Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Eigenbau-Akku für Pedelec balancieren


von Manfred G. (magroma)


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Hallo Elektronikfreunde,

habe 7 leistungsstarke Li Akkus mit folgenden Daten:
U nenn 3,6V /  U max 4,2V /  29Ah.
Daraus soll ein Akku für ein Elektrofahrad werden. Was mir dabei 
Probleme bereitet, ist der notwendige Balancer. Die im Netz zu findenden 
Schaltungen sind für diese Leistungsklasse nicht geeignet. Schließlich 
möchte ich diesen Akku mit mindestens 5A laden.
Vieleicht gibt's Ideen, wie mann das machen könnte. Habe schon überlegt 
jede Zelle mit einer eigenen Ladeschaltung zu versehen (natürlich 
galvanisch getrennt). Dabei würde auch keine Energie verschwendet wie 
bei einem Balancer.

Freue mich auf Eure Anregungen

Gruß Manfred

: Verschoben durch Moderator
von Carsten R. (kaffeetante)


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Manfred G. schrieb:
> Die im Netz zu findenden
> Schaltungen sind für diese Leistungsklasse nicht geeignet. Schließlich
> möchte ich diesen Akku mit mindestens 5A laden.

Das ist irrelevant bzw völlig übertrieben dimensioniert. In Ballancern 
sind oftmals nur sehr leistungsschwache Lastwiderstände verbaut, weil 
sie den Akku nicht in echtzeit bei einmaligem Laden ballancieren. Sie 
müssen nur den Drift ausgleichen. Daher sollte man Akkupacks auch 
regelmäßig nachladen.

Begründung:

Man kann den Ballancer so auslegen, daß die kleine Drift durch 
Selbstentladung während der regelmäßigen Ladevorgänge durch die kleinen 
(Leistung nicht Ohm) Widerstände kompensiert werden kann. Der Nachteil 
ist: Sollte eine Zelle zum Beispiel durch lange Lagerung weit 
abgedriftet sein, so kann der Ballancer dies nicht innerhalb eines 
Ladungsvorgangs ausgleichen. Man braucht dann viele Ladungszyklen in 
denn die Zellen unterschiedlich belastet werden, da die Ladezustände 
innerhalb des Akkupacks zwischen voll und leer gestreut ist. Dieser 
Effekt wurde schon oft beobachtet und ein gezieltes nachladen der 
einzelnen Zellen führte manchmal zur Wiederherstellung eines vrmeintlich 
defekten Akkus.

Alternativ kann man den Ballancer auch so auslegen, daß er 
kontinuierlich versucht die Spannungen der einzelnen Zellen über die 
Lastwiderstände anzugleichen. Vorteil: Es können größre Differenzen 
schneller korrigiert werden. Nachteil: Es wird mehr Strom verbraucht, da 
teilweise mehr als nötig ballanciert wird, da die Spannungslage nicht 
eindeutig auf den Ladezustand schließen läßt. Gerade unter Last / im 
Gebrauch verändern sich die Spannungen der jeweiligen Zellen 
individuell.

Bei regelmäßigem Gebrauch ist nur eine kleine Leistung zum ballancieren 
erforderlich, da die Selbstentladung bei diesen Akkus normalerweise 
gering ist. Methode 2 oder die Möglichkeit der Einzelladung ist 
verstärkt dann interessant, wenn Akkus nur sporadisch gebraucht werden 
und schlecht gewartet werden. Eine Auslegung auf den Ladestrom ist nur 
in seltenen Ausnahmen von Vorteil. Üblicherweise richtet man sich eher 
nach der Drift, bzw. der größenordnung der üblichen Selbstentladung.

von Manfred G. (magroma)


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Hallo Carsten,

erst mal Danke für Deine ausführliche Antwort. Nur bleibt fogendes 
Problem. Wenn die erste Zelle die Ladeendspannung erreicht hat, muß der 
Balancer den Ladestrom für diese Zelle ansteigend übernehmen und das ist 
bei angenommenen 5A am Ende eine ganze Menge an Verlustleistung.
Das möchte ich vermeiden.

Gruß Manfred

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Manfred G. schrieb:
> Das möchte ich vermeiden.

Du schaltest einfach ab und sagst „Akku voll“.  Beim nächsten Zyklus
hat sich das dann (hoffentlich) wieder ein Stück mehr ausgeglichen.

Balancer (mit einem ‚l‘) in Notebook-Akkupacks haben oft nur
Widerstände von 100 Ω oder gar 1 kΩ zum Ausgleichen drin.  Wie Carsten
schon schrieb, über hinreichend viele Zyklen gleicht sich das trotzdem
aus.

von Manfred G. (magroma)


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Jörg Wunsch schrieb:
> Du schaltest einfach ab und sagst „Akku voll“.

So einfach ist das nicht. Diese Zelle hat ja den höchsten Ladestand und 
wird dann nach dem Entladen auch noch die meiste Restenergie haben. Das 
bedeutet nach dem erneuten Laden ist genau diese Zelle wieder zuerst 
voll. Wie soll sich da was ausgleichen?

Gruß Manfred

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Manfred G. schrieb:
> Wie soll sich da was ausgleichen?

Indem die Balancer-Widerstände diese Zelle auch beim nächsten Laden
wiederum mit weniger Energie versorgen, weil sie einen Teil des
Ladestroms an ihr vorbei leiten, und damit die anderen Zellen schneller
geladen werden.

Dass man damit keine Kapazitätsunterschiede von 10 % und mehr
ausgleichen kann, ist klar, aber das ist ja auch nicht nötig.

von mahwe (Gast)


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normalerweise geht auch der ladestrom gegen ende der ladung runter und 
man läd nicht von anfag bis ende mit 1C sondern fährt den ladestrom am 
anfang langsam hoch hält ihn dann konstant und zum schluss geht er 
wieder ganz langsam auf null.
holl dir einfach nen modellbau lader z.b. hyperion gibt es günstig mit 
ballancer bis 1kw ladeleistung usb mit einzellzellenüberwachung 
temperaturüberwachung für 270euronen

von mahwe (Gast)


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von Carsten R. (kaffeetante)


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Manfred G. schrieb:
> So einfach ist das nicht. Diese Zelle hat ja den höchsten Ladestand und
> wird dann nach dem Entladen auch noch die meiste Restenergie haben. Das
> bedeutet nach dem erneuten Laden ist genau diese Zelle wieder zuerst
> voll. Wie soll sich da was ausgleichen?

Genau so wie ich es beschrieben habe. Methode eins oder Mehtode zwei. 
Also entweder in jedem Ladevorgang ein bischen weiter nachkorrigieren 
oder kontinuierlich nachkorrigieren, beides mit geringer Leistung. Bei 
großr Differenz brauch man da merere Zyklen. Das meinte ich mit:

Carsten R. schrieb:
> Sollte eine Zelle zum Beispiel durch lange Lagerung weit
> abgedriftet sein, so kann der Ballancer dies nicht innerhalb eines
> Ladungsvorgangs ausgleichen. Man braucht dann viele Ladungszyklen in
> denn die Zellen unterschiedlich belastet werden,


Beispiel:

2 Zellen in Reihe, beide 1000 mAh, die eine Ist leer und die andere ist 
noch zu 50% geladen. Ladestrom 1 A. Ich unterstelle mal zur 
vereinfachung eine Konstantstromladung, auch wenn zum Schluß zur 
SSpannungsbegrenzung auf Konstantspannung umgeschaltet werden sollte

Ohne Ballancer ist die eine Zelle nach einer halben Stunde Voll und die 
andere halb voll.

Was Du willst ist entweder dann den vollen Ladestrom an der Zelle 
vorbeiführen sobald eine Zelle voll ist oder von Beginn an die Hälfte in 
den Bypass schicken. Ersteres geht mit einem sehr fetten Widerstad der 
auf den vollen Ladestrom ausgelegt ist. Letzteres geht nicht, da weder 
der Widerstand passend zum Ladezustand verbaut werden kann, es sei denn 
Du willst ständig löten ;-), noch kann man den Ladezustand exakt messen. 
Die Schaltung kann also selbst mit einem Steuerbaren Widerstand nicht 
passend angesteuert werden. Man kann den Ladezustand nur Protokollieren 
und dann über Berechnungen einigermaßen abschätzen. Diese 
Berechnungsmehode versagt bei Lagerung da die Slbstentladung eine 
unekannte Größe ist. Und gerade da wird der Ballancer dringend benötigt.

Was man macht. Man schaltet einen kleinen Widerstand zu den Zellen 
parallel die die höchste Spannungslage aktuell haben. Diese Zellen sind 
im allgemeinen voller als die anderen, auch wenn man nicht genau weiß 
wieviel Prozent Vorsprung sie haben. Das ist bei dieser Methde aber auch 
nicht nötig.

Man nehme dazu Beispielsweise eien Lastwiderstand der ca 10 % des 
Ladestroms aufnimmt. Wir kehren zurück zum Beispiel. Die vollere Zelle 
hat einen Spannungsvorsprung. Daher wird hier 10 % der Leistung in den 
Bypass geschickt.  Die vollere Zelle bekommt also nur 90% des Ladestroms 
den die leere Zelle bekommt. Oder wenn wir umnormieren, also die 90 mA 
als 100 % definieren, so bekommt die leere Zelle 1000 mA lso ca 111% des 
Ladestroms den die Volle Zelle bekommt. Es ergeben sich folgende 
Ladezyklen.

Ladevorgang Ladestand Ladestand  Zuladung Zuladung  Ladestand  Ladestand
Nummer      vor Laden vor Laden                     nach Laden nach 
Laden
              Zelle 1   Zelle 2   Zelle 1  Zelle 2    Zelle 1   Zelle 2
1                 0%       50%      55%      50%        55%      100%
2                 0%       45%      60%      55%        60%      100%
3                 0%       40%      66%      60%        66%      100%
4                 0%       34%      73%      66%        73%      100%
5                 0%       27%      80%      73%        80%      100%
6                 0%       20%      88%      80%        88%      100%
7                 0%       12%      97%      88%        97%      100%
8                 0%        3%     100%      97%       100%      100%

Wie man sieht ist selbst ein Ladungsunterchied von 50% mit einem 
Lastwiderstand der nur 10 % des Ladungsstroms aufimmt in nur 7 Zyklen 
fast vollständig wieder korrigiert. Im achten Lauf beträgt die Differenz 
weniger als die 10 % die der Lastwiderstand aufnimmt. Daher wird der 
Ballancer den Widerstand nach kurzer Zeit während der achten Ladung 
abschalten.

Nun ist 50% schon eine enorme Drift. Da die Drift mit jedem Ladevorgang 
wenigstens teilwise korrigiert wird kommt dies bei regelmäßig 
gebrauchten Akkus praktisch gar nicht vor, abgesehen von Defekten. Der 
Ballancing-Widerstand kann also deutlich kleiner ausgelegt werden. Man 
orientiert sich dabei an der Größenordnung mit der eine Abweichung 
zwischen zwei Ladezyklen erwartet wird. Erwartet man eine Drift von 1% 
zwischen den Zyklen, so reicht ein Widerstand der 2% des Ladestroms 
aufnehmen kann aus um dies während der Ladung zu korrigieren und noch 
Reserve zu haben für größere driften durch Lagerung.

Verwendet man einen ballancer der kontinuierlich Abgleicht und nicht nur 
während des Ladens, so kann der Widerstand noch bedeutend kleiner 
ausgelegt werden. Er müßte ja nur die Drift über die gesamte Zeitspanne 
zwischen den Ladevorgängen aussgleichen. Die größre Zeitspanne erlaubt 
einen kleineren Strom um die gleiche Kapazität auszugleichen.

Meines wissens ist aber die Balancingmethode während des Ladens deutlich 
weiter verbreitet. Die Zweite Methode ist eher ein Exot, funktioniert 
aber auch. Der Nachteil ist aber wie beschrieben, daß die Korrektur 
einer erst einmal entstandenen größeren Drift einige Zyklen beanspruchen 
kann. Dieses Szenario ist aber wie schon genannt vergleichsweise selten. 
Sollte es dennoch eintreten, wäre eine optionale Einzelladung der Zellen 
zu "Reperaturzwecken" nützlich. Den Ballancer regulär auf den Ladestrom 
auszulegen ist dagegen nicht sinnvoll, weil die Verlustleistung am 
Ballancer beträchtlich ist. Ist dieser im Akkupack integriert komt s zu 
einer zusätzlichen unnötingen Erwärmung, welche den Akku schneller 
altern läßt.

von Manfred G. (magroma)


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Erst mal vielen Dank für die umfangreichen Informationen.

Einen Balancer, welcher schon während des Ladens die einzelnen 
Zellspannungen versucht auszugleichen habe ich nur für 3 Zellen 
gefunden. Die andere Variante überwacht nur jede einzelne Zelle auf 
Erreichen der Ladeendspannung und beginnt dann den Strom über einen FET 
vorbeizuleiten.
Bei Ebay gibt es fertige Lader mit Balancer für wenig Geld. Da werde ich 
mir 2 Baugleiche zulegen und einmal 4 und einmal 3 Zellen gleichzeitig 
zu laden.

Manfred

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Manfred G. schrieb:
> Einen Balancer, welcher schon während des Ladens die einzelnen
> Zellspannungen versucht auszugleichen habe ich nur für 3 Zellen
> gefunden.

Kann man auch selbst bauen.  Ich habe für meinen Funkgeräteakku einen
bq29311 (Nachfolger ist bq29312) benutzt und den mit einem AVR
gesteuert.  (In der originalen Anwendung in bspw. Notebookakkus gibt's
einen dedizierten festverdrahteten Controller dafür, aber der spricht
“smart battery protocol”, was ich für einen Standalone-Akkupack nicht
gebrauchen konnte.)

Da kann man sich dann in die Firmware einbauen, dass das Ding auch
bereits während der Ladung ausgleicht.  Im Prinzip kann man die
Balancierwiderstände sogar während der Entladung mit anschalten und
so die Zellen mit der höchsten Spannung leicht zusätzlich entladen.

von Jobst Q. (joquis)


Angehängte Dateien:

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Manfred G. schrieb:
> Vieleicht gibt's Ideen, wie mann das machen könnte. Habe schon überlegt
> jede Zelle mit einer eigenen Ladeschaltung zu versehen (natürlich
> galvanisch getrennt). Dabei würde auch keine Energie verschwendet wie
> bei einem Balancer.

Genau. So etwas hatte ich mir auch schon mal überlegt und wunder mich, 
dass es so ein Vielfach-Einzelzellen-Ladegerät noch nicht gibt. Es wäre 
in jeder Hinsicht optimal.

Ich hatte es für die LiFePo's meiner Akku-Werkzeuge konzipiert, aber 
dann ist es eingeschlafen, weil es bisher mit meinem 
Festspannungsladegerät auch ohne Probleme ging.

Das projektierte Ladegerät besteht aus 5V- Schaltnetzteilen , bei denen 
man nur den Feedbackpunkt finden muss und jeweils einer Zusatzschaltung 
mit ein paar Transistoren. Bei Interesse kann ich sie auch mal näher 
erklären.

von eProfi (Gast)


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Man kann das ganze auch aktiv balancen mit jeweils einer H-Brücke mit 
Drossel auf den jeweiligen Balance-Anschluss.

Balance hat nichts Bällen zu tun, deshalb schreibt man es mit einem L.
Obwohl man auch auf einem Ball balancieren kann ;-)

von Carsten R. (kaffeetante)


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Manfred G. schrieb:
> Einen Balancer, welcher schon während des Ladens die einzelnen
> Zellspannungen versucht auszugleichen habe ich nur für 3 Zellen
> gefunden. Die andere Variante überwacht nur jede einzelne Zelle auf
> Erreichen der Ladeendspannung und beginnt dann den Strom über einen FET
> vorbeizuleiten.

Gut, das wäre dann die dritte möglichkeit.

ausgleichen

-wirklich permanent (Exot)
-permanent während des Ladens
-bei ereichen der Ladeschlußspannung der Heweiligen einzelnen Zelle.

Die dritte Methode unterscheidet sich nur darin ob man als 
vergleichswert zum Aktivieren des Bypass die Ladeschlußspannung als 
Referenz nimmt oder die Spannungslage der Nachbarzellen.

Weiterhin besteht bei den drei Methoden noch der Zusammenhang, daß man 
von oben nach unten entweder weniger ausgleichen kann bei gleichbleibend 
dimensioniertem Bypass oder die Leistung am Widerstand muß erhöht werden 
um die Ausgleichsfähigkeit gleich zu halten.

Am Konzept ändert das nichts. Die zu erwartende Drift ist der Maßstab 
der Auslegung.

Und ach ja, irgendwie hatte ich wohl zu viele L herumfliegen^^

von Hannes L. (hannes)


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Carsten R. schrieb:
> Und ach ja, irgendwie hatte ich wohl zu viele L herumfliegen^^

Macht nix, Andere haben dafür zu viele "t" im Netz(t).

Zum Thema: Ich bevorzuge für jede der in Reihe geschalteten Zellen ein 
separates Ladegerät, habe aber nur 3 Zellen in Reihe.

...

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