Manchmal sind Ingenieure, Informatiker, Physiker und Geisteswissenschaftler nicht industrietauglich. Termindruck, Kundenkontaktmanagement, Auftreten, Kommunikationsfähigkeit, Belastbarkeit und Zuverlässigkeit sind nicht für jeden selbstverständlich. Diese Leute können trotzdem in vereinzelten Gebieten fachlich gut sein, das Potential ist jedoch nicht verwertbar. Gibt es daher so etwas wie eine Art "Behindertenwerkstatt" für Akademiker? Ohne Druck, ohne marktbezogenen Wettbewerb, aber mit sicherem Einkommen, dass sich nach SGB II richtet, jedoch ohne Zwangsvermittlung und ohne Bewerbungsseminare, Sanktionen nur bei grobem Unterschreiten der Anwesenheitszeit? Inhaltlich ist die Arbeit eher frei bestimmbar, meist auf einem sehr hohen theoretischen Level.
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Um das ganze in etwas ernstere Bahnen zu lenken: Unsere Firma arbeitet mit einer Behindertenwerkstatt zusammen. Seitdem ich mir dort einmal die Produktion angeschaut habe, frage ich mich, wo überhaupt die Behinderten sind? Die meisten -körperlichen- Behinderungen waren m.E. eher leichter Natur, ein hinkendes Bein und ähnliches. Aber eigentlich nichts derart gravierendes, daß ich sagen würde, man müsse die Menschen in einer extra 'Werkstatt' verstecken. Ein befreundeter Arzt bestätigte mir den Eindruck und meinte, mit den Behindertenwerkstätten würde viel Schmuh betrieben....
Matthias schrieb: > Ein befreundeter Arzt bestätigte mir den Eindruck und meinte, mit den > Behindertenwerkstätten würde viel Schmuh betrieben.... Die Zielführung liegt wohl eher darin, die Behinderten durch geschultes Personal tagsüber zu betreuen und denen einen quasi sinnvollen Zeitvertreib zu bieten. Teilweise werden so auch betreuende Angehörige entlastet. Beschäftigungen in Werkstätten hängen auch vom Behindertengrad ab. Wer die Arbeit bewältigen kann, kann hier noch durchaus produktiv sein. Bei den anderen wird dann wohl eine andere Beschäftigung versucht. Heiner Reloaded schrieb: > aber mit sicherem Einkommen, dass sich nach SGB II richtet, Was soll denn das heißen? Sozialhilfe bleibt Sozialhilfe, egal wie man das heute im Amtsdeutsch (Alg2)nennt. Heiner Reloaded schrieb: > jedoch ohne Zwangsvermittlung und ohne Bewerbungsseminare, > Sanktionen nur bei grobem Unterschreiten der Anwesenheitszeit? So problematisch ist das alles nicht, wenn man seinen guten Willen unter Beweis stellt, dann kann man auch frei entscheiden. Wer sich natürlich stur stellt, bekommt halt die Bürokratie von der unangenehmen Seite zu spüren. Kann man im Erwerbslosen-Forum immer wieder fest stellen. Nach meiner Einschätzung ist man in der Industrie bzw. Konzernen bei solchen Problemen noch am besten aufgehoben weil es da viel easiger zugeht als im Mittelstand oder in Klitschen. So sind nun meine Erfahrungen. Problem ist halt, da erst mal rein zu kommen.
Das ist halt die Krux an der Sache: Ein Supersonderfachspezi ist halt gelegentlich mal hart an der Grenze zum Autisten. Es kann durchaus ein Erfolgsrezept sein, ein paar "durchgaknallte cracks" zusammenzustecken mit einem "Bewacher", der nur für die funktionierende Arbeitsumgebung sorgt. SAP hat's schon vorgemacht, erfolgreich.
Logger schrieb: > Nach meiner Einschätzung ist man in der Industrie bzw. Konzernen > bei solchen Problemen noch am besten aufgehoben weil es da viel > easiger zugeht als im Mittelstand oder in Klitschen. So sind nun > meine Erfahrungen. Problem ist halt, da erst mal rein zu kommen. In Firmen gibt es teils eine sehr hohe Behindertenquote, wie ich selbst schon sah. Das sind KMU, die maximalst an Personalkosten sparen, und der Lohn für einen Behinderten ist ja auch stark subventioniert. Was solls, wenn bspw. ein völlig gehbehinderter Produktionsmitarbeiter mit PC und Lötarbeitsplatz genau so gut wie andere ist, weil seine Behinderung für diese Arbeit quasi keine Rolle spielt? Am Ende bekommt die Firma für ihren gezahlten Lohn insgesamt mehr Leistung, als für einen normalen Mitarbeiter. Ein Personaldienstleister stellte wiederum bevorzugt Ex-Häftlinge ein, weil es für die auch hohe Resozialisierungszuschüsse gibt. Ich glaube man hat da andere Bedenken als nur die reine Arbeit, so einen Mitarbeiter ganz normal einzustellen: Der braucht ein paar Minuten am Tag länger als andere nur für Toilettengang, oder Gänge für Erledigungen im Betrieb. Man glaubt auch einfach, daß alle Behinderten irgendwie minderbemittelt sind, und die Hemmschwelle ist oft auch gering. Einmal duzte einer aus der Firmenleitung einen Mitarbeiter, was dieser bei anderen Leuten nicht tat. Respektlosigkeit. Der Mann wehrte sich aber vehement, und verbat sich das an Ort und Stelle direkt. Im ÖD sah ich wiederum ganz normal Ingenieure im Rollstuhl, z.B. Bauleiter oder Bauplaner. Dort krähte überhaupt kein Hahn nach der Behinderung, und die Gehaltseinstufung war auch völlig normal wie üblich. Die Dienstgebäude waren sogar so behindertengerecht, daß einer mit dem Rollstuhl auch barrierefrei an jeden Ort kam. Für die Autofahrt eines Bauleiters hatte man einen Firmenwagen mit Chauffeur. Helge A. schrieb: > Das ist halt die Krux an der Sache: Ein Supersonderfachspezi ist halt > gelegentlich mal hart an der Grenze zum Autisten. Autisten sind aber gefragte Spezis besonders in der Entwicklerbucht. Die menschliche Umgangsform interessiert keinen, wenn die Arbeitsergebnisse am Ende besser und schneller sind.
> Autisten sind aber gefragte Spezis besonders in der Entwicklerbucht. Die > menschliche Umgangsform interessiert keinen, wenn die Arbeitsergebnisse > am Ende besser und schneller sind. In Indien hat man die Nase diesbezüglich mal wieder vorne. Dort sieht man "Aspies" (Asperger-Autisten) nicht als Behinderte, sondern als hochwillkommene Mitarbeiter, die halt etwas anders sind. http://en.sap.info/autism-and-aspergers-are-assets-not-disabilities-at-sap/94478
Mal abgesehen von dem offenbar plumpen Trollversuch (wer ist Heiner?): Ich habe während meiner ersten Ausbildung eine Behindertenwerkstatt besucht und fand das Konzept eigentlich ganz einleuchtend. Auch wenn es auf den ersten Blick wie eine reguläre Werkstatt aussieht und auch eine ähnliche Produktivität erreicht werden kann, handelt es sich vom Setting her aber doch eher um betreute Beschäftigungstherapie ohne Druck. Dieser Mangel an Druck erzeugt dann aber eine entsprechend entspannte Atmosphäre, so dass sich die tatsächlichen Ausfälle in engen Grenzen halten. In Unterhaltungen habe ich von beiden Seiten (Betreuer/"Teilnehmer") dann auch überwiegend positives Feedback bekommen.
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