Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik KerKos an OPVs


von Pepe (Gast)


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Kurze Frage:

Ist es bei einem Operationsverstärker besser zwei Abblock-Kerkos zu 
nutzen und diese je wischen V+ und GND sowie V- und GND zu setzen ODER 
einen Kerko zwischen V+ und V-.

Kann man da eine pauschale Angabe machen und wenn nicht wonach richtet 
sich die Entscheidung?

Besten Dank,

Pepe

von Martin W.T. (Gast)


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Nimm dir mal das Ersatzschaltbild deines OPs her* und setzte es in deine 
Schaltung ein. Jetzt malst du die Stromschleifen (also wo wesentlich 
Strom fließt) ein und schon wirst du erkennen, wo du 
Abblockkondensatoren benötigst.

* eigentlich reicht nur die Endstufe.

von mhh (Gast)


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Pepe schrieb:
> wonach richtet
> sich die Entscheidung?

Nach dem Nutzsignalbezugspunkt.

von Georg W. (gaestle)


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Es kann sogar sein dass du eine Kombination beider Varianten brauchst 
und/ oder mehrere Kondensatoren parallel. Z.B.: 
http://www.ti.com/lit/pdf/snou024
Das Beispiel ist vielleicht etwas extrem, je 100nF von V+ sowie V- nach 
GND tun es meistens. Das macht ja dann 50nF zwischen V+ und V-. Wichtig 
wird das bei hohen Frequenzen. Hier spielen parasitäre Effekte 
(Widerstand und Induktivität von Zuleitung und Kondensator, der 
Frequenzgang sieht dann nicht mehr wie im Schulbuch aus) eine Rolle. Das 
ist dann fast schon eine Wissenschaft für sich. Wichtiger ist eine 
möglichst kurze Anbindung der Kondensatoren an die Versorgungen und die 
Masseführung. SMT ist hier deutlich im Vorteil.
Das liebe Geld kann auch noch ein Argument sein: Lohnt es sich der 
zusätzliche Aufwand bei Entwicklung und Test um ev. einen Kondensator 
einzusparen oder baue ich lieber "Angstkondensatoren" ein?

Martin W.T. schrieb:
> Nimm dir mal das Ersatzschaltbild
Das ist mal wieder eine tolle Antwort, mit der der Fragesteller nichts 
anfangen kann. Das wird heutzutage kaum noch veröffentlicht. Und selbst 
wenn es vorhanden ist muss es nicht genau den realen Begebenheiten 
entsprechen. Und von außen einwirkende Störungen wird dieser Ansatz gar 
nicht gerecht.

von Alexander S. (esko) Benutzerseite



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Georg W. schrieb:
>> Nimm dir mal das Ersatzschaltbild
> Das ist mal wieder eine tolle Antwort, mit der der Fragesteller nichts
> anfangen kann.

Leider kann man mit den Informationen des Fragestellers keine Antwort
geben, weil die Art der Last entscheidend ist.

Ich habe mal beide Fälle im zweiten Bild illustriert:
Ist die Last nur nach Vcc geschaltet, dann braucht man nur einen
Kondensator von Vcc nach Vee, denn der Strom fließt durch beide
Versorgungsspannungen durch.
Wenn die Last gegen GND liegt, dann braucht man Kondensatoren von Vcc
nach GND und Vee nach GND. Denn der Strom kann durch beide Quellen
fließen und und ein Kondensator über beide Quellen hilft hier wenig.

In der Praxis wird man die zweite Lösung nehmen, weil Kerkos wenig
kosten. Wenn es riesige Stückzahlen sind, wird man versuchen beide
wegzulassen.

Wenn jemand das Thema vertiefen will:
Im Anhang habe ich mal die Endstufe des LM358 angehängt, wobei ich
Stromspiegel durch ideale Stromquellen ersetzt habe, um es einfach zu
halten.

von Marley (Gast)


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Alexander Schmidt schrieb:
> Leider kann man mit den Informationen des Fragestellers keine Antwort
> geben, weil die Art der Last entscheidend ist.

Das stimmt nicht, denn:

Pepe schrieb:
> Kann man da eine pauschale Angabe machen und wenn nicht wonach richtet
> sich die Entscheidung?

Auch wenn Du es erklärt hast. Erst lesen, dann denken und dann 
schreiben.

von Kai K. (klaas)


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>Ist es bei einem Operationsverstärker besser zwei Abblock-Kerkos zu
>nutzen und diese je wischen V+ und GND sowie V- und GND zu setzen ODER
>einen Kerko zwischen V+ und V-.

Eigentlich eine simple Frage, mit einer sich aufdrängenden simplen 
Antwort: Natürlich vom beiden Rails zur Signalmasse.

Jetzt gibt es da dummerweise einige wenige Datenblätter, die genau das 
nicht empfehlen, sondern einen einzigen Cap zwischen den Rails. Die 
Begründung ist folgende: Da die Versorgungströme ein verzerrtes Abbild 
der Signalströme sind, würden Entkoppelcaps zur Masse verzerrte Ströme 
in die Masse leiten und das Massepotential mit Klirr verseuchen.

Ich halte diese Begründung für Unsinn, weil es im Zweifelsfall sehr 
leicht ist, die in Frage kommenden Masseverbindungen genügend 
niederohmig zu machen, am besten mit einer durchgehenden Massefläche.

Wer aber die Entkopplcaps von den Rails zur Masse direkt bei den OPamps 
wegläßt, handelt sich weitaus gravierendere Nachteile ein, weil die 
OPamps nun nicht mehr voneinander entkoppelt sind und bei größeren 
Systemen ins Schwingen geraten können. Auch wenn OPamps Kabel oder 
kapazitive Lasten treiben müssen, kann sich ein fehlender Entkoppelcap 
zur Signalmasse verheerend auswirken.

Ganz Schlaue haben früher in Mischpulten die Masse in die Signalmasse 
und die Entkopppelmasse aufgeteilt und bis zum Netzteil feinsäuberlich 
von einander getrennt geführt, was zu irrsinnig langen Entfernungen 
zwischen Entkoppelcaps und OPamps geführt hat. Die Entkoppelcaps sind 
dann derart nutzlos, daß man sie auch gleich ganz weglassen kann. 
Entkoppelcaps gehören immer in unmittelbare Nähe zu OPamps und sollten 
auf eine durchgehende Massefläche referenziert werden.

Es gibt noch ein anderes Argument, das gegen Caps zur Signalmasse 
spricht: Natürlich können auch Störungen vom Netzteil, also Rauschen, 
Brummen und Spikes auf den Versorgungsleitungen über die Entkoppelcaps 
auf die Signalmasse eingekoppelt werden. Eine hochverstärkende Baugruppe 
verstärkt sie dann eventuell ungewollt mit und schleust sie in den 
Signalweg. Dazu ist zu sagen, daß eine Versorgungsspannung für eine 
empfindliche Schaltung natürlich ausreichend sauber sein muß. Ein 
Weglassen der Entkoppelcaps ist natürlich keine Lösung, weil es die 
Stabilität der Schaltung zusätzlich verschlechtert. Hier kann es nur 
darum gehen, das Netzteil zu verbessern.

Außerdem kann die Problematik wieder mit einer niederohmigen, 
durchgehenden Massefläche erheblich entschärft werden. Auch 
Serienimpedanzen in den Versorgungsleitungen direkt bei den 
Entkoppelcaps, also RC- bzw. RLC-Glieder anstelle von Entkoppelcaps, 
können extrem hilfreich sein, vor allem, wenn größere 
Entkoppelkapazitäten verwendet werden. Der große Vorteil von RC- bzw. 
RLC-Gliedern ist, daß Störer ihre Störströme gezielt aus dem Reservoir 
ihres lokalen Entkoppelcaps beziehen können und die Serienglieder R bzw. 
RL ein Weiterreichen der Störung über die Versorgungsleitung und Masse 
gerade verhindern. Der Rest der Schaltung bekommt von den Störströmen 
auf der Versorgungsleitung und Masse überhaupt nichts mit, weil sie nur 
lokal im RC- bzw- RLC-Glied fließen.

Am aller sinnvollsten ist aber eine intelligente Masseführung, bei der 
man sich immer im Klaren ist, welche Ströme an welcher Stelle eigentlich 
über die Massefläche fließen.

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