Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Warum öffnet der MOSFET?


von Niklas B. (niklas90)


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Hallo,

auf dem 1. Bild ist ein Ausschnitt einer Schaltung und die 
dazugehörigen, simulierten Kurven für die wichtigsten Potentiale und 
Ströme zu sehen.

Vh sei 12V DC. Der MOSFET soll den Strom über seine Drain-Source-Strecke 
leiten bis V3 groß genug ist, damit die LEDs leuchten könnten, dann 
öffnet er und der Strom fließt über die LEDs. Soweit so gut, 
funktioniert auch wunderbar, die Schaltung macht was sie soll.

Aber warum funktioniert sie? Was bringt den MOSFET dazu zu öffnen? Ich 
habe 3 mögliche Theorien, die aber alle nicht so wirklich plausibel 
sind:

1. Da der MOSFET als Gateschaltung verbaut ist (12V - 0.7V 
(Diodenspannung) fest an Gate), sollte er öffnen, wenn das 
Sourcepotential - hier V4 - größer ist als das Gatepotential minus der 
Schwellspannung (2V). Das wäre der Zeitpunkt, wenn die dunkelgrüne Kurve 
die hellgrüne Kurve überschreitet. Haken an der Sache: zu diesem 
Zeitpunkt ist der MOSFET bereits offen (ca 50µs vorher).

2. Sobald das Drainpotential größer wird als VG3 - 2V, öffnet der 
MOSFET, man sieht es nur auf dem Diagramm nicht, weil der Strom 
weiterhin durch ihn muss, da die Flussspannung der LEDs (ca. 24V) noch 
nicht erreicht ist, erst dann sieht man, dass der Drainstrom fällt und 
der LED-Strom steigt. Hinweise für diese Theorie findet man auf Bild 2, 
welches auf den ersten "Block" bezogen ist (mehrere dieser 
Teilschaltungen sind hintereinander geschalten). Man sieht dort, dass 
die orangene Kurve an besagter Stelle kurz einknickt (beim Öffnen?).

3. Uds (hellblau) gammelt die ganze Zeit an der Schwellspannung herum, 
der MOSFET ist im linearen Betrieb, Uds steigt (aber warum?) - 
übersteigt Ugs, jetzt müsste er in die Sättigung gehen und wieder leiten 
- macht er aber nicht ... nein, diese Theorie ist noch verzweifelter als 
die anderen :(


Die erste Theorie macht keinen Sinn weil die Bedingung erst nach dem 
Ereignis auftritt und die anderen beiden Theorien machen keinen Sinn 
weil sich MOSFETs nach meinem Verständnis nicht so verhalten, aber genau 
das ist das Problem: Ich weiß einfach nicht wie sich ein MOSFET in 
Gateschaltung verhält, ich habe auch nix darüber gefunden im Netz.

Ich hoffe ihr könnt mir helfen.

von ArnoR (Gast)


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Niklas Beuster schrieb:
> dann öffnet er und der Strom fließt über die LEDs

Nein, wenn der Mosfet öffnet, fließ KEIN Strom über die LEDs, weil er 
die kurzschließt. In deime Diagramm sieht man auch, dass entweder durch 
den Mosfet oder durch die LEDs Strom fließt. Die Spannungsangaben sind 
sinnlos, weil kein Bezugspotential vorhanden ist. Normalerweise wäre das 
V4, aber das bewegt sich ja auch.

von Niklas B. (niklas90)


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Danke erstmal, aber wieso steigt dann Uds (bzw. V(v3,v4)), wenn er noch 
nicht offen ist? Weil er im linearen Betrieb ist? Aber wie kann er im 
linearen Betrieb sein, wenn Uds größer ist als Ugs?

Ich bin nach wie vor gespannt wie die Lösung aussieht, für mich ergibt 
das Verhalten des MOSFET keinen Sinn, auch wenn die Schaltung 
funktioniert wie sie soll (sogar aufgebaut).

von Helge A. (besupreme)


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Auf dem Bild oben scheint ja nur eine halbe Schaltung zu sein. Was ist 
V4, woher kommt die?

Und was soll die Schaltung überhaupt bewirken? Stroboskop?

von Niklas B. (niklas90)


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V4 ist das Sourcepotential, ein Potential ist die Spannung bezogen auf 0 
- Masse. V(v3, v4) ist eine Potentialdifferenz, also die Spannung 
zwischen v3 und v4. Ist es nicht völlig egal wie der Rest der Schaltung 
aussieht wenn man die Werte im Diagramm hat? Aus Geheimhaltungsgründen 
darf ich nicht mehr zeigen, aber imho sollte der Ausschnitt reichen, es 
müsste sich hier nur jmd mal melden der sich mit MOSFETs und/oder 
LT-Spice auskennt, es könnte ja auch sein dass meine erste Theorie 
stimmt und das zeitliche Paradoxon ist nur ein Simulationsfehler...

von Achim S. (Gast)


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Niklas Beuster schrieb:
> Aus Geheimhaltungsgründen
> darf ich nicht mehr zeigen,

was für ein Getue für das bisschen Schaltung.

Erst mal zur Begriffsklärung: wenn du von "öffnen" sprichst meinst du 
damit, dass der MOSFET hochohmig wird. ArnoR hat offen gerade in der 
gegensätzlichen Bedeutung verwendet (offen im Gegensatz zu gesperrt).

Ich kann kein unerklärliches Verhalten des MOSFET erkennen. Der MOSFET 
ist zu Beginn knapp oberhalb seiner Schwelle aufgesteuert. Solange I_D 
kleiner ist als dieser Aufsteuerung entspricht, läuft er im linearen 
Bereich und es fällt fast keine Spannung U_DS ab.

Der Strom steigt halbwegs sinusförmig an, wahrscheinlich weil dein 
Kondensatornetzteil oder sonstwas ihn so einprägt. Bei ca. 1,48ms wird 
der Strom zu groß (ca. 65mA)für diese Gatenansteuerung und der MOSFET 
geht in den Abschnürbereich über.

Jetzt sollte der FET eigentlich den Strom auf einem konstanten Wert 
festhalten, aber deine externe Stromquelle zwingt einen wachsenden Strom 
auf und lässt U_DS schnell ansteigen. Deshalb steigt der Stromfluss 
durch den MOSFET noch bis auf rund 80 mA an.

Ein wesentlicher Teil des Stromanstiegs in diesem Bereich ergibt sich 
aufgrund der Kanallängenmodulation (ich würde aus der Kurve ein Lamda 
von ca. 1/(70V) herauslesen). Vielleicht spielt auch ein kapazitiver 
Stromfluss eine gewisse Rolle. Wenn du den MOSFET-Typ in der Simulation 
nicht unkennlich gemacht hättest, könnte man schauen ob das hinkommt.

Der Strom durch den MOSFET steigt erst dann nicht mehr an, wenn die 
Spannung groß genug wird, dass die Dioden den Stromfluss übernehmen 
können. Der Stromfluss durch den FET sinkt im selben Maß, in dem der 
Stromfluss durch die Dioden zunimmt.

Das einzige, was man hier als Simulationsartefakt betrachten kann ist 
die "Kantigkeit" der Kurve. Hier wird nur rund alle 10µs ein neuer Wert 
berechnet. Platziere mal ein

.options maxstep=500n

auf deiner Simulation und schaue, ob dir das Ergebnis dann besser 
gefällt.

Ab ca. 1,6ms wird dann von deiner geheimen Ansteuerung U_GS 
heruntergefahren. Der MOSFET sperrt völlig und der ganze Strom fließt 
über die Dioden.

von Niklas B. (niklas90)


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Wow! Danke Achim, diese Erklärung passt perfekt!

Du beziehst dich zwar auf den Drainstrom, aber bezogen auf die 
Drain-Source On-State Resistance und der daraus resultierenden Uds 
Spannung passt sogar im Ansatz meine dritte Theorie aus dem 
Anfangsbeitrag. Entscheidend war deine Erklärung zur Kanalmodulation. 
Und du hast Recht, in der Tat hängt "unten" eine Stromquelle, soviel sei 
mal verraten ;). Ugs wird zu 0 weil das Sourcepotential zu dem Zeitpunkt 
das Gatepotential erreicht, welches konstant von 12V gespeist wird.

Der MOSFET in der Simulation ist der Si9420DY, der wird in der Praxis 
durch den IRFL210 ersetzt glaube ich. Wo lese ich das Lambda ab im 
Datenblatt 
http://www.datasheetcatalog.com/datasheets_pdf/S/I/9/4/SI9420DY.shtml?

Auf jeden Fall mal ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle!

: Bearbeitet durch User
von Achim S. (Gast)


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Bitteschön

freut mich, wenn dir der Beitrag geholfen hat.

Niklas Beuster schrieb:
> Der MOSFET in der Simulation ist der Si9420DY, der wird in der Praxis
> durch den IRFL210 ersetzt glaube ich. Wo lese ich das Lambda ab im
> Datenblatt
> http://www.datasheetcatalog.com/datasheets_pdf/S/I/9/4/SI9420DY.shtml?

In dem Datenblatt kann ich Lambda auch nicht auslesen. In manchen 
Datenblättern kann man im Ausgangskennlinienfeld I_D(U_DS) die Steigung 
im Abschnürbereich abschätzen, aber in diesem Datenblatt ist die 
Kennlinie dort völlig flach (oder fällt sogar leicht ab ??)

Im Spice-Modell, mit dem du die Simu durchgeführt hast, sollte aber 
wahrscheinlich ein Angabe zu Lambda zu finden sein.

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