Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Alter Frequenzumrichter. Technik?


von S. D. (der_nachtfuchs)


Lesenswert?

Hallo zusammen!

Stefan, 31, Nürnberg

Bin seit langem stiller Leser und habe mich endlich angemeldet, weil ich 
eine Frage habe, die mir bisher keiner beantworten konnte. Da hier die 
meisten Experten sind, denke ich, dass ich bei euch gut aufgehoben bin.


-> Ich suche seit langem Unterlagen bzw. Erklärungen zu 
Schaltfrequenzen, die in einem alten Frequenzumrichter (ca. 1970) 
vorkommen.

Vom "Sound", den der Motor beim Anlaufen abgibt, scheint es so, dass ein 
gewisser niederfrequenter Bereich während des Hochlaufens mehrfach 
durchfahren wird. Einen ähnlichen "Klang" haben auch die 
Unterflurantriebe von neuen Zügen.

Kennt jemand die Technik, die bei solchen Umrichtern verwendet hat? Oder 
hat jemand zufällig Unterlagen zu solchen FUs?

Vielen Dank schonmal :-)

von Carsten W. (eagle38106)


Lesenswert?

Vor den Zeiten von MOSFET und IGBT hat man Thyristoren und GTOs in 
Umrichtern verwendet. Wie das in den 70er aussah, kann ich leider nicht 
sagen.
Das "komische" Geräusch kommt von der Anzahl der Stützstellen, die pro 
Sinushalbwelle verwendet werden. Mit steigender Frequenz werden es immer 
weniger. Daher die "Straßenbahngeräuschkulisse".

von Dennis (Gast)


Lesenswert?

Poste doch mal ein Foto.

Ansonsten bestimmt man die Frequenz üblicherweise mit einem angehängtem 
Oszi.

von Teo D. (teoderix)


Lesenswert?

Stefan E. schrieb:
> Vom "Sound", den der Motor beim Anlaufen abgibt, scheint es so, dass ein
> gewisser niederfrequenter Bereich während des Hochlaufens mehrfach
> durchfahren wird.

Is doch klar das der Generator erst seine Frequenz erreicht wenn er 
seine Nenndrehzahl hat.

von Olaff (Gast)


Lesenswert?

Teo Derix schrieb:
> Is doch klar das der Generator erst seine Frequenz erreicht wenn er
> seine Nenndrehzahl hat.

Hää?

von S. D. (der_nachtfuchs)


Lesenswert?

Danke Carsten und Dennis.

Ein Foto kann ich leider nicht machen, da der alte FU leider schon 
abgebaut wurde. Sonst hätte ich auch ein Video gemacht, wo man das Teil 
mal in Aktion sieht - und hört.


Eine Sehenwürdigkeit ist das Teil allemal. Zwei große Rittal-Schränke, 
voll mit handfester Technik. Gewickelte Widerstände in Unterarmgröße, 
Platinen mit vielen kleinen ICs, Transistoren, ... und alles schön per 
Hand aufgebaut.

Mit der Abwärme dieses Umrichters hätte man locker eine 3-Zimmer-Wohnung 
heizen können.

Das Teil stand übrigens in einem Möbelhaus in Hirschaid, und hat eine 
18-kW-Wasserpumpe für eine Fontäne betrieben.

Anscheinend hat sich die Reparatur nicht mehr gelohnt, daher musste das 
Teil einem neuen FU weichen :'(

Ich werde dort mal mit der Geschäftsleitung sprechen, vielleicht haben 
die zufällig noch Unterlagen oder können mir zumindest den Hersteller 
nennen. Dann könnte ich da noch ein wenig recherchieren.

Zum Stichwort GTO/Thyristor werde ich mal suchen, vielleicht gibt es 
noch ein paar alte Überbleibsel im Internet.

von Teo D. (teoderix)


Lesenswert?

Olaff schrieb:
> Hää?

Ich hatte vermutet das das Teil noch aus Motor u. Generator besteht, 
diese Technik ist dann doch wohl noch'n paar Jahrzehnte älter :)

von S. D. (der_nachtfuchs)


Lesenswert?

@ Teo Derix: Die Variante Motor=>Generator wurde bis vor wenigen Jahren 
noch in der Schweißindustrie verwendet, da Rotationsumformer fast 
wartungsfrei waren und sich in weiten Bereichen einstellen ließen. Die 
modernen Inverter bieten mehr Komfort, Einstellmöglichkeiten, 
Leistung/Gewicht und sind günstiger. Im privaten Bereich hatte sich 
lange Zeit der Trafo + gesteuerte Halbbrücke durchgesetzt, manchmal auch 
Leistungskaskade genannt. Sowas findet man nur noch in 
Hochleistungsanlagen, wie z.B. bei Schweißrobotern.


zum Thema Frequenzumrichter: ich habe bisher nicht herausfinden können, 
wie die "Spannungstreppen" oder die Stützpunkte bei der Sinuserzeugung 
erstellt wurden. Gibt es da Formeln oder Rechenmuster?

von Carsten W. (eagle38106)


Lesenswert?

Stefan E. schrieb:
> zum Thema Frequenzumrichter: ich habe bisher nicht herausfinden können,
> wie die "Spannungstreppen" oder die Stützpunkte bei der Sinuserzeugung
> erstellt wurden. Gibt es da Formeln oder Rechenmuster?

Heute arbeiten die Umrichter meist mit fester Frequenz für die 
PWM-Erzeugung. Die liegt oft so hoch, daß man sie nicht mehr hören kann. 
Früher konnten die "Schalter" nicht so schnell umschalten. Da hat man 
mit viel niedrigeren Schaltfrequenzen, die nur wenige Vielfache der 
Netzfrequenz betragen haben, arbeiten müssen. GTOs sind halt nicht sehr 
flott.
Man hat eine Mindesteinschaltdauer einhalten müssen. Dabei hat man diese 
Einschaltpulse entsprechend verteilt. Stieg die Ausgangsfrequenz, paßten 
irgendwann nicht mehr alle Pulse in eine Halbwelle. Dann hat man wieder 
einen oder mehrere weggelassen. Daher die charakteristische 
Geräuschkulisse.

Nur zum Vergleich: Mitte der 90er war ein 5kW Umrichter mit GTOs 
ungefähr so voluminös wie ein dickes Midi-Tower-Gehäuse.

Zur Berechnung:

Bei 50Hz hast Du für eine Halbwelle 10ms Zeit. Mit einer 16kHz PWM 
brauchst Du die Pulseweite nur mit einer Sinusfunktion modulieren und Du 
bist fertig. Für den old-fashioned-way nimmst Du z.B. eine 
Mindesteinschaltdauer und -pausendauer von 1ms an. Nun versuche damit 
einen 50Hz Sinus nachzubilden. In den 10ms könntest Du max. 5x ein- und 
ausschalten. (Nicht das dabei schon ein Sinus herauskommt.) Mit ein 
wenig Integralrechnung kannst Du nun für die 50Hz die optimalen 
Schaltvorgänge bestimmen. Ist die Frequenz tiefer, passen mehr 
Schaltvorgänge in eine Halbwelle....

von S. D. (der_nachtfuchs)


Lesenswert?

Danke, Carsten!

Ich hab schon kleine FUs bis 1 kW mit dem Arduino aufgebaut, da ist die 
PWM-Sinuserzeugung wirklich kein Problem ob mit Tabelle oder Berechnung. 
Und die Mosfets schalten problemlos auch bis mehrere 10 kHz, selbst bei 
mäßiger Treiberleistung.

Ich werde mal versuchen, die PWM so niederfrequent zu machen, dass ich 
zumindest akkustisch dieses "Gangschalten" simulieren kann.

Mir ist auch klar, dass so eine Technik weder für Motor noch für alles 
andere vorteilhaft ist. Bin eben ein bisschen ein Retro-Fan :)

Und ich werde mal meine Foto-Datenbank durchforsten, denn ich erinnere 
mich, dass ich vor Jahren schon mal ein Foto von dem Monster gemacht 
habe.

Lg Stefan

von Bastler (Gast)


Lesenswert?

Hallo,

erzähl doch bitte mal mehr darüber (Arduino FU)-
besonders wie die Leistungsseite aussieht - wie wird EMV gelöst - welche 
"besonderen" Bauteile (z.B. bei den C's) wurden warum verwendet?

Mit welchen Background wurde der FU aufgebaut (Privates Hobbyprojekt 
ohne Hochschulhintergrund ?).

Besteht eine breitschaft deinen FU Sketch für den Arduino zu 
veröffentlichen ?
Evtl. Web Page mit dein FU vorhanden ?

mfg
     Bastler

von S. D. (der_nachtfuchs)


Lesenswert?

Hallo Bastler,

bitte erwarte da nicht zu viel von mir. Meine Erfolge, wenn man sie so 
nennen kann, basieren auf Lesen, Abschauen, Ausprobieren und Geld für 
neue Teile ausgeben :)

Also, die Leistungsseite bestand aus 6x IR840, angesteuert mit IR2110. 
Seperates SMPS mit 15 V, welches direkt am Zwischenkreis angeschlossen 
war.
EMV hab ich nicht sehr beachtet, weil die teils "fliegenden" 
Verdrahtungen nie für den Dauerbetrieb gedacht waren, sondern eher zum 
Testen und Ausprobieren.

Eingangsseitig ohne PFC direkt ans Netz, danach überbrückbaren 
Ladewiderstand 120 R, dann zur Hauptpufferung ein 1000 µF / 350 V Elko, 
dann Speicherdrossel zur Glättung. Danach 220 µF / 400V direkt vor den 
Halbbrücken. Am UVW keine Entstörkondensatoren oder Ausgangsdrosseln. 
Aber eine geschirmte Leitung zum Motor ;)

Bei meinem ersten FU habe ich die High-Sides mit Optokopplern 
angesteuert, aus der Not heraus, weil ich keine Treiber-ICs mehr hatte. 
Da lag dann die maximale PWM bei 800 Hz. Nicht gerade ein Meisterwerk. 
Als Testumgebung hat es mir damals vollkommen ausgereicht. Der Motor hat 
in den unteren Drehzahlen auch ganz schön geruckelt.


Zu den Sketches:
Mein erster Versuch ksm völlig ohne Interrupts und Sinusberechnungen 
aus.
Ich habe da einfach eine Tabelle mit den Schaltzuständen der 
Transistoren erstellt und habe die schrittweise abgefragt. Mit 1/6f 
Sprungzeit und 4µs fester Totzeit. Das lies sich ganz gut regeln, aber 
nur drehzahlmäßig.

Im zweiten Versuch habe ich einen fertigen Sketch im Internet gefunden 
und nach meinen Bedürfnissen angepasst (Pinnummern, Werte). Da hat sich 
der Motor schon angehört, als wäre ein richtiger FU dahinter.

Ich habe bisher noch nichts über meine "Basteleien" veröffentlicht, da 
sie sehr rudimentär waren, fachlich kaum fundiert und ein Nachbau mit 
Sicherheit keinen Lerneffekt gehabt hätte. Vielleicht den, dass man 
nicht alles im Netz nachbauen soll...


Mein aktuelles Projekt "Retro-FU" kann ich gerne mal dokumentieren und 
auch veröffentlichen.

Kenntnisse liegen im Umfang eines FH-Studiums Elektrotechnik vor, 
allerdings habe ich Mathe zum Großteil wieder verdrängt :)


Gute Nacht allerseits und bis nachher,

Stefan

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.