Hallo, EMV-Messungen werden ja häufig in Absorberkabinen durchgeführt. An die Absorber gibt es durch die einschlägigen EMV-Normen und -Standards dabei Anforderungen an die Reflexionsdämpfung. Was mir auffällt, ist dass diese Forderungen erst bei 30 oder 80 MHz beginnen, d.h. nur für den Frequenzbereich darüber werden z.B. 6 dB oder 10 dB gefordert. Unterhalb von 80 MHz gibt es z.B. im MIL-STD oder der VG-Norm keinerlei Anforderungen an die Absorber, sprich es kann auch eine nackte Metallwand sein. Dies wundert mich, denn gerade im unteren Frequenzbereich mit den großen Wellenlängen bin ich doch mit meinem Prüfling und meiner Antenne elektrisch immer sehr nah an der Wand, also im Schwingungsknoten mit E_tan=0. Wenn die Wand hinterm Prüfling also einen Großteil der Leistung reflektiert (weil die Normen hier keine Reflexionsdämpfung vorschreiben), überlagert sich diese Reflexion stets destruktiv mit der Aussendung des Prüfling nach vorne und am Ort der Antenne messe ich dann eine deutlich geringere Feldstärke als ich es im Freifeld tun würde. Das kann doch nicht richtig sein, oder? Wieso schreiben die Normen nur für den Bereich 30/80 MHz - 40 GHz eine Reflexionsdämpfung vor und lassen den Bereich 9 kHz-30/80 MHz außen vor?
Christian schrieb: > ...EMV-Kabine: Absorber erst ab 30/80 MHz nötig?... Ich würde eher sagen, bei niedrigen Frequenzen funktionieren die Absorber nicht, bzw. sie müssten so gross werden, das es keinen Sinn mehr macht. Gruss Harald
Harald Wilhelms schrieb: > Ich würde eher sagen, bei niedrigen Frequenzen funktionieren die > Absorber nicht, bzw. sie müssten so gross werden, das es keinen > Sinn mehr macht. > Gruss > Harald Ok, natürlich ist es schwer, Absorber für niedrige Frequenzen zu realisieren, aber heißt das dann nicht im Umkehrschluss, dass EMV-Messungen (Gestrahlte Störaussendungen) in einer Schirmkabine bei tiefen Frequenzen fragwürdig sind?
Christian schrieb: > Wenn die Wand hinterm Prüfling also einen Großteil > der Leistung reflektiert, [...] überlagert sich diese > Reflexion stets destruktiv mit der Aussendung des > Prüfling nach vorne Ahhh. Und deswegen verwendet man in den sog. Schwarzlicht- scheinwerfern immer metallische Reflektoren - damit sich das Licht vollständig auslöscht! Licht ist doch eine elektromagnetische Welle, oder nicht?! :-)
Rainer Ziegenbein schrieb: > Christian schrieb: >> Wenn die Wand hinterm Prüfling also einen Großteil >> der Leistung reflektiert, [...] überlagert sich diese >> Reflexion stets destruktiv mit der Aussendung des >> Prüfling nach vorne > > Ahhh. Und deswegen verwendet man in den sog. Schwarzlicht- > scheinwerfern immer metallische Reflektoren - damit sich > das Licht vollständig auslöscht! > Licht ist doch eine elektromagnetische Welle, oder nicht?! > > :-) Ich hoffe doch, daß das als Spaß gemeint war. Ich hab nämlich noch kein Licht mit Frequenzen < 30MHz gesehen... Christian hat schon recht, daß es zu Auslöschungen kommen kann. Wie das in der Kabine gehandhabt bzw. vermieden wird, ist mir auch nicht klar.
Hai! ich schrieb: > Rainer Ziegenbein schrieb: >> Christian schrieb: >>> Wenn die Wand hinterm Prüfling also einen Großteil >>> der Leistung reflektiert, [...] überlagert sich diese >>> Reflexion stets destruktiv mit der Aussendung des >>> Prüfling nach vorne >> >> Ahhh. Und deswegen verwendet man in den sog. Schwarzlicht- >> scheinwerfern immer metallische Reflektoren - damit sich >> das Licht vollständig auslöscht! >> Licht ist doch eine elektromagnetische Welle, oder nicht?! >> >> :-) > > Ich hoffe doch, daß das als Spaß gemeint war. Eigentlich nicht... > Ich hab nämlich noch kein Licht mit Frequenzen < 30MHz > gesehen... Das liegt an Deinen Augen, nicht am Licht. Ich hab aber gerade gemerkt, warum mein Vergleich dennoch fehlgeht: Im Falle der EMV-Kabine ist man ja noch deutlich im Nahfeld, was bei Scheinwerfern ganz sicher nicht der Fall ist. Das hatte ich nicht bedacht. Die Frage ist also wesentlich komplizierter, als ich erst dachte. Asche über mein Haupt. Grusz, Rainer
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Christian schrieb: > Ok, natürlich ist es schwer, Absorber für niedrige Frequenzen zu > realisieren, aber heißt das dann nicht im Umkehrschluss, dass > EMV-Messungen (Gestrahlte Störaussendungen) in einer Schirmkabine bei > tiefen Frequenzen fragwürdig sind? Deswegen wird bei niedrigen Frequenzen auch die Funkstörspannung am Netzkabel gemessen, bzw. mit der BCI-Methode eingekoppelt. Gruß Anja
Für die niedrigen Frequenzen verwendet man Ferrite. Diese werden auf das Shielding geklebt. Andere Hersteller schrauben sie auf Holzplatten und montieren diese dann in der Kammer (Shielding). Die Kunst ist es, die Ferrite mit den Absorbern so abzustimmen, dass die NSA passt. Die sollte unter 4 dB sein. Mir ist bis heute kein (brauchbares) Verfahren bekannt, um die Qualität eines einzelnen Absorber (Ferrit) zu beurteilen. Hier ein paar Infos: http://rf.seibersdorf-laboratories.at/products-services/site-validation.html http://www.frankoniagroup.com/cms/de/produkte/anechoic-chambers-rf-shielded-rooms/
Hallo, wie bereits erwähnt, wird bei niedrigen Frequenzen eine Reflexionsdämpfung in der Norm nicht definiert, da dort Kabelgebunden gemessen wird. D.h. entweder wird bei der Immunität ein Störstrom/Spannung in das Kabel eingekoppelt, oder bei der Emission eben ausgekoppelt. Dazu kann man galvanische Schirmkopplung, Koppelzangen oder Koppelnetzwerke nutzen (je nach Signaltyp und Messanwendung). Bei diesen Messungen wird die Schirmkabine dann nur als faradayscher Käfig genutzt. Warum wird Kabelgebunden gemessen: Wenn die Schirmkabine kleiner als die Wellenlänge wird, ist es nicht mehr sinnvoll möglich sein, eine gestrahlte Messung durchzuführen, da man sich im Nahfeld der Messantenne und des Prüflings befindet. D.h. bei 30MHz hat man ein Lambda von 10m --> unter 30Mhz kaum sinnvolle Dämpfungswerte und homogene Felder (Quiet zone) in einer "10m Halle" erreichbar. Im Freifeld hat man das Problem der Rundfunksender, die die Messung - je nach Uhrzeit/Frequenz unterschiedlich überlagern und so die Emissionsmessung verfälschen (mal von der Sendegenehmigung bei Immunität abgesehen). Auch ist eine effektive Einkopplung/Abstrahlung ja nur bei Kabellängen möglich, die bei der Frequenz nicht als zu kurze Antenne angesehene werden können. Typischerweise sind die gepüften Geräte klein gegen die Grenze von 30Mhz anzusehen, die Kabel aber eher länger und undefinierter. Gruss HF-Werkler
Hallo HF-Werkler, danke für die ausführliche Antwort. Dass man im unteren Frequenzbereich den Fokus eher auf leitungsgebundene Messungen legt, aus den von Dir genannten Gründen, klingt nachvollziehbar. Allerdings sehen die Normen ja eben auch Antennenmessungen vor (MIL-STD und VG jeweils ab 10 kHz) und die müssen ja irgendeinene Aussagekraft haben. Zumal der MIL-STD keine Störstrommessungen kennt, d.h. leitungsgebundene Messungen sind nur in Form von Störspannungsmessungen auf der Power-Leitung möglich, was die ganzen Daten- und Verbindungsleitungen und auch die Gehäuse abstrahlen ist nur durch eine Antennenmessung erfassbar. Und auch wenn die ganzen Abmessungen elektrisch klein sind, so ist doch durchaus eine Abstrahlung über die Grenzwerte hinaus möglich, hab schon Grenzwertüberschreitungen bei 300 kHz gehabt (Antennenmessung wohlgemerkt).
Die EMV Abstrahlungs-Messung wird ja auch für Frequenzen >30MHz durchgeführt. Das kommt daher, dass man sich mal auf eine Messentfernung von 10m festgelegt hat (mehr währe ja auch irgendwann lächerlich, da schon eine Halle für riesig ist und daher sehr teuer) Was haben die 10m mit den 30MHz zu tun? -> 30MHz entspricht etwa 10m Wellenlänge. Bei kleineren Frequenzen ist die Wellenlänge größer als die Messdistanz und damit ist man im Nahfeld. Wer im Nahfeld misst, misst Mist! Woher kommen die 80MHz? das sind ca 3,7m -> Für 3m Messplätze (Oft in nicht zertifizierten Labors. Bzw ANSI Normen haben auch einen 3m Grenzwert) Hier bist du halt schon ab 100MHz im Nahfeld. Je kleiner die Frequenz desto größer muss der Absorber sein. Es ist einfach nicht wirtschaftlich Absorber für Frequenzen zu benutzen die nicht gemessen werden..
Für niedrigere Messfrequenzen gibt's immer noch die Freifeldmessung...
Arschgwaf schrieb: > Je kleiner die Frequenz desto größer muss der Absorber sein. Es ist > einfach nicht wirtschaftlich Absorber für Frequenzen zu benutzen die > nicht gemessen werden.. Vorsicht. Je grösser die Absorber, desto grösser die Gefahr von unerwünschten Reflektionen. Ein Absorber absorbiert nicht, sondern lässt die Energie am besten in den Absorbern ins Leere laufen. Deswegen misst man bei Hallen auch die Messachse aus. Je grösser die Absorber und kleiner die Halle, desto kritischer ist es, die richtige Achse zu finden.
Arschgwaf schrieb: > Die EMV Abstrahlungs-Messung wird ja auch für Frequenzen >30MHz > durchgeführt. Das kommt daher, dass man sich mal auf eine Messentfernung > von 10m festgelegt hat Naja, im militärischen Bereich und in der Luftfahrt hat man eine Messentfernung von 1 m und man misst ab 10 kHz. Messentfernungen von 3 m oder gar 10 m sind dort unbekannt. > größer als die > Messdistanz und damit ist man im Nahfeld. Wer im Nahfeld misst, misst > Mist! Siehe oben, im Nahfeld misst man deutlich "mehr" als im Fernfeld (die Felder klingen da mit bis zu 60 dB/Dekade ab statt 20 dB/Dekade im Fernfeld) und gerade deshalb verlangen die militärischen Normen und auch die Luftfahrtnormen ja, dass man mit der Antenne soweit rangeht. Denn wenn ich ins Fernfeld gehe, kriege ich viele Sachen gar nicht mehr mit. > Je kleiner die Frequenz desto größer muss der Absorber sein. Es ist > einfach nicht wirtschaftlich Absorber für Frequenzen zu benutzen die > nicht gemessen werden.. Für Pyramidenabsorber gilt das, aber Ferritkacheln sborbieren doch auch gut im unteren Frequenzbereich!?
>Naja, im militärischen Bereich und in der Luftfahrt hat man eine
Messentfernung von 1 m und man misst ab 10 kHz. Messentfernungen von 3 m
oder gar 10 m sind dort unbekannt.
Das sind ganz andere Anwendungsfaelle. Dort hat man zB 500m Kabel und
dann kommt das Endgeraet. Was auch immer das Endgeraet macht kann eine
Aendeung des Potentials gegenueber dem 500m entferneten Ende des Kabels
bewirken. Das Kabel wirkt dann als die Antenne. Deswegen kann man da
auch mit anderen spezifikationen kommen.
Plus man muss natuerlich die kleineren Firmen aus diesem Markt
ausschliessen koennen. Es ist doch eher unwahrscheilich einen Krieg zu
verlieren wegen etwas mehr Abstrahlung...
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