Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik MOS Kapazität: Grundlegende Frage


von Fuchs14 (Gast)


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Hallo,

aktuell muss ich mich aus Gründen näher mit den parasitären Kapazitäten 
bei Leistungs-MOSFETs beschäftigen und verstehe aber bereits ein 
grundlegendes Konzept bei der Kapazität einer einfachen MOS-Struktur 
nicht. Die Frage bezieht sich auf folgendes Zitat aus "Fundamentals of 
Power Semiconductor Devices" von Baliga:

"When a negative bias is applied to the gate electrode, mobile holes are 
attracted from the bulk toward the oxide-semiconductor interface [...] 
to form an accumulation layer. As majority carriers in the P-base 
region, the holes can respond to an AC signal superposed on the negative 
DC voltage applied to the gate electrode. Consequently, the capacitance 
for the MOS structure becomes equal to that of the gate oxide under 
accumulation conditions"

Ich verstehe einfach nicht welche Auswirkungen es für die Kapazität hat, 
dass die freien Löcher dem AC-Signal folgen können. Was würde denn 
passieren, angenommen die Löcher wären zu träge und würden das nicht 
schaffen. Welchen Einfluss hätte das auf die Kapazität?

Später wird argumentiert, dass bei einer positiven Gate-Spannung mit 
überlagerten AC-Signal, wo sich die Verarmungszone ausbildet, die 
Raumladungen diesem AC-Signal nicht mehr folgen können, und sich die 
MOS-Kapazität damit aus der Serienschaltung von Oxid- und 
Sperrschicht-Kapazität zusammensetzt. Auch hier ist mir die Begründung 
wieder nicht klar, dass sich die Kapazität als Serienschaltung 
ausbildet, WEIL die Raumladungen dem AC-Signal nicht folgen können. Das 
will einfach nicht in meinem Kopf rein.

Ich hoffe hier kann mir eventuell jemand auf die Sprünge zu helfen. Ich 
bedanke mich jedenfalls bereits jetzt für mögliche Antworten.

Viele Grüße

von Achim S. (Gast)


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na, dann versuch ichs mal:

Fuchs14 schrieb:
> Ich verstehe einfach nicht welche Auswirkungen es für die Kapazität hat,
> dass die freien Löcher dem AC-Signal folgen können. Was würde denn
> passieren, angenommen die Löcher wären zu träge und würden das nicht
> schaffen.

vergiss mal die Frequenzabhängigkeit. Die gibt es zwar auch, aber in den 
von dir zitierten Stellen wird nur ein AC-Signal verwendet, um damit den 
Zahlenwert der Kapazität zu bestimmen. Gehe erstmal davon aus, dass die 
freien Ladungsträger schnell genug sind, um dem AC-Signal zu folgen.

Ein Kondensator besteht aus der Kombination:
leitfähige Elektrode - Isolator - leitfähige Elektrode

Wo freie Ladungsträger im Si-Kristall vorhanden sind, ist er leitfähig. 
Die freien Ladungsträger bilden also die Gegenelektrode zu der 
Gate-Elektrode, an der die Spannung angelegt wird.

Im Fall der Akkumulation befinden sich die freien Ladungsträger 
unmittelbar unterm Oxid. Der Kondensator besteht also aus

Gatekontakt  -  Oxidschicht  -  Akkumulationsschicht
(leitfähig)   (Dielektrikum)     (leitfähig)

und hat eine hohe Kapazität.

Fuchs14 schrieb:
> Später wird argumentiert, dass bei einer positiven Gate-Spannung mit
> überlagerten AC-Signal, wo sich die Verarmungszone ausbildet, die
> Raumladungen diesem AC-Signal nicht mehr folgen können

Die Ladungsträger in der Verarmungszone sind nicht frei sondern ans 
Kristallgitter gebunden. Deshalb können sie dem AC-Feld nicht folgen 
(nicht weil sie zu träge sind). In dem Bereich kann nur ein 
Verschiebestrom fließen, er wirkt als Dielektrikum.

Unter diesen Bedingungen besteht dein Kondensator aus
Gatekontakt - Oxidschicht - Verarmungszone - freie Ladungsträger
(leitfähig)    (Dielektr.)   (Dielektrikum)     (leitfähig)

Der Isolator zwischen den beiden Elektroden besteht jetzt also aus der 
Oxidschicht und dahinter noch aus der Verarmungszone. Die Kapazität 
ergibt sich aus der Serienschaltung von Oxid- und 
Sperrschicht-Kapazität.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Achim S. schrieb:
> na, dann versuch ichs mal

Gut gemacht.

Viel kürzer hätte man auf die Funktion einer Kapazitätsdiode hinweisen 
können. Auch da wird die Tatsache ausgenutzt, daß die Dicke der 
Sperrschicht von der Spannung abhängig ist und die Kapazität des 
pn-Übergangs folglich auch. Beim MOSFET kommt dann bloß noch die 
Gate-Kapazität in Reihe.


XL

von Fuchs14 (Gast)


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Hallo,

vielen Dank für deine Erklärungen. Ich glaube die Effekte bei 
Akkumulation und Verarmung habe ich damit verstanden.

Daraus ergibt sich folgende Nachfrage:

Bei einer VD-MOSFET-Struktur (n-Kanal) möchte ich die Kapazität zwischen 
Gate-Elektrode und P-Basis-Gebiet näher betrachten. Baliga gibt an, dass 
diese abhängig von der Gate-Spannung sei. Das kann ich nun weitestgehend 
nachvollziehen bis zu dem Punkt, wenn man mit der Gate-Spannung die 
Einsatzspannung überschreitet und sich eine vollständig leitende Fläche 
in der P-Basis ausgebildet hat.
Diese soll nun die P-Basis von der Gate-Elektrode abschirmen. Da Baliga 
hier nicht näher darauf eingeht, was genau passiert, habe ich mir das 
selbst folgendermaßen erklärt:

Die sich ausbildende leitende Fläche stellt eine Verlängerung des 
N+-Source Gebiets dar und liegt damit zwischen der P-Basis und 
Gate-Elektrode und damit kann sich keine kapazitive Kopplung zwischen 
diesen beiden Gebieten mehr ausbilden. Gleichzeitig erhöht sich die 
Kapazität zwischen Gate-Elektrode und N+-Source-Gebiet, da sich die 
Kopplung zwischen leitendem Kanal und Gate-Elektrode gemäß einer 
Parallelschaltung zweier Kondensatoren aufaddiert.

Kann man das so als Begründung hernehmen oder ist das grober Unfug? Ich 
finde es etwas schade, dass sich Baliga an dieser Stelle so kurz fasst 
und diese offensichtlich starke Nichtlinearität als "näherungsweise 
konstant" abtut, ohne tiefere Begründungen abzugeben. Seine angefügten 
Simulationen zeigen ja selbst Veränderungen der gesamten 
Eingangskapazität bis zu 150% über der Gatespannung. Zumindest für mich 
ist das nicht wirklich konstant.

von Achim S. (Gast)


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Fuchs14 schrieb:
> Kann man das so als Begründung hernehmen oder ist das grober Unfug?

Das passt. Wenn jetzt eine kleine Wechselspannung am Gate angelegt wird, 
enden deren Feldlinien auf der leitfähigen Inversionsschicht, die 
niederohmig auf dem Potential der Source liegt. Das Feld ist damit 
abgeschirmt und reicht nicht mehr bis zum leitfähigen p-Bereich hinter 
der Verarmungszone.

Fuchs14 schrieb:
> starke Nichtlinearität als "näherungsweise
> konstant" abtut, ohne tiefere Begründungen abzugeben. Seine angefügten
> Simulationen zeigen ja selbst Veränderungen der gesamten
> Eingangskapazität bis zu 150% über der Gatespannung.

Tja, diese Ergebnisse/Simulationen habe ich jetzt nicht vor Augen, die 
kann ich nicht wirklich kommentieren.

von Alexander S. (alesi)


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Fuchs14 schrieb:
> verstehe aber bereits ein
> grundlegendes Konzept bei der Kapazität einer einfachen MOS-Struktur
> nicht.

Hallo,

zusätzlich zu den bereits gegebenen Antworten gibt es z.B.
hier Grundlagen online:

B. Van Zeghbroeck
Principles of Semiconductor Devices
Chapter 6: MOS Capacitors

http://ecee.colorado.edu/~bart/book/book/toc6.htm

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