Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Design von Schutzschaltungen


von greg (Gast)


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Moin,

ich habe ein bisschen angefangen, mich mit Schutzschaltungen zu 
beschäftigen. Vieles ist mir aber noch unklar, insbesondere weil es hier 
oft (scheinbar) keine Standardlösungen gibt. Jeder macht und empfiehlt 
etwas leicht bis stark Anderes. Naja, viele Hobbybastler interessieren 
sich gar nicht erst für sowas. Hier nun meine Fragen:

1. Schutz von Pins, die nach außen geführt werden

Ein Serienwiderstand ist sinnvoll, darüber gibt es wenig Diskussion. Wie 
soll der allerdings dimensioniert werden? Und wie geht man mit Ausgängen 
um, die eine hohe Treiberleistung erbringen müssen, insbesondere Open 
Collector / Open Drain?

Weiterhin schwören einige auf externe Clamping-Dioden, andere meinen 
wieder die internen Clamping-Dioden im MCU reichen aus, wenn ein 
Serienwiderstand vorhanden ist. Und was für externe Dioden am Besten 
verwendet werden sollen, ist mir auch nicht klar. Reichen da normale 
Kleinsignaldioden oder sollten es Schottkys sein?

In vielen Schutzschaltungen haben ich auch einen kleinen Kondensator 
(1..100nF) parallel zwischen GND und Eingang/Ausgang gesehen. Das müsste 
doch als Tiefpass wirken, oder verstehe ich da etwas falsch? Für viele 
Anwendungen kann man das gar nicht einsetzen, da das Signal nicht mehr 
durchkommt.

2. Überspannung/Transienten

Wann ist eine Suppressordiode sinnvoll, wann lieber eine Drossel, oder 
sollte man das sowieso immer in Kombination verwenden? Wie sollten diese 
Elemente verschaltet und ausgelegt werden?

3. Kurzschluss

Kann man bedenkenlos und ohne weitere Schutzmaßnahmen Polyfuses bei 
Kleinspannungen verwenden?

von stefan us (Gast)


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ich nehme an, es geht um digitale Signale mit Logikpegel (also um 3 oder 
5V).

> Wie soll der allerdings dimensioniert werden?

Kommt auf die Frequenz und die Eingangskapazität an. Mein alter 
Nadeldrucker hatte 100 Ohm.

> Und wie geht man mit Ausgängen um, die eine hohe Treiberleistung erbringen 
müssen

Das hat nichts mir dem Serienwiderstand zu tun. Eine erhöhte 
Treiberleistung wäre bei einem parallel-Widerstand nötig.

> externe Clamping-Dioden, andere meinen wieder die internen Clamping-Dioden im 
MCU reichen aus

Das ist auch so, wenn mittel Vorwiderstand sichergestellt ist, dass sie 
nicht überlastet werden. Bei den meisten Mikrocontrollern und Logik-IC's 
sind 1-2mA zulässig. Es hängt auch von der SPannung ab, vor der man 
schützen möchte. Bei 12V reichen 10k Ohm ohne extra Dioden, aber bei 300 
Volt geht es nicht mehr so einfach.

> Und was für externe Dioden am Besten verwendet werden sollen
Die Dioden müssen den Strom aushalten, und an ihnen darf nicht mehr 
Spannung abfallen, als der Chip dahinter verträgt. Wenn z.B. einen AVR 
Mikrocontrolelr mit 1N4001 schütze und diese mit 1 Ampere belasten, 
fallen an diesen Dioden weit mehr als 0,7V ab, so dass der AVR kaputt 
geht.

Andererseite möchte man die Dioden nicht größ0er machen als nötig, weil 
große Dioden auch große Kapazität haben.

> Kondensator (1..100nF) ... Das müsste doch als Tiefpass wirken

Ja

> Für viele Anwendungen kann man das gar nicht einsetzen, da das
> Signal nicht mehr durchkommt.

Ja, kommt halt auf die Frequenz an. Mein alter Drucker hatte 220pF an 
jeder Datenleitung. Zusammen mit den 100 Ohm Vorwiderständen ergab sich 
eine Beschränkung der Übertragungsrate. Andererseit wurde er dadruch 
aber auch unempfindlich gegen statische Ladungen, sowie kurze 
Störimpulse.

> Wann ist eine Suppressordiode sinnvoll, wann lieber eine Drossel

Ich weiss nicht, was eine Suppressor Diode ist. Drosseln filtern hohe 
Frequenzen stärker heraus, als niedrige. Wenn Dein Nutzsignal eine 
niedrige Frequenz hat, könnte eine Drossel daher besse geeignet sein, 
als ein Widerstand, der alle Frequenzen gleich bedämpft. In Kombination 
mit einem Kondensator verstärkt sich der Effekt noch -> Siehe Grundlagen 
zu R/C und L/C Filtern.

> Kann man bedenkenlos und ohne weitere Schutzmaßnahmen Polyfuses
> bei Kleinspannungen verwenden?

Nein. Im Kurzschlussfall gehen elektronische Bauteile (z.B. Dioden und 
Transistoren) meist schneller kaputt, als die Polyfuse anspricht. Sie 
eignen sich aber gut, um Transformatoren zu schützen, da die nicht so 
schnell durch brennen. Bei begrenztem Strom eignen sie sich auch, um 
Kabel und Leiterbahnen zu schützen, z.B. am USB Port. Aufgrund des 
Leitungswiderstandes ist ein "echter" Kurzschluss am USB Port sehr 
unwarscheinlich. Aber es kann ein erhöhter Strom in Größenordnung von 
einigen Ampere fließen. Damit dabei nicht die Leiterbahnen im Computer 
weg brennen, bieten sich Polyfuses an. Der Haken ist jedoch, dass sie 
(im Vergleich zu Schmlezsicherungen) einen recht hohen Innenwiderstadn 
haben, vor allem, nachdem sie einmal ausgelöst haben. Für externe USB 
festplatten eignen sie sich daher wieder nicht, deswegen sind die USB 
Ports der meisten Computer ungeschützt.

von oszi40 (Gast)


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80% der gestorbenen Teile mit Außenverbindung hatten irgendein 
Masseproblem. Deshalb sollte man immer darauf achten, daß Steckverbinder 
ausreichend zuverlässige Masseverbindungen haben und diese rechtzeitig 
Kontakt geben und lange genug Kontakt geben wenn irgendein DAU die 
Verbindung trennt. Die restlichen Maßnahmen beziehen sich darauf, 
unverträglich hohe Leistungen von der Schaltung fern zu halten.

von K.L. (Gast)


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Da gibt es keine Standardlösung, das muss man sich eben selbst 
ausrechnen weil es von Fall zu Fall variiert.

Die Grenzfrequenz eines Tiefpass muss logischerweise über der 
Signalfrequenz liegen..

Der Widerstand am Eingang muss in jedem Fall noch den Strom durchlassen, 
den der Eingang benötigt.

Über die Clamping Dioden eines AVR darf meines Wissens 1mA fließen, das 
ist nicht viel, entsprechend groß sollte daher der Eingangswiderstand 
sein wenn Spannungsspitzen zu erwarten sind..

von greg (Gast)


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stefan us schrieb:
> ich nehme an, es geht um digitale Signale mit Logikpegel (also um
> 3 oder
> 5V).
>

Ja, genau. Hätte ich wohl erwähnen sollen.

>> Wie soll der allerdings dimensioniert werden?
>
> Kommt auf die Frequenz und die Eingangskapazität an. Mein alter
> Nadeldrucker hatte 100 Ohm.
>
>> Und wie geht man mit Ausgängen um, die eine hohe Treiberleistung erbringen
> müssen
>
> Das hat nichts mir dem Serienwiderstand zu tun. Eine erhöhte
> Treiberleistung wäre bei einem parallel-Widerstand nötig.
>

Naja, man weiß halt nicht immer, wie hoch eventuelle Pullups an der 
anderen Seite des Interfaces sind. Wenn man es mit dem Ausgang nicht 
mehr schafft, das Signal verlässlich auf Masse herunterzuziehen, ist 
das... ungut. ;)

>> externe Clamping-Dioden, andere meinen wieder die internen Clamping-Dioden im
> MCU reichen aus
>
> Das ist auch so, wenn mittel Vorwiderstand sichergestellt ist, dass sie
> nicht überlastet werden. Bei den meisten Mikrocontrollern und Logik-IC's
> sind 1-2mA zulässig. Es hängt auch von der SPannung ab, vor der man
> schützen möchte. Bei 12V reichen 10k Ohm ohne extra Dioden, aber bei 300
> Volt geht es nicht mehr so einfach.
>

Hmm, leider habe ich keine Informationen darüber gefunden, was die 
internen Dioden z.B. bei AVR oder MSP430 aushalten sollen.

>> Und was für externe Dioden am Besten verwendet werden sollen
> Die Dioden müssen den Strom aushalten, und an ihnen darf nicht mehr
> Spannung abfallen, als der Chip dahinter verträgt. Wenn z.B. einen AVR
> Mikrocontrolelr mit 1N4001 schütze und diese mit 1 Ampere belasten,
> fallen an diesen Dioden weit mehr als 0,7V ab, so dass der AVR kaputt
> geht.
>

Okay, stimmt. Die Absolute Maximum Ratings bewegen sich meistens nicht 
höher als Vcc+0.5V oder so an den Inputs.

>> Kondensator (1..100nF) ... Das müsste doch als Tiefpass wirken
>
> Ja
>
>> Für viele Anwendungen kann man das gar nicht einsetzen, da das
>> Signal nicht mehr durchkommt.
>
> Ja, kommt halt auf die Frequenz an. Mein alter Drucker hatte 220pF an
> jeder Datenleitung. Zusammen mit den 100 Ohm Vorwiderständen ergab sich
> eine Beschränkung der Übertragungsrate. Andererseit wurde er dadruch
> aber auch unempfindlich gegen statische Ladungen, sowie kurze
> Störimpulse.
>

Hmm, interessant. Ich hätte vermutet, dass kleine Kondensatoren dann 
auch eher wenig Schutz bieten, und irgendwann kann man es dann gleich 
sein lassen.

>> Wann ist eine Suppressordiode sinnvoll, wann lieber eine Drossel
>
> Ich weiss nicht, was eine Suppressor Diode ist.

Auch bekannt als TVS-Diode oder einfach Überspannungs-Schutzdiode.

> Drosseln filtern hohe
> Frequenzen stärker heraus, als niedrige. Wenn Dein Nutzsignal eine
> niedrige Frequenz hat, könnte eine Drossel daher besse geeignet sein,
> als ein Widerstand, der alle Frequenzen gleich bedämpft. In Kombination
> mit einem Kondensator verstärkt sich der Effekt noch -> Siehe Grundlagen
> zu R/C und L/C Filtern.
>

Ich dachte eher an eine Drossel an der Versorgungsspannung.

>> Kann man bedenkenlos und ohne weitere Schutzmaßnahmen Polyfuses
>> bei Kleinspannungen verwenden?
>
> Nein. Im Kurzschlussfall gehen elektronische Bauteile (z.B. Dioden und
> Transistoren) meist schneller kaputt, als die Polyfuse anspricht. Sie
> eignen sich aber gut, um Transformatoren zu schützen, da die nicht so
> schnell durch brennen.

Schade. Ich habe fast schon so etwas vermutet. Dann im Zweifelsfall doch 
lieber eine altmodische Schmelzsicherung.

> Der Haken ist jedoch, dass sie
> (im Vergleich zu Schmlezsicherungen) einen recht hohen Innenwiderstadn
> haben, vor allem, nachdem sie einmal ausgelöst haben.

-> siehe Raspberry Pi. ;) Da gibt es mit den Polyfuses Probleme.

von MaWin (Gast)


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> Wie soll der allerdings dimensioniert werden?

So, daß er bei Nennstrom nicht stört.

> Und wie geht man mit Ausgängen um, die eine hohe Treiberleistung
>  erbringen müssen, insbesondere Open Collector / Open Drain?

Eben drum geht der Widerstand nicht als Standardlösung.

> Weiterhin schwören einige auf externe Clamping-Dioden, andere meinen
> wieder die internen Clamping-Dioden im MCU reichen aus, wenn ein
> Serienwiderstand vorhanden ist.

Wenn dank des Serienwiderstandes auch bei höchster ESD Eingangsspannung 
nicht mehr Strom fliessen kann, als die Eingangsdioden laut Datenblatt 
abkönnen, reichen die internen, sonst müssen leistungsfähigere externe 
dazu.

> Und was für externe Dioden am Besten
> verwendet werden sollen, ist mir auch nicht klar. Reichen da normale
> Kleinsignaldioden oder sollten es Schottkys sein?

Wenn man Schottkys verwendet, kann amn sicher sein, daß der 
Spannungsabfall geringer ist als an den eingebauten, man braucht also 
keinen zusätzlichen Widerstand zwischen externern Dioden und Eingang.

Allerdings haben Schottky einen hohen Sperrstrom, wenn der also stört 
muss man ordentliche Dioden wie BAV99 verwenden, bei hohen Frequenzen 
besonder niedrige Kapazität, und die wiederum erfordern einen 
zusätzlichen Widerstand zwischen Dioden und Eingang mit seinen eigenen 
Eingangsschutzdioden damit über die viel weniger (und damit nicht zu 
viel) Strom fliesst.

> In vielen Schutzschaltungen haben ich auch einen kleinen Kondensator
> (1..100nF) parallel zwischen GND und Eingang/Ausgang gesehen. Das müsste
> doch als Tiefpass wirken, oder verstehe ich da etwas falsch?

Genau dafür ist er da: Tiefpass ehisst: Der Funke hohe Spannung wird 
geplättet und man muss nunr noch mit der geringeren Spitzenspannung 
auskommen.

> Für viele Anwendungen kann man das gar nicht einsetzen, da das
> Signal nicht mehr durchkommt.

Ach. Du hast also verstanden, warum es keine Patentlösung gibt.

von Reinhard H. (Firma: PRIVAT) (pdp11gy)


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Interessante Diskussion, siehe auch meine Fragen bei:
Beitrag "Voltage-Level Translator"
Aus eigener Erfahrung kann ich dazu auch noch sagen, dass die Qualität 
des Netzteils eine große Rolle spielt. Ich werde nie wieder irgend ein 
so USB oder Handy-Lade Netzteil benützen.

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