Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Definierte Luftfeuchtigkeit erzeugen / regeln


von Oliver (Gast)


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Hallo, Frage an alle, die beruflich mit Klimaschränken / Environmental 
Tests zu tun haben:

Ich möchte mir eine (sehr) kleine Klimakammer bauen, in der ich 
Elektronikkomponenten überschaubarer Größe (bis ca. 300 x 300 x 300 mm) 
selbst testen kann, im Prototypenlabor. Das ganze dient nicht der 
endgültigen Zertifizierung, sondern es soll einmal als 
Pre-Compliance-Test herhalten (haben ich so eine Chance), zum anderen 
soll es als Hilfe dienen, garantierte Eigenschaften einer Komponente 
festzulegen. Zum Beispiel die Genauigkeit eines Messwertes bei 
verschiedenen Umgebungsbedingungen (schreibe ich +/- 1% in das 
Datenblatt oder doch lieber +/- 2%).

Das Budget ist leider sehr, sehr begrenzt, Selbstbau mit möglichst viel 
vorhandenem Material ist angesagt. Die Möglichkeiten der Werkstatt hier 
sind aber ganz gut.

- eine gut isolierte Kammer ist vorhanden
- Feuchtigkeit und Temperatur MESSEN ist kein Problem
- eine Stellgröße "füttern" bekommen wir auch hin
- für Heizen und Kühlen haben wir schon ganz gute Ideen, die gerade 
getestet werden

Allerdings fehlt im Moment noch der Geistesblitz, wie wir eine 
definierte relative Luftfeuchtigkeit einstellen und halten können. Bei 
unseren Tests typisch zu erreichende Werte sind 85 bis 95% rel. Feuchte.

Eine Idee war, einen Wasserkocher in die Kammer zu stellen, der die 
Temperatur so anpasst, das gerade genug Wasser verdunstet. Dabei stellen 
wir es uns aber schwierig vor, schnell genug zu messen und einen Regler 
dafür auszulegen. Auch muss die angefeuchtete Luft gut umgewälzt werden, 
damit etwas sinnvolles herauskommt. Ein normaler Ventilator hätte aber 
auf Dauer bestimmt etwas gegen Wasserdampf...

Eine andere Idee war ein Druckkessel, der Wasser enthält und so beheizt 
wird, das ständig ein gewisser Überdruck herrscht. Der wäre außerhalb 
der Kammer. Über ein Magnetventil könnte man dosiert Wasserdampf in die 
Kammer "pusten". Die bräuchte dann aber einen Druckausgleich.

Die nächste Frage ist: Wie bekommt man die Feuchtigkeit wieder raus? Von 
außen mit Frischluft durchspülen und dagegen anheizen?

Ideen und Erfahrungen mit professioneller Technik werden gerne 
entgegengenommen :)

von Michael B. (laberkopp)


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Man misst per Salzlösungen, das ist hobbytauglich und billig.
http://www.d-r-h.de/hilfstabellen/klima_def_luftfeuchte.html
Du siehst, daß manche nicht mal eine genaue Temperatur brauchen.
Also besorge (über eBay) mal ein paar sinnvolle Salze.

von Christoph (Gast)


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Verstehe ich das richtig: Ich stell mir eine NaCl Loesung hin (ganz 
gleich welche Konzentration) und dann stellt sich in der Luft druber 
eine Luftfeuchtigkeit von 75% ein?

Viele Gruesse

von Paul Plan (Gast)


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Im Link steht doch: gesättigte Salzlösung.

von maschbauer (Gast)


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ultraschallvernebler? und kreuzstromwärmetausche benutzen um die 
frischluft vorzuwärmen?

von Gerd E. (robberknight)


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Oliver schrieb:
> Eine Idee war, einen Wasserkocher in die Kammer zu stellen, der die
> Temperatur so anpasst, das gerade genug Wasser verdunstet.

Die Idee finde ich gar nicht so schlecht.

Das mit dem Salz ist zwar genauer, aber es ist im Alltag viel bequemer 2 
Sollwerte einzustellen und der Rest geht automatisch. Auch Kurven fahren 
etc. geht mit dem Salz nicht so einfach.

> Dabei stellen
> wir es uns aber schwierig vor, schnell genug zu messen und einen Regler
> dafür auszulegen.

Wie wolltest Du denn messen daß Dir das zu langsam wird? Ich würde z.B. 
nen SHT25 vorschlagen: 
http://www.sensirion.com/de/produkte/feuchte-und-temperatur/feuchtesensor-sht25/

> Auch muss die angefeuchtete Luft gut umgewälzt werden,
> damit etwas sinnvolles herauskommt. Ein normaler Ventilator hätte aber
> auf Dauer bestimmt etwas gegen Wasserdampf...
Wenn Du mit dem Ventilator bläst und nicht saugst, bekommt der nur die 
Soll-Feuchte im Raum ab, nicht den vollen Wasserdampf. PC-Ventilatoren 
haben sich bei mir als recht robust rausgestellt.

> Die nächste Frage ist: Wie bekommt man die Feuchtigkeit wieder raus?

Genau wie ne Klimaanlage: Kühlen und abtropfen lassen. Wenn die 
Kühlleistung so hoch ist daß es friert, kurz wieder anheizen, dann 
tropft es ab. So machen es z.B. die Gefrierschränke mit Abtau-Automatik.

Für sowas ist ne Fläche mit Peltier-Elementen ganz praktisch.

Relative Luftfeuchte und Temperatur stehen in engem Zusammenhang. Der 
Regler sollte den kennen und berücksichtigen. Muss man sich etwas 
Gedanken machen wie man das am besten programmiert.

von Reinhard Kern (Gast)


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Oliver schrieb:
> Ideen und Erfahrungen mit professioneller Technik werden gerne
> entgegengenommen :)

In einer Richtung regeln ist einfach: man muss bloss Wasser verdunsten 
bis die gewünschte Feuchte erreicht ist. Aber erstens darf dann die 
Regelung nicht überschwingen und zweitens kann man prinzipiell keine 
geringere Feuchtigkeit als in der Umgebung einstellen. So wie man mit 
einer Nur-Heizung auch nur Temperaturen über der Umgebung regeln kann.

Die Feuchtigkeit herunterzukriegen ist viel schwieriger: üblicherweise 
kühlt man die Luft mit einem Klimagerät ab, so dass das Wasser 
kondensiert. Es gibt auch Lufttrockner für Druckluftanlagen, die mit 
chemischen Kreisprozessen arbeiten (und Taupunkte bis -60 C erzielen), 
aber das ist technisch noch aufwendiger, braucht aber weniger Energie.

Wir hatten eine Klimanlage für Temperatur und Feuchtigkeit in der 
Leiterplattenfertigung, die hat zuerst die Zuluft konvetionell gekühlt, 
bis kaum Wasser drin war, und dann mit Verdampfern (so etwa 30 kW) die 
Feuchtigkeit auf den gewünschten Wert gebracht. Sowas kostet aber rund 1 
Mio und verbrät unglaubliche Mengen Energie.

Es ist natürlich viel einfacher, Umgebungsluft reinzublasen, aber dann 
kommt man eben nicht unter die umgebende Luftfeuchte.

Gruss Reinhard

von oszi40 (Gast)


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>Die Feuchtigkeit herunterzukriegen ist viel schwieriger

El. Luftentfeuchter gibt es in jedem besseren Baumakt ab 100€, Frage ist 
eher wie er sein doch recht kleines Volumem damit auf 1% wertstabil und 
reproduzierbar halten kann.

von Hui (Gast)


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Ich wuerd unten in der Messakammer eine offene Wasserflaeche haben, mit 
einer Heizung. Eine Umluft braucht man sowieso. Bei einem besimmten 
kontrollierten Frischluftanteil und eine gewissen Temperatur im Waaser 
sollte man eine stabile Luftfeuchte erziehlen. Ich wuerd da mal eine 
Woche lang messen und einstaellen, und nachher nur noch Steuern und 
nicht mehr regeln.

von MaWin (Gast)


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All die Verfahren mit Wasservedunstung benötigen erst mal einen genauen 
Sensor auf den man sich verlassen kann.

Das Salz-Verfahren benötigt so etwas nicht.

von Georg W. (gaestle)


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Köttermann hatte das mit einem beheizbaren Wasserreservoir, einer 
Umwälzpumpe und einem Verdampfer (Blechplatte) gelöst. Das Wasser wird 
über die Platte umgewälzt, dabei verdunstet je nach den herrschenden 
Temperaturen ein gewisser Teil. Irgendwann hat man dann einen stabilen 
Wert in der Prüfkammer. Die Temperatur des Reservoirs stellt man nach 
einer Tabelle ein.

von Erklärer (Gast)


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Mach es wie die Befeuchter für Beatmungsmaschinen auf der 
Intensivstation: Luft durch Wasser blubbern lassen.

Wenn Du das Wasser auf ca. 90°C oder so aufheizt, dürftest Du über eine 
kleine Aquarium-Luftpumpe schnell und präzise die gewünschte 
Feuchtigkeit in die Kammer einblasen können.

von herbert (Gast)


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Ultraschallvernebler lässt sich gut regeln. Der wird auch dazu benutzt 
um in Räumen ein gesundes Klima zu erzeugen.Wenn sich der feine Nebel 
zudem auf einer Heizplatte niederschlagen kann und verdunsten kann 
schlägt man zwei fliegen (Temperatur und Luftfeuchte)mit einer Klappe.

von MaWin (Gast)


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> Der wird auch dazu benutzt um in Räumen ein gesundes Klima zu erzeugen

Prust.

Du meinst: Den Kalk des Wassers überall gleichmässig als Schmutzschicht 
zu verteilen.

von Reinhard Kern (Gast)


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MaWin schrieb:
> Du meinst: Den Kalk des Wassers überall gleichmässig als Schmutzschicht
> zu verteilen.

Es ist egal, wie du die Feuchtigkeit in die Luft bringst, der Kalk 
bleibt immer übrig.

Auf die Art musst du ihn wenigstens nicht aus dem Gerät entfernen :-)

Gruss Reinhard

von MaWin (Gast)


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> Es ist egal, wie du die Feuchtigkeit in die Luft bringst, der Kalk
> bleibt immer übrig.

Bei Ultraschallverneblern: Nein, die ist dann auf den Möbeln. BTDT.

von Torsten S. (torstensc)


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In unseren Schränken von Kendro (früher Heraeus, heute Thermo) sitzt ein 
Verdampfer. Das ist ein isolierter Heizblock der intern auf ca. 500° 
aufgeheizt ist. Mit einem Wasserbehälter und einem kleinen Ventil wird 
durch die Schwerkraft Wasser in kleinen Portionen durch einen Schlauch 
in den Verdampfer geleitet. Der Ausgang des Verdampfers wird per kleinem 
Schlauch in den Probenraum geleitet. Damit kann ich problemlos 30-95rH 
einstellen.
Die Firma Binder löst das anders. Auf dem Boden des Schrankes steht eine 
große Schale mit Wasser. Durch die Wärme im Schrank stellt sich 
automatisch die maximale Luftfeuchte für die entsprechende Temperatur 
ein. Zusätzlich ist auf dem Boden eine kleine Schale angebracht. Unter 
dem Edelstahlboden direkt unter der Schale ist die Isolierung ausgespart 
und ein Lüfter eingesetzt. Je nach Lüfterdrehzahl kühlt der Boden der 
Schale ab und es kondensiert ein Teil der Feuchtigkeit in der Schale. So 
kann man die Feuchtigkeit auch relativ genau regeln.
Beide Schränke haben im Innenraum einen Lüfter zum Umwälzen der 
Innenluft.

Torsten

von herbert (Gast)


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MaWin schrieb:
> Bei Ultraschallverneblern: Nein, die ist dann auf den Möbeln. BTDT.

Schon mal was von destiliertem Wasser gehört?

von Frank (Gast)


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Kommt darauf an, wie du "kleine Klimakammer" definierst. ICH würde mit 
folgendem Ansatz einsteigen:

- Peltier-Elemente, die können heizen und kühlen, je nach Stromrichtung 
und Intensität. Allerdings würde ich die nicht direkt in die Kammer 
bauen, sondern in einem Kanal bzw. "Nebenraum" und per Lüfter eine 
Umfuftfunktion realisieren.

- Ultraschall-Zerstäuber für den Wassergehalt

Rel. Luftfeuchte und Temperatur sind eng gekoppelt. Senbsoren dafür sind 
kein Problem, die Regelungs-Hardware ist auch nicht der Hit, aaaber die 
Regel-Strategie (Software-Problem) hats wirklich insich ...

von Oliver (Gast)


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Frank schrieb:
> die Regelungs-Hardware ist auch nicht der Hit, aaaber die
> Regel-Strategie (Software-Problem) hats wirklich insich ..

Einfach mit der absoluten Feuchtigkeit rechnen und diese auch regeln :) 
Dafür reichen Druck und Temperatur, beide Werte sollten in einer 
Klimakammer sowieso gemessen werden.

Die Messwerte für Temperatur, Druck und relative Feuchte ergeben bei 
bekanntem Volumen die Masse des in der Kammer enthaltenen Wasserdampfes.

Der Sollwert wird auf die gleiche Weise ermittelt. Somit ist bekannt, 
wieviel Wasserdampf zusätzlich in die Kammer eingebracht werden muss 
bzw. wieviel herausgelüftet werden muss.

Die Auslegung des passenden Reglers dürfte sich wohl hauptsächlich nach 
der Trägheit des Gesamtsystems richten - besonders die Messung ist recht 
langsam.

von Gerd E. (robberknight)


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Oliver schrieb:
> Die Messwerte für Temperatur, Druck und relative Feuchte ergeben bei
> bekanntem Volumen die Masse des in der Kammer enthaltenen Wasserdampfes.

Woher kennst Du das Luftvolumen in der Kammer? Wenn Dein Prüfling 
drinsteht und der 3/4 des Volumens füllt sehen die Werte ein wenig 
anders aus als wenn die Kammer leer ist...

von John D. (Gast)


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herbert schrieb:
>
> Schon mal was von destiliertem Wasser gehört?

Nein. Hat das was mit destilliertem Wasser zu tun?

von herbert (Gast)


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John Drake schrieb:
> Nein. Hat das was mit destilliertem Wasser zu tun?

Der Vorwurf des verkalkens schon...

von Heiner (Gast)


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Einmal reinscheissen, dann klappt das.

von Amateur (Gast)


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Eine Winzigkammer...

Wasser mittels Wärme verdunsten und dann auch noch mit normalen 
Temperaturen arbeiten... Hat die Quadratur des Kreises doch geklappt?

Feuchte mittels Salz reduzieren... Du brauchst für die Tests ganz schön 
feucht bis reichlich trocken. Darüber hinaus nimmt Salz die Feuchte über 
die Oberfläche auf, d.h. große Fläche - große Wirkung - kleine Fläche... 
Also auch nix mit klein.

Natürlich kannst Du eine kleine Messkammer verwenden, aber für 
definierte Verhältnisse brauchst Du Volumen möglichst in ausreichender 
Bewegung, damit die Werte für Temperatur und Feuchte definiert 
festgelegt und gemessen werden können. Durchmischung hat in diesen 
Fällen noch nie geschadet. Also auch nix mit klein.

Ich würde ein abgeschlossenes Volumen mittels Ultraschallverdampfer (+) 
oder Pelztierkühler (-) auf definierte Feuchte bringen. Dummerweise 
wirken sich beide Verfahren auch auf die Temperatur aus. Anschließend 
würde ich mich um Selbige kümmern.
Dabei kann ein Mikroprozessor sehr hilfreich sein, da die relative 
Feuchte (Arbeitsfeuchte) stark von der Temperatur abhängt und man vorher 
wissen muss wie sich die Feuchte mit der Temperatur verhält.

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