Forum: Platinen Strombelastbarkeit – wem trauen?


von Moritz A. (moritz_a)


Lesenswert?

Hi,

ich versuche gerade zum Thema Strombelastbarkeit von Leiterbahnen ein 
paar belegbare Aussagen zu treffen, und stoße dabei nur auf Widersprüche 
(oder nicht klar formulierte Annahmen) und voneinander verschiedene 
Werte:

Nehmen wir mal als Beispiel 0,25mm, 35µ Kupfer, 10K Erwärmung:

1: 0,5A
2: 0,5A
3: 0,7A
4: 0,83A
5: 0,39A

Zwischen dem kleinsten und größten Wert liegt über Faktor 2!

Aus dem PCB Toolkit habe ich im Modus "with modifiers" folgende 
Wertreihe gezogen:

35µm 1K   5K   10K  mΩ/cm
0.1  0,13 0,26 0,35  78,7
0.15 0,19 0,39 0,53  44,4
0.2  0,25 0,51 0,69  31,0
0.3  0,35 0,71 0,97  19,3
0.4  0,44 0,90 1,22  14,0
0.5  0,45 0,92 1,25  11,0

Hier kommt mir der Unterschied zwischen 0.4 und 0.5mm was den Strom 
angeht gnadenlos daneben vor, verglichen mit dem gesunkenen Widerstand.

EDIT:
> Please note that when using the IPC-2152 with modifiers option, the
> amperage value has a slight drop at
> 10,20,30,40,50,60,70,80,90,100,200,300,400,500,600 & 700sqmils.
Dieser Abfall scheint hiermit erklärt.

Und somit ist mein Versuch, hier etwas zu verstehen, eigentlich nun im 
Gegenteil geendet: Steigende Verwirrung.

Grüße
Moritz

Quellen:
1: Leiterbahnbreite
2: http://www.pcb-specification.com/de
3: 
http://www.multi-circuit-boards.eu/leiterplatten-design-hilfe/design-parameter/leiterbahn-strombelastbarkeit.html
4, 5: http://saturnpcb.com/pcb_toolkit.htm IPC2152 with/without 
modifiers

: Bearbeitet durch User
von STM32 (Gast)


Lesenswert?

Naja,welchen Widerstand hat den z.B ein 20mm langes Stück Leiterbahn? 
Jetzt nehmen wir mal an, die Wärme geht nur nach oben zur Luft weg und 
nicht im Richtung FR4. Das Rth Kupfer/Luft bei konstanter Fläche sollte 
sich ergoogeln lassen ;)

Mit dem Rth und dem Leizerbahnwiderstand hast du schonmal einen Ansatz. 
Jetzt durch die Länge der Leiterbahn geteilt und du hast eine 
Hausnummer.

von Anja (Gast)


Lesenswert?

Moritz A. schrieb:
> Und somit ist mein Versuch, hier etwas zu verstehen, eigentlich nun im
> Gegenteil geendet: Steigende Verwirrung.

Den Spannungsabfall der an einer solchen Leiterbahn entsteht will 
sowieso kein Mensch haben.
Du hast außerdem die Messbedingungen nicht angegeben.
Leiterplatte waagrecht oder senkrecht (im Luftstrom).
Die Angaben sind auch immer nur für eine einzelne Leiterbahn auf einer 
großen Leiterplatte.

Gruß Anja

von Moritz A. (moritz_a)


Lesenswert?

STM32 schrieb im Beitrag #3398176:
> Mit dem Rth und dem Leizerbahnwiderstand hast du schonmal einen Ansatz.
> Jetzt durch die Länge der Leiterbahn geteilt und du hast eine
> Hausnummer.

Hausnummern habe ich da oben auch 5 Stück, aber keine weitergehenden 
Informationen unter welchen Parametern sie zustande gekommen sind ;)

Dass es kein einfacher prortionaler Zusammenhang, wie du ihn 
vorschlägst, ist, erschließt sich recht schnell beim betrachten der 
vorliegenden Daten, zB [3].

Anja schrieb:
> Du hast außerdem die Messbedingungen nicht angegeben.
> Leiterplatte waagrecht oder senkrecht (im Luftstrom).
> Die Angaben sind auch immer nur für eine einzelne Leiterbahn auf einer
> großen Leiterplatte.

Gemessen wurde da nichts.

Für generische Angaben würde ich eigentlich von einer 
Worst-Case-Betrachtung ausgehen:
- Single-Layer / keine die Abführung unterstützdende Plane auf der 
Rückseite
- Nicht freistehend, sondern von weiteren Leiterbahnen eingeschlossen
- Liegend im Gehäuse, schlechte Belüftung.

von Reinhard Kern (Gast)


Lesenswert?

Moritz A. schrieb:
> Für generische Angaben würde ich eigentlich von einer
> Worst-Case-Betrachtung ausgehen:
> - Single-Layer / keine die Abführung unterstützdende Plane auf der
> Rückseite
> - Nicht freistehend, sondern von weiteren Leiterbahnen eingeschlossen
> - Liegend im Gehäuse, schlechte Belüftung.

1. Die üblichen Angaben sind nur grobe Schätzungen. Da ist es nicht 
weiter erstaunlich, dass die bis vor kurzem geltenden Angaben nach neuen 
Messreihen massiv geändert wurden, +- 50% sollte man mindestens als 
Toleranz annehmen.

2. Es gibt Software zur thermischen Simulation, aber der Aufwand ist 
erheblich, da man ja die ganze Geometrie definieren muss, und teuer ist 
es auch.

3. Wenn du was halbwegs zuverlässiges haben willst, musst du ein Muster 
fertigen und per Infrarot vermessen. Dann hast du einen genauen Wert, 
aber nur für diese eine Konfiguration.

Bez. freistehend: 2 Leiterbahnen nebeneinander mit gleichen Strom sind 
schon ein ganz anderer Fall. Im Prinzip müsste die ganze Leiterplatte 
simuliert werden, d.h. dass die Frage nach der Belastbarkeit einer 
einzelnen Leiterbhan eigentlich garnicht gestellt werden kann.

Gruss Reinhard

von Kevin K. (nemon) Benutzerseite


Lesenswert?

Zumal nicht nur die Leiterbahn Wärme einbringt, sondern auch der 
Widerstand zur Strommessung, der 1Ohm hat und wo du die 2 Ampere 
durchschickst. Dessen Wärme geht auch durch die Anschlüsse ins Substrat 
und das umliegende Kupfer.

von MaWin (Gast)


Lesenswert?

> Zwischen dem kleinsten und größten Wert liegt über Faktor 2!

Na ja, zwischen einer waagerecht oder senkrecht montierte Platine auch, 
also was jammerst du, wenn du nicht mal sagen kannst, welche 
Luftzirkulation stattfindet, welche zusätzliche Wärmestrahlung die 
Platine trifft.

Normale Firmen kontrollieren ihre Platine per Wärmebildkamera, nach dem 
sie mit Grundschätzungen aufgebaut wurde.

von Moritz A. (moritz_a)


Lesenswert?

MaWin schrieb:
>> Zwischen dem kleinsten und größten Wert liegt über Faktor 2!
>
> Na ja, zwischen einer waagerecht oder senkrecht montierte Platine auch,
> also was jammerst du, wenn du nicht mal sagen kannst, welche
> Luftzirkulation stattfindet, welche zusätzliche Wärmestrahlung die
> Platine trifft.

Des kompletten Lesens bist du nicht mächtig? Oder ist es für dich schon 
Jammern, entsprechend begründete Vermutungen in den Raum zu stellen?

Moritz A. schrieb:
> Widersprüche (oder nicht klar formulierte Annahmen)

Ich dichte dir jetzt einfach an, das war deine Form, meiner Annahme 
zuzustimmen, allerdings ohne zur Lösung der Fragestellung beizutragen.

Reinhard Kern schrieb:
> 1. Die üblichen Angaben sind nur grobe Schätzungen. Da ist es nicht
> weiter erstaunlich, dass die bis vor kurzem geltenden Angaben nach neuen
> Messreihen massiv geändert wurden, +- 50% sollte man mindestens als
> Toleranz annehmen.

Genau deswegen versuche ich ja, Worst-Case-Annahmen zu treffen, mit 
denen man bei 99% der normalen Hobby-Konstruktionen auf der sicheren 
Seite ist.

Kevin K. schrieb:
> Zumal nicht nur die Leiterbahn Wärme einbringt, sondern auch der
> Widerstand zur Strommessung, der 1Ohm hat und wo du die 2 Ampere
> durchschickst. Dessen Wärme geht auch durch die Anschlüsse ins Substrat
> und das umliegende Kupfer.

Wer sagt denn, dass ich meinen Shunt direkt auf die Platine packe? Bei 
mehreren Metern Messleitung mit ausreichend Querschnitt dazwischen sehe 
ich den Effekt als vernachlässigbar an, eher dürften sie noch zusätzlich 
Wärme abführen.

von Matthias L. (matze88)


Lesenswert?

Nimm doch die mittleren Werte - oder etwa die aus dem PCB Toolkit :)
Es geht doch sicher um die Tabellen vom µcruler?

Jedem Benutzer sollte klar sein, dass das Schätzungen sind. Erwärmt sich 
mal eine Leiterbahn um 20K, sollte das auch nicht so tragisch sein. Bei 
höheren Belastungen spielt vermutlich eh der Widerstand eine größere 
Rolle, da sollten sich die Tabellen einig sein. Scheinbar zieht das PCB 
Toolkit bei den dünneren Leiterbahnen relativ gesehen etwas mehr 
Leitfähigkeit ab - eventuell berechnen die sowas wie "Unterätzung" oder 
schlechtere Ausbreitung bei Ecken etc. mit ein? Oder der Widerstand wird 
in Bezug auf einen Nennstrom angegeben und die Erwärmung 
berücksichtigt...

von billydeedaniels (Gast)


Lesenswert?

Ich weiß nicht ob dir diese Info weiter hilft, aber es ist so, dass wenn 
es sich um 35µ Kupferleiterbahnen handelt dies nur die "Ursprungsdicke" 
darstellt, sofern wir hier von PCB sprchen. Bei HTCC oder LTCC ist dies 
anders. Durch den Ätzprozess bei der PCB ist diese jedoch meist 
geringer, was auch einen Einfluß auf den Widerstnad hat. Gerade beim 
Thema Strombelastbarkeit sollte man dies im Hinterkopf behalten und sein 
Layout mit den minimalen zugesicherten Leiterbahndicken auslegen.

von Moritz A. (moritz_a)


Lesenswert?

Matthias Larisch schrieb:
> Scheinbar zieht das PCB
> Toolkit bei den dünneren Leiterbahnen relativ gesehen etwas mehr
> Leitfähigkeit ab - eventuell berechnen die sowas wie "Unterätzung" oder
> schlechtere Ausbreitung bei Ecken etc. mit ein?

Ja, es wird eine "Abrundung" der Ecken im Verhältnis 1:1 zur Dicke der 
Bahn mit einberechnet, welche wohl recht nah an das eigentliche Resultat 
kommen soll.

Das Problem welches ich mit vielen der Quellen/Normen habe: Sie beziehen 
sich auf eine einsame, verlassene Bahn mitten im nirgendwo, und auf der 
anderen Seite sitzt eine fette Copperplane, welche natürlich mit zum 
Temperaturtransport beiträgt.

Somit taugen diese Werte zur Orientierung überhauptnicht, in bestimmt 
95% der Fälle die "einfach mal was nachgeschlagen wird" dürfte die Bahn 
irgendwo in der Mitte der Platine sitzen, die bei Hobbyanwendungen oft 
genug auch nur einseitig ist.

von Messknecht (Gast)


Lesenswert?

Um die Verwirrung zu vergrößern, hier mal zwei Rechen(Schätz)-Module:

Leiterbahnshunt berechnen:
http://www.electronicdeveloper.de/EMechanikLeiterbahnShunt.aspx

Leiterbahnbreite in Abhängigkeit von der Temperatur: 
http://www.electronicdeveloper.de/EMechanikLeiterbahnbreiteTemperatur.aspx

Beim zweiten Modul ist nicht der Strom das K.O.-Kriterium, sondern die 
maximale zulässige Temperaturerhöung der Leiterbahn.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.