Forum: Platinen Verbindung Platine - LCD über Leitgummi unterbricht


von Transi (Gast)


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Eine für mich schwierige Frage
die ich im weitesten Sinne den Leiterplatten zuordnen möchte.

Ich habe das Problem, dass bei Geräten bei denen ein LCD über einen 25mm 
breiten und 8mm hohen Leitgummi kontaktiert wird, die Verbindung 
zwischen LCD und Platine nach 1 – 2 Jahren unterbricht und damit 
Segmente ausfallen. Ich habe keine Vorstellung wo und warum es zu dieser 
Unterbrechung kommt. Löst man den Leitgummi von der Platine (wobei der 
Leitgummi durch die Verpressung richtig fest auf der Platine und dem 
Displayglas sitzt) aber nicht vom Displayglas und montiert die Einheit 
sofort wieder, funktioniert alles wieder bestens.
Eine Unterbrechung zwischen Leitgummi und Displayglas schließe ich daher 
aus.
Kommt nur noch der Leitgummi selbst und die Übergangsstelle PCB Pads – 
Leitgummi in Frage.
Die PCB Pads sind aus chemisch Zinn.
Jetzt ist mir das Problem nicht ganz unbekannt, da ich zig 
Taschenrechner, Uhren usw. kenne, bei denen genau dies auch nach Jahren 
passiert ist. Auseinandergebaut und wieder zusammengebaut, funktionieren 
die Teile meist wieder (gereinigt habe ich da nie etwas). Mag ja sein, 
dass so eine Leitgummiverbindung nicht für die Ewigkeit ist, aber was 
genau passiert da?

Gruß

Transi

von 6A66 (Gast)


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Transi schrieb:
> Die PCB Pads sind aus chemisch Zinn.

Könnte das das Problem sein? Zinn oxidiert, das ist bei gelöteten 
Bauteilen nicht der Fall. Des wegen wäre es zu überlegen die 
Kontaktflächen vergoldet zu halten.

rgds

von Wegstaben V. (wegstabenverbuchsler)


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Transi schrieb:
> Ich habe keine Vorstellung wo und warum es zu dieser
> Unterbrechung kommt. Löst man den Leitgummi von der Platine (wobei der
> Leitgummi durch die Verpressung richtig fest auf der Platine und dem
> Displayglas sitzt) aber nicht vom Displayglas und montiert die Einheit
> sofort wieder, funktioniert alles wieder bestens.

Die Leiterbahn auf der Platine hat 25 µm Dicke - für einen Gummi 
eventuell eine zu starke Herausforderung, er verformt sich "statisch", 
ohne noch genügend Anpressdruck gegen die Leiterbahn zu haben. 
Schlieslich hat das Zebra sowohl leitende als auch nichtleitende 
Streifen - und dei leitenden Streifen (mit GRaphit drin) sind halt nicht 
so elastisch wie dei nichtleitenden Streifen

Besorg dir einen hochwertige(re)n Leitgummi, und versuche es damit. Oder 
versuche, den Anpressdruck zu erhöhen (einen schmalen Streifen 
"irgendwas" hinters Glas oder die Platine montieren)

Behelfsweise: dreh den Gummi jedes Jahr 1 mal (bevor er zu sehr 
deformiert ist. Dabei immer Glas-Seite und Platinen-Seite tauschen.

von Transi (Gast)


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Danke schon mal für Eure Antworten.

Dumm ist, das ist keine Bastlerlösung, sondern ein „Serienproblem“. Wenn 
ich die Ursache nicht herausbekomme, kann ich das Problem auch nicht 
abstellen.

@ 6A66
Könnte sein, nur kann das Zinn unter dem Zebrastreifen oxidieren, 
sprich, kommt da noch Sauerstoff hin? Der Leitgummi ist so fest 
aufgepresst, dass er regelrecht von der Platine gezogen werden muss.
Wenn man den Leitgummi einmal gelöst hat und wieder montiert, 
funktioniert alles wieder. Also müsste sich dabei die Oxidschicht ja in 
Wohlgefallen auflösen bzw. so zerstört werden, dass die Verbindung 
wieder entsteht.
Reagiert, das Zinn mit dem Graphit in irgendeiner Weise?  (Chemie ist 
mir suspekt)

@ Wegstaben Verbuchsler
Aus obigen Gründen geht das Umdrehen des Leitgummis leider nicht und dem 
Anwender kann ich das (wie in der Bedienungsanleitung für Matrazen) auch 
nicht empfehlen ;-)
Der Anpressdruck erscheint mir recht hoch. Ist es denkbar, dass sich das 
Graphit durch z.B. einen zu hohen Druck so formiert, dass es unterbricht 
und durch die Demontage sich wieder Entspannen kann und dadurch die 
Verbindung wieder entsteht?
Wenn es so etwas gäbe, müsste darüber doch auch schon jemand gestolpert 
sein und man müsste im Netzt dazu etwas finden.
Von aussetzenden Displays ist das Netz voll, nicht aber was dafür die 
Ursache ist.

Bin weiter gespannt

Tansi

von D. V. (mazze69)


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Transi schrieb:
> nicht aber was dafür die
> Ursache ist.

Zinn/Kupfer(blanke Pads)  vs.  Graphit(Kohlenstoff)
denk mal nach...

von Transi (Gast)


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Hallo D.V.

auch auf die Gefahr hin mich zu blamieren,
was geht da ab:

Kohlenstoff, Silizium, Germanium, Zinn, Blei --> 4. Hauptgruppe
Kohlenstoff 4-Wertig, Zinn 4-Wertig.
Geht das an den Berührungsstellen jetzt eine kovalente Bindung ein, 
bildet eine kristalline Struktur und wird damit nichtleitend?

Nachgedacht hab ich, nur ist es richtig?

Gruß

Transi

von 6A66 (Gast)


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Transi schrieb:
> Könnte sein, nur kann das Zinn unter dem Zebrastreifen oxidieren,
> sprich, kommt da noch Sauerstoff hin? Der Leitgummi ist so fest
> aufgepresst, dass er regelrecht von der Platine gezogen werden muss.
> Wenn man den Leitgummi einmal gelöst hat und wieder montiert,
> funktioniert alles wieder. Also müsste sich dabei die Oxidschicht ja in
> Wohlgefallen auflösen bzw. so zerstört werden, dass die Verbindung
> wieder entsteht.

Hallo Transi,

Chemie ist lange her.
Blankes Zinn kann oxidieren, das ist Fakt. Und ob der Gummi Luftdicht 
abschließt wage ich zu bezweifeln. Schau Dir die Kontakte seriöser 
Produkte an - sollte alles vergoldet sein. Und eine Leiterplatte mit 
Goldoberfläche kostet nicht wirklich mehr, ist für 0402 sogar vom 
Bestücken her mandatory da sonst (fast) nicht eben genug. Das bischen 
Gold kostet nicht die Welt und erhöht dann doch die Zuverlässigkeit. Und 
wegen der paar cent Risiken eingehen????

rgds

von 6A66 (Gast)


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Transi schrieb:
> Der Anpressdruck erscheint mir recht hoch

Ist das vielleicht das Problem?
Wird durch den hohen Druck der Gummi vielleicht so verformt dass er auf 
den Kontaktflächen nicht mehr sauber aufliegt? Schau dir das beim 
nächsten Fall doch mal genauer an. Wir hatten - vor 20 jahren - auch mal 
in einem Produkt zebras eingesetzt aber da war der Druck nicht so 
extrem, war ein Übergang zu einem kleinen LCD, da ging auch nicht viel 
Kraft. Die Zebras gingen leicht ab und waren leicht zu montieren.

rgds

von D. V. (mazze69)


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Transi schrieb:
> Hallo D.V.
>
> auch auf die Gefahr hin mich zu blamieren,
> was geht da ab:

Durch jedwede Luftfeuchtigkeit mußt du an die elektrochemische 
Spannungsreihe denken.
Dabei hat das unedlere Material das Nachsehen.
Wenn man aus ausgelutschten Zink-Kohle Batterien den Kohlestab(+ Pol) 
herauszieht, dann sieht man den Effekt, von dem die Rede ist.
Stichwort: Redox-Reaktion
Verweise ungern auf wikipedia, aber dort findest du weitere Erklärungen, 
wie Opferanoden etc.

von Klaus R. (klaus2)


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Also, egal wie billig der Scheiß war, den ich gesehen habe, die Kontakte 
sind fast immer vergoldet - sicherlich nicht umsonst.

Hatte auch schon oft solche Probleme, starkes Abreiben der Platine und 
des Gummis mit IPA half jahrelang (einmal angewendet). Aber für die 
Serie ist das nichts...

Nimm mal das Glas runter und versuche mit einer höheren Spg über die LG 
- Platine Kontaktstelle die Oxidschicht zu brechen, Strom 
messen...klappt das, ist es sowas?!

Klaus.

von D. V. (mazze69)


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Klaus R. schrieb:
> Also, egal wie billig der Scheiß war, den ich gesehen habe, die Kontakte
> sind fast immer vergoldet - sicherlich nicht umsonst.

Gold? Wo steht das in der Spannungsreihe? Scheint eher kontraproduktiv 
zu sein...

: Bearbeitet durch User
von Johannes (Gast)


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D. V. schrieb:
> Gold? Wo steht das in der Spannungsreihe? Scheint eher kontraproduktiv
> zu sein...

Nein, das ist nicht kontraproduktiv.

Chemisch Zinn hat eigentlich zwei Nachteile:

1. Die Zinn-Schicht ist extrem dünn (< 1 µm) und mit der Zeit 
diffundiert das Zinn in das darunterliegende Kupfer. Irgendwann ist die 
Zinnschicht weg und dann hat man das Kupfer an der Oberfläche.

2. Zinn bildet eine Oxidschicht, die nicht leitfähig ist.

Bei vergoldeten Platinen (NiAu) hat man zwischen der Kupfer- und 
Gold-Lage eine Nickel-Schicht als Diffusionssperre. Diese Schicht 
verhindert, dass das Gold in die Kupferschicht diffundiert. Außderdem 
oxidiert Gold bei Luftkontakt nicht und ist auch beständig gegen sehr 
viele Chemikalien.

Deswegen ist aus meiner Sicht eine vergoldete Platine das einzig 
sinnvolle für so eine Anwendung.

von Transi (Gast)


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Herzlichen Dank für die rege Diskussion,

irgendwie könnte jeder Recht haben.
Elektrochemische Spannungsreihe. Wenn das wirklich so schlimm wäre, dann 
wäre Gold aber doch nicht kontraproduktiv, denn Gold steht gegen 
Kohlenstoff ja auf der edleren Seite, während Zinn gegen Kohlenstoff auf 
der Unedleren steht. Oder geht es dann dem Kohelnstoff an den Kragen? 
Nur, wenn es so etwas wäre, müsste ich dann nicht heute eine Veränderung 
an den Pads sehen?

@ Johannes
Wenn die Zinn-Schicht so dünn ist, sieht man dann, wenn das Zinn in das 
Kupfer diffundiert ist?
o.k. das mit dem Gold und der Nickel-Schicht als Diffusionssperre klingt 
plausibel.

@6A66
Das mit dem Anpressdruck habe ich mir auch schon überlegt. Dies würde 
aber bedeuten, dass sich der Zebrastreifen quasi so verformt, dass er 
mikroskopisch die Form eines „romanischen Viaduktes“ annimmt. Will 
sagen, dass sich der Leitgummi als kleine Säule zwischen die Pads drückt 
und über den Pads ein „Brückenbogen“ bildet, welcher dann keinen Kontakt 
mehr hat. Ist so etwas denkbar? Dann würde mir auch Gold nichts helfen, 
es wäre einfach nur den Anpressdruck zu hoch.

--> Denke ich stelle die Platine trotz allem auf Goldpads um, schlechter 
dürfte es nicht werden. ;-)

Gruß

Transi

von Johannes E. (cpt_nemo)


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Transi schrieb:
> Wenn die Zinn-Schicht so dünn ist, sieht man dann, wenn das Zinn in das
> Kupfer diffundiert ist?

Das Problem ist, dass es da keine scharfe Grenze gibt; das ist eher ein 
schleichender Prozess.

Zwischen der Kupfer- und der Zinn-Schicht bildet sich eine sog. 
intermetallische Phase, mit der Zeit wird die Zinn-Schicht immer dünner 
und die intermetallische Phase immer dicker.

Irgendwann ist die Zinn-Schicht nur noch sehr dünn und die Kupfer-Atome 
wirken als Katalysator, so dass das Zinn an der Oberfläche oxidiert.

Es kann durchaus sein, dass die Schicht aus reinem Zinn komplett weg ist 
und die Oberfläche aber trotzdem noch relativ normal aussieht.

Es gibt da spezielle Benetzungstests, bei denen geprüft wird, wie gut 
sich die Pads löten lassen. Dazu braucht man aber einen Lötofen und 
dieser Test ist eher für unbestückte Platinen geeignet.

Du könntest vielleicht mal mit einem Hand-Lötkolben testen, wie gut sich 
die Pads bei so einer problematischen Platine löten lassen im Vergleich 
zu einer neuen Platine. Wenn die Pads kein Lötzinn annehmen oder nur 
sehr schlecht, dann wäre das ein Hinweiß in diese Richtung.

Natürlich sind auch Ursachen denkbar, die mit der Qualität des 
Leitgummis zusammenhängen (Versprödung, Ausdünstungen, ...). Aber 
unabhängig davon solltest du die Platinen-Oberfläche auf chemisch Ni/Au 
umstellen.

von 6A66 (Gast)


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Transi schrieb:
> Das mit dem Anpressdruck habe ich mir auch schon überlegt. Dies würde
> aber bedeuten, dass sich der Zebrastreifen quasi so verformt, dass er
> mikroskopisch die Form eines „romanischen Viaduktes“ annimmt. Will
> sagen, dass sich der Leitgummi als kleine Säule zwischen die Pads drückt
> und über den Pads ein „Brückenbogen“ bildet, welcher dann keinen Kontakt
> mehr hat. Ist so etwas denkbar? Dann würde mir auch Gold nichts helfen,
> es wäre einfach nur den Anpressdruck zu hoch.

Hallo Transi,

korrekt. Vielleicht hast Du den einen Effekt (Zinn Oxidation) den Du mit 
der Verwendung einer Goldoberfläche beseitigt. Oder Du hast villeicht 
einen zu hohen Anpressdruck der Dir den Zebra verformt. Oder Du hast 
andere Effekte. Oder villeicht mehrere miteinander. Letztlich können wir 
Dir nur Ideen liefern, den Fehler aber kannst Nur Du finden.

Wie sich der Zebra verformt können wir auch nur raten da wir keine 
Bilder haben (ob romansich, gotisch, seitlich eingeknickt, ...). Aber 
davon unterscheidet sich ein guter Elektroniker (Mechaniker, Designer, 
Arzt, Handwerker, ...) von einem nicht so guten: Er kann herausfinden 
was er falsch gemacht hat.

rgds

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