Forum: Digitale Signalverarbeitung / DSP / Machine Learning Frequenzgang und Übertragungsfunktion


von Andre R. (ltisystem)


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Hi,
es gibt viele Erklärungen von Frequenzgang und Übertragungsfunktion 
eines LTI-Systems. Leider konnte ich damit bisher nocht nicht alle 
Unklarheiten beseitigen.

Kann man allgemein sagen, dass der Frequenzgang eines System 
auschließlich das Verhalten eines Systems hinsichtlich einer bestimmten 
Frequenz beschreibt?

Die Übertragungsfunktion ist eine Beschreibung im Frequenzbereich 
hinsichtlich aller Frequenzen. wahr oder falsch?

Mal lese ich, dass die FT der Impulsantwort der Frequenzgang ist, mal 
lese ich, dass es die Übertragungsfunktion ist, ich bekomme es in meinem 
Kopf einfach nicht "gemapped".

Es wäre super, wenn ein Systemtechniker mal etwas für eine Erklärung 
über hat.

Grüße

[edit]: Der Frequenzgang ist ein spezieller Fall der 
Übertragungsfunktion, nämlich genau dann, wenn Eingang und Ausgang wegen 
der Linearität des Systems bei gleicher Frequenz liegen (also 
Harmonische sind). Es ändert sich lediglich die Pahse und die Amplitude. 
Hat man am Ausgang ein Signal, welches mti der Frequenz am Eingang nicht 
übereinstimmt, so kann man "nur" die Übertragungsfunktion angeben. Da 
man für diesen Fall keine DFT durchführen kann, muss für den Abbildung 
in den Bildbereich eine z-Tranfsormation durchgeführt werden. Die 
Übertragungsfunktions ist also die z-Transformierte der Impulsantwort 
und ist genau dann der Frequenzgang, wenn...?

: Bearbeitet durch User
von Jan K. (jan_k)


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Also ich fasse mal zusammen, was ich so darüber weiß:

alles für LTI Systeme!
L(.)=f(s=o+jw) ist die Laplace trafo
Z(.)=f(z) ist die z-trafo
F(.)=f(jw) ist die Fourier trafo

Übertragungsfunktion zeitkontinuierlich = H(s) = 
L(Ausgang(t))/L(Eingang(t)), oder eben Laplacetrafo der Impulsantwort. 
Beschreibt vollständig das gesamte System, inklusive Einschwingvorgänge.

Übertragungsfunktion zeitdiskret = H(z) = Z(Ausgang(k))/Z(Eingang(k)), 
zeitdiskretes Äquivalent zur kontinuierlichen Laplace Trafo

Frequenzgang zeitkontinuierlich = Fouriertrafo von Ausgang/Eingang = 
H(jw), Sonderfall Laplacetrafo, dort wird nämlich in s=o+jw das o zu 0 
gesetzt, es werden also keine Einschwingvorgänge mehr betrachtet, 
mathematisch konvergiert das Laplace Integral für weniger Signaltypen. 
Für die Fouriertrafo wird also die Laplacetrafo auf der imaginären Achse 
ausgewertet. Der Frequenzgang beschreibt das Systemverhalten bei 
harmonischer Anregung. Kann schön experimentell ermittelt werden.

Frequenzgang zeitdiskret ist dementsprechend dann die DFT (in der Praxis 
eher die FFT) der Ausgangs/Eingangsfolgen.


Dein edit ist mMn nicht ganz richtig, man geht bei Übertragungsfunktion 
und Frequenzgang von linearen, zeitinvarianten systemen aus! Bei dem 
Frequenzgang werden aber nur harmonische Anregungen betrachtet und die 
Eigenschwingungen (Einschwingvorgänge) sind abgeklungen (das System ist 
eingeschwungen, vgl. komplexe Wechselstromrechnung). Bei linearen 
Systemen tritt, wenn das System eingeschwungen, stabil ist und 
harmonisch angeregt wird nie eine andere Frequenz am Ausgang auf. 
Eigenfrequenzen hingegen müssen nicht der anregenden Frequenz 
entsprechen!
Die Übertragungsfunktion ist allgemeiner, als der Frequenzgang.

Schöne Grüße,
Jan

von Johannes E. (cpt_nemo)


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Andre Richter schrieb:
> Kann man allgemein sagen, dass der Frequenzgang eines System
> auschließlich das Verhalten eines Systems hinsichtlich einer bestimmten
> Frequenz beschreibt?
>
> Die Übertragungsfunktion ist eine Beschreibung im Frequenzbereich
> hinsichtlich aller Frequenzen. wahr oder falsch?

Mit dem Begriff "Frequenzgang" wird die Frequenzabhängigkeit einer 
bestimmten Eigenschaft bezeichent, das ist also ein ziemlich allgemeiner 
Begriff.

Bei einem LTI-System kann das z.B. die Eingangsimpedanz sein oder die 
Dämpfung/Verstärkung, also der Quotient U_out/U_in.

Die Übertragungsfunktion ist der Frequenzgang der Verstärkung.

Wenn der Frequenzgang im Zusammenhang mit einem Verstärker oder 
allgemein einer Übertragungsstrecke verwendet wird, ist damit 
üblicherweise die Übertragungsfunktion gemeint, hier werden die beiden 
Begriffen synonym verwendet.

Andre Richter schrieb:
> Der Frequenzgang ist ein spezieller Fall der
> Übertragungsfunktion, nämlich genau dann, wenn Eingang und Ausgang wegen
> der Linearität des Systems bei gleicher Frequenz liegen (also
> Harmonische sind).

Nein, es ist genau anders rum. Beide Begriffe sind nur bei linearen 
Systemen definiert.

Andre Richter schrieb:
> Hat man am Ausgang ein Signal, welches mti der Frequenz am Eingang nicht
> übereinstimmt, so kann man "nur" die Übertragungsfunktion angeben.

Nein, in diesem Fall wäre es kein LTI-System und man kann dann auch 
keine Übertragungsfunktion angeben.

von rava (Gast)


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gute Antwort, Johannes.
aber stimmt sie wirklich?

wenn der Frequenzgang der Verlauf einer Größe mit der Frequenz ist, was 
ist dann der Phasengang?

von Irgendjemand (Gast)


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rava schrieb:
> wenn der Frequenzgang der Verlauf einer Größe mit der Frequenz ist, was
> ist dann der Phasengang?

Der Phasengang ist der Verlauf der Phase des Frequenzganges abhängig von 
der Frequenz.

von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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Die Begriffe Frequenzgang und Übertragungsfunktion werden recht 
inflationär und oft unvollständig oder sogar falsch verwendet.

Recht gut sind die folgenden Definition:

Die Übertragungsfunktion beschreibt in der ingenieurwissenschaftlichen 
Systemtheorie mathematisch die Beziehung zwischen dem Ein- und 
Ausgangssignal eines dynamischen Systems im Frequenzraum [1].

Der Frequenzgang ist der Zusammenhang zwischen Ein- und Ausgangssignal 
eines linearen zeitinvarianten Systems bezüglich der Amplitude und der 
Phase. Er ist die Fouriertransformierte der Impulsantwort des Systems. 
[1]

[1] Bernd Girod, Rudolf Rabenstein, Alexander Stenger: Einführung in die 
Systemtheorie. 4. Auflage. Teubner, Wiesbaden 2007, ISBN 
978-3-8351-0176-0

von Johannes E. (cpt_nemo)


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rava schrieb:
> wenn der Frequenzgang der Verlauf einer Größe mit der Frequenz ist, was
> ist dann der Phasengang?

Wenn die Größe, die gemessen bzw. berechnet wird, eine komplexe Größe 
ist, dann kann man diese als Betrag bzw. Amplitude und Phase angeben.

Der Phasengang ist der Verlauf der Phase über die Frequenz und der 
Amplitudengang ist der Verlauf der Amplitude. Alles zusammen ist der 
Frequenzgang.

von Andre R. (ltisystem)


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vielen dank für die antworten!!!

aus dem frequenzgang bekomme ich ja auch keine filterkoeffizienten raus 
oder?

nach den defis von joe heißt das also, dass die FT der Impulsantwort der 
frequenzgang ist und ich damit informationen über folgendes bekomme:

1. bilde ich den betrag des frequenzganges |H(f)| weiß ich wie sich die 
amplitude verhältnismäßig (ein- und ausgang) verhält.

2. bilde ich die phase (<H) (anderes zeichen hab ich grade nicht 
gefunden) so, bekomme ich informaitonen über die phase 
(=phasenverschiebung?) von ein- und ausgang.


Übertragungsfunktion ist die z-transformierte der impulsantwort und aus 
ihr bekomme ich die koeffoezienten für meine filter funktion (alle a=0 
--> FIR-Filter)

übertragungsfunktion=frequenzgang wenn z=2pif0

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