Hallo, ich habe gerade Anleitungen im Internet gesehen, nach denen man Fingerabdrücke mit Hilfe eines Laserdruckers, einer Fotoapperat und einer Plastikfolie fälschen kann. Funktioniert das? Bedeutet das nicht, dass Fingerabdrücke als Beweismittel nicht aussagekräftig sind? Schließlich kann der Angeklagte einfach sagen 'Jemand hat meinen Fingerabdruck gefälscht'.
:
Verschoben durch User
Nein, diese Anleitungen sind natürlich alle Fake. Man hat sich abgesprochen, um dich in die Irre zu führen.
Was Du gesehen hast, ist das Austricksen von Fingerabdrucklesegeräten, wie sie z.B. im iPhone 5S verbaut sind oder biometrischen Zugangskontrollsystemen. Das geht tatsächlich mit so wenig Aufwand. Forensische Fingerabdrücke (also welche, die Du auf Gegenständen hinterlässt, und die von entsprechend ausgebildeten Technikern dort abgenommen weren) sind hingegen nicht mit vertretbarem Aufwand fälschbar, d.h., wenn die Kriminalpolizei vor Deiner Tür steht, weil Du auf dem Trinkglas Deines mit irgendeinem Gift umgebrachten Nachbarn einen Fingerabdruck hinterlassen hast, hast Du ein richtig ernstes Problem.
Rufus Τ. Firefly schrieb: > Forensische Fingerabdrücke (also welche, die Du auf Gegenständen > hinterlässt, und die von entsprechend ausgebildeten Technikern dort > abgenommen weren) sind hingegen nicht mit vertretbarem Aufwand > fälschbar, große Worte! Ich widerspreche und trete sofort den Versuch des Gegenbeweises an! Mal sehen, ob ich noch im Laufe des Tage Ergebnisse liefern kann! Davon ab: Dass Fingerabdrücke, selbst originale, eindeutig einer Person zuzuordnen sind ist eine Behauptung an die man sich gewöhnt hat, entbehrt aber wie so vieles jeder sachlichen Grundlage. Es gibt imho aktuell keinerlei wissenschaftlich fundierte Einschätzung dazu, wie eindeutig ein eindeutiger Fingerabdruck eigentlich ist. Als Beleg für berechtigte Zweifel führe ich den Fall Brandon Mayfield an: http://en.wikipedia.org/wiki/Brandon_Mayfield vlg Timm
Timm Reinisch schrieb: > große Worte! Ich widerspreche und trete sofort den Versuch des > Gegenbeweises an! Mal sehen, ob ich noch im Laufe des Tage Ergebnisse > liefern kann! Mach bloß kein sch...! ;-) Du bist sofort dran, wir habens gelesen.
Karl-Heinz M. schrieb: > Timm Reinisch schrieb: >> große Worte! Ich widerspreche und trete sofort den Versuch des >> Gegenbeweises an! Mal sehen, ob ich noch im Laufe des Tage Ergebnisse >> liefern kann! > > Mach bloß kein sch...! ;-) Du bist sofort dran, wir habens gelesen. ach Mist. Ich hab das ja geschrieben! Ich dachte, ich hätte das nur gedacht! Naja, dann lass ich mal den Teil mit dem Nachbarn weg. Mist. vlg Timm P.S. Sorry Nachbar!
Oder einfach immer mit Ananas arbeiten, die haben wohl ein Enzym das mit der Zeit dann die Fingerabdrücke zersetzt. Oder einen Koala nehmen, deren Fingerabdrücke lassen sich von menschlichen nicht unterscheiden.
Es wird davon ausgegangen, das selbst eineiige Zwillinge unterschiedliche Fingerabdrücke haben. Das konnte zwar noch niemand bewesen, aber widerlegen konnte es erst recht niemand. So lange darf man also schon davon ausgehen das Fingerabdrücke eindeutig sind. In Madrid wurden viele handwerkliche Fehler gemacht und es ist keineswegs so, dass dort x-identische Fingerabdrücke gefunden wurden. Ob ein Fingerabdruck jedoch nicht so platzierbar ist, das es forensisch nicht nachweisbar ist...hmm ich weiss es nicht. Bei sowas scheint dann ja aber auch gute Polizeiarbeit ins Spiel zu kommen(siehe NSU Wattestäbchen, wo jahrelang einem Phantom nachgejagt wurde, weil man sich viel zu früh auf etwas versteift hat)
A. B. schrieb: > Es wird davon ausgegangen, das selbst eineiige Zwillinge > unterschiedliche Fingerabdrücke haben. Das konnte zwar noch niemand > bewesen, aber widerlegen konnte es erst recht niemand. Echt? Eine derartige Untersuchung wäre doch ziemlich simpel.
In Krimis nimmt man doch den richtigen Fingerabdruck und schneidet dafür den Finger ab. Meine einzige Erfahrung war in einer Videothek, das Lesegerät hat nach 5 Jahren, als ich das nächste mal einen Film ausleihen wollte, meinen Finger nicht mehr erkannt. Ich glaube mit einem gefälschten Fingerabdruck wäre es gegangen.
J.-u. G. schrieb: > Echt? Eine derartige Untersuchung wäre doch ziemlich simpel. Gibts natürlich auch. Ergebnis: Ähnlich aber unterscheidbar. Hintergrund: http://www.nytimes.com/2009/10/06/science/06qna.html?_r=0
:
Bearbeitet durch User
Kleines Detail am Rande. Die Fingerabdruckleser duerfen nur mit einfachen Abdruecken arbeiten. Dei Polizei arbeitet mit Abgerollten. In der Tat, die Eindeutigkeit der Fingerabdruecke sind eine Hypothese. Und bis zum Gegenbeweis gueltig.
:
Bearbeitet durch User
Ein Fingerabdruck ist die Aufbringung von Hautfett (ohne DNA!) oder Fremdsubstanzen (z.B. Schmieröl, Farbe, Staub ...) in einer charakteristischen Form (Papillen) auf einen Untergrund. Man könnte also - sofern vorhanden - die Fingerabdrücke einer fremden Person z.B. mit fotomechanischen Mitteln (Foto-Polymer?) auf einen Stempel oder gar Handschuh platzieren. Man fährt sich damit einmal übers Gesicht und berührt dann einen Gegenstand - schon ist die falsche Spur gelegt und der Betroffene hat echte Probleme ...
:
Bearbeitet durch User
Siebzehn mal Fuenfzehn schrieb: > Kleines Detail am Rande. Die Fingerabdruckleser duerfen nur mit > einfachen Abdruecken arbeiten. Dei Polizei arbeitet mit Abgerollten. > > In der Tat, die Eindeutigkeit der Fingerabdruecke sind eine Hypothese. > Und bis zum Gegenbeweis gueltig. Eigentlich lautet der Rechtsgrundsatz in Strafverfahren leicht anders! vlg Timm
Timm Reinisch schrieb: > Eigentlich lautet der Rechtsgrundsatz in Strafverfahren leicht anders! Nicht wirklich. Die Eindeutigkeit von Fingerabdrücken ist auch bei Nichtzwillingen nicht formal bewiesen, sondern basiert nur auf einem noch nicht erfolgten Gegenbeweis. Auch wenn man sich das rechtsphilosophisch gerne anders zusammen reimt: Wahrscheinlichkeiten spielen sehr wohl eine zentrale Rolle vor Gericht. Mathematiker und Juristen verwenden nicht die gleiche Definition des Begriffs "Beweis". "Beweisen heißt, dem beurteilenden Gericht einen Sachverhalt durch jedermann überzeugende und beliebig oft reproduzierbare Fakten so darzustellen, dass ein vernünftiger Zweifel an dem von den Strafverfolgungsorganen bei vorläufiger Tatbewertung angenommen Tatgeschehen nicht möglich ist." [Hervorhebung von mir - A.K.]. http://de.wikipedia.org/wiki/Beweis_(Rechtswesen)
:
Bearbeitet durch User
J.-u. G. schrieb: > Echt? Eine derartige Untersuchung wäre doch ziemlich simpel. Weil das bei 1000 Leuten in einer Studie so ist, ist das aber noch lange kein Beweis(wenn auch ein Indiz)
A. B. schrieb: > Weil das bei 1000 Leuten in einer Studie so ist, ist das aber noch lange > kein Beweis(wenn auch ein Indiz) Auch hier wird Juristerei mit Mathematik verwechselt.
A. B. schrieb: > Weil das bei 1000 Leuten in einer Studie so ist, ist das aber noch lange > kein Beweis(wenn auch ein Indiz) Naja, welcher Sachverhalt (außerhalb der Mathematik) lässt sich denn dann überhaupt "beweisen"?
J.-u. G. schrieb: > Naja, welcher Sachverhalt (außerhalb der Mathematik) lässt sich denn > dann überhaupt "beweisen"? Der Versuch, ausserhalb der Anwendbarkeit mathematischer Methoden einen mathematischen Beweis zu erbringen, ist naturgemäss problematisch. Wenn man hingegen eine dem Sachverhalt angepasste Definition des Beweisbegriffs verwendet, dann wird es einfacher.
A. K. schrieb: >... ein vernünftiger Zweifel... Und genau das ist doch das Problem! ich meine mal gelesen zu haben, dass 15 identische (Koordinaten-)Punkte ausreichen, um einen Fingerabdruck kriminaltechnisch jemanden zuzuordnen. es gibt derzeit etwas mehr als 7 Mrd Menschen auf der Welt. Als Berechnungsgrundlage akzeptiere ich die falsche Annahme, dass jeder Mensch (immer noch) 10 Finger hat - das wären über 70 Mrd Fingerabdrücke (70000000000). Bei einer "durchschnittlichen" Fingerabdruckgröße von 2x1 cm benötigt eine Verbrecherdatenbank 15 identische PUNKTE aus rund 70 Mrd. Möglichkeiten... Dass man nicht öffter Fehltreffer hat kommt meines Erachtens nur daher, dass die Polizei eben nicht alle 70 Mrd. Fingerabdrücke zum Vergleich hat. Zu behauten, die Anordnung 15 beliebiger Punkte auf 2qcm Fläche sind "einzigartig" ist ähnlich der Annahme, dass wir alleine im (unendlichen) Universum sind.
A. K. schrieb: > Wenn > man hingegen eine dem Sachverhalt angepasste Definition des > Beweisbegriffs verwendet, dann wird es einfacher. Aber vor der Verwendung dieses Beweisbegriffs, sollte dessen Angepasstheit an den jeweiligen Sachverhalt unter Beweis gestellt werden. :)
Timm Reinisch schrieb: > Davon ab: Dass Fingerabdrücke, selbst originale, eindeutig einer Person > zuzuordnen sind ist eine Behauptung an die man sich gewöhnt hat, > entbehrt aber wie so vieles jeder sachlichen Grundlage. Es gibt imho > aktuell keinerlei wissenschaftlich fundierte Einschätzung dazu, wie > eindeutig ein eindeutiger Fingerabdruck eigentlich ist. > > Als Beleg für berechtigte Zweifel führe ich den Fall Brandon Mayfield > an: > http://en.wikipedia.org/wiki/Brandon_Mayfield Bei Wikipedia list sich das etwas anders:
1 | As was discovered during the court case, even the FBI's own records show |
2 | that this fingerprint, despite the sworn testimony of FBI and DOJ agents, |
3 | was in all reality not an exact match but only one of 20 "similar" prints |
4 | to the ones retrieved from Madrid. |
Die Dämlichkeit von einer Versammlung hysterischer Bullen ist noch kein Gegenbeweit...
A. B. schrieb: > Ob ein Fingerabdruck jedoch nicht so platzierbar ist, das es forensisch > nicht nachweisbar ist...hmm ich weiss es nicht. Bei der Nachlässigkeit und Arroganz dieser "Sicherheitsbeauftragten" muß man leider mit allem rechnen...
Uhu Uhuhu schrieb: > Timm Reinisch schrieb: > > Die Dämlichkeit von einer Versammlung hysterischer Bullen ist noch kein > Gegenbeweit... touche! Aber ich gebe zu Bedenken, euer Ehren, dass im Vergleich zu Maßen, wie wir sie gewohnt sind, Fingerabdrücke immer durch eine Versammlung hysterischer Staatsbediensteter bewertet werden! Ergoogel dir mal einen echten forensischen Fingerabdruck! Dann siehst du, was ich meine! Selbst bei absichtlich geplanten und gezielt vorbereiteten Demonstrationen ist es nicht immer einfach einen hübschen Fingerabdruck zu erhalten! vlg Timm
Timm Reinisch schrieb: > Siebzehn mal Fuenfzehn schrieb: >> In der Tat, die Eindeutigkeit der Fingerabdruecke sind eine Hypothese. >> Und bis zum Gegenbeweis gueltig. > > Eigentlich lautet der Rechtsgrundsatz in Strafverfahren leicht anders! Das ist ein Irrtum. Fingerabdrücke sind keine Beweise, sondern lediglich Indizien und das Gericht hat sämtliche Indizien und Beweise in einem Kriminalfall zu bewerten. Im Prinzip verhält es sich mit den Fingerabdrücken wie mit den Secutity-Hashes: zufällige Kollisionen sind nicht sehr wahrscheinlich, aber aber auch nicht ausgeschlossen.
:
Bearbeitet durch User
Jeffrey Lebowski schrieb: > Dass man nicht öffter Fehltreffer hat kommt meines Erachtens nur daher, > dass die Polizei eben nicht alle 70 Mrd. Fingerabdrücke zum Vergleich > hat. Man sollte man diese Fehlerwahrscheinlichkeit auch in Relation zur Fehlerwahrscheinlichkeit der Beweissicherung, des polizeilichen Umgangs damit, des Gerichtsverfahrens etc. setzen. Ob die Fehlerwahrscheinlichkeit von Fingerabdrücken nun 10^6 oder 10^8 beträgt (willkürliche Zahlen) ist demgegenüber kaum relevant. Wer von Gerichtsverfahren mathematische Präzision erwartet, und darauf "in dubio pro reo" anwendet, der kann die Leute auch gleich wieder freilassen. Das hat das gleiche Ergebnis, ist aber billiger.
Uhu Uhuhu schrieb: > Timm Reinisch schrieb: >> Siebzehn mal Fuenfzehn schrieb: >>> In der Tat, die Eindeutigkeit der Fingerabdruecke sind eine Hypothese. >>> Und bis zum Gegenbeweis gueltig. >> >> Eigentlich lautet der Rechtsgrundsatz in Strafverfahren leicht anders! > > Das ist ein Irrtum. Fingerabdrücke sind keine Beweise, sondern lediglich > Indizien und das Gericht hat sämtliche Indizien und Beweise in einem > Kriminalfall zu bewerten. wenn du mir jetzt noch erläutern magst, wie eine korrekte Würdigung des Fingerabdruck-Indizes stattfindet, ohne, dass irgendjemand auch nur eine Vermutung hätte, wie wahrscheinlich ein Irrtum ist ... vlg Timm
A. K. schrieb: > Jeffrey Lebowski schrieb: >> Dass man nicht öffter Fehltreffer hat kommt meines Erachtens nur daher, >> dass die Polizei eben nicht alle 70 Mrd. Fingerabdrücke zum Vergleich >> hat. > > Man sollte man diese Fehlerwahrscheinlichkeit auch in Relation zur > Fehlerwahrscheinlichkeit der Beweissicherung, des polizeilichen Umgangs > damit, des Gerichtsverfahrens etc. setzen. Ob die > Fehlerwahrscheinlichkeit von Fingerabdrücken nun 10^6 oder 10^8 beträgt > (willkürliche Zahlen) ist demgegenüber kaum relevant. und wenn sie 10^4 beträgt? vlg Timm
Timm Reinisch schrieb: > und wenn sie 10^4 beträgt? Dann wird von Menschen - je nach System Richter oder Geschworene - entschieden, welche Rolle das in dem Prozess spielt. Wenn du ein riesiges Fussballstation mit Verdächtigen füllen kannst, dann kommt möglicherweise ein anderes Ergebnis heraus, als wenn überhaupt nur wenige Leute in Betracht kommen. Das eben wird mit den Begriff des vernüftigen Zweifels ausgedrückt.
Es mag ja sein, das sich bei 7 Mrd. Menschen zwei Fingerabdrücke ähneln, oder auch genau die Minutien die bei einem Fingerabdruck gespeichert werden, übereinstimmen. Aber trotz allem gibt es ja eben noch polizeiliche Ermittlungsarbeit. Und das nun diejenigen Fingerabdrücke der infrage kommenden Personen übereinstimmen sollte schon deutlich unwahrscheinlicher sein.
Jeffrey Lebowski schrieb: > Zu behauten, die Anordnung 15 beliebiger Punkte auf 2qcm Fläche sind > "einzigartig" ist ähnlich der Annahme, dass wir alleine im (unendlichen) > Universum sind. Zumindest bei DNA-Fingerprints pflegen die Forensiker eine Irrtumswahrscheinlichkeit anzugeben. Das ist im Fall von DNA noch relativ einfach, aber ich vermute, daß man aus den geometrischen Verhältnissen auf einer menschlichen Fingerkuppe durchaus auch eine Wahrscheinlichkeit dafür berechnen kann, daß die Abdrücke zweier Personen - mit der üblichen Auflösung bei der Abdruckaufnahme und der Konsistenz der Haut - identisch sind. Wobei "identisch" auch nur heißt, daß aus den Papillenmustern dieselbe Signatur abgeleitet wird.
A. K. schrieb: > Timm Reinisch schrieb: >> und wenn sie 10^4 beträgt? > > Dann wird von Menschen - je nach System Richter oder Geschworene - > entschieden, welche Rolle das in dem Prozess spielt. ja und wie machen die das, wenn sie die Fehlerwahrscheinlichkeit gar nicht kennen? Genau wie niemand sonst sie kennt? Ich weiß, Juristen können das, sui generis. Aber Forensik erhebt immerhin noch den Anspruch von Wissenschaftlichkeit... vlg Timm P.S. Zumindest in den letzten Jahren. Neuerdings wird zum Beispiel nicht mehr geschrieben, dass es sich bei einer Spur um Blut handelte, sondern, dass der Test XY auf Blut positiv war. Nur bei Fingerabdrücken herrscht noch immer tiefste Finsternis.
:
Bearbeitet durch User
Die Fehlerwahrscheinlichkeit bei Umgang und Vergleich von Fingerabdrücken und DNA dürfte weit oberhalb einer rein numerischen Fehlerwahrscheinlichkeit des Verfahrens liegen.
A. K. schrieb: > Die Fehlerwahrscheinlichkeit bei Umgang und Vergleich von > Fingerabdrücken und DNA dürfte weit oberhalb einer rein numerischen > Fehlerwahrscheinlichkeit des Verfahrens liegen. cool. Lieferst du auch noch eine Begründung? (Für die Fingerabdrücke, DNA ist klar)
Timm Reinisch schrieb: > ja und wie machen die das, wenn sie die Fehlerwahrscheinlichkeit gar > nicht kennen? > Genau wie niemand sonst sie kennt? Warum muss man die genau kennen? Es genügt doch, unplausible Annahmen erkennen zu können. Z.B. die von Dir genannten 10e4. Sollte die Kollisionswahrscheinlichkeit tatsächlich in dieser Größenordnung liegen, sollte sich das doch aus den existierenden Fingerabdruckdatenbanken ableiten lassen.
Timm Reinisch schrieb: > Forensik erhebt immerhin noch den Anspruch von Wissenschaftlichkeit... Sind dir Zeugenaussagen lieber? Mir nicht. Menschen urteilen über Menschen. Das war nicht perfekt und wird es nie sein. Jedes einzelne Detail von Gerichtsverfahren ist zwangsläufig fehlerbehaftet und die meisten Fehler sind nicht quantifizierbar. Ich habe nichts dagegen, in sinnvollem Rahmen jedes Detail zu hinterfragen - das soll so sein. Aber ich wehre mich dagegen, mathematische Exaktheit zu fordern, wo irgendwelche Zahlen oft reines Blendwerk sind. > P.S. Zumindest in den letzten Jahren. Neuerdings wird zum Beispiel nicht > mehr geschrieben, dass es sich bei einer Spur um Blut handelte, sondern, > dass der Test XY auf Blut positiv war. Wo wird das geschrieben? Hast du Zugang zu den entsprechenden Protokollen, oder beziehst du dich auf Zeitungsmeldungen?
J.-u. G. schrieb: > A. B. schrieb: >> Es wird davon ausgegangen, das selbst eineiige Zwillinge >> unterschiedliche Fingerabdrücke haben. Das konnte zwar noch niemand >> bewesen, aber widerlegen konnte es erst recht niemand. > > Echt? Eine derartige Untersuchung wäre doch ziemlich simpel. Die Untersuchung eines Einzelfalls wäre trotzdem kein Beweis. Die Aussage die es zu beweisen gilt ist: Es gibt keine zwei Personen, deren Fingerabdrücke [1] nach den geltenden forensischen Standards als identisch bewertet [2] würden. [1] da Fingerabdrücke von Tatorten selten vollständig sind (im Gegensatz zu Abdrücken von allen 10 Fingern wie sie die Polizei abnimmt) würde eine verschärfte Anforderung eher lauten "der Abdruck eines beliebigen Fingers von Person A vs. der Abdruck eines beliebigen Fingers von Person B" [2] diese Standards ändern sich leider. Und es ist auch fraglich, wieviel Beweiskraft ein Gericht einem möglicherweise unvollständigen und verwischten Abdruck zugesteht. Auf jeden Fall ist es mit den bekannten Mitteln zum Kopieren eines Fingerabdrucks problemlos möglich, falsche Spuren an einem Tatort zu hinterlassen. Wenn man den Aufwand treiben will, kann ich mir auch problemlos Gummihandschuhe mit außen aufgebrachten falschen Fingerabdrücken vorstellen. Ich würde auch davon ausgehen, daß Mordkommandos aus dem Geheimdienstmilieu so etwas verwenden. XL
A. K. schrieb: > Timm Reinisch schrieb: >> Forensik erhebt immerhin noch den Anspruch von Wissenschaftlichkeit... > > Sind dir Zeugenaussagen lieber? Mir nicht. Beides hat seine Berechtigung.
Timm Reinisch schrieb: > cool. Lieferst du auch noch eine Begründung? (Für die Fingerabdrücke, > DNA ist klar) Eigentlich ist es relativ einfach. Abdrücke sind oft nicht optimal und werden subjektiv von Menschen beurteilt. Mit persönlich reicht mir eigentlich schon als Begründung. http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/spur-unter-verdacht-1.5829425 "Four suspect cards with prints of all ten fingers were provided together with seven latents. Of 156 people taking the test, only 68 (44%) correctly classified all seven latents." http://en.wikipedia.org/wiki/Fingerprint
A. K. schrieb: > Sind dir Zeugenaussagen lieber? Mir nicht. > > Menschen urteilen über Menschen. Das war nicht perfekt und wird es nie > sein. Jedes einzelne Detail von Gerichtsverfahren ist zwangsläufig > fehlerbehaftet und die meisten Fehler sind nicht quantifizierbar. Die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit von Zeugenaussagen kann durch Psychologen als Gutachter bei Bedarf näher festgestellt werden. Trotzdem sind auch mir Zeugenaussagen ob mit oder ohne gutachterlicher Prüfung nicht lieber als ein eindeutiger Beweis.
Axel Schwenke schrieb: > Die Untersuchung eines Einzelfalls wäre trotzdem kein Beweis. Über die Anwendbarkeit des mathematischen Beweisbegriffs auf den hiesigen Kontext wurde ja schon diskutiert. > Die Aussage die es zu beweisen gilt ist: > > Es gibt keine zwei Personen, deren Fingerabdrücke [1] nach den geltenden > forensischen Standards als identisch bewertet [2] würden. Ja, das lässt sich mathematisch in der Tat nicht beweisen. Und nun? Man muss sich wohl an Statistik und Wahrscheinlichkeit halten. Und da gibt es Studien, die auch eineiige Zwillinge betreffen.
A. K. schrieb: > "Four suspect cards with prints of all ten fingers were provided > together with seven latents. Of 156 people taking the test, only 68 > (44%) correctly classified all seven latents." > http://en.wikipedia.org/wiki/Fingerprint und daraus leitest du eine Sicherheit von 10^6 ab? Ok. Vielleicht noch zwei drei erläuternde Worte?
Uhu Uhuhu schrieb: >> Sind dir Zeugenaussagen lieber? Mir nicht. > > Beides hat seine Berechtigung. Unbestritten. Allerdings sind sie notorisch unzuverlässig, beispielsweise bei der Schilderung der Reihenfolge von Ereignissen. Das Gehirn ist seit Jahrmillionen darauf trainiert, Ursachen und Wirkungen in Beziehung zu setzen, und das führt nicht selten zu Verdrehungen. Ich wehre mich hier im Thread ja auch nur dagegen, dass Leute den mathematischen Beweisbegriff unbedingt in einen Themenbereich einbringen, der sich dafür nicht eignet.
Timm Reinisch schrieb: > und daraus leitest du eine Sicherheit von 10^6 ab? Wo bitteschön habe ich das getan? Ich hatte diese Zahl ausdrücklich als willkürlich angeführt. Zudem besteht ein gewaltiger Unterschied zwischen der numerischen Wahrscheinlichkeit, die sich aus den Anzahl der Merkmale ergibt, und dem realen Umgang mit Abdrücken. Und genau diesen Unterschied illustriert das Zitat.
Wer sich schon die Mühe macht den Fingerabdruck von jemanden zu organisieren und zu kopieren, den hindert auch kaum was daran noch ein paar DNA-Spuren (Blut, Spucke, Hautschuppen) zu verteilen. Und diese biometrischen Merkmale verteilt man dann ja auch unbedacht und unkontrolliert. Andere Indizien wie die allbekannten Schmauchspuren/GSR(gun shot residue) sind ja eigentlich auch so allgemein, das man ja nicht mal selber schießen muss, sondern nur im selben Raum sein muss um positiv getestet werden zu können.
A. K. schrieb: > Unbestritten. Allerdings sind sie notorisch unzuverlässig, > beispielsweise bei der Schilderung der Reihenfolge von Ereignissen. Das > Gehirn ist seit Jahrmillionen darauf trainiert, Ursachen und Wirkungen > in Beziehung zu setzen, und das führt nicht selten zu Verdrehungen. Dafür gibts dann die Rechtspsychologie. Diese Probleme sind den Kriminologen auch nicht fremd. Aber auch das sind alles nur Menschen, die irren können trotz guter Ausbildung und Erfahrung.
Dave B. schrieb: > Andere Indizien wie die allbekannten Schmauchspuren/GSR(gun shot > residue) sind ja eigentlich auch so allgemein, das man ja nicht mal > selber schießen muss, sondern nur im selben Raum sein muss um positiv > getestet werden zu können. Dazu kommt bei so gut wie allen Spuren, daß sie keine Zeitinformation enthalten. Daß dein Fingerabdruck auf dem Plastiksack prangt, in dem die Bombe verborgen war, heißt noch lange nicht, daß du sie hineingepackt hast.
Karl-Heinz M. schrieb: > Die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit von Zeugenaussagen kann durch > Psychologen als Gutachter bei Bedarf näher festgestellt werden. Es geht mir dabei weniger um bewusste Fehler, d.h. vorsätzliche Falschaussagen, als vielmehr um fehlerbehaftete Erinnerungen bzw. deren Wiedergabe. Die Vorstellung, dass Menschen bei bestem Willen zuverlässig in der Lage sind, einen Ablauf von Ereignissen exakt wiederzugeben, halte ich für falsch. Da werden Psychologen im Einzelfalls auch nicht weiterhelfen. Beispiel: Es knallt und jemand fällt um, zeitlich dicht beieinander. Da diese Ereignisse in Bezug gebracht werden können, besteht eine grosse Wahrscheinlichkeit, dass Zeugenaussagen allein deshalb erst den Knall und dann den Fall berichten werden. Unabhängig vom exakten Ablauf. Das Gehirn wurde in Jahrmillionen darauf trainiert, Ursache und Wirkung in Beziehung zu setzen. Also tut es das auch dort, wo man es nicht will (und erzeugt nebenbei willkürliche auch nicht existierende Ursachen, worauf Geister und Religionen basieren). Karl-Heinz M. schrieb: > Dafür gibts dann die Rechtspsychologie. Diese Probleme sind den > Kriminologen auch nicht fremd. Natürlich (hoffe ich mal ;-).
:
Bearbeitet durch User
was ist dann noch als absoluter Beweis anzusehen? Werden hierdurch nicht manche (Fehl-)Urteile verständlicher und nachvollziehbarer?
:
Bearbeitet durch User
Karl-Heinz M. schrieb: > was ist dann noch als absoluter Beweis anzusehen? Es gibt keinen. Das war nur wieder der Versuch, einen mathematischen Begriff einzuführen. ;-) > Werden hierdurch nicht > manche (Fehl-)Urteile verständlicher und nachvollziehbarer? Ja.
:
Bearbeitet durch User
A. K. schrieb: > Es geht mir dabei weniger um bewusste Fehler, d.h. vorsätzliche > Falschaussagen, als vielmehr um fehlerbehaftete Erinnerungen bzw. deren > Wiedergabe. Hier ist ein recht interessanter Artikel zu diesem Thema: http://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article122012087/Auch-das-beste-Gedaechtnis-ist-sehr-fehleranfaellig.html
Karl-Heinz M. schrieb: > was ist dann noch als absoluter Beweis anzusehen? Wieso "noch"? Es gibt in diesem Kontext keine "absoluten Beweise". > Werden hierdurch nicht > manche (Fehl-)Urteile verständlicher und nachvollziehbarer? Es gibt sehr viele Ursachen für Fehlurteile. Unter anderem auch die falsche Würdigung der Bedeutung von Beweismitteln.
J.-u. G. schrieb: > Wieso "noch"? wenn Beweise und Aussagen falsch eingestuft werden (können), was bleibt dann noch, um die Schuld oder Unschuld festzustellen?
:
Bearbeitet durch User
Absoluten Beweis gibts ja nicht. Zeugen vergessen/irren und Spuren können zufällig oder gelegt sein. Richter und Geschworene können sich auch unpassend anstellen/verhalten. Eigentlich kann als absoluter Beweis/Zeuge nur die jeweilige omnipotente Sagengestalt oder Abgesandter erscheinen und sagen "Ich bin allwissend und das ist geschehen. Presto!" Oder 'ne Beobachtungszeitmaschine.
Karl-Heinz M. schrieb: > wenn Beweise und Aussagen falsch eingestuft werden (können), was bleibt > dann noch, um die Schuld oder Unschuld festzustellen? Schuld und Unschuld sind ja ziemlich abgehobene Begriffe. Bei der Würdigung von Beweismitteln geht es ja zumeist um Aufklärung eines Sachverhalts. Und da ist der Sachverstand der beteiligten Personen gefragt. Du hast recht, es besteht die Möglichkeit (und kommt auch vor), dass Beweise, aus allen möglichen Gründen, falsch beurteilt werden. Das liegt letztendlich in der Natur der Sache. Welche Alternative schwebt Dir vor?
Karl-Heinz M. schrieb: > wenn Beweise und Aussagen falsch eingestuft werden (können), was bleibt > dann noch, um die Schuld oder Unschuld festzustellen? Richter und/oder Geschworene, die sich ein Bild vom Sachverhalt machen, und zu einem Urteil kommen. Und damit falsch liegen können. Es mag intuitiv seltsam klingen, aber Strafrecht ist unweigerlich auch ein Kompromiss zwischen dem Anspruch, stets nur "absolut sichere" Urteile zu sprechen, und dem Anspruch der Gesellschaft, Verbrecher zu betrafen bzw. zeitweilig verschwinden zu lassen. Eine Justiz, die zu häufig aus als übertrieben wahrgenommener Vorsicht niemanden verurteilt, führt letztlich zur Lynchjustiz mit dem umgekehrten Ergebnis. Eine Justiz, die zu häufig als unschuldig Wahrgenommene verurteilt, wird als willkürlich angesehen und zwar gefürchtet, aber nicht respektiert. Es gilt, einen vernünftigen Mittelweg zu finden. Weshalb es dabei auch recht verschiedene Systeme und Traditionen gibt. Fehler sind ein letztlich nicht vermeidbarer Teil aller solcher Systeme. Man sollte sie minimieren, aber man kann sie nicht vollständig ausschliessen.
:
Bearbeitet durch User
A. K. schrieb: > Fehler sind ein > letztlich nicht vermeidbarer Teil aller solcher Systeme. Man sollte sie > minimieren, aber man kann sie nicht vollständig ausschliessen. und nur hoffen, dass man selbst nie da rein gerät.
Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.