Hallo! Kennt jemand eine gute Quelle (egal ob Buch, Internet oder Eure eigenen Erfahrungen) für eine Statistik zum Ausfall von elektronischen Serienprodukten, wohl u.a. abhängig von Testverfahren (AOI, ICT, FT, Burn-In). Ich muss Fragestellungen beantworten, wie: - Wieviel muss man für Garantieausfälle kalkulieren - Was kostet eine Garantieverlängerung auf 3 Jahre. - Reicht AOI und Funktionstest - Burn-In wie lange, Statisch/Dynamisch, Aktiv/Passiv
Ich denke da kann man kaum etwas allgemeines dazu schreiben, das sind Faktoren die so Produktspezifisch sind, dass sie sich schlecht verallgemeinern lassen. Wenn du möchtest, kannst du das natürlich hier im Forum mal nachfragen? Gruss
> - Burn-In wie lange, Statisch/Dynamisch, Aktiv/Passiv Ohne die Teile und Verwendung genauer zu kennen, ist Lotto genauer. Grundsätzlich kann man jedoch Frühausfälle verringern, wenn man Geräte 24h testet. Dann sollten Fehlbestückungen, Montagefehler, Wärmefehler usw, schon aussortiert werden. > - Wieviel muss man für Garantieausfälle kalkulieren Ein defekter Dichtungsring kann auch Millionen Verlust bescheren wie man bei Apollo erkannt hat.
Die Dimensionierung der Bauteile ist zentral. Wenn man einen 16V Elko mit genau 16Vpeak betreibt ist ein Ausfall programmiert. Aber diese Daten sind ja alle im Datenblatt verfuegbar.
Das ist nicht in dieser Art vorhersehbar. Es hängt davon ab wie gut der Entwickler auf dem aktuellen Gebiet der Konstruktionsaufgabe ist, ob es Neuland ist. Aber ebenso spielt die gesamte Fertigung mit rein und ob ein Schlipsträger mit dem Rotstift in das Design hineinpfuscht (Bauteile wegrationalisieren oder durch billigste ungeeignete Komponenten ersetzt) oder ob das Marketing mit der Chefetage ein "modernes" extrem kompaktes Design einfordert (siehe Hitzeprobleme bei einien Spielekonsolen ) und und und. Wie gut ist die Fertigung auf bleifreie Lötprozesse eingechworen? Lötstellen brechen aufgrund der mechanischen Spannungen durch die starke Temperaturschwankungen. Die erhöhte Leistungsdichte, Minituarisierung und Verfahrensänderungen zeitgleich können manchmal einen schlechten Cocktail ergeben. Wie zuverlässig sind die Zulieferer? Gefälschtes / schlechtes Elektrolyt führte einstmals zu einem regelrechten Massensterben bei Mainboards. Und und und Beispielsweise ist der Ring of Death bei einer bestimmten Spielekonsole kein exotisches Phänomen, wohingegen digitale Armbanduren durchaus eine halbe Ewigkeit halten können. Was will man da also für eine Produktsparte kalkullieren? Man kann nicht sagen: Elkos fallen mit der Wahrscheinlichkeit x in einem Zeitraum von y Jahren aus. Die Einsatzbedingungen haben massiven Einfluß darauf.
Michael S1. schrieb: > Ich muss Fragestellungen beantworten, wie: > - Wieviel muss man für Garantieausfälle kalkulieren Im Consumerbereich (DVD-Player, Handy, ...) kalkuliert man 10% Rücklaufquote während der Garantiezeit ein. Es wäre möglich, diese Quote durch Qualitätsverbesserungen zu senken, was jedoch die Herstellkosten erhöht. Der genannte Wert stellt das betriebswirtschaftliche Optimum dar. Im Automotive-Bereich liegen die vom OEM geforderten Qualitätsziele bei (typischerweise) <100 ppm Ausfallrate innerhalb der ersten drei Jahre. Das ist um den Faktor 1000 besser als im Consumerbereich (weswegen man auch besonders geprüfte "qualifizierte" Bauteile verwendet), bedeutet bei der heutigen Anzahl an Steuergeräten aber troztdem, dass der Fahrer in der Garantiezeit statistisch gesehen zweimal in die Werkstatt muss. > - Was kostet eine Garantieverlängerung auf 3 Jahre. Consumer: wenn 10% in zwei Jahren ausfallen, wieviel % fallen dann in 3 Jahren aus? > - Reicht AOI und Funktionstest Für Consumer ist das wohl üblich. Im Automotive-Bereich fällt es schwer, den ICT wegzudiskutieren. > - Burn-In wie lange, Statisch/Dynamisch, Aktiv/Passiv Burn-in kenne ich nur von Militär, Medizin, Luft- und Raumfahrt.
Danke für Eure Antworten. Ich gehe mal davon aus, dass alle Baugruppen insgesamt mit etwas Sicherheit designed wurden. Es musste bei der Entwicklung nicht auf den Cent geachtet werden und Schlipsträger haben wir auch nicht ;) Es geht um eine Serie mit ca. 6000 Systemen, die aus je 20 Baugruppen (8 verschiedene) plus 2 Netzteile bestehen. Eine wirkliche MTBF Analyse ist zu aufwändig. Darum bin ich auf der Suche nach Erfahrungswerten, wobei ich davon ausgehe, dass diese zumindest grob übertragbar sind.
Die BSH-GmbH ruft gerade komplette Serien an Geschirrspülern zurück, Baujahr 2005-2009. Kolportierte Kosten >700 Mio €. Jetzt bist du wieder drann. Schätz mal schön... Oliver
Hallo SoulEye, das ist ja ein erstaunlicher Unterschied zwischen Consumer und Automotive. Meine Erwartung für unsere Systeme würde bei <0.5% in 3 Jahren liegen. Mit einem Burn-In kann man ja Frühausfälle effektiv vermeiden. Am einfachsten ist ein passiver burn-in (ohne Spannung) wobei uns jedoch dymamik bei den Temperaturen empfohlen wurde. Hallo Oliver, das ist doch ein ganz anderes Thema. Klar besteht ein Risiko eines solchen Design Fehlers, der bei uns z.B. durch Versicherungen gedeckt wäre, aber das ist nicht wonnach ich gefragt habe.
Wenn du über Fehlerhäufigkeiten, Ursachen und Statistik bei elektronischen Baugruppen mehr wissen willst, ist die Untersuchung mit dem Titel "Failure Trends in a Large Disk Drive Population" von Eduardo Pinheiro et al. recht interessant. Hier werden Festplatten und deren Ausfälle ausführlich untersucht. Google nach diesem Titel - Google ist übrigens der Initiator dieser Untersuchung.
Und wenn Du selber Ausfallwahrscheinlichkeiten berechnen willst, wirst Du an der IEC-TR 62380 nicht vorbeikommen.
Zu Beginn meiner Laufbahn habe ich auch im Prüffeld für eichfähige Geräte gearbeitet. Es stellte sich heraus, daß ein 48h Burn-In bei 20-70° ca. 5-10% Frühausfälle ergab. Beim Kunden ist danach die ersten 5 Jahre sehr wenig (<1%) passiert. -- Danach weiß ich nicht, da hab ich gewechselt. Komponenten waren je nach Kunde ca. 8-12 Eurokarten digital und analog, 2 Netzteile. Dieser Erfahrungswert ist aber mit Vorsicht zu genießen - jetzt sind andere Komponenten aktuell und die Verarbeitung hat sich geändert.
soul eye schrieb:
> wenn 10% in zwei Jahren ausfallen, wieviel % fallen dann in 3 Jahren aus?
Wenn man das mal so einfach hochrechnen könnte. Im Bereich
Unterhaltungselektronik würde ich mal grob schätzen, dass die
Ausfallrate innerhalb 3 Jahren gut doppelt so hoch ist, wie innerhalb
von 2 Jahren. Die Geräte sind ja teilweise absichtlich so designt, dass
sie nicht allzu lange halten.
Stefan schrieb: > (...) Die Geräte sind ja teilweise absichtlich so designt, dass > sie nicht allzu lange halten. Das ist richtig. Allerdings weniger aus Bosheit ("geplante Obsoleszenz"), sondern mehr aus Sparsamkeit. Nicht teurer als unbedingt nötig -- "Requirements Engineering" nennt man das heute. Den (Consumer-)Kunden interessiert nicht was drin ist, sondern was es kostet. Erklär dem mal, dass der DVD-Player fünf Euro mehr kostet weil da Nichicon-Elkos und OnSemi-MOSFETs verbaut sind...
Helge A. schrieb: > Zu Beginn meiner Laufbahn habe ich auch im Prüffeld für eichfähige > Geräte gearbeitet. Es stellte sich heraus, daß ein 48h Burn-In bei > 20-70° ca. 5-10% Frühausfälle ergab. Generell ist es natürlich so, das Geräte in kleineren, hochpreisigen Segmenten sorgfältiger und haltbarer gebaut werden können, weil der Presidruck ja nicht so hoch ist wie bei der Massenware. Bestes Beispiel sind hochwertige Labor(mess)geräte, die oft über 10-20 Jahre und länger benutzbar sind, wenn sie nicht von der Technologie überholt worden sind - ich habe hier Geräte, die seit über 25 Jahren klaglos ihren Dienst versehen. Auch Satellitentechnik muss übrigens mindestens so lange halten wie der Treibstoff - und das können schon mal 12-15 Jahre sein.
Sicher. Es ging ja ursprünglich um Nicht-consumer Geräte. 2 Netzteile und 20 Komponenten wären dafür vermutlich nicht ganz passend. Und es wurde auch erwähnt, daß eher nach Funktion als nach Controller designt wurde ;) Bei gut aufgebauter Technik ist man fein raus, wenn man den Anfang der "Badewannenkurve" nach dem Burn-In durch hat. Danach sollte bei ordentlichem Design vergleichsweise wenig passieren, bis Spätausfälle einsetzen. Mein altes Gebrauchs-Scope für unterwegs, das kleine russische damals vom Völkner, ist jetzt etwa 30. Einzige 'Reparatur' war, daß ich den Y-Verstärker von 7,5 auf 15MHz umgebaut habe. Haltbarkeit IST machbar.
Naja - schlechtes Beispiel. Wieviele Betriebsstunden hat denn das Oszi? Wieviele Einschaltzyklen? Und einen zentralen Schwachpunkt hat es auch - die Röhre.
soul eye schrieb: > Erklär dem mal, dass der DVD-Player fünf Euro mehr kostet weil > da Nichicon-Elkos und OnSemi-MOSFETs verbaut sind... Sollte ein Consumer-Produzent mit so etwas Werbung machen (ohne dabei zu flunkern) wäre ich ohne zu Zögern bereit, auch 10-15% mehr dafür zu zahlen, als ein vergleichbares "BILLIG!"- Produkt. Das Problem: es gibt solche Anbieter nicht mehr. Die einstigen Anbieter haben sich in drei Gruppen aufgeteilt: 1. sie zehren von ihrem vergangenen Ruf und bauen jetzt auch billig mit entsprechend niedrigen Preis 2. sie behaupten, qualitativ überdurchschnittliche Produkte zu bauen, genau wie einst, jedoch im Inneren ist billig 3. sie gehen in den Qualitäts- und Preisansprüchen in den Oberklasse-Bereich Wobei ich da evtl eine Marktlücke sehe: Ähnlich wie typische fundierte Tests könnte man doch KnowHow und Medienredaktion für eine entsprechende Langlebigkeit anbieten. Wenn man sich z.b. heutige Testberichte von TomsHardware oder der Ct durchschaut, werden solche Betrachtungen - obwohl sie manchmal schon von den beitragbegleitenden Produktfotos schreien - gar nicht angestellt. Hier fehlt den Autoren eindeutig die Kompetenz.
H.Joachim Seifert schrieb: > Naja - schlechtes Beispiel. > Wieviele Betriebsstunden hat denn das Oszi? Wieviele Einschaltzyklen? > Und einen zentralen Schwachpunkt hat es auch - die Röhre. Ich kann nur von meinem Hameg 203-6 (Baujahr 1986) reden und einem historischen Philips Labornetzteil (PE1509) von ca. 1980: Einschaltzyklen etwa 1/Tag sind ungefähr 10000 beim Hameg und etwa 12000 beim NT. Die Röhre des Hameg wurd noch nie regeneriert (ja, ich habe noch einen Regenerator :-) und ist hell und scharf. Betriebsstunden sind schwer abzuschätzen, es werden so ca. 70000-80000 beim Oszi sein und etwa 150000 beim NT, dieses ist oft tagelang an. Beide Geräte sind im Originalzustand - es wurde noch nie auch nur ein Bauteil gewechselt. Lediglich ca. alle 5 Jahre werden die Schalter und Regler gereinigt.
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Bearbeitet durch User
Michael S1. schrieb: > Hallo Oliver, > das ist doch ein ganz anderes Thema. > Klar besteht ein Risiko eines solchen Design Fehlers, der bei uns z.B. > durch Versicherungen gedeckt wäre, aber das ist nicht wonnach ich > gefragt habe. Schön, daß die Welt so einfach Schwarz/Weiß ist. Selbstverständlich wird eure Versicherung im Falle eines Falles deine Sicht uneingeschränkt teilen. 69 Geräte von über 2Mio sind in D in Brand geraten, angeblich wegen eines fehlerhaften Bauteils. Ob das jetzt ein Designfehler ist, darüber darf und wird hinter den Kulissen sicher heftigst diskutiert. Oliver
Hallo Oliver, mal ganz einfach gefragt: Hast Du einen Vorschlag wie man das "richtig" angeht?
Michael S1. schrieb: > Hallo SoulEye, > das ist ja ein erstaunlicher Unterschied zwischen Consumer und > Automotive. In dem Zusammenhang muss man allerdings auch im Hinterkopf behalten, dass bei Consumer-Elektronik die Herstellkosten ca 30-60% des Ladenpreises ausmachen. D.h. ein bis zwei Drittel von dem was der Kunde zahlt decken die Entwicklungskosten oder sind Gewinn. Aktuelles Beispiel -- da neue Eifon http://www.isuppli.com/Teardowns/News/Pages/Groundbreaking-iPhone5s-Carries-199-BOM-and-Manufacturing-Cost-IHS-Teardown-Reveals.aspx Da kann man gerne mal 15% der HK für Qualitätskosten vorhalten. Wenn ein Kunde meckert, bekommt er halt ein neues Gerät Im Automotive-Bereich liegt der Gewinn der Zulieferer bei 5..8%. Wenn man da ein Teil austauschen muss, gibt das direkt Verluste. Dazu kommen Vertragsstrafen ("Werkstattpauschale"), so dass ein defektes Steuergerät effektiv den Gewinn von 20-50 guten zunichte macht. (Zwischen dem Serien-VK an den OEM und dem was der Endkunde beim Freundlichen für das Ersatzteil berappt, liegt meist Faktor 10. Ein großer Teil davon sind Logistikkosten.)
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