Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Magnetische Levitation


von Resonanzkatastrophe (Gast)


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Hallo,

nachdem ich http://www.youtube.com/watch?v=Y-wt3bME8nE gesehen hatte hab 
ich Lust bekommen so etwas nachzubauen. Dazu hab ich allerdings ein paar 
Fragen.

Erstes Problem ist die Spule. Im Shop von denen findet man alle Teile 
aufgelistet, die Spule ist da mit 15mH, 2.4Ohm, 1.5A max angegeben. Dem 
Bild nach zu folge hat die Spule einen Ferritkern.

Ich habe bereits die üblichen Verdächtigen durchsucht (Farnell, 
Reichelt, Conrad) aber diese Spule taucht da nirgens auf. Auch nichts 
vergleichbares. Wo hat er die Spule her? Oder ist diese garnicht von der 
Stange?

Bei Conrad habe ich ein paar Zugmagnete gefunden, allerdings sind diese 
z.b. mit 12V 2W spezifiziert. Das wären 72Ohm Innenwiderstand! Gibt es 
keine Spulen die einen geringeren Innenwiderstand haben und für 
Stromquellen ausgelegt sind?

Wenn man diese Spule selberwickeln würde, wäre es nicht sinnvoller einen 
Eisenkern zu nutzen? Habe mal auf die schnelle einen dickeren Nagel 
bewickelt aber das Magnetfeld war eher enttäuschen. Woher bekommt man so 
einen Eisenkern/Eisenstab mit hoher Permeabilität?

Für das Magnetfeld sollte es ja egal sein ob ich 100A durch eine Windung 
oder 1A durch 100 Windungen jage. Wäre es nicht sinnvoller eine kleinere 
Induktivität zu nehmen und diese mit höherem Strom zu betreiben? Der 
Vorteil wäre dass die Stromregelung schneller reagieren könnte (siehe 
unten).

Im Video werden Magnete zum schweben gebracht. Toll wäre es natürlich 
wenn man auch beliebige Eisenteile zum schweben bringen kann. Das müsste 
doch prinzipiell genauso gehen (Nur braucht der Elektromagnet dann mehr 
Kraft)?

Ich habe mir außerdem überlegt ob man den Hallsensor nicht eleminieren 
könnte. Dazu nutze ich aus dass beim bewegen des Objektes sich die 
Induktivität der Spule ändert. Sobald man diese messen kann kann man 
auch die Position des Objektes bestimmen.

Die Spule wird natürlich Stromgesteuert, per Shunt messe ich den 
aktuellen Strom und per Regler wird der Dutycycle einer PWM-Stufe 
geändert, so dass der Sollstrom gehalten wird. Der durchschnittlichen 
Spannung am Ausgang wird noch ein Sinussignal überlegert, welches jedoch 
eine höhere Frequenz hat als der Regler ausregeln kann. Da die Spule mit 
dem Shunt ein LR-Tiefpass bildet kann ich den Wechselanteil über dem 
Shunt messen und so die Induktivität bestimmen. Die Spannung wird im 
unteren Millivoltbereich liegen aber da die Frequenz bekannt ist kann 
man mit einem schmalbandigem Verstärker das Signal hoffendlich 
extrahieren.

Was meint ihr dazu ob dieses Prinzip funktionieren kann?

Hauptproblem ist aber die Spule. Wo bekomm ich die her bzw einen Kern 
zum selberwickeln?

Viele Grüße
Resonanzkatastrophe

von Possetitjel (Gast)


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Resonanzkatastrophe schrieb:

> Wenn man diese Spule selberwickeln würde, wäre es
> nicht sinnvoller einen Eisenkern zu nutzen?

Ja, natürlich.

> Habe mal auf die schnelle einen dickeren Nagel
> bewickelt aber das Magnetfeld war eher enttäuschen.

Zu wenig Eisen. Viel Eisen verwenden.

> Woher bekommt man so einen Eisenkern/Eisenstab mit
> hoher Permeabilität?

Alte Netztrafos schlachten. Von EI-Kernen kann man das
I-Joch direkt verwenden; bei LL-Kernen den Haken vom "L"
abknipsen.

> Für das Magnetfeld sollte es ja egal sein ob ich 100A
> durch eine Windung oder 1A durch 100 Windungen jage.

Rechnerisch ist das so, ja.

Trick dazu: Spule lang machen, also Länge sehr viel
größer als Durchmesser. Formt das Magnetfeld günstig
und verbessert die Kühlung.

> Wäre es nicht sinnvoller eine kleinere Induktivität zu
> nehmen und diese mit höherem Strom zu betreiben?

Ist weitgehend wahlfrei und hängt davon ab, was Du an
Material (Kuperdraht, Tansistoren, Spannungsquellen usw.)
hast.
Die Details musst Du sowieso nachrechnen und/oder
probieren.

> Der Vorteil wäre dass die Stromregelung schneller
> reagieren könnte

Die Stromänderung bei gegebener Spule hängt von der
Spannungsänderung ab. Wenn die Induktivität groß ist,
musst Du halt eine höhere Betriebsspannung für den
Regelverstärker wählen.

> Toll wäre es natürlich wenn man auch beliebige
> Eisenteile zum schweben bringen kann.

Geht. Wenn sie nicht zu schwer sind natürlich :-)

> Ich habe mir außerdem überlegt ob man den Hallsensor
> nicht eleminieren könnte. Dazu nutze ich aus dass beim
> bewegen des Objektes sich die Induktivität der Spule
> ändert.

Naja, der Effekt ist erstens sehr klein und zweitens vom
jeweiligen Objekt abhängig.
Ich hatte mal mit einer Hilfswicklung experimentiert
(Prinzip "Trafo mit beweglichem Joch"); das ist aber
liegengeblieben und nie fertiggeworden.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Resonanzkatastrophe schrieb:
> Ich habe mir außerdem überlegt ob man den Hallsensor nicht eleminieren
> könnte. Dazu nutze ich aus dass beim bewegen des Objektes sich die
> Induktivität der Spule ändert.

Ich habe mal gehört, dass jemand so etwas umgesetzt hat. Das ist aber
schon so lange her (> 20 Jahre), dass ich nichts genaueres darüber weiß.
Ich schätze, dass dem Spulenstrom ein Wechselstrom überlagert wurde, so
dass man über den Wechselanteil den Spannungsabfall und damit die
Impedanz messen konnte.

von Stefan M. (derwisch)


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Das mit dem "tanzenden" Eisenstück ist natürlich ganz lustig.
Ansonsten kann man die Schwebeschaltung auch mit einem BUZ11 und 5 
Bauteilen drumherum realisieren.

von Possetitjel (Gast)


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Stefan M. schrieb:
> Ansonsten kann man die Schwebeschaltung auch mit einem
> BUZ11 und 5 Bauteilen drumherum realisieren.

Die funktioniert dann nur zufällig. Man muss nämlich
eine zweifach integrierende Strecke regeln. Das ist
machbar, aber keineswegs so trivial, wie häufig behauptet
wird.

von Stefan M. (derwisch)


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Possetitjel schrieb:
> Die funktioniert dann nur zufällig. Man muss nämlich
> eine zweifach integrierende Strecke regeln. Das ist
> machbar, aber keineswegs so trivial, wie häufig behauptet
> wird.

Nunja, mag sein.
Die Schaltung funktioniert aber.
Und zwar sogar so gut, dass es egal ist, ob man eine Kombizange ins 
Magnetfeld hängt, oder eine Münze.
Es muss dafür auch kein Bauteilwert geändert werden.

Ich habe die Schaltung nicht im Kopf, aber wenn ich zu Hause bin, such 
ich es mal raus.
Ist ja kein Patent...:-)

P.S.: Die Rückmeldung für die Position des Objektes kommt bei der BUZ11 
Schaltung von einer Lichtschranke mit LDR.
Dessen Trägheit ist Bestandteil der Regelcharakterisik ( ! )

: Bearbeitet durch User
von Amateur (Gast)


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Mich würde mal Interessieren, wie die zentimeterdicke Staubschicht 
entfernt wurde. Sieht ja echt sauber aus.
Es dürfte wohl keine Instanz und Elektronikzeitschrift geben, die nicht 
ein solches Modell veröffentlicht hat.

von Resonanzkatastrophe (Gast)


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Habe jetzt mal ein paar Spulen versucht, die bisher größte Spule (500µH 
@ 2.5A) schafft es grade so ein kleinen Schraubenzieher zu halten. Da 
fehlt noch mindestens eine Größenordnung...

Possetitjel schrieb:
> Alte Netztrafos schlachten. Von EI-Kernen kann man das
> I-Joch direkt verwenden; bei LL-Kernen den Haken vom "L"
> abknipsen.

Das ist echt eine gute Idee, da muss ich mal in der Schrottkiste suchen 
was sich da anbietet.

Possetitjel schrieb:
> Die Stromänderung bei gegebener Spule hängt von der
> Spannungsänderung ab. Wenn die Induktivität groß ist,
> musst Du halt eine höhere Betriebsspannung für den
> Regelverstärker wählen.

Ja klar, ich meinte jetzt, bei selber Betriebsspannung.

Possetitjel schrieb:
> Naja, der Effekt ist erstens sehr klein und zweitens vom
> jeweiligen Objekt abhängig.
> Ich hatte mal mit einer Hilfswicklung experimentiert
> (Prinzip "Trafo mit beweglichem Joch"); das ist aber
> liegengeblieben und nie fertiggeworden.

Habe mich mal ein bisschen umgehört und ein alternativer Vorschlag war 
einfach ein Zweipunktregler zu nehmen, also einen minimalen und 
maximalen Strom einzustellen, dessen Mittelwert geregelt wird. Über die 
sich so ergebende Frequenz kann man recht genau auf die Induktivität 
schließen. Da Frequenzen eine der am genausten zu messenden Größen sind 
wäre das ein sehr exaktes Verfahren.

Possetitjel schrieb:
> Die funktioniert dann nur zufällig. Man muss nämlich
> eine zweifach integrierende Strecke regeln. Das ist
> machbar, aber keineswegs so trivial, wie häufig behauptet
> wird.

Ist natürlich Regelungstechnisch eine Herausforderung aber daran sollte 
es nicht scheitern.

Stefan M. schrieb:
> P.S.: Die Rückmeldung für die Position des Objektes kommt bei der BUZ11
> Schaltung von einer Lichtschranke mit LDR.
> Dessen Trägheit ist Bestandteil der Regelcharakterisik ( ! )

Die Eleganz bei der Induktivitätsmessung wäre ja dass man mit 2 Kabeln 
zur Spule auskommt und nicht noch mechanisch mit Lichtschranken, 
Hallsensoren, wasweißich arbeiten muss.

Werde euch auf dem Laufenden halten was das Projekt angeht, kann 
allerdings dauern bis die ersten Objekte schweben...

Viele Grüße
Resonanzkatastrophe

von Sebastian W. (b_a_s_t_i_w)


Angehängte Dateien:

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Wir haben so eine Levitation mal während des Studiums in 
Regelungstechnik gemacht. -> Siehe Anhang

von Possetitjel (Gast)


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Stefan M. schrieb:

> Nunja, mag sein.
> Die Schaltung funktioniert aber.

Okay... Du hast Schaltplan und Schaltung offensichtlich
vorliegen; konnte ich ja nicht wissen :-)
Oft genug wird in's Blaue hinein behauptet "Ist trivial",
ohne dass der Behauptende es probiert hat.

Ich habe es probiert - ohne Vorlage oder Bauplan - und
es hat erst funktioniert, als ich mich hingesetzt und
die Übertragungsfunktion aufgestellt habe.

> Ich habe die Schaltung nicht im Kopf, aber wenn ich zu
> Hause bin, such ich es mal raus. Ist ja kein Patent...:-)

Sehr gern.

> P.S.: Die Rückmeldung für die Position des Objektes kommt
> bei der BUZ11 Schaltung von einer Lichtschranke mit LDR.
> Dessen Trägheit ist Bestandteil der Regelcharakterisik ( ! )

Naja gut... "minimal art" also... warum nicht :)

von Possetitjel (Gast)


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Resonanzkatastrophe schrieb:

> Possetitjel schrieb:
>> Die Stromänderung bei gegebener Spule hängt von der
>> Spannungsänderung ab. Wenn die Induktivität groß ist,
>> musst Du halt eine höhere Betriebsspannung für den
>> Regelverstärker wählen.
>
> Ja klar, ich meinte jetzt, bei selber Betriebsspannung.

Ich glaube, wir missverstehen uns irgendwie.

Deine Grundüberlegung, dass wenig Windungen mit hohem
Strom für die Regelgeschwindigkeit besser sind als viele
Windungen mit niedrigem Strom, ist ja richtig. Das habe
ich schon geschrieben.

Ich hatte nur seinerzeit das Problem, dass ich den Kupfer-
lackdraht nehmen musste, den ich hatte. Die Betriebsspannung
dagegen konnte ich mir mehr oder weniger aussuchen. Insofern
konnte ich auch mit relativ vielen Windungen auf der Spule
leben, weil sich das durch höhere Spannung ausgleichen
lässt.

> Habe mich mal ein bisschen umgehört und ein alternativer
> Vorschlag war einfach ein Zweipunktregler zu nehmen, also
> einen minimalen und maximalen Strom einzustellen, dessen
> Mittelwert geregelt wird. Über die sich so ergebende Frequenz
> kann man recht genau auf die Induktivität schließen. Da
> Frequenzen eine der am genausten zu messenden Größen sind
> wäre das ein sehr exaktes Verfahren.

Na, mach mal :)

Die Idee ist recht witzig. Das Problem wird werden, dass
Deine Elektronik recht schnell reagieren muss. Du musst
also kleine Frequenzänderungen schnell messen. Das ist
die Herausforderung.

> Possetitjel schrieb:
>> Die funktioniert dann nur zufällig. Man muss nämlich
>> eine zweifach integrierende Strecke regeln. Das ist
>> machbar, aber keineswegs so trivial, wie häufig behauptet
>> wird.
>
> Ist natürlich Regelungstechnisch eine Herausforderung aber
> daran sollte es nicht scheitern.

Ich wollte das gar nicht als Raketentechnik der allerneuesten
Generation verkaufen :-)
Trivial ist es aber auch nicht.

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