Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik LED ohne Vorwiderstand durch Output Driver Charakteristik der AVRs


von Julian K. (tuxoid)


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Hallo,

ich beschäftige mich derzeit mit einem Phänomen, dass den Betrieb von 
LEDs ohne Vorwiderstand an einem AVR-Controller erlaubt.
Ausgangslage ist ein ATmega oder ATtiny an ca. 3 Volt 
Versorgungsspannung.

Im ersten Fall habe ich einen ATmega8 verwendet, Pin PB0 dauerhaft auf 
HIGH geschaltet und eine grüne LED angeschlossen (Kathode direkt auf 
Masse). Über der LED erhalte ich einen Spannungsabfall von 2,2 Volt und 
aus der Charakteristik des Output Drivers stellt sich hierbei ein Strom 
von rund 10 mA ein, wie dem ersten Screenshot des Datenblattes entnommen 
werden kann. Das funktioniert in der Praxis wunderbar. (Die 
Versorgungsspannung habe ich für diesen Fall auf 2,7 Volt 
heruntergeregelt, damit man den Messungen aus dem Datenblatt entspricht)

Erste Frage: Der Spannungsabfall von 0,5 Volt und die damit entstehende 
Verlustleistung im Output Driver von 0,5 V * 0,01 mA ist zwar gering, 
aber wo liegen dort die Grenzen?

Nun würde ich gerne das Phänomen bei einem ATtiny13A nutzen, aber das 
Datenblatt hält etwas andere Informationen bereit. Das äquivalente 
Diagramm hat vertauschte Achsen und ist vor allem nur bis zu einen Strom 
von 10 mA aufgetragen (bei Vcc = 3 Volt, statt 2,7 Volt). Siehe zweiten 
Screenshot.
In den ATtiny13A habe ich das gleiche Programm geladen und messe 
ebenfalls einen Spannung von 2,2 Volt über der LED und einen Strom von 
ungefähr 12 mA. Also ist eine LED in der Praxis auch hier problemlos 
ohne Vorwiderstand betreibbar.
Aber warum geht das Diagramm nur bis 10 mA?

: Bearbeitet durch User
von Falk B. (falk)


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@ Julian K. (tuxoid)

>Erste Frage: Der Spannungsabfall von 0,5 Volt und die damit entstehende
>Verlustleistung im Output Driver von 0,5 V * 0,01 mA ist zwar gering,
>aber wo liegen dort die Grenzen?

Die IOs halten sogar einen längeren Kurzschluss aus. Nicht schön, geht 
aber. Die sind erstaunlich robust.

>Aber warum geht das Diagramm nur bis 10 mA?

Frag Atmel. Wahrscheinlich weil ein höherer Ausgangsstrom offiziell 
sowieso nicht "erlauubt" ist.

von Marius S. (lupin) Benutzerseite


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Ist der AVR wirklich schon 85℃ heiß?

von Jim M. (turboj)


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Julian K. schrieb:
> entstehende
> Verlustleistung im Output Driver von 0,5 V * 0,01 mA ist zwar gering,
> aber wo liegen dort die Grenzen?

Normalwerweise gibt der Hersteller eine maximale Verlustleistung für den 
gesamten Chip an. Hintergrund ist, das sich der Chip nicht über Tjmax 
erwärmen darf, und das Gehäuse einen bekannten Wärmewiderstand hat.

von Julian K. (tuxoid)


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Falk Brunner schrieb:
> Frag Atmel. Wahrscheinlich weil ein höherer Ausgangsstrom offiziell
> sowieso nicht "erlauubt" ist.

Aber ist es nicht gerade interessant, wenn es in Richtung der maximal 
erlaubten 40 mA pro I/O Pin geht?! In den Datenblättern älterer AVRs 
finde ich alle benötigten Infos...
GRMPF


Marius S. schrieb:
> Ist der AVR wirklich schon 85℃ heiß?

Hoppla! Da ist mir bei der Grafik ein Fehler unterlaufen. Es sind auch 
eher 2,3 Volt Spannungsabfall über der LED. Das passt dann mit der Kurve 
für 25 °C wunderbar zusammen. Und das entspricht auch schon eher der 
Temperatur hier.


Jim Meba schrieb:
> Normalwerweise gibt der Hersteller eine maximale Verlustleistung für den
> gesamten Chip an. [...]

Leider konnte ich dazu bisher keine Informationen im Datenblatt finden. 
Da es sich hierbei aber auch nur um ein kleines experimentelles Projekt 
handelt und die Verlustleistung überschaubar ist, mache ich mir darüber 
jetzt einfach mal keine Sorgen.

von m.n. (Gast)


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Julian K. schrieb:
> ich beschäftige mich derzeit mit einem Phänomen, dass den Betrieb von
> LEDs ohne Vorwiderstand an einem AVR-Controller erlaubt.

Wenn es darum geht, 7-Segementanzeigen an die Ausgänge von 
CMOS-Schieberegistern ohne Vorwiderstand anzuschließen, hast Du meine 
volle Zustimmung. Dabei sind die Ausgänge schon nahezu im 
Konstantstrombetrieb. Letzte Streitereien fanden hier statt: 
Beitrag "7-Segment Anzeige 3-3tellig" :-)

Bei AVRs, deren Ausgänge noch erheblich größere Ströme liefern können, 
kann ich von diesem Vorgehen nur abraten. Der Wortteil 'braten' steckt 
ja schon mit drinnen.
Nimm einen kleinen Widerstand und gut ist!

von mknoelke (Gast)


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Denk daran das die Vorwärtsspannung der LED bei steigender Temperatur 
ebenso kleiner wird wie der Rdson der Mosfets.

Das läuft ratz fatz weg und wird häßlich.

von Georg G. (df2au)


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mknoelke schrieb:
> Vorwärtsspannung der LED bei steigender Temperatur
> ebenso kleiner wird

Es sind in etwa 4mV pro Kelvin, die die Flussspannung sinkt.

von Arsenico (Gast)


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Am LED Vorwiderstand sparen = PFUI

Denke doch an den Herrn OHM und sein Gesetz !
Damit dosiert er Deine Elektronen optimal.

von Reinhard Kern (Gast)


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Arsenico schrieb:
> Denke doch an den Herrn OHM und sein Gesetz !

Der ist längst arbeitslos. Man könnte das Forum umbenennen in "LEDs ohne 
Vorwiderstand", oder ein neues dafür aufmachen. Wir paar senile 
Traditionalisten stemmen uns ganz vergeblich gegen den Trend, die 
Zukunft liegt im widerstandslosen Design! Wie schon die Borg wussten, 
Widerstand ist zwecklos.

Gruss Reinhard

von batman (Gast)


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Widerstände sind überall, ob man will oder nicht. Und die daraus maximal 
zu erwartenden Ströme sollten auch kalkulierbar sein.

von mknoelke (Gast)


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Ja ja, die Kalkulation von fertigungsbedingten, nichtlinearen und stark 
Temperaturabhängigen Widerständen bei Halbleiterprozessen, treffsicher 
ermittelt über große Produktionschargen ist auf dem Papier oder in einer 
Simulation sicherlich ein lösbares Problem.

Mir erschließt sich der Sinn immer noch nicht so ganz.

Man kann ja durchaus versuchen die technische Schmerzgrenze zu 
durchbrechen um wider besseren Wissens so richtig billig zu werden.
Dann würde doch aber eine billige MCU sehr viel mehr Sinn machen.

Bei einer Fertigungscharge von 10 Mio. und einer Einsparung pro 
Widerstand (Beschaffung + Bestückung) von 0,1Cent spare ich 10.000 Euro.

Jede Reklamation kostet mich in der Bearbeitung, Ersatz, Porto etc. mal 
wild geraten so um die 15€.
Erhöht sich mein Ausschuss nur um 0,01% durch diese windige Nummer dann 
habe ich 1.000 defekte PCBs zusätzlich = 15.000 Euro Kosten.

Nee, ich kapier nicht wo da mein Vorteil liegt.

von Konrad S. (maybee)


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"Widerstand ist zwecklos!"
Ihr seid wohl noch nicht assimiliert worden?
;-)

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Julian K. schrieb:
> ich beschäftige mich derzeit mit einem Phänomen, dass den Betrieb von
> LEDs ohne Vorwiderstand an einem AVR-Controller erlaubt.
Dieses Phänomen ist schon ewig bekannt, nennt sich "Bahnwiderstand" und 
ist in dieser Verwendung nur eine längere Schreibweise für "Murks".

> Nun würde ich gerne das Phänomen bei einem ATtiny13A nutzen
Chinesen nutzen ein ähnliches "Phänomen", so dass sie  heutzutage LED 
Taschenlampen bauen können, bei denen die LED über einen Schalter direkt 
an die Batterie angeschlossen wird.

von m.n. (Gast)


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Reinhard Kern schrieb:
> Man könnte das Forum umbenennen in "LEDs ohne
> Vorwiderstand", oder ein neues dafür aufmachen.

Das kann man sich schenken, wenn man unterschiedliche Anwendungen auch 
differenziert betrachtet. Alles über einen Kamm zu scheren "LED braucht 
immer Widerstand", ist halt zu schlicht gedacht.

Noch einmal: im vorliegenden Fall würde ich immer Widerstände nehmen.
Aber wer käme denn auf die Idee, eine LED mit Konstantstromquelle zu 
betreiben und zur "Sicherheit" noch einen Widerstand in Reihe zu 
schalten? Manche Entwickler von analogen Schaltungen lieben 10 Ohm 
Widerstände an x-beliebigen Stellen in die AGND-Leitung einzufügen. 
Ergänzend dann noch ein paar Angstkondensatoren, damit die Störungen 
wissen, wo sie gefälligst hinzugehen haben. Alles zur "Sicherheit" 
versteht sich!

mknoelke schrieb:
> Nee, ich kapier nicht wo da mein Vorteil liegt.

Du mußt auch eine Rechnung aufstellen, die das größere Ausfallpotential 
bei der größeren Anzahl von Bauteilen berücksichtigt. Da Du schon in 
10e6 Stückzahlen rechnest, kannst Du die Rechnung auch gleich für 10e6 
Jahre anstellen, damit die Spinnerei komplett wird :-)

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