Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Netzwerktheorie: Impedanzkurve in minimales Ersatzschaltbild konvergieren


von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Hallo!
Nehmen wir eine beliebige Impedanzkurve an. Wie kann man sie in ein 
minimales Netz von RLC-Bauelementen konvergieren? Gibts da einen Ansatz?

Irgendwie komme ich da nicht weiter und würde mich über Ansätze freuen.

von N. B. (saint1234)


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Hey Hey, ich bin kein Profi und bitte korrigiert mich falls ich falsch 
liege, aber ich würde eine Impedanzkurve auch als Ortskurve sehen.

Je nachdem wie diese aussieht kannst du sehen ob ein L/C vorhanden ist 
sowie R.

Stichwort: Ortskurve vlt Hilft dir das weiter

von N. B. (saint1234)


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Sorry mein Fehler 2 verschiedene Sachen. Vlt kannst du ein Bild deiner 
Kurve posten damit man ein einblick bekommt.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Hier ein Beispiel.

Ich habe dann per Hand eine Kette von Induktivitäten erzeugt und das 
iterativ angenähert. Bei mehr als 4 Elementen wird es aber so kopfkrank, 
daß ich es nicht mehr so hinkriege. Daher ist nur der obere/rechte 
Frequenzbereich fertig.

von Rainer Z. (razi)


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Hai!

Abdul K. schrieb:
> Nehmen wir eine beliebige Impedanzkurve an. Wie kann
> man sie in ein minimales Netz von RLC-Bauelementen
> konvergieren?

Herumprobieren :-/

> Gibts da einen Ansatz?

Für das allgmeine Problem, wie Du es formuliert hast
("beliebige Impedanzkurve", "minimales Netz") kenne ich
keinen Lösungsansatz, nein.

Für eingeschränkte Probleme gibt es teilweise Lösungen, ja.

> Irgendwie komme ich da nicht weiter und würde mich über
> Ansätze freuen.

Wäre interessant, was Du an sicherem Vorwissen über das
Netzwerk hast. Kannst Du grobe Angaben über den
Impedanzverlauf machen? Weisst Du ausser dem Impedanzverlauf
noch irgendwas?
Anzahl der Bauelemente?
Anzahl der Blindwiderstände?
Minimalphasensystem oder allpasshaltig?
Können ideale Bauelemente angenommen werden, oder müssen
parasitäre Effekte beachtet werden?

Man wird sicher iterativ vorgehen müssen, aber der genaue
Weg hängt ganz sicher davon ab, was Du an Vorwissen
herausbekommen kannst.

Grusz,
Rainer

von Simon K. (simon) Benutzerseite


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Du meinst "konvertieren" und nicht "konvergieren" oder?

http://de.wikipedia.org/wiki/Netznachbildung

von Nachtaktiver (Gast)


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Hallo Abdul,

Das ist schön möglich.. ..aber - Du Benötigst die Impendanzfunktion des 
Netzwerkes welcher als Ketten/Partial -Bruch dargestellt wird. Wenn man 
diese Funktion nun im Laplace Bereich analysiert kann man auf Gewisse 
Charactaristiken schließen und anschließend berechnen.

Sowas hatte ich mal exemplarisch für gegebene Funktionen in einer 
Vorlesung berechnet, aber ich denke bei deinen Praxisbeispiel ist dieses 
Verfahren nicht mehr praktisch durchführbar. Ich halte das eher für ein 
Akademisches Spielchen.

Da ist höhere Mathematik im Spiel und falls es dich interessiert suche 
mal mit folgenden Begriffen im Netz und mache dich schlau:
- First/Second Cauer Form
- First/Second Foster Form
- Foster's reactance theorem
- Equivalent impedance transforms
- Passive two-terminal network synthesis

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Ja Nachtaktiver. Da hast du wohl recht.


Natürlich muß es konvertieren heißen. Soll ein Mod die Themenüberschrift 
bitte ändern.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Wer mit LTspice spielen will, hier das komplette Projekt. Wie man sieht, 
ist meine gebastelte Kurve schon nicht schlecht. Aber was kann man sonst 
machen um es zu generisieren?
Eventuell läuft es auch in anderen SPICEs.

Die drei Kurven sind:
rot: Malack-Messungen von 20KHz bis 30MHz
blau: Niederfrequenz-Ersatzschaltbild
grün: meine Approximation für den HF-Bereich

Aufgabe ist es nun, aus blau und grün einen stetigen Übergangsbereich zu 
machen.
Am Ende muß ein simulationsfähiges Ersatzschaltbild vorhanden sein. Oder 
zumindest eine Idee davon ;-)

von Rainer Z. (razi)


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Hai!

Abdul K. schrieb:
> Aufgabe ist es nun, aus blau und grün einen stetigen
> Übergangsbereich zu machen.

Kannst Du nicht zu L9 (also direkt zu L9) einen
Widerstand von ca. 400mOhm in Reihe schalten? Das sollte
schonmal die horizontale Asymptote liefern, die die blaue
Kurve unter 100Hz hat.

Gegebenenfalls den Zweig mit L9+400mOhm in mehrere
parallele L-R-Zweige mit unterschiedlichem Tau
aufspalten, um den Übergang etwas zu pimpen.

Grusz,
Rainer

: Bearbeitet durch User
von ArnoR (Gast)


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Abdul K. schrieb:
> Aufgabe ist es nun, aus blau und grün einen stetigen Übergangsbereich zu
> machen.
> Am Ende muß ein simulationsfähiges Ersatzschaltbild vorhanden sein.

Meinst du sowas wie im Anhang? Die Widerstände legen die Asymptoten fest 
und die Induktivität macht den 20dB/dec-Anstieg über die Frequenz. Die 
Impedanzkurve liegt genau zwischen deiner blauen und grünen.

von Helmut S. (helmuts)


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Der Serienwiderstand ist schon mal ein guter Anfang. Allerdings soll der 
Anstieg der Impedanz proportional Wurzel(f) sein wegen dem Skin-Effekt. 
Für den Zweck war der frühere Ansatz mit mehreren RL-Glieder schon mal 
gut.

: Bearbeitet durch User
von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Der Ansatz mit der Abdulimpedanz kam mir später in der Waagerechten auch 
noch. Ist wohl einfach so, daß die Steigung durch das Verhältnis 
zwischen R und X definiert ist. Die Altvorderen hatten viel mit 
grafischer Lösung gearbeitet. Mir schwand wo der Begriff "Verlustwinkel" 
herkommt.
Ein Kondensator demnach würde die Kurve wieder fallenlassen.

Ich bin mir nur unsicher beim Zwischenstück zwischen 100Hz und 20KHz. 
Die übliche LISN (geht nur bis 9KHz) hat da einen Kondi bei einigen KHz 
drin, was die Kurve kurzzeitig nochmal fallen läßt. Ist das ein 
Konstrukt um die Eingangs- von der Ausgangsimpedanz zu trennen 
(Netzstörungen also auszusperren), oder IST das so auf der Leitung als 
Effekt(1) vorhanden??

Ich würde jetzt einfach mal behaupten, zwischen 100Hz und 20KHz fehlt 
noch mindestens ein Teilstück (Pol??).


(1): Das würde ja bedeuten, daß die Netzleitung im Nahbereich induktiv 
ist, später kapazitiv wirkt und weiter weggelegen wieder induktiv wird, 
um dann später in den reinen Wellenwiderstand überzugehen (Was dann 
bedeutet, daß die Impedanz längenunabhängig wird). Parallel dazu gibts 
aber die abstandsabhängige Dämpfung auf dem Kabel.
Obiges Ersatzschaltbild konzentriert all diese Effekte an einem Punkt. 
Wie trennt man das wieder auf? Da bin ich wieder bei meiner obigen 
Eingangsfrage.
PS: Irgendwo hatte ich gelesen, daß im Abstand von 8m es zu keiner 
nennenswerten Fernwirkung auf Nachbaranschlüsse mehr kommt. Wobei sich 
diese Aussage wohl auf den Frequenzbereich ab 1MHz bezog.
Also viel Wirkung auf Nachbarsteckdosen bei niedriger Frequenz und wenig 
Wirkung bei hohen Frequenzen. Etwas ungewohnte Vorstellung.

von Kai K. (klaas)


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>Nehmen wir eine beliebige Impedanzkurve an. Wie kann man sie in ein
>minimales Netz von RLC-Bauelementen konvergieren? Gibts da einen Ansatz?

1. Selbst wenn du ein System perfekt annähern kannst, gibt es oft mehr 
als nur eine Lösung. Man denke an die Äquivalenz von Reihen- und 
Parallelersatzschaltungen.

2. Du solltest vorher eine Vorstellung von der Art des Netzwerkes haben, 
also zum Beispiel über die Topologie oder zumindest die Anzahl der 
Imedanzen, etc. Dann kannst du mit statistischen Methoden (Regression, 
F-Test, ...) eine wahrscheinlichste Lösung finden. Natürlich muß dazu im 
schlimmsten Fall jede nur denkbare Topologie "durchgespielt" werden.

3. Meßfehler der Impedanzkurve machen dein Verfahren zusätzlich ungenau, 
wenn nicht sogar unmöglich.

Wir haben so etwas mal an der Uni gemacht, im Ramen des Physikstudiums 
in Verbindung mit einem Systemtheorie-Praktikum. Hier haben wir 
versucht, in einem realen Spektrum mit Untergrund (Compton-Kante, 
Escape-Peaks, etc.) und mehreren teilweise nur schwach ausgeprägten 
Peaks Lorentzlinien hineinzufitten. Oft spielt es in der Physik eine 
Rolle, ob da in einem Spektrum noch ein zusätzlicher Peak vorhanden ist 
oder nicht. Hier ist mal ein solches Spektrum:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f2/Am-Be-SourceSpectrum.jpg

Die numerische Regression dazu war außerodentlich zeitintensiv und als 
Ergebnis liefert der F-Test dann lediglich eine mehr oder weniger 
aussagekräftige Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Annahme eines 
zusätzlichen Peaks.

In deinem Beispiel wird dir die Physik der Anwendung ja eine Topologie 
vorgeben, etwa wie bei einem Lausprecherchassis. Dann fittest du die 
Bauteilwerte in die Kurve und wenn es eine nicht tolerierbare Abweichung 
gibt, versucht du ein zusätzliches Bauteil hinein zu modellieren...

: Bearbeitet durch User
von wosnet (Gast)


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Scheint mir so, als ob mit "Impedanzkurve" nur der Betrag der Impedanz 
über der Frequenz gemeint ist. Was ist mit der Phase?
Also lieber das komplette Bodediagramm anschauen, sonst hat nachher das 
synthetisierte Netzwerk u.U. nur wenig mit dem gewollten gemein.

Ansonsten als Empfehlung: diverse Unis bieten "Lineare Netzwerke", 
"Lineare elektrische Netze" o.ä. Vorlesungen an, dort mal nach Skripten 
suchen und einlesen.

Andere Lösung die mir noch einfällt: Es gibt Programme, die aus 
S-Parameter-Sätzen Breitband-Spice-Modelle aus konzentrierten Elementen 
machen können (z.B. SonnetEM), eventuell liegt ja die gesuchte 
Charakteristik als S-Matrix vor?

von wosnet (Gast)


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von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Nachtaktiver hat hier wohl den machbaren mathematischen Rahmen ziemlich 
gut beschrieben:
Beitrag "Re: Netzwerktheorie: Impedanzkurve in minimales Ersatzschaltbild konvergieren"

Hatte heute Nacht noch einige Stunden rumgesucht und bin genau über 
diese Stichworte gestolpert.

Nur fand ich nichts fertiges im Sinne eines Tools. Es hat sich für mich 
aber gezeigt, daß allein die Beschäftigung damit unglaublich tiefgehende 
Erkenntnisse bringt.

Wenn man bedenkt, daß der Herr Malack bei knapp 100 Messungen eine 
Streuung von 100:1 hat. Die vier negativen Peaks im Diagramm werden 
Resonanzen sein. Leider habe ich keinen Zugriff auf sein Paper. Wenn das 
mir einer besorgen könnte?
ieeexplore.ieee.org/xpls/abs_all.jsp?arnumber=991350
ieeexplore.ieee.org/iel5/15/4090967/04090978.pdf (zweiter Teil des 
Artikels)
Also an jedem nominalen Impedanzpunkt gibt es eine Streuung von 10x bzw. 
0,1x des Wertes. Deshalb ist selber Nachmessen auch eher sinnleer. Da 
müßte ich ja ne Woche durch die Gegend fahren um diesen Datenbestand 
aufzubauen.

Was die Strukturmöglichkeiten angeht: Hm. Induktivität bringt die Kurve 
nach oben, Kapazität nach unten, Widerstand parallel weiter. Da gibts 
offensichtlich kaum Auswahl. Vermutlich nur Cauer oder Foster und sonst 
nix.

Der Einwurf von Helmut mit dem Skin-Effekt, hm. Was soll ich daraus 
folgern? Ist wohlmöglich der Wellenwiderstand nur ne andere Form des 
Skin-Effekts?

: Bearbeitet durch User
von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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wosnet schrieb:
> Scheint mir so, als ob mit "Impedanzkurve" nur der Betrag der Impedanz
> über der Frequenz gemeint ist. Was ist mit der Phase?

Die ist uninteressant. Letztlich ergibt sich die Phase aus der Ableitung 
der Impedanzkurve.


> Also lieber das komplette Bodediagramm anschauen, sonst hat nachher das
> synthetisierte Netzwerk u.U. nur wenig mit dem gewollten gemein.
>

Wir reden schon die ganze Zeit von der Bode-Darstellung.


> Ansonsten als Empfehlung: diverse Unis bieten "Lineare Netzwerke",
> "Lineare elektrische Netze" o.ä. Vorlesungen an, dort mal nach Skripten
> suchen und einlesen.
>

Sorry, da frage ich lieber hier oder googele. Was soll ich an einer 
Uni??


> Andere Lösung die mir noch einfällt: Es gibt Programme, die aus
> S-Parameter-Sätzen Breitband-Spice-Modelle aus konzentrierten Elementen
> machen können (z.B. SonnetEM), eventuell liegt ja die gesuchte
> Charakteristik als S-Matrix vor?

Ich habe keine S-Parameter dazu und bin darin auch nicht fit.

von wosnet (Gast)


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Entschuldige bitte die gut gemeinten Kommentare.

Aber in Deiner Simulation oben schaust Du nur anscheinend nur nach 
Betrag.
Impedanz ist aber Z=r*exp(j*phi), d.h. Betrag und Phase sind relevant.
Verstehe nicht, wie die Ableitung des Betrags die Phase liefern soll.
Und in dem ganzen Thread ist vorher noch nie der Begriff "Bodediagramm" 
gefallen.
Eventuell definierst Du erstmal "Impedanzkurve"? Ist mir während meines 
Studiums und während meiner beruflichen Laufband in der 
Hochfrequenztechnik noch nie untergekommen.

Und sicherlich ist es auch nicht schwer darauf zu kommen, dass man 
Skripte über lineare Netzwerktheorie auch im Netz bei den Unis findet. 
War nur ein gut gemeinter Hinweis, unter welchen Stichworten man noch 
suchen könnte. Nochmals Entschuldigung.

von Kai K. (klaas)


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>Eventuell definierst Du erstmal "Impedanzkurve"? Ist mir während meines
>Studiums und während meiner beruflichen Laufband in der
>Hochfrequenztechnik noch nie untergekommen.

Also, das gibt es schon. Wohl jeder, der mit Lautsprechern zu tun hat, 
kennt die Impedanzkurven:

http://www.sengpielaudio.com/TypischeLautsprecherImpedanzKurven.pdf

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Du mußt dich nicht für deine Ideen und Ratschläge entschuldigen. Ich 
klinge manchmal nur etwas harsch. Bin aber ein ganz Lieber :-))

Die hier verwendete "Impedanzkurve" ist der Betrag des komplexen 
Wertes. Ist dir das genau genug definiert?
Eigentlich dachte ich, diesen Begriff kennt jeder.

Warum die Phase keine Rolle spielt, fällt mir schwer zu erklären. Ich 
verweise da auf meinen Thread "curve-fitter". Helmut hat dort auch einen 
Link dazu gepostet.

Die Ableitung allein wird es nicht bringen. Aber es ist die richtige 
Marschrichtung.


Beachte, daß in doppellogarithmischer kartesischer Darstellung die 
Steigung nicht den Bereich +45° bis -45° überschreiten kann. Das ist 
wohl bei allen passiven linearen Netzwerken so?!?

Und die Frage ist einfach die:
Wie könnte sich die Steigung denn ändern, wenn NICHT ein XL oder XC dran 
rumzieht? Umgekehrt zeigt eine Steigungsänderung daher ein geändertes X 
an!! Außer du bringst mir ein Gegenbeispiel. Gibt es eines?
Bei aktiven Schaltungen mag es anders aussehen. Ich glaube das führt 
dann direkt zur Frage der Stabilität von Verstärkerschaltungen. Bei 
einem Kabel kann das aber nicht passieren, da es nur Verluste geben 
kann.


Aber ehrlich gesagt, wußte ich das 30 Jahre auch nicht. Obwohl wir 
monatelang komplex rechneten. Das ist ja das Schöne an der Elektronik: 
Man findet jedes Jahr mehrmals was für einen persönlich völlig neues, 
dessen Untersuchung vielleicht nicht zu kompletten Verstehen führt, ab 
genug bringt um alte Probleme wesentlich rationaler angehen zu können.

Und wenn mir nun ein Opa sagt, daß wäre doch total simpel und easy. Dann 
glaub ich das sogar. Ich hab mir mal Bücher von vorm Krieg angesehen und 
bin erschrocken, wie gut die damals ausgebildet waren. Da kann man nur 
den Hut ziehen!

von wosnet (Gast)


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Nach Diskussion in unserer Arbeitsgruppe sind wir darauf gekommen, dass 
die Phase schon eine Rolle spielt.

Das gewünschte Gegenbeispiel: Allpass und Kettenschaltung aus zwei 
Allpässen.
Allpass1 und Allpass2 haben z.B. Übertragungsfunktion (1-s)/(1+s)
Die Amplitude ist konstant bei 0dB.
Schalte ich zwei davon hintereinander ist die Amplitude immer noch 0dB, 
aber beide Phasengänge unterscheiden sich deutlich.

Meine Schlussfolgerung wäre, dass man nicht immer von der Amplitude 
allein auf das Netzwerk schließen kann.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Ja, das mag sein. In dem Link von Helmut ist ein Kriterium mathematisch 
hergeleitet. Ich kann das nicht direkt nachvollziehen, weil ich dafür zu 
doof bin oder zu schnelllebig denke.
Wenn du den Thread curve-fitter durchackerst, stellst du fest, daß sich 
die Phase nach dem Optimierungsvorgang wie aus dem Nichts automatisch 
richtig herstellt - obwohl die Eingangsdaten rein skalar waren.

Nach dem gleichen Prinzip kann man auch Lautsprecher vermessen.

Ich denke da ganz praktisch: Mir reicht es wenn ich weiß, das ich für 
alle simplen Netzwerke keinen VNA sondern nur einen SNA brauche. Der ist 
nämlich viel einfacher zu realisieren. (Ich arbeite nicht in einer Firma 
wo solche Geräte zugänglich sind und ich kann mir auch keinen Boliden 
von HP oder so leisten fürs Privatlabor)
Die Phase mitzumessen macht sicherlich Sinn wenn die Messung genauer 
werden soll. Einfach nur wegen der Beschränkungen des Meßgeräts, nicht 
wegen der Mathematik!

Und wie ich sehe, konnte keiner der hier tausenden Mitlesenden es uns 
einfacher erklären. Oder die die es könnten, wollen es nicht. Solche 
Tricks behält man auch gerne lieber für sich.


Aber nett, wenn eine ganze Arbeitsgruppe sich um meine Belange kümmert 
;-))

Könnten die auch die Umwandlung über Laplace und die nachfolgende 
Kettenbruchentwicklung in ein kleines Tool pressen? Dann würde zwar kaum 
einer verstehen wie es geht, aber man hätte eine Lösung die sehr 
universell verwendbar wäre.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Um es nochmal zu verdeutlichen: Die Phase bräuchte man wenn nur bei 
einer einzigen Frequenz gemessen würde. Hier aber ist es eine 
breitbandige Messung. Das ist nichts anderes, als der Vergleich einer 
Reihe von Messungen bei unterschiedlichen Frequenzen!

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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War gerade in der Hochschule hier und hab mir mal 170 IEEE-Papers 
gezogen. Also die obigen zwei gewünschten Papers brauch ich nicht mehr.

Mal sehen welche Erkenntnisse ich finde.

von Arno (Gast)


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Abdul K. schrieb:
> Um es nochmal zu verdeutlichen: Die Phase bräuchte man wenn nur bei
> einer einzigen Frequenz gemessen würde. Hier aber ist es eine
> breitbandige Messung.

Das ist leider in dieser Allgemeinheit falsch. Du kannst zu einer 
Amplitudenkurve beliebig viele unterschiedliche Systeme finden, die sich 
in der Phasenkurve unterscheiden.

Nur wenn du dich auf minimalphasige Systeme beschränkst, kannst du aus 
der Amplitudenkurve die Phasenkurve herleiten.

MfG, Arno

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Ja Arno, das stand bereits mehrfach oben! Wobei eine Definition von 
Minimalphasig für Normalos sicherlich förderlich wäre. Hast du eine?

von Arno (Gast)


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"Ein System wird als minimalphasig bezeichnet, wenn es unter allen 
Systemen mit identischem Amplitudengang den geringsten Phasenhub 
aufweist"

Zitiert aus: Grundlagen der Mess- und Regelungstechnik, Universität 
Karlsruhe (TH), Institut für Mess- und Regelungstechnik, Prof. Dr.-Ing. 
C. Stiller. Gedruckt erhältlich im Shaker-Verlag, Aachen.

Beispiele aus oben genannter Quelle für Übertragungsfunktionen mit 
gleichen Amplitudengang, aber unterschiedlichem Phasengang:

MfG, Arno

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Danke Arno. Ich verstehe es nicht. Wie soll die Schaltung in 
Bauelementen aussehen?
Mich interessieren prinzipiell nur real durch RLC-Bauelemente 
realisierbare Übertragungsfunktionen und auch nur in erster Hinsicht 
welche die nicht NUR mittels DSP-Funktionen realisierbar sind.


Auf Wikipedia ist ein Satz in der Art, daß man ein beliebiges(?) 
Netzwerk durch Abspaltung des Allpassverhaltens in ein minimalphasiges 
System überführen kann. Da NUR der Allpass als Ausnahme dort erwähnt 
wird, folgere ich daraus, das er die einzige Struktur ist die eben nicht 
dieses minimalphasige Verhalten aufweist. Vielleicht gibt es andere, 
'exotischere' (dann müßte man sie nicht weiter beachten und hat Glück).

Bleibt also nur die Frage, wie erkennt man ein Allpassverhalten z.B. in 
einem komplexen Filternetzwerk (was wohlmöglich andere definierten und 
nur als Vorlage sichtlich ist).

Da ich das nicht durchschaue, bleibt mir nur das Experiment. Findet z.B. 
der curve-fitter keine Lösung, dann findet man eben den Grund durch 
Überdenken oder muß sich eine komplett andere Struktur einfallen lassen 
und ein erneutes Experiment starten. Bis eine Lösung da ist.


Schön natürlich für jene, die direkt die mathematische Lösung ansteuern 
können. Ich nicht.

von wosnet (Gast)


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Beim Allpass ist der Betrag konstant, während sich die Phase ändert 
(siehe auch Wikipedia-Artikel).
Man muss das auch für eine Netzwerksynthese nicht "erkennen" ob jemand 
da einen Allpass definiert hat, aber man muss sich halt wohl beides, 
Betrag und Phase anschauen.
Ansonsten baust Du statt einem Allpass (mit besonderem Phasengang) nur 
Widerstände in Dein synthetisiertes Netzwerk, die haben auch konstanten 
Betrag über Frequenz.

Zur Realisierung:
Allpass-Realisierung z.B. Boucherot-Brücke, steht auch im 
Wikipedia-Artikel.
1/(1+jw) ist ein RC-Glied (bis auf die Konstanten, die hat Arno 
wahrscheinlich der Übersichtlichkeit halber 1 gesetzt).

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Boucherot-Glied realisiert einen Allpass? Noch nie gehört. Muß ich mir 
mal ansehen.

Naja, was soll bitteschön ein frequenzabhängiges Netzwerk nur aus 
Widerständen? Das geht nicht, wenn man die Frequenzabhängigkeit haben 
möchte. Da kann ich dir nicht folgen.
Ein beliebiges Netzwerk aus Widerständen läßt sich grundsätzlich zu 
einem einzigen Widerstand reduzieren. Umgekehrt geht es natürlich auch, 
z.B. wenn man aus E12-Widerständen einen krummen Wert realisieren 
möchte.


Ich kann es nur nochmal in Kurzform wiederholen, was der curve-fitter 
Thread macht:
Aus einer skalaren Breitband-Amplitudenmessung und einem vorher 
definiertem minimalen RLC-Ersatzschaltbild (ohne Werte) werden die Werte 
der Einzelbauelemente des ESB berechnet. Die Phase ist irrelevant als 
Eingangsmessgröße. Nach dem Fitten kann man sich die Filterkurve ansehen 
und wenn gewünscht, auch die Phase.


Nach dem gleichen Schema habe ich übrigens auch die obige 
Reihenschaltung von vier Spulen per Hand gefittet. Phasendarstellung 
komplett in der Ausgabe abgeschaltet und nur die Amplitude solange 
manipuliert, bis es paßt. Die Iterationsschritte dabei nach einigen 
wenigen Daumenregeln (z.B. eine Induktivität deckt eine Dekade ab).

von hans (Gast)


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"Da ich das nicht durchschaue, bleibt mir nur das Experiment. "
Abdul K.: Wenn du die hier gemachten Aussagen nicht nachvollziehen 
kannst, wäre ggd. etwas Selbststudium angesagt!

Fakt ist eine komplexe Größe hier die Impedanz wird durch Real- und 
Imaginärteil beschrieben (bzw. durch Betrag und Phase). Wenn du die 
Phase nicht berücksichtigst erhälst du nicht in jeden Fall ein 
äuivalentes  Netzwerk. D.h. im Umkehrschluss wenn du die Phase nicht 
beachtest must du auf irgend eine Art zeigen, dass deine Lösung für 
diesen Spezialfall gültig ist! Was du nun aber versuchst ist zu sagen, 
dass der mathematische Normalfall eine Ausnahme darstellt! Ohne eine 
Begündung ist dieses aber unzuläßig da die Physik im Rahmen der 
Mathematik geschlossen ist.

Aber wir alle wären natürlich an einen Beweis interessiert das ein 
passives NW eineindeutig nur durch den Betragsgang dargestellt werden 
können. Übrigens eine Ortskunde ist eine richtige "Impedanzkurve" da 
diese ebenfalls die Phaseninformation enthält (und die Impedanz ist eine 
Komplexegröße die durch Real- und Imaginärteil bzw. Betrag und Phase 
beschrieben werden kann)!

von Kai K. (klaas)


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>Aber wir alle wären natürlich an einen Beweis interessiert das ein
>passives NW eineindeutig nur durch den Betragsgang dargestellt werden
>können.

Naja, die Impedanzen R,C und L haben ja eine wohl definierte 
Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung, also gleichphasig, 90° 
vorauseilend und 90° hinterherhinkend. Mit dem Impedanzfrequenzgang ist 
untrennbar der entsprechende Phasenfrequenzgang verkoppelt. Da steckt ja 
kein zusätzlicher Freiheitsgrad drinnen.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Hier scheint es zwei Gruppen zu geben, das ist offensichtlich. Kai und 
Abdul gegen den Rest der Welt. Fehlt nur noch ein Beitrag von 
5-Buchstabenmann. Gottseindank hat der sich noch nicht hierherverirrt.

Beweise, hm, Selbststudium usw. Ist das nicht etwas vorgeschoben?

Ein empirischer Beweis sind die letzten Diagramme im curve-fitter 
Thread. Was soll man da noch MEHR beweisen? Rein das Ergebnis zählt für 
mich.

Ich habe mir die Lebensgeschichte von Cauer angesehen. Auch er hat sich 
die Zähne dran ausgebissen. Und mit solchen Leuten kann ich es nicht 
aufnehmen. Die sind mir in der Theorie haushoch überlegen.

Das Selbststudium besteht bei mir nun aus 170 Dokumenten, aber bereits 
nach wenigen Tagen wird nun hier von mir erwartet, daß ich die alle 
durchgeackert hätte. Wie krank ist das denn? Könnte es sein, rein 
rhetorisch, daß hier viele einfach nur das Ergebnis abgreifen wollen?
Das wird eine Woche dauern, eine Übersicht per Querlesen zu bekommen und 
sicherlich 2 Monate bis ich wirklich durch bin. Und exakt Nachvollziehen 
werde ich 95% der Infos auch nicht.

Und das es unendlich viele Lösungen für einen Amplitudengang gibt, ist 
mir klar. Es geht darum, eine möglichst effiziente Lösung zu finden. Das 
heißt hier ganz konkret: Abbildung NUR durch die drei Bauelementtypen R 
L C in einem kaufbaren Werte- und Genauigkeitsbereich mit möglichst 
wenig Typenvarianten, bevorzugte Reihenfolge R, dann C, dann L, in einer 
möglichst übersichtlichen und genauigkeitsbegrenzten Struktur.
Aus der Sicht der Mathematik ist das vermutlich ne extreme 
Einschränkung.

Das als Zwischenstand. Vielleicht hat jemand noch was konstruktives 
beizutragen. Ansonsten harrt der Dinge. Vielleicht poste ich irgendwann 
was erbauliches dazu - oder gebe auf. Die Lösung ist für mich nicht 
lebensnotwendig.

von dadada (Gast)


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Abdul K. schrieb:
> Die Lösung ist für mich nicht
> lebensnotwendig.

Ich habe es vielleicht überlesen, aber wozu brauchst Du die Nachbildung?

von Kai K. (klaas)


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>Und das es unendlich viele Lösungen für einen Amplitudengang gibt, ist
>mir klar. Es geht darum, eine möglichst effiziente Lösung zu finden.

Mir fallen jetzt vier Punkte ein:

1. Du kennst das physikalische System und hast eine konkrete Vorstellung 
von der Ersatzschaltung. Beispiel Tieftonchassis. Da gibt es dann nur 
noch eventuell mögliche Zusatzterme um Luftreibung, Skinneffekt, oder 
was weiß ich noch, zu modellieren. So eine Ersatzschaltung ist dann 
sinnvoll, weil es dir eine physikalische Interpretation erlaubt.

2. Du hast einen Algorithmus, der dir mit meinetwegen statistischen 
Methoden eine "einfachste" und "wahrscheinlichste" Konfiguration 
ausspuckt. Aber was nützt dir das, wenn aus dem Ersatzschaltbild die 
physikalischen Zusammenhänge gar nicht mehr erkennbar sind, es sich also 
garnicht mehr um eine "Ersatzschaltung" im wörtlichen Sinne handelt, 
sondern nur um ein willkürliches Artefakt, das nur rein zufällig die 
gleiche Impedanzkurve erzeugt?

3. Du erzeugst eine "Ersatzschaltung" mit einem systematischen, 
meinetwegen mathematischen Verfahren. Beispielsweise, in dem du von den 
größeren globalen Strukturen zu den immer kleinere Feinstrukturen 
herabmodellierst. Beispielsweise erkennt man in deinem Impedanzspektrum 
eine globale Kurve, die leicht ansteigt, die von vielen Resonanzen 
(lokales Impedanzmaximum gefolgt von lokalem Minimum) überlagert wird. 
Die Resonanzen erinneren mich an parallel geschaltete, unterschiedliche 
Caps, die mit ihren individuellen Reihenersatzschaltungen die wohl 
bekannten Resonanzen erzeugen.

Jetzt die gleiche Frage wie oben: Aber was nützt dir das, wenn aus einem 
solchermaßen fabrizierten "Ersatzschaltbild", das ja ganz die 
Handschrift des gewählten Modellierungsverfahrens trägt, die 
physikalischen Zusammenhänge gar nicht mehr erkennbar sind, es sich also 
garnicht mehr um eine "Ersatzschaltung" im wörtlichen Sinne handelt, 
sondern nur um ein willkürliches Artefakt, das nur rein zufällig die 
gleiche Impedanzkurve erzeugt?

4. Wirklich problematisch wird es, wenn du Meßfehler der Impedanzkurve 
mitberücksichtigen willst. Dann kann dein Verfahren zur Bestimmung eines 
Ersatzschaltbildes chaotisch werden. Dann liefert eine falsche, 
aufwendigere Ersatzschaltung eventuell eine bessere Übereinstimmung mit 
den Messwerten als die korrekte, einfachere Ersatzschaltung. Die 
Messfehler geben dann deinem System mehr Freiheitsgrade als in 
Wirklichkeit vorhanden sind. Du müßtest deinem System also noch 
mitteilen, wie es die Abweichungen zu interpretieren und zu gewichten 
hat. Gut, eine Streukapazität hier und da könnte man noch 
mitmodellieren, ist ja auch real vorhanden. Aber was ist mit zufälligen 
und unbekannten systematischen Fehlern?

Was du von deinem Algorithmus letztlich verlangst, ist nicht weniger, 
als daß es intelligent ist...

: Bearbeitet durch User
von Helmut S. (helmuts)


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Es ist doch unsinnig eine einmalig gemessene Netzimpedanz nachzubilden. 
Die "Dellen" im Frequenzgang können durch zufällig im Haus 
angeschlossene Geräte(Netztfilter der Geräte) herrühren. Lass die Dellen 
weg und du wirst eine allgemein gültiges Modell erhalten.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Es geht um die Erstellung eines Breitbandmodells für 
Strometz-Anschlüsse.

Ich möchte am Ende drei Kurven im Modell auswählen können für min nom 
max von 50Hz bis 10MHz so in etwa. Dellen finden da keine Beachtung, 
denn die sind die Ergebnisse einer verteilten Struktur simuliert durch 
Transmission Lines (TL).

Der Vorteil des Ansatzes von Malack ist die reale Abbildung inkl. 
angeschlossener Geräte.
Der Gegenentwurf (den es im Web öfters zu finden gibt) ist die 
Modellierung durch eine Abbildung der Gebäudegeometrie durch TLs. Was zu 
einem unnötig komplizierten und rechenintensiven SPICE-Modell führt. 
Statistisch angeschlossene Geräte müßen dabei auch noch extra eingebaut 
werden.

von MiWi (Gast)


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Abdul K. schrieb:
> Ich denke da ganz praktisch: Mir reicht es wenn ich weiß, das ich für
> alle simplen Netzwerke keinen VNA sondern nur einen SNA brauche. Der ist
> nämlich viel einfacher zu realisieren. (Ich arbeite nicht in einer Firma
> wo solche Geräte zugänglich sind und ich kann mir auch keinen Boliden
> von HP oder so leisten fürs Privatlabor)

ein VNWA von www.sdr-kits.com ist nicht teuer und in mnachen Belangen 
durchaus vergleichbar mit den genannten Boliden....

Grüße

MiWi

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