Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Kondensatorgehäuse <-> zulässige Verluste


von Bernd (Gast)


Lesenswert?

Hallo,

ich suche eine Tabelle in der ich nachschlagen kann, wieviel 
Verlustleistung ich einem Kondensator in einen bestimmten Gehäuse 
zumuten kann.

Beispiel: MKS4-Kondensator von Wima mit 0.47 uf (tan delta = 0.015), der 
von einen Rippelstrom mit effektiv 1.5A bei 25Khz durchfossen wird. 
Daraus ergibt sich eine Verlustleistung von ca. 500 mW.
Der Kondensator hat ein Gehäuse mit den Maßen 3 x 8.5 x 10 mm.

Wie kriege ich heraus, ob das Gehäuse soviel Verlustwärme abführen kann?
Ich habe bei Wima und anderen Herstellern nichts gefunden, woraus ich 
einen Zusammenhang zwischen Gehäusegröße und zulässiger Verlustwärme 
herstellen kann. Wie legt Ihr das aus?

Bernd

von Klaus R. (klara)


Lesenswert?

Hallo,
schau mal bei WIMA nach. Die haben umfangreiche Dokus, auch in deutsch.

Angeben sind z.B. zulässige Flankensteilheiten. Wenn Du diese einhältst 
spielt die Wärmeabfuhr wohl auch keine Rolle.

Gruss Klaus.

von Bernd (Gast)


Lesenswert?

Hallo Klaus,

so einfach ist es nicht. Die Flankensteilheit gibt Auskunft darüber, was 
das Dielektrikum aushält. Wie sich der Kondensator dabei erwärmt ist 
etwas anderes. Der genannte Typ vertägt Flankensteilheiten von 100V/us, 
in meiner Applikation sind es gerade 5V/us. Deiner These nach müsste 
mein kleiner Kondensator 10W an Wärme vertragen, das bezweifele ich ;-).

Ich beziehe meine Daten von der Seite von Wima, Angaben über die 
zulässigen Verluste habe ich, wie gesagt, dort (wie bei anderen 
Herstellern) nicht gefunden.


Bernd

von Daniel R. (daniel_r)


Lesenswert?

Bernd schrieb:
> Wie kriege ich heraus, ob das Gehäuse soviel Verlustwärme abführen kann?
> Ich habe bei Wima und anderen Herstellern nichts gefunden, woraus ich
> einen Zusammenhang zwischen Gehäusegröße und zulässiger Verlustwärme
> herstellen kann. Wie legt Ihr das aus?

In den Datenblättern sind Spannungsderatingdiagramme angegeben. Diese 
geben in Abhängigkeit der Frequenz den Effektivwert der Spannung an, bei 
dem sich die Oberfläche des Kondensators um 10°C erwärmt.

Da der thermische Engpass mehr die konvektive Abgabe der Wärme über die 
Gehäusewand als die Wärmeleitung innerhalb des Kondensators ist, kann 
man grob davon ausgehen, dass dT ~ P_loss.

Für reine AC-Anwendungen ist damit bereits alles gesagt.
Für rippelbehaftete Gleichspannungen spaltet man die Kondensatorspannung 
in die DC- und die AC-Komponente auf. Die DC-Komponente kann man bei 
Folienkondensatoren vernachlässigen.

Die AC-Komponente erhält man über
Mit diesem Wert und dem Deratingdiagramm kannst Du dann abschätzen, wie 
warm der Kondensator an der Oberfläche ungefähr werden wird.

Für Deinen Kondensator kann man aus dem Diagramm (für 63V DC 
Kondensatoren, Graph 0.47uF) eine Effektivspannung von ca. 8V ablesen. 
Das ergibt einen Stromeffektivwert von 600mA und eine Temperaturerhöhung 
von 10°C. Dein Stromeffektivwert liegt aber bei 1.5A. Im Kondensator 
entstehen demnach auch die (1.5/0.6)²=6.25-fachen Verluste. Der 
Temperaturanstieg wird somit in erster Näherung 62.5°C betragen.
Das Ganze gilt für sinusförmige Ströme. Alle andersförmigen Ströme muss 
man fourierzerlegen und die einzelnen Komponenten separat betrachten.

Ein allgemeinerer Ansatz ist es, den Kondensator direkt thermisch zu 
modellieren. Dazu brauchst Du den Konvektionskoeffizienten für die 
Geometrie des Kondensators. Der Wärmefluss zur Platine ist auch nicht zu 
unterschätzen.

von Bernd (Gast)


Lesenswert?

Vielen Dank für die Erklärung, Daniel!
Das ist genau ist genau das, was ich wissen wollte!

Grüße Bernd

von Daniel R. (daniel_r)


Lesenswert?

Bernd schrieb:
> Vielen Dank für die Erklärung, Daniel!
> Das ist genau ist genau das, was ich wissen wollte!

Gerne doch.
Daniel

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.