Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Lizenzierung von Projekten (TAPR, CC, …)


von Christian K. (christian_rx7) Benutzerseite


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Hallo Leute.
Ich stehe gerade vor dem Problem, dass ich ein Projekt im Internet 
veröffentlichen will und mir wegen der Lizenz nicht ganz sicher bin. (es 
sollen noch einige mehr folgen)
Das Projekt beinhaltet Hardware, Mikrocontroller-Firmware, Dokumentation 
und Nachbauanleitung. Anfangs möchte ich ein paar Bausätze privat 
verkaufen, später vielleicht auch gewerblich.
Folgendes soll durch die Lizenzen erreicht werden:
Nennung meines Namens, bei Weitergabe und Veränderung.
Keine kommerziellen Produkte.
Weiterentwicklung nur unter ähnlichen offenen Lizenzen.
(bei Weiterentwicklung, Info an mich)
Ich übernehme keine Garantie und Gewährleistung bei Schäden und 
Folgeschäden.

Da ich keine kommerzielle Nutzung meiner Idee, zumindest nicht ohne 
meiner Einverständnis, erlauben will, fallen viele Lizenzmodelle weg 
(MIT, GPL, …)
Grundsätzlich finde ich die Creative Commons Namensnennung - Keine 
kommerzielle Nutzung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen ganz gut.
http://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/3.0/at/legalcode
Diese kann laut Infos aus dem Internet auch für Hardware verwendet 
werden, auch wenn sie sich dafür sehr holprig liest. Was mir allerdings 
etwas Sorgen bereitet ist Punkt 6: „ÜBER DIE IN ZIFFER 5 GENANNTE 
GEWÄHRLEISTUNG HINAUS HAFTET DER LIZENZGEBER IHNEN GEGENÜBER FÜR SCHÄDEN 
JEGLICHER ART NUR BEI GROBER FAHRLÄSSIGKEIT ODER VORSATZ, UND ÜBERNIMMT 
DARÜBER HINAUS KEINERLEI FREIWILLIGE HAFTUNG FÜR FOLGE- ODER ANDERE 
SCHÄDEN, AUCH WENN ER ÜBER DIE MÖGLICHKEIT IHRES EINTRITTS UNTERRICHTET 
WURDE.“
Ab wann könnte ein Designfehler unter grobe Fahrlässigkeit fallen?
Für die Software und Bauanleitung dürfte sie gut zu brauchen sein.

Noch besser gefällt mir für die Hardware und deren Dokumentation die 
TAPR Noncommercial Hardware License, auch wenn diese zurückgezogen 
wurde. http://www.tapr.org/NCL.html
Das man sie nicht mehr verwenden soll, kann mir doch egal sein, wenn ich 
eine kommerzielle Nutzung verhindern will, oder?

Was würdet ihr machen? Alles unter CC BY-NC-SA? Oder nur für Firmware 
und Bauanleitung verwenden und die Hardware unter TAPR NCL? Oder ganz 
was anderes?

Danke an alle die bis hier her gelesen haben.
Christian_RX7

von greg (Gast)


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Christian Kreuzer schrieb:
> Hallo Leute.
> Ich stehe gerade vor dem Problem, dass ich ein Projekt im Internet
> veröffentlichen will und mir wegen der Lizenz nicht ganz sicher bin. (es
> sollen noch einige mehr folgen)
> Das Projekt beinhaltet Hardware, Mikrocontroller-Firmware, Dokumentation
> und Nachbauanleitung. Anfangs möchte ich ein paar Bausätze privat
> verkaufen, später vielleicht auch gewerblich.
> Folgendes soll durch die Lizenzen erreicht werden:
> Nennung meines Namens, bei Weitergabe und Veränderung.
> Keine kommerziellen Produkte.
> Weiterentwicklung nur unter ähnlichen offenen Lizenzen.
> (bei Weiterentwicklung, Info an mich)
> Ich übernehme keine Garantie und Gewährleistung bei Schäden und
> Folgeschäden.

Solche Lizenzen sind problematisch. Denn wo fängt kommerzielle Nutzung 
an?
Überleg lieber genau, ob dir das wirklich wichtig ist.
In der Praxis funktioniert eine Copyleft-Lizenz wie die GPL (aber bitte 
v2) ganz gut für deine angegebenen Zwecke.

>
> Da ich keine kommerzielle Nutzung meiner Idee, zumindest nicht ohne
> meiner Einverständnis, erlauben will, fallen viele Lizenzmodelle weg
> (MIT, GPL, …)

Ideen kann man nicht schützen.

von greg (Gast)


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Dieser Blogpost zeigt exemplarisch auf, wie problematisch so eine 
"non-commercial"-Klausel in der Praxis ist:

http://mollykleinman.com/2008/08/21/cc-howto-2-how-to-use-a-work-with-a-noncommercial-license/

Außerdem solltest du bedenken, dass CC nicht für Software gedacht ist, 
und die Autoren von der Nutzung für Software explizit abraten.

von Christian K. (christian_rx7) Benutzerseite


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Erst Mal danke für deine Antworten.
Vielleicht ist die non commercial Geschichte doch überflüssig und es 
reicht das mein Name und die ursprüngliche Dokumentation mitgegeben 
werden muss, so wie in der TAPR OHL http://www.tapr.org/OHL . (sollte 
groß-kommerziellen Nachbau schon mal etwas abschrecken)
Wichtig ist mir vor allem, dass mir bei Schäden keiner an kann und auf 
mich verwiesen wird. Dafür würde dann sogar die MIT mit einer kleinen 
Modifikation reichen.

Über die Verwendung von CC im Soft- und Hardwarebereich liest man sehr 
unterschiedliches.

Christian_RX7

von Michael (Gast)


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Nimm dir doch einfach eines der erfolgreichen Projekte zum Vorbild, z.B. 
Arduino. Die haben eine einfache Aufteilung in CC-BY-SA für die 
Hardware-Designs und GPL bzw. LPGL für die Software. Aus 
http://arduino.cc/en/Main/FAQ:

> Open-source hardware shares much of the principles and approach of free and
> open-source software. In particular, we believe that people should be able to
> study our hardware to understand how it works, make changes to it, and share
> those changes. To facilitate this, we release all of the original design
> files (Eagle CAD) for the Arduino hardware. These files are licensed under a
> Creative Commons Attribution Share-Alike license, which allows for both
> personal and commercial derivative works, as long as they credit Arduino and
> release their designs under the same license.
>
> The Arduino software is also open-source. The source code for the Java
> environment is released under the GPL and the C/C++ microcontroller libraries
> are under the LGPL.

Für dich wäre einfach nur GPL für die Software natürlich eine Option.

von Gerd E. (robberknight)


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Christian Kreuzer schrieb:
> Was mir allerdings
> etwas Sorgen bereitet ist Punkt 6: „ÜBER DIE IN ZIFFER 5 GENANNTE
> GEWÄHRLEISTUNG HINAUS HAFTET DER LIZENZGEBER IHNEN GEGENÜBER FÜR SCHÄDEN
> JEGLICHER ART NUR BEI GROBER FAHRLÄSSIGKEIT ODER VORSATZ, UND ÜBERNIMMT
> DARÜBER HINAUS KEINERLEI FREIWILLIGE HAFTUNG FÜR FOLGE- ODER ANDERE
> SCHÄDEN, AUCH WENN ER ÜBER DIE MÖGLICHKEIT IHRES EINTRITTS UNTERRICHTET
> WURDE.“

Das hat seinen Hintergrund im deutschen Recht: Du kannst nicht einfach 
alle Haftung ausschließen, die für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit 
musst Du in den meisten Fällen übernehmen. Wenn Du einfach alles 
ausschließt, wird der gesamte Haftungsausschluss ungültig und Du sitzt 
voll drin.

Die Sache mit nur nichtkommerzieller Nutzung bringt mehr Ärger als 
Nutzen. Die Abgrenzung ist nicht einfach, und im Endeffekt verhinderst 
Du gewünschte Nutzung und Feedback.

Wenn eine ernst zu nehmende Firma was in die Richtung machen will, dann 
entwickeln die das einfach neu. Dann haben sie keinen Ärger mit der 
Lizenz und die Idee an sich kannst Du nicht so einfach schützen.

Wenn dagegen irgendein Chinese das 1:1 nachbauen will, dann macht er das 
einfach, egal was die Lizenz sagt. Theoretisch könntest Du den dann 
verklagen, aber viel Spaß dabei, da legst Du nur drauf und das bringt im 
Endeffekt nix.

Mein Vorschlag daher: nimm eine der klassischen Copyleft-Lizenzen.

von Christian K. (christian_rx7) Benutzerseite


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Das der Punkt 6 in diese Richtung geht, dachte ich mir. Dann ansonsten 
könnte man ja bauen was man will, auch wenn die Schaltung im 
Layoutprogramm schon Feuer fängt. Aber für Fahrlässigkeit wird man schon 
sehr grobe Designfehler brauchen.

Dann werde ich mir für die Hardware nochmal die TAPR OHL und CC-BY-SA 
und für die Firmware GPL ansehen.

Danke,
Christian_RX7

von Moritz A. (moritz_a)


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Christian Kreuzer schrieb:
> Dann werde ich mir für die Hardware nochmal die TAPR OHL und CC-BY-SA
> und für die Firmware GPL ansehen.

Genauso mache ich es im Normalfall auch, CC-BY-SA für den Hardwarepart 
und GPL für den Softwareteil.

Die GPL wird teilweise auch schon alleine dadurch "erzwungen", dass 
beliebte Libs (zB Fleury uart/i2c) unter der GPL stehen.

Allerdings ist mir noch nicht ganz klar ist, wie die CC bei 
Schematics->PCB-Design->Gerber->fertiges PCB zieht.

In der GPL ist ja recht klar geregelt, wer Binärcode veröffentlicht muss 
auch den Sourcecode mitliefern.

Nach meiner Sicht stammen die CC-Lizenzen eher aus dem 
Grafik/Text-Bereich, in dem es diese Weiterverarbeitungskette nicht 
gibt. Wer den Text oder eine Grafik (abgewandelt) veröffentlicht, hat 
damit gleichzeitig die Basisdaten für eine weitere Abwandlung 
mitveröffentlicht.

Im Falle der Platine hingegen baut diese ja auf allen vorherigen Daten 
auf – enthält diese aber nicht. Ist der verändernde Autor hier nun auch 
dazu gezwungen, alles vom veränderten Schaltplan ab 
mitzuveröffentlichen? Ich habe hierzu leider keine eindeutigen 
Informationen gefunden, oder der Lizenztext hat das zu juristendeutsch 
verpackt.

Nebenbei: Im Zweifelsfall ist die Lizenz sowieso egal, wenn du nicht das 
Geld und die Zeit hast, sie auch (gerichtlich) durchzusetzen.

Grüße
Moritz

von Christian K. (christian_rx7) Benutzerseite


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Hallo Moritz.

Ja die CC Lizenzen sind für Hardware etwas unglücklich formuliert, da 
sie in erster Linie auf Medien abziehlen. Dafür wäre die TAPR OHL besser 
geeignet, denn hier wird das Zusammenspiel aus Dokumentation und Produkt 
genauer geregelt. Daher gefällt sie mir auch besser. Die Sache mit der 
groben Fahrlässigkeit müsste man eventuel ergänzen.

Christian_RX7

von Christian K. (christian_rx7) Benutzerseite


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Gibt es irgend einen speziellen Grund warum man von GPL die Version 2 
verwenden soll?
Die V3 ist doch auch nicht so großartig anders, bis auf die 
Kopierschutz-Geschichte. Oder habe ich was wichtiges übersehen?

Danke,
Christian_RX7

von Moritz A. (moritz_a)


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Christian Kreuzer schrieb:
> Die V3 ist doch auch nicht so großartig anders, bis auf die
> Kopierschutz-Geschichte. Oder habe ich was wichtiges übersehen?

- Patentlizensierung
- Kompatibilität mit anderen Lizenzen (Apache)
- kein Veröffentlichungszwang bei ASP-Nutzung

Das wären noch so Unterschiede, dir mir einfallen – allerdings sehe ich 
nichts davon als Ausschlussgrund, eher sogar andersrum.

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