Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Ideen zum Schalten hoher Gleichströme gesucht


von Oliver R. (sixtus_dahastus)


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Hallo!
Bei einer Projektarbeit stehe ich vor dem Problem höhere Gleichströme 
schalten zu müssen. Im normalen Betriebsfall sind es etwa 30A. 
Allerdings – und hier liegt der Hund begraben – können im Fehlerfall 
Ströme von bis zu 150A fließen. Der Fehlerfall wird von einer 
Messelektronik erkannt, allerdings muss der Fehlerstrom dann vom 
Schaltorgan abgeschaltet werden können (also Schaltvermögen ~150A).
Erschwerend kommen folgende Punkte hinzu:

- Die Trennung muss galvanisch sein, rein elektronische Konzepte sind 
nicht zulässig (sonst wäre es ja auch zu leicht :-) )
- Der Strom muss in beide Richtungen fließen können, also sowohl von der 
Quelle zur Last, als auch von der Last zur Quelle.
- Da es sich hierbei um einen Teilaspekt einer Messanwendung handelt, 
muss der Spannungsabfall entlang des Schaltkontakts möglichst gering 
bleiben (< 10mOhm wäre wünschenswert).
- Die Quellenspannung, welche die 30 – 150A liefert, hat lediglich eine 
Spannung von 1,5 – 5V. Diese Spannung muss also ausreichen um den 
Kontaktwiderstand des Schaltkontakts zu überwinden.
- Und schließlich muss die Trennung auch noch allpolig erfolgen.

Ich habe mir über diese Problemstellung schon ausgiebig Gedanken 
gemacht. Ursprünglich wollte ich eine Kombination aus 
Leistungselektronik und DC-Schütz verwenden, davon bin ich aber aufgrund 
der Forderung nach dem bidirektionalen Stromfluss wieder abgekommen. 
Mittlerweile glaube ich, dass eine Verwendung eines (oder mehrerer) 
DC-Leistungsschützes das sinnvollste wäre. Ich habe schon die diversen 
Hersteller abgeklappert und bin bei diesem Typ hängengeblieben:

http://www.schaltbau-gmbh.com/de/Produkte/Schuetze/Gleichstromschuetze-fuer-Bahnanwendungen/Baureihe-C137/

Davon würde ich dann einfach zwei verwenden um der Forderung nach 
Allpoligkeit gerecht zu werden. Wie die angehängte Skizze zeigt, könnte 
durch korrekte Verschaltung auch eine gute Lichtbogenlöschung in beide 
Richtungen erzielt werden.

Meine Fragen an euch sind:
Habt ihr irgendwelche anderen oder besseren Vorschläge wie diese 
Schaltaufgabe gelöst werden könnte? Kennt ihr andere Schütze oder 
Relais, die dieser Aufgabe gewachsen sind? Ist meine Idee sinnvoll, oder 
völlig über- bzw. unterdimensioniert?

Es würde mich sehr freuen, wenn ein paar erfahrene 
Elektrotechniker/innen ihre Meinung zu diesem Thema abgeben könnten.
Vielen Dank!

von Falk B. (falk)


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Bei 5V und 150A Fehlerstrom reichen etwas größere KFZ-Relais.

von ich (Gast)


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Falk Brunner schrieb:
> Bei 5V und 150A Fehlerstrom reichen etwas größere KFZ-Relais.

Können die dann auch die 150A trennen? Und das ohne Bildung eines 
Lichtbogens? Für 150A gibt es doch bei den Leistungsschützen für DC (und 
die haben noch einen größeren Kontaktabstand als Kfz-Relais) schon 
Ausführungen mit Löschkammern und sogar Ausblasspulen...

Wenn ich den Hannes richtig verstanden habe, ist das für seinen 
Einsatzzweck notwendig.

von Dieter W. (dds5)


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Die Problematik mit Lichtbogen tritt bei maximal 5V nicht auf, das kommt 
erst ab ca. 20V zum Tragen.

von ich (Gast)


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Dieter Werner schrieb:
> Die Problematik mit Lichtbogen tritt bei maximal 5V nicht auf, das
> kommt
> erst ab ca. 20V zum Tragen.

Okay, das hatte ich nicht bedacht.

von Falk B. (falk)


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@ ich (Gast)

>> Bei 5V und 150A Fehlerstrom reichen etwas größere KFZ-Relais.

>Können die dann auch die 150A trennen?

Hmmm, AFAIK ja.

> Und das ohne Bildung eines Lichtbogens?

Der spielt bei 5V noch keine allzugroße Rolle.

> Für 150A gibt es doch bei den Leistungsschützen für DC (und
>die haben noch einen größeren Kontaktabstand als Kfz-Relais) schon
>Ausführungen mit Löschkammern und sogar Ausblasspulen...

Aber nicht bei 5V.

von ich (Gast)


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@Falk:

Wenn die Kfz-Relais 150A trennen können, dann stimme ich dir insgesamt 
zu.
Das Thema Lichtbogen bei 5V hat sich schon erledigt, war ein Irrtum von 
mir. Bei 5V spielt das wirklich noch keine Rolle.

von Oliver R. (sixtus_dahastus)


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Hallo!

Schon mal vielen, vielen Dank für die ganzen Antworten.
An die Verwendung eines KFZ-Relais habe ich schon mal gedacht. 
Allerdings habe ich diese Idee dann wieder verworfen.

Könnt ihr mir vielleicht kurz erklären warum bei 5V noch keine 
Lichtbogen auftreten bzw. warum sie es bei 20V tun?
Gibt es irgendwelche Literatur zu diesem Thema?

von Oliver R. (sixtus_dahastus)


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Wegen der Lichtbogenbildung ist mir jetzt doch noch was eingefallen:
Bei meinen Recherchen hab ich mal gelesen, dass die Lichtbogenbildung ab 
~8V interessant wird, da die erste Ionisierungsenergie der meisten 
Metalle in diesem Bereich liegt. Bei Fe sind es beispielsweise 7,870 eV.

Aah, ihr habt mich schon wieder weitergebracht, vielen Dank!

Für weitere Vorschläge etc. (auch bezüglich Literatur) wäre ich 
natürlich immer noch dankbar.

von ich (Gast)


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Hannes H. schrieb:
> Wegen der Lichtbogenbildung ist mir jetzt doch noch was
> eingefallen:
> Bei meinen Recherchen hab ich mal gelesen, dass die Lichtbogenbildung ab
> ~8V interessant wird, da die erste Ionisierungsenergie der meisten
> Metalle in diesem Bereich liegt. Bei Fe sind es beispielsweise 7,870 eV.
>
> Aah, ihr habt mich schon wieder weitergebracht, vielen Dank!
>
> Für weitere Vorschläge etc. (auch bezüglich Literatur) wäre ich
> natürlich immer noch dankbar.

...bei Kupfer sind es wohl um die 15V. Darunter kann sich keine 
Ionisation ausbilden. Wobei es bei Relais auf das Kontaktmaterial 
ankommt, und das ist bestimmt kein Eisen oder Kupfer :-)
Literaturquellen habe ich jetzt auch keine parat, da war nur was im 
Hinterkopf, und der Beitrag von Dieter Werner hat es wieder ans 
Tageslicht gebracht :-)

von Ingo S. (ingo-s)


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KFZ Relais?
Schau Dir vorher mal genau die Daten an. Bei den 80A Typen habe ich 
keins unter 30mOhm gefunden.

Gruß Ingo

von Falk B. (falk)


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@Ingo Stahl (ingo-s)

>Schau Dir vorher mal genau die Daten an. Bei den 80A Typen habe ich
>keins unter 30mOhm gefunden.

Jaja, und du glaubst auch an den Weihnachtsmann?
Schon mal nachgerechnet?

P = I^2 * R = 80A^2 * 30mOhm = 192W.

Da brennt das Relais lichterloh!

Was "sinnigerweise" in vielen Datenblätter drin steht, ist ein 
juristischer Furz, von wegen maximal xxx mOhm bei 0,1A oder so. Das ist 
in den allermeisten Fällen um GRÖßENORDUNGEN von der Realität entfernt 
und soll u.a. eine Indikation der Oxidierung der Kontakte darstellen. 
Weiß der Geier was das soll.

Praxisbeispiel. Ein 30A Minirelais wurde mit max. 100 mOhm 
"spezifiziert", real gemessen hab ich bei 1A ~3 (DREI) mOhm. Das macht 
auch mehr Sinn.

P = I^2 * R = 30A^2 * 3mOhm = 2,7W.

von Oliver R. (sixtus_dahastus)


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Ingo Stahl schrieb:
> KFZ Relais?
> Schau Dir vorher mal genau die Daten an. Bei den 80A Typen habe ich
> keins unter 30mOhm gefunden.

Guter Einwand! Über dieses Problem bin ich auch gerade gestolpert. 
Dieses KFZ-Relais wäre beispielsweise sehr gut geeignet, hat allerdings 
auch 30mOhm:
http://www.tme.eu/html/EN/150a-high-current-relays/ramka_8013_EN_pelny.html

Hat jemand eine Idee? Einfach drei parallel schalten :-) ?
Erschwerend kommt hinzu, dass ich ja zwei Schaltstrecken brauche, da die 
Trennung ja allpolig sein muss/soll.

von tom69 (Gast)


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von Oliver R. (sixtus_dahastus)


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Falk Brunner schrieb:
> @Ingo Stahl (ingo-s)
>
>>Schau Dir vorher mal genau die Daten an. Bei den 80A Typen habe ich
>>keins unter 30mOhm gefunden.
>
> Jaja, und du glaubst auch an den Weihnachtsmann?
> Schon mal nachgerechnet?
>
> P = I^2 * R = 80A^2 * 30mOhm = 192W.
>
> Da brennt das Relais lichterloh!
>
> Was "sinnigerweise" in vielen Datenblätter drin steht, ist ein
> juristischer Furz, von wegen maximal xxx mOhm bei 0,1A oder so. Das ist
> in den allermeisten Fällen um GRÖßENORDUNGEN von der Realität entfernt
> und soll u.a. eine Indikation der Oxidierung der Kontakte darstellen.
> Weiß der Geier was das soll.
>
> Praxisbeispiel. Ein 30A Minirelais wurde mit max. 100 mOhm
> "spezifiziert", real gemessen hab ich bei 1A ~3 (DREI) mOhm. Das macht
> auch mehr Sinn.
>
> P = I^2 * R = 30A^2 * 3mOhm = 2,7W.

Da haben wir uns wohl gerade überschnitten.
Macht aber sehr viel Sinn was du sagst, danke.

Ich werde nächste Woche mal ein paar Messungen machen.

von Oliver R. (sixtus_dahastus)


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von ich (Gast)


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Hannes H. schrieb:
> Hat jemand eine Idee? Einfach drei parallel schalten :-) ?

Hallo Hannes,

das würde ich nicht machen, denn die Schaltzeiten sind niemals 
hundertprozent identisch. Und wenn eins schon geschaltet hat, muß es den 
vollen Strom übernehmen, bis dann das zweite und irgendwann das dritte 
kommt. Und beim Abschalten genauso, eins ist immer das letzte, und das 
muß dann den gesamten Strom tragen. Auch wenn die Zeiten so kurz sind, 
daß es fast gleichzeitig erscheint, spielt das doch eine Rolle.

von tom69 (Gast)


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Keine Ursache

Bei den 80A Typen habe ich
>>keins unter 30mOhm gefunden...

...das ist der Leitungswiderstand von 2  75cm langen 1mm² 
Kupfermessleitungen, die haben sie vergessen bei der Kontakt- Messung 
abzuziehen;-))

von Jürgen D. (juergen_diel)


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Hallo Hannes,

schau Dir einmal die nachfolgende Seite an:

http://www.kissling.de/de/kisslingelektrotechnik-gmbh/produkte/relais.html

Gruß Jürgen

von Harald W. (wilhelms)


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Hannes H. schrieb:

> Bei einer Projektarbeit stehe ich vor dem Problem höhere Gleichströme
> schalten zu müssen. Im normalen Betriebsfall sind es etwa 30A.
> Allerdings – und hier liegt der Hund begraben – können im Fehlerfall
> Ströme von bis zu 150A fließen.

Grundsätzlich ist es wesentlich einfacher, grosse DC-Ströme zu
schalten als grosse DC-Spannungen. Die meisten Schalter und
Relaishersteller spezifizieren ihre Schalter und Relais nur
bis 30V. Will man darüber hinaus, ist das zwar nicht unmöglich,
das Angebot ist dann aber recht dünn.
Gruss
Harald

von Dirk J. (dirk-cebu)


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Warum muß allpolig geschaltet werden? Sonst nimm doch einen Handschalter 
mit Messerkontakten, z.B.
http://www.globalzoo.de/Papierflieger/blog-foto-i634334.php

von Oliver R. (sixtus_dahastus)


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Hey!

Jürgen Diel schrieb:
> schau Dir einmal die nachfolgende Seite an:
>
> http://www.kissling.de/de/kisslingelektrotechnik-gmbh/produkte/relais.html

Vielen herzlichen Dank, das war ein heißer Tipp!

Dirk J. schrieb:
> Warum muß allpolig geschaltet werden? Sonst nimm doch einen Handschalter
> mit Messerkontakten, z.B.
> http://www.globalzoo.de/Papierflieger/blog-foto-i634334.php

Die von mir beschriebene Problemstellung ist Teil eines automatisierten 
Messaufbaus. Deshalb muss zum Schalten auch ein Relais bzw. Schütz 
verwendet werden. Außerdem muss die Quelle - gemäß den Spezifikationen - 
im Ruhezustand allpolig getrennt werden.

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