Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Qual der Wahl - Kondensatoren


von Thomas D. (thomasderbastler)


Lesenswert?

Bin auch noch am Experimentieren mit Audio Filterschaltungen.

Aus dem letzten Projekt habe ich auch gelernt, wie wichtig der Auswahl 
von Kondis sind.

Ich habe hier mal ein Übersicht gefunden
http://www.wima.de/DE/applicguide.htm

Bei Filteranwendungen werdem MKP2 und MKP4 Typen empfohlen.
Sehe ich richtig,daß die nur bei Hochfrequente Anwendungen wichtig sind 
?

Im Audiobereich reichen auch die MKS Typen ? ( Auch wegen der Grösse)

Wiederum bei einem Bandsperre, z.B 100Hz Brummfilter ist nur MKP Typen 
verwendet werden sollen ?

Oder ist die Geschichte eine "Glaubensfrage" ?

von Klaus R. (klara)


Lesenswert?

Thomas der Bastler schrieb:
> Oder ist die Geschichte eine "Glaubensfrage" ?

Die Spalten Anforderungen und Eingenschaften sagen ja schon etwas zu den 
Typen aus. Ansonsten bieten die Datenblätter weitere Informationen. Bei 
Audio Filterschaltungen sind überwiegend Folienkondensatoren angesagt. 
Meist wünscht man enge Toleranzen (Eingeengte Toleranzen bis 1% (FKP)). 
Stabilität ist auch wichtig (Eingeengte Toleranzen bis 1% (FKP)).
Gruss Klaus.

von MaWin (Gast)


Lesenswert?

> Oder ist die Geschichte eine "Glaubensfrage" ?

Nun, man kann die Verzerrungen auch messen.

 http://stephan.win31.de/capdist.htm (Übersicht Kondensatoren in 
Audioanwendungen)
 http://waltjung.org/PDFs/Picking_Capacitors_1.pdf
 http://waltjung.org/PDFs/Picking_Capacitors_2.pdf

aber im Prinzip gilt:

Es sollten Folienkondensatoren sein.

MKS reicht für alle Normalanwendungen

MKP ist für High End Esoteriker.

Letztlich ist der Unterschied zwischen
guten und schlechtem MKP
und
guten und schlechten MKS
aber so gross, daß es MKP gibt die schlechter sind als manche MKS.

Wenn man alte übrig hat, kann man auch Styroflex
oder Glimmer verwenden, beide sind aber eher für
höhere Frequenzen gedacht.

von Bastler (Gast)


Lesenswert?

um das Thema etwas zu erweitern:
Wie sieht es mit Widerständen aus?
Ich hab gelesen, daß bei Röhrenverstärkern, etc. auch gern mal Kohle- 
gegen Metallfilmwiderstände getauscht werden.
Kohlewiderstände sollen bessere HF-Eigenschaften besitzen gegüber Metall 
- stimmt das?
Metallfilm bezogen auf Langzeitstabilität und hohe Werte sollen 
angeblich schneller hochohmig werden als Kohleschicht ?!?
Kann ich nicht ganz glauben, ist dem wirklich so.
Dann frag ich mich, wieso man nicht gleich gegen SMD-Widerstände 
austauscht (bis auf die Löterei wäre das ja auch noch eine Alternative) 
- diese sollen ja auch bessere HF-Eigenschaften haben ... ich weiß es 
allerdings nicht, ob dem wirklich so ist.
Okay, Audio ist in der Regel nur NF, bis auf Tuner, etc., insofern egal.
Vergleichende Übersichten zu Widerständen habe ich bisher allerdings 
noch nicht gefunden; wär auch mal ein Thema für eine Website.

von Peter R. (pnu)


Lesenswert?

Kohleschichtwiderstände rauschen deutlich stärker als 
Metallschichtwiderstände wegen der puktförmigen Übergänge zwischen den 
einzelnen Kohleplättchen der Widerstandsschicht.
Da der genaue Wert durch einen Wendelschliff in der Kohleschicht 
hergestellt wird, sind sie bei hohen Frequenzen schlecht verwendbar, 
wegen der dadurch erzeugten Induktivität.

Kohle-Massewiderstände rauschen auch stark haben aber deutlich geringere 
Induktivität - das ist bei hohen Frequenzen ein Vorteil gewesen, als 
Widerstände noch 12mm lang und 4mm dick waren.
Im MIL-Bereich wurden/werden Massewiderstände wegen ihrer 
Überlastbarkeit verwendet.

Ein SMD-Widerstand ist wegen seiner Abmessungen von vornherein für 
wesentlich höhere Frequenzen einsetzbar. Die bei ihm verwendeten 
Keramik- oder Metallschichten sind rauschärmer und wegen des Abgleichs 
per Laser auch sehr Induktivitätsarm.

Es lässt sich noch viel mehr erzählen, z.B. über Überlastverhalten, 
Langzeitstabilität, Temperaturgang usw. nur, schon jetzt ist dieser 
Beitrag zu lang.

von Tuba (Gast)


Lesenswert?

Kohle-press ist bei Röhren erste Wahl.
Schön antik im Aussehen, rauscht gut und ist so teuer erhältlich, daß 
man nach "des Kaisers neue Kleider" Manier den Wohlklang sofort hört ;-)

von Bastler (Gast)


Lesenswert?

> Ein SMD-Widerstand ist wegen seiner Abmessungen von vornherein für
> wesentlich höhere Frequenzen einsetzbar. Die bei ihm verwendeten
> Keramik- oder Metallschichten sind rauschärmer und wegen des Abgleichs
> per Laser auch sehr Induktivitätsarm.
demnach wäre also SMD die erste Wahl, wenn man mal von der Verlötung 
absieht.
Falls man sich die Mühe überhaupt machen will ... da stellt sich die 
Frage wieviel das bringt - das kann man natürlich selbst abwägen.

> Es lässt sich noch viel mehr erzählen, z.B. über Überlastverhalten,
> Langzeitstabilität, Temperaturgang usw. nur, schon jetzt ist dieser
> Beitrag zu lang.
schon richtig, anderseits wirst Du sehr mühselige Datenblattvergleiche 
anstellen müssen, um selbst zu Erkenntnissen zu kommen (bin 
diesbezüglich etwas faul) - insofern lohnt sich da schon mal eine 
Klärung.
Interessant wäre für mich u.a. der Punkt Langzeitstabilität, natürlich 
auch bei Kondensatoren.
Jedenfalls Danke für die Infos bisher, ich mache mir meinen eigenen Reim 
drauf, je nach Anwendung.

> Kohle-press ist bei Röhren erste Wahl.
> Schön antik im Aussehen, rauscht gut und ist so teuer erhältlich, daß
> man nach "des Kaisers neue Kleider" Manier den Wohlklang sofort hört ;-)
Ist das so? Ob man das Rauschen wirklich noch wahrnimmt ist eine ganz 
andere Frage - eine Frequenzgang von 20 Hz bis 22 khz macht sich immer 
gut, wenn es um Daten geht - hörst Du diese noch komplett? Als Baby 
vielleicht noch, ansonsten nicht.
Der große Unterschied ist die Dynamik und das hörst Du auch.

von Kai K. (klaas)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

>Im Audiobereich reichen auch die MKS Typen ?

Wenn du nur koppeln willst, also mit einem Hochpaß sehr niedrig 
liegender Grenzfrequenz, kannst du MKS nehmen. Aber auch Elkos können 
problemlos verwendet werden, wenn denn die Grenzfrequenz des Hochpasses 
ausreichend niedrig gelegt wird. Elkos finden sich nach wie vor in allen 
Geräten, auch in Geräten der höchsten Preisklasse und auch in allen 
Mischpulten und Studiogeräten. Dort kommen teilweise sogar noch 
Übertrager zum Einsatz, weil erfahrene Tontechniker wissen, daß es noch 
weitaus kniffligere Übertragungsprobleme zu meistern gilt, als nur auf 
allerkleinsten Klirrfaktor und niedrigste dielektrische Absorption zu 
schielen.

Wenn du Filter mit höher liegender Grenzfrequenz aufbaust, muß du 
berücksichtigen, daß MKS-Caps eine Kapazitätsabhängikeit von der 
Frequenz zeigen, bei 20kHz gegenüber 1kHz ein Abfall von immerhin rund 
1,5%, mit starken Exemplarstreuungen. Dort würde ich lieber Styroflex- 
oder Polypropylen-Caps nehmen, bei kleinen Werten auch gerne NP0. Oder 
aber die neuen PPS-Caps.

PPS ist ein relativ neuartiges Kondensatormaterial. Es hat in vielerlei 
Hinsicht optimale Eigenschaften. Panasonic verkauft sie als "ECHU".

>Oder ist die Geschichte eine "Glaubensfrage" ?

Nur daß ein Cap im Labor bessere Parameter demonstriert, heißt noch 
lange nicht, daß man das auch hören muß.

>Ich hab gelesen, daß bei Röhrenverstärkern, etc. auch gern mal Kohle-
>gegen Metallfilmwiderstände getauscht werden.

Kohleschichtwiderstände haben sich im Rauschen in den letzten Jahren und 
Jahrzehnten zwar erheblich verbessert, aber gegen einen guten 
Metallfilmwiderstand zeigen sie auf etlichen Gebieten erhebliche Mängel. 
Auch preislich sind sie kein gravierender Vorteil mehr. Wirklich kein 
Grund, auf Metallfilmwiderstände zu verzichten.

>Kohlewiderstände sollen bessere HF-Eigenschaften besitzen gegüber Metall
>- stimmt das?

Vielleicht der Kohlemassewiderstand, der kann sogar ESD aushalten. Aber 
klanglich willst du dir einen Kohlemassewiderstand wirklich nicht antun: 
Neben dem erheblich vergrößerten Rauschen zeigen diese Teile auch einen 
extremen Temperaturgang und riesige Langzeitdriften.

>Metallfilm bezogen auf Langzeitstabilität und hohe Werte sollen
>angeblich schneller hochohmig werden als Kohleschicht ?!?

Die Langzeitstabilität von Metallfilmwiderständen ist wirklich kein 
Thema heutezutage. Gut, wenn du so ein Teil thermisch überlastet, sieht 
es natürlich anders aus. Aber nur ein Idiot würde so etwas tun.

>demnach wäre also SMD die erste Wahl, wenn man mal von der Verlötung
>absieht.

Für besonders hochwertige Qualität, geringe Langzeitdrift und geringes 
Rauschen wählt man gerne Widerstände größerer Bauform. Da kommt SMD im 
Moment noch nicht mit. Aber auch hier kommt es auf deine Ansprüche an, 
ob SMD konveniert oder nicht.

>Interessant wäre für mich u.a. der Punkt Langzeitstabilität, natürlich
>auch bei Kondensatoren.

Stand früher in den Datenblättern von Röderstein, Siemens, etc., drin. 
(Siehe z.B. Anhang.)

Bei MKT sind es rund 2...3% zeitliche Inkonstanz nach 2 Jahren und bei 
40°C. Bei MKP und PPS sind es rund 0,5...1% und bei MKS rund 0,2...1%. 
Echte Folientypen, also nicht die metallisierten Ausführungen, sind noch 
einmal wesentlich stabiler.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.