Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Sinn von Angaben in dB


von Technischer Laie (Gast)


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Hallo Gemeinde,
da ich hier in diesem Forum schon einige Male eine gute Antwort auf 
meine Fragen bekommen habe, versuche ich es auch mit dieser: Ich 
verstehe den Sinn von Dezibel-Angaben nicht. Ich habe viel recherchiert, 
verstehe die Rechnung dahinter, auch den Unterschied zwischen Spannung- 
und Leistungsdezibel. Was ich nicht wirklich verstehe ist, warum man das 
macht. Übliche Begründungen sind z.B. immer, daß man nur addieren oder 
subtrahieren müsse, anstatt zu multiplizieren oder zu dividieren. Darin 
erkenne ich aber keinen wirklichen Vorteil. Auch bei der Recherche stößt 
man mehr auf Verwirrung, als auf irgendwelche Vorteile. Warum also darf 
z.B. das Doppelte von etwas nicht das Doppelte sein, sondern muss durch 
eine Formel getreten werden, bei der ein Wert herauskommt, der 
anschaulich nicht das Doppelte ist und damit eigentlich schwerer 
einzuschätzen ist, als das schlichte Verhältnis der echten Werte? Ich 
wäre dankbar, wenn ihr etwas Licht in das Dunkel bringen könntet.

Gruß Manne

von Lothar S. (loeti)


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> Was ich nicht wirklich verstehe ist, warum man das macht.

Da es vor der Erfindung des Taschenrechners leichter zu rechnen war.
Heute sind die Angaben in dB so eingebürgert und werden weiterverwendet.

Grüße Löti

von Technischer Laie (Gast)


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Lothar S. schrieb:
> Da es vor der Erfindung des Taschenrechners leichter zu rechnen war.
> Heute sind die Angaben in dB so eingebürgert und werden weiterverwendet.

Also ist die Antwort doch recht trivial. Ich habe wirklich schon an 
meinem Verstand gezweifelt.

Vielen Dank!

von Thomas (Gast)


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Hey,

es hat auch mit der Darstellung großer Dynamiken zu tun - in folgendem 
Dokument wird es kurz erläutert:

http://www.rohde-schwarz.com/en/applications/db-or-not-db-application-note_56280-15534.html

Viele Grüße,
  Thomas

von Technischer Laie (Gast)


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Thomas schrieb:
> in folgendem
> Dokument wird es kurz erläutert:

Sehr interessantes Dokument - und der Titel trifft ja genau mein Problem 
wie den Nagel auf den Kopf ;-). Aber der letzte Satz in Abschnitt 2 sagt 
ja auch aus, daß es in erster Linie darum geht, Additionen bzw. 
Subtraktionen anstatt Multiplikationen bzw. Divisionen zu haben. Bei so 
extremen Verhältnissen wie in dem Beispiel ist das natürlich auch ein 
Argument. Man muss das dB-Verhältnis dann aber auch entsprechend 
interpretieren können.

von Markus M. (markus82mg)


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Hi Thomas

cooler link. Danke fürs posten

mfg

von Michael (Gast)


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Technischer Laie schrieb:
> Ich habe viel recherchiert,
> verstehe die Rechnung dahinter, auch den Unterschied zwischen Spannung-
> und Leistungsdezibel.

Es gibt keinen Unterschied. Bell ist der Zehnerlogarithmus vom 
Leistungsverhältnis.

Da die Leistung quadratisch mit der Spannung zunimmt, läßt sich ein 
Leistungsverhältnis natürlich auch in ein Spannungverhältnis bzw. in den 
Logarithmus davon umrechnen.

> Warum also darf
> z.B. das Doppelte von etwas nicht das Doppelte sein, sondern muss durch
> eine Formel getreten werden, bei der ein Wert herauskommt, der
> anschaulich nicht das Doppelte ist und damit eigentlich schwerer
> einzuschätzen ist, als das schlichte Verhältnis der echten Werte?

Bei einem Faktor 2 mag man sich noch fragen, wieso das die Dinge 
bequemer macht. Aber spätestens bei der Dynamik einer CD oder dem 
Leistungsverlust eines Funksignales zum Mond macht das Nullenzählen 
irgendwann keinen Spaß mehr und die logarithmische Darstellung ist 
unübersichtlicher. Oder stell dir einen Frequenzgang eines Filters vor - 
in linearer Darstellung absolut übel und unbrauchbar. Selbst in der 
Astronomie verwendet man den Logarithmus von Helligkeitswerten, die 
üblicherweise einen Bereich von etwa 10 Dekaden überstreichen, weil es 
einfach handlicher ist.
Der Logarithmus hat weniger mit "einbürgern" als mit handlicherem Umgang 
zu tun. Übrigens: Jeder Rechner verwendet für Float-Zahlen intern den 
Logarithmus, zumindest den ganzzahligen Anteil vom Zweier-Logarithmus.

von Huui (Gast)


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Technischer Laie schrieb:
> Man muss das dB-Verhältnis dann aber auch entsprechend interpretieren
> können.

Das ist mit den Buchstaben, die der Web-Browser auf dem Bildschirm 
anzeigt, nicht anders.

von Michael (Gast)


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Michael schrieb:
> einen Bereich von etwa 10 Dekaden überstreichen
Muss natürlich richtig heißen "19 Dekaden"

von Technischer Laie (Gast)


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Huui schrieb:
> Das ist mit den Buchstaben, die der Web-Browser auf dem Bildschirm
> anzeigt, nicht anders.

Das ist aber, für den durchschnittlich Begabten, gängige Lebenserfahrung 
;-))).

von Kai K. (klaas)


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>Was ich nicht wirklich verstehe ist, warum man das macht.

Die Entwickung der Elektronik ist tief verbunden mit der Funkerei, dem 
Rundfunk und der Audioelektronik im weiteren Sinne. All das hat mit dem 
menschlichen Gehör zu tun. Nun ist es so, daß unser Gehör eine 
logarithmische Frequenzskala besitzt. Das erkennt man daran, daß die 
Oktave das wichtigste Frequenzintervall ist, das auch unmusikalische 
Menschen leicht erkennen können. Es spiegelt wieder, das für das 
menschliche Gehör zwischen 100Hz und 200Hz genau so viel "passiert", wie 
zwischen 1kHz und 2kHz. Würde man die Frequenzskala in Diagrammen von 
Filterdämpfungen linear auftragen, würde das der Sache nicht gerecht. 
Deswegen trägt man die Frequenzskala logarithmisch auf, wobei der 
Abstand zwischen 100Hz und 200Hz genau so groß ist wie 1kHz und 2kHz 
oder 10kHz und 20kHz.

Betrachtet man aber jetzt den Dämpfungsverlauf eines typischen Filters, 
dann stellt man schnell fest, daß auch der logarithmische Auftrag der 
Dämpfung Sinn macht. Dies um so mehr, da unser Gehör für die Lautheit 
ebenfalls eine logarithmische Skala besitzt. Darum werden 
Dämpfungsdiagramme in der Elektonik praktisch immer doppelt 
logarithmisch aufgetragen. Und schon bist du beim Dezibel...

von Technischer Laie (Gast)


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Kai Klaas schrieb:
> Nun ist es so, daß unser Gehör eine
> logarithmische Frequenzskala besitzt. Das erkennt man daran, daß die
> Oktave das wichtigste Frequenzintervall ist, das auch unmusikalische
> Menschen leicht erkennen können. Es spiegelt wieder, das für das
> menschliche Gehör zwischen 100Hz und 200Hz genau so viel "passiert", wie
> zwischen 1kHz und 2kHz. Würde man die Frequenzskala in Diagrammen von
> Filterdämpfungen linear auftragen, würde das der Sache nicht gerecht.
> Deswegen trägt man die Frequenzskala logarithmisch auf, wobei der
> Abstand zwischen 100Hz und 200Hz genau so groß ist wie 1kHz und 2kHz
> oder 10kHz und 20kHz.
> ...

Das ist eine sehr anschauliche Erklärung. Klasse, vielen Dank!

von Klaus R. (klara)


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Kai Klaas schrieb:
> Darum werden
> Dämpfungsdiagramme in der Elektonik praktisch immer doppelt
> logarithmisch aufgetragen. Und schon bist du beim Dezibel...

Und schon lassen sich Übertragungsfunktionen im Bodediagramm mit 
einfachen Geraden darstellen.

http://wwwex.physik.uni-ulm.de/lehre/physikalischeelektronik/phys_elektr/phys_elektr980x.png

Gruss Klaus.

von nicht "Gast" (Gast)


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Technischer Laie schrieb:
>
> Das ist eine sehr anschauliche Erklärung. Klasse, vielen Dank!

Allerdings war Kais Erklärung um 18,6dB zeitaufwendiger zu lesen, als 
jene von Löti...

von chester (Gast)


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nicht "Gast" schrieb:
> ... 18,6dB zeitaufwendiger zu lesen, als

Mein alter Professor sagte immer: "Wer bei dB-Werten Nachkommastellen 
angibt,
der hat dB eigentlich nicht verstanden".

das kleine d vor dB war eigentlich dafür gedacht, um Nachkommastellen zu 
vermeiden.

von Harald W. (wilhelms)


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chester schrieb:
> nicht "Gast" schrieb:
>> ... 18,6dB zeitaufwendiger zu lesen, als
>
> Mein alter Professor sagte immer: "Wer bei dB-Werten Nachkommastellen
> angibt,
> der hat dB eigentlich nicht verstanden".
>
> das kleine d vor dB war eigentlich dafür gedacht, um Nachkommastellen zu
> vermeiden.

Dann sollte man wohl besser 186 cb schreiben.
Gruss
Harald

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Harald Wilhelms schrieb:
> Dann sollte man wohl besser 186 cb schreiben.

Das würde die Sache nicht besser machen.

„Ein dB ist kein dB“ lautet der Spruch unseres Labor-Ings.  Soll
heißen: ein Dezibel mehr oder weniger hat man schnell zusammen.  Wenn
du einen BNC-Stecker zehmal steckst, dann wird die Dämpfung in der
Verbindung jedesmal im Zehntel-dB-Bereich wackeln.  Daher ist es eben
müßig, die Zehntel-dB anzugeben (oder irgendwelche „Centibel“).  Man
hat die Maßeinheit so gewählt, dass sie für den täglichen Gebrauch
eine ganze Zahl ergibt.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Harald Wilhelms schrieb:
> Dann sollte man wohl besser 186 cb schreiben.

Oder man macht es wie LTspice: Dort tauchen in Bode-Diagrammen mitunter 
die Einheiten mdB und µdB (also mit zwei Präfixen) auf.

Sogar KdB gibt es dort. Einmal abgesehen davon, dass das eher kdB heißen 
sollte, könnte man dafür auch einfacher hB (Hektobel) schreiben ;-)

von Udo S. (urschmitt)


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Jörg Wunsch schrieb:
> Man
> hat die Maßeinheit so gewählt, dass sie für den täglichen Gebrauch
> eine ganze Zahl ergibt.

Das war in weiser Voraussicht, weil 60 Jahre später µCs auf den Markt 
kommen sollten, die viel einfacher mit ganzen Zahlen als mit Kommazahlen 
rechnen können.
:-)

Wikipedia hat übrigens noch eine andere Erklärung warum mit Dezibel 
gerechnet wird:
"Deshalb ergaben sich bei Verwendung des Dezibels in etwa die gleichen 
Zahlenwerte wie bei Verwendung von „Mile Standard Cable“ (1 m.s.c. = 
0,9221 dB)."
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Bel_%28Einheit%29

von Harald W. (wilhelms)


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Jörg Wunsch schrieb:

>> cB
> Das würde die Sache nicht besser machen.

Nun, der Smily war nur virtuell vorhanden.

> Daher ist es eben müßig, die Zehntel-dB anzugeben

Nun, wenn man die dB als absoutes Pegelmass verwendet und Werte
unter 1 herauskommen, z.B. bei GPS-Signalen, braucht man schon
die Zehntel. Normalerweise im NF-Bereich macht das aber keinen
Sinn. Da ich mein halbes Leben mit der Meßtechnik (Längen) ver-
bracht habe, musste ich mich schon immer mit der sinnvollen
Rundung von Meßwerten beschäftigen. Beim Zahlenwert für die
Tiefe einer Rille war die letzte Stelle aus dem AD-Wandler z.B.
im Picometerbereich. Angezeigt auf dem Bildschirm wurden aber
nur Zehntel Mikrometer.
Gruss
Harald

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Harald Wilhelms schrieb:
> z.B. bei GPS-Signalen, braucht man schon
> die Zehntel.

Wieso das?

von Reinhard Kern (Gast)


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Harald Wilhelms schrieb:
> Da ich mein halbes Leben mit der Meßtechnik (Längen) ver-
> bracht habe, musste ich mich schon immer mit der sinnvollen
> Rundung von Meßwerten beschäftigen.

Lass mich raten: du bist nicht im Verkauf oder der Werbeabteilung tätig?

Gruss Reinhard

von U. B. (Gast)


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> Nun, wenn man die dB als absoutes Pegelmass verwendet und Werte
> unter 1 herauskommen, z.B. bei GPS-Signalen, braucht man schon
> die Zehntel.

Manchmal kann man bei den "dB" sogar negative Werte gebrauchen ...  ;-)

von dfgh (Gast)


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Technischer Laie schrieb:
> Übliche Begründungen sind z.B. immer, daß man nur addieren oder
> subtrahieren müsse, anstatt zu multiplizieren oder zu dividieren. Darin
> erkenne ich aber keinen wirklichen Vorteil.

Bei dem Arbeiten mit Übertragungsfunktionen ist das aber ein enormer 
Vorteil. Du hast drei Filter in Reihe und willst wissen, was hinten raus 
kommt? -> Addiere die drei Verläufe der Übertragungsfunktionen.

Natürlich kann das der Rechner viel schneller, aber wenn man es mal 
schnell von Hand machen will, ist man mit einem einfachen Bodediagramm 
auch recht flott, und zwar dank dB-Darstellung.

von Wilhelm F. (Gast)


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Die Dämpfung und auch Verstärkung in dB-Angaben führt die Rechnereien 
mit Logarithmen auf einfache Additionen und Subtraktionen zurück. Z.B. 
Leitungsdämpfungen. Dämpfungen beliebiger Leitungslängen werden da 
einfach nur mit einer Normdämpfung dB pro Meter addiert bzw. 
multipliziert.

Es gibt im Bereich Handwerk und Servicetechniker eine Menge Leute, die 
die Logarithmenrechnungen gar nicht beherrschen. Addieren können sie 
aber schon. Da ist nicht immer ein Ingenieur mit daneben.

von Chris (Gast)


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Nachtrag zu Thomas link zur Anleitung noch ein
PC programm zur Berechnung
http://www.rohde-schwarz.com/en/applications/r-s-db-calculator-application-note_56280-15492.html

Das gibt es auch als Version für das Handy.
Einfach im Playstore suchen.

Gruss
Chris

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