Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Was haltet ihr von der Belt Architektur?


von fatz (Gast)


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Es gibt eine neue CPU Architektur, die angeblich die Performance eines 
x86 Boliden mit der Leistungsaufnahme eines DSP kombiniert.
Hier der Einstieg:
http://ootbcomp.com/docs/belt/

Es gibt noch mehr Videos auf der Seite, die verschiedene Aspekte der 
neuen Architektur beleuchten. Teilweise ist es sehr interessant.

Ich weiß nicht ob dieses hier das richtige Unterforum ist, also ggf. 
bitte verschieben.

von Schnarchnase (Gast)


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Das große Problem dabei - Programmierer, die sich einmal an ein Modell 
gewöhnt haben, wollen sich nicht mehr um gewöhnen. Seit Algol haben wir 
nur mehr Veränderungen in den Details, nicht aber im Modell.

Die Probleme, die Godard lösen will, sind ja gerade dadurch entstanden, 
dass die Prozessoren solche grundlegend neue Konzepte verstecken müssen. 
Dass sich das Modell des Programmierers nicht wesentlich verändern darf.

von markus (Gast)


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Was ich verstanden habe: Die Belt-Architektur kann unter der Oberfläche 
des Compilers liegen. Da müssten sich die Programmierer nicht 
umgewöhnen.

von Reinhard Kern (Gast)


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Hallo,

da Mr. Godard vermutlich nicht die nötige Milliarde Dollar hat, um in 
die Fertigung einzusteigen, hat das sowieso keine Marktrelevanz.

Gruss Reinhard

von (prx) A. K. (prx)


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Gibts das auch als Doku/Präsentation, oder muss man sich da durch 1,5 
Stunden Video quälen?

von Tim  . (cpldcpu)


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Für mich sieht das so aus, als wenn man wesentliche Elemente eines 
Out-Of-Order Prozessors in den Compiler verlegen würde. Das hat 
natürlich den Vorteil, das man viel Logik  und insbesondere auch viele 
komplizierte Speicherelemente wie CAM und Multiport-Registerfiles spart.

Problematisch ist bei solchen Ansätzen natürlich immer dass die Binaries 
nur für eine spezielle CPU optimiert sind. Außerdem gibt es weniger 
Freiheiten für die CPU Redundanzen und Leerlaufzeiten auszunutzen, die 
z.B. durch Speicherlatenzen oder im Multithreadind entstehen.

Es gab schon häufiger solche Ansätze (siehe z.B. VLIW), die immer wieder 
an mangelnder Flexibilität gescheitert sind. Durch Moore Law war es nie 
eine Designkriterium dass man Transistoren sparen musste. Heutzutage 
wird die Chipfläche von High-End Prozessoren eh durch den Cache 
dominiert.

Es kann aber sein, dass solche Ansätze zur Reduktion der Energiedichte 
auf Prozessoren wieder interessanter werden. So weit überblicke ich das 
nicht. Aber es scheint ja noch genug anderen Knöpfe zu geben, die es 
nicht notwendig machen an der ISA herumzudrehen.

von (prx) A. K. (prx)


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Erinnert mich entfernt an Intels i860 im pipelined mode. Dort hat ein 
Befehl
   a := b <op> c
zwar die Verarbeitung von b und c gestartet, aber das Ergebnis einer 
einige Takte davor gestarteten Operation nach a geschrieben, so wie es 
die Pipeline auswarf.

https://en.wikipedia.org/wiki/Intel_i860

: Bearbeitet durch User
von ... (Gast)


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Also wenn Tim recht hat, dann ist es doch das gleiche Prinzip wie beim 
Intel Itanium. Und der ist grandios gescheitert. Solche Ideen klingen ja 
erstmal gut, aber die Realität sieht anders aus.

von (prx) A. K. (prx)


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... schrieb:
> Also wenn Tim recht hat, dann ist es doch das gleiche Prinzip wie beim
> Intel Itanium. Und der ist grandios gescheitert.

Allerdings nicht so sehr aus technischen Gründen als aus strategischen. 
Intel wollte sich damit das absolute zupatentierte Monopol sichern, 
indem die 32-Bit Linie allmählich ausläuft und die Leute über kurz oder 
lang auf IA64 migrieren müssen. AMD sah die Chance und drehte Intel mit 
64-Bit x86 eine Nase. Den Kunden wars recht, Kompatibilität und Preise 
waren denen wichtiger. Und Intel war gezwungen, AMDs Schritt zu folgen.

Ohne AMD wäre IA64 heute der 64-Bit Standard für Server und bessere PCs.

: Bearbeitet durch User
von Tim  . (cpldcpu)


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Das Beispiel Itanium zeigt weniger, dass Ansätze in die Richtung 
kompletter Schwachsinn sind, sondern eher dass eine ISA nicht 
Marktentscheidend ist. Intel hat z.B. mit dem i960 schon sehr gute 
Architekturen gehabt, die sich aus den gleichen Gründen auch nicht 
durchsetzen konnten.

Warum so etwas gemacht wird, ist auch offensichtlich:

http://de.wikipedia.org/wiki/Embrace,_Extend_and_Extinguish

Nur der Markt spielt zum Glück nicht immer mit.

: Bearbeitet durch User
von ... (Gast)


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Schwachsinn sind die Ansätze beim Itanium nicht. Rein theoretisch klingt 
das auch gut. Aber praktisch ist es nicht gut. Es läuft doch darauf 
hinaus, dass man jede Applikation, die den Prozessor voll ausnutzen 
soll, für den Prozessor compilieren muss. Da müssten die 
Softwarehersteller nicht nur für jede Betriebssystemvariante neu 
compilieren sondern auch noch für jeden Prozessor. Außerdem müssten die 
Compiler sofort wenn ein Prozessor verfügbar ist auch upgedatet werden.
Und das ist unpraktisch und das Problem für jeden Ansatz, der etwas von 
der Hardware in den Compiler verlagert. Das Problem wäre nicht so 
kritisch, wenn alle Programme in Bytecode vorliegen und mit einem 
Just-In-Time Compiler übersetzt werden. Realistisch ist das aber auch 
nicht.

von (prx) A. K. (prx)


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... schrieb:
> Es läuft doch darauf
> hinaus, dass man jede Applikation, die den Prozessor voll ausnutzen
> soll, für den Prozessor compilieren muss.

Jo, aber so exotisch ist das heute nicht mehr. DotNet arbeitet so, 
Android ebenfalls.

> Da müssten die
> Softwarehersteller nicht nur für jede Betriebssystemvariante neu
> compilieren sondern auch noch für jeden Prozessor.

Nope. Sie liefern ein Halbfertigprodukt aus, d.h. Zwischencode. Der wird 
auf dem Zielsystem mit Installation oder später in optimierten Code 
übersetzt. Ist nix für top performance, weil der letzte Schliff aus 
diversen Gründen fehlt, aber für Normalanwendungen gehts.

Und für top performance gehts ohnehin nicht anders als mit für den Core 
spezifischen Code. Ist ja auch nie das ganze Programm, sondern nur 
kleine Teile davon. Nicht zuletzt weils bei x86 mittlerweile viele 
verschiedene SSE Versionen gibt. Auch manche Linux Komponenten probieren 
beim Start erst einmal diverse Code-Varianten für irgendwelchen Kram 
durch (Blockmove, RAID und so Zeug).

: Bearbeitet durch User
von PittyJ (Gast)


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Ja, es gab auch mal Transmeta. Die haben Code in Zwischencode übersetzt, 
der schneller/flexibler/portabel/effizient sein sollte.
Und dann gab es mal Transputer, die sollte im Verbund mit mehreren auch 
parallel rechnen.
Oder die neue XMos-Architektur, Multicore Microcontroller.

Das Problem ist, die Leute wollen ihr Windows, Office und jetzt ihr 
Angry Birds. Alles was nicht kompatibel ist, wird wieder untergehen.

von (prx) A. K. (prx)


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PittyJ schrieb:
> Das Problem ist, die Leute wollen ihr Windows, Office

Da lag bisher das Problem,

> und jetzt ihr Angry Birds.

da ist es aber keins. Android Apps sind überwiegend plattformunabhängig, 
da gibts nicht nur ARM sondern auch Intel.

von Marian (phiarc) Benutzerseite


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PittyJ schrieb:
> XMos-Architektur, Multicore Microcontroller

Die sich ganz ordentlich verkaufen wie man hört. Findet man inzwischen 
in so einigem digitalen Audio-Interface-Equipment.

von Kein Name (Gast)


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> die Leute wollen ihr Windows

... und nehmen dafür Laptops mit Ventilator und 4 Stunden Laufzeit in 
Kauf.

Das ändert sich zur Zeit. Mal schauen, ob sich genug Leute finden, die 
mehr Wert auf kleinere Geräte mit langer Laufzeit legen.

von fatz (Gast)


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Der Herr Goddard sagte dazu, dass sie sich zunächst eh erst eine Nische 
suchen möchten, um von da aus größer zu werden

von Johnny B. (johnnyb)


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Kein Name schrieb:
>> die Leute wollen ihr Windows
>
> ... und nehmen dafür Laptops mit Ventilator und 4 Stunden Laufzeit in
> Kauf.
>
> Das ändert sich zur Zeit. Mal schauen, ob sich genug Leute finden, die
> mehr Wert auf kleinere Geräte mit langer Laufzeit legen.

Na na na... Also aktuelle Laptops mit Windows 8 oder auch Windows 7 und 
einem i3, i5 oder i7 mobile Prozessor laufen ohne Probleme 4...8 Stunden 
durch; je nach Ausstattung und Akku natürlich.
Mein Laptop mit i7 Quadcore mobile Prozessor macht z.B. locker 6 Stunden 
durch, wenn ich Visual Studio einsetze oder Office-Dokumente bearbeite.

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