsste. Das
ergibt sich scheinbar aus dem typischen Querschnitt der Diodenstrecke.
Eine Diode, die für einen 100-fachen Strom konzipiert ist, hat auch
einen 100-fachen Querschnitt und damit ein 100-faches Is. Kann man das
so sehen?
Michael W. schrieb:> Und das ist ein exponenzieller Verlauf. Da gibt es keine 0.65V mit> Knick.
Wie stark der Knick ausgeprägt ist, hängt im Wesentlichen vom Faktor
n·Ut in der Shockley-Gleichung ab. Je kleiner dieser Faktor ist, umso
ausgeprägter ist der Knick. Ut ist proportional zur Temperatur und
beträgt bei Zimmertemperatur etwa 25mV. Der Parameter n hängt vom
Diodentyp ab und liegt bei Siliziumdioden üblicherweise zwischen 1,5 und
2. Für LEDs ist n meist deutlich größer, weswegen dort der Knick
schwächer ausgeprägt ist.
Bei gegebener Temperatur kann der Knick in der Kennlinie nicht beliebig
scharf werden, da nach der Theorie n nicht kleiner als 1 werden kann.
Ich habe mal für eine typische Kleinsignaldiode (1N4148) die Kennlinie
nach der Shockley-Gleichung geplottet (s. Anhang). Für 1mA<Id<10mA liegt
Uf im zwischen 0,6V bis 0,7V. Das ist genau der Bereich, der auch in den
Lehrbüchern angegeben wird.
Ähnlich scharf (bzw. unscharf) ist auch der Knick der BE-Strecke von
Siliziumtransistoren.
Die Größe Is skaliert mit der Größe der Diode bzw. des Transistors. Bei
dem Üblichen Strom, den man nutzt liegt die Flussspannung halt meist so
um die 0,6-0,7 V, weil man halt auch bei größeren Teilen i.A. mehr Strom
nutzt. Selbst wenn man den Strom um den Faktor 100 ändert ändert sich
die Spannung nur um gut 100 mV - man kann also mit der Spannung auch mal
etwas höher oder niedriger kommen, aber für die Überschlagsrechnung sind
konstant 0,7 V und dann der Knick halt eine brauchbare Näherung.
Bei Germaniumtransistoren ist die übliche Spannung auch noch kleiner.
Die Flußspannung hängt mit dem Bandabstand Eg (1,11V) des
Halbleitermaterials zusammen. Der ist bei Germanium deutlich niedriger
(0,67V). Deshalb haben Germanium Transistoren fast nur die Hälfte Ube.
Der Nachteil von Germanium ist, dass dieses Material schon bei 100°C
stark selbstleitend wird verglichen mit den 150° bei Silizium.
Ulrich schrieb:> Die Größe Is skaliert mit der Größe der Diode bzw. des Transistors.
Das wollte ich wissen. Die Stromdiche Js = Is/A ist offenbar ein reiner
Materialparameter des Halbleiters, und da bei größeren Bauteilen auch
ein größerer Querschnitt erforderlich ist, bleibt das Is = Js * A
innerhalb ein paar Größenordnungen konstant, was ausreicht, dass bei den
"typischen" Strömen die Flußspannung 0.6...0.7 V beträgt. Kann man das
so sehen?