Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik RS485 Schutz: TVS + PTC geeignet?


von Chris (Gast)


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Hallo liebe Leute,

anbei mal eine Schaltung für einen RS485 Transceiver mit dem LT1791A. 
Der IC an sich ist ja schon bis 60V gegen Überspannung sowie 
hervorragend gegen ESD geschützt. Mir geht es nunmehr darum, einen 
Schutz gegen Überspannungsereignisse mit größerer Spitzenspannung und 
Leitungskurzschluss hinzuzufügen. Eigentlich wollte ich Gasableiter + 
Bourns TBU + TVS-Array einbauen. Aber leider steht mir dafür nicht 
genügend PCB-Fläche zur Verfügung. In einer App-Note von Bourns habe ich 
als mögliche Alternative die Kombination aus TVS-Array und PTC-Fuses 
entdeckt. Nur habe ich hier die Befürchtung, dass im Falle einer 
Überspannung die TVS Dioden schon lange hinüber sind, bevor das 
PTC-Element überhaupt ausgelöst hat. Über Meinungen dazu würde ich mich 
sehr freuen.

Beste Grüße
Chris

von Gerd E. (robberknight)


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Chris schrieb:
> Mir geht es nunmehr darum, einen
> Schutz gegen Überspannungsereignisse mit größerer Spitzenspannung und
> Leitungskurzschluss hinzuzufügen.

gegen was willst Du genau schützen? Verbindung zu 230V-Netz? Gegen 
Kurzschluss zwischen A und B sollte der Transceiver selber eigentlich 
schon geschützt sein, zumindest steht das so im Datenblatt.

Die typischen ESD-Ereignisse haben übrigens schon ne recht hohe 
Spitzenspannung, wenn Du vor noch höherer Spitzenspannung absichern 
willst ist das eher ne Spezialanwendung. Ich glaube daher eher, daß Du 
höhere Energie meinst.

> Nur habe ich hier die Befürchtung, dass im Falle einer
> Überspannung die TVS Dioden schon lange hinüber sind, bevor das
> PTC-Element überhaupt ausgelöst hat.

Das ist sehr realistisch. Vor allem für den Fall, daß Du es mit einer 
Stromquelle zu tun hast, die etwas weniger Strom als den Trip-Strom der 
PTC-Fuse liefert, aber dennoch eine höhere Spannung als die 
Breakdown-Voltage der TVS-Diode ausgibt. Dann geht die gesamte Leistung 
in die TVS-Diode.

Mit Widerständen kannst Du die Leistung an der TVS reduzieren. Ab ner 
gewissen Größe bringt das aber die Impedanz an der Leitung durcheinander 
so daß Du nur noch langsame Übertragungsraten erreichen kannst.

von Chris (Gast)


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Hallo Gerd,

ja, ich ging jetzt vom schlechtestmöglichen (und sehr 
unwahrscheinlichen) Fall aus, dass die Klemmen, die zum Transceiver 
gehen, Netzspannung sehen. Für die im Datenblatt angegebene 
Schutzschaltung habe ich aber leider wirklich keinen Platz :/
Sind die TBU-Devices von Bourns vielleicht eine brauchbare 
1-Komponenten-Alternative?

Beste Grüße
Chris

von Gerd E. (robberknight)


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Chris schrieb:
> ja, ich ging jetzt vom schlechtestmöglichen (und sehr
> unwahrscheinlichen) Fall aus, dass die Klemmen, die zum Transceiver
> gehen, Netzspannung sehen.

Dann vergiss die PTCs ganz schnell: die haben ein Limit bei der 
Sperrspannung von 60V.

> Sind die TBU-Devices von Bourns vielleicht eine brauchbare
> 1-Komponenten-Alternative?

Alleine helfen die auch nix: die TBUs brauchen einen Stromfluss um 
abzuschalten. Der Transceiver alleine lässt diesen Strom erst fließen 
wenn er durchgebrannt ist. Daher müsstest Du die TBUs mit TVS-Dioden 
kombinieren, die TVS-Dioden sorgen für den Stromfluss, die TBUs trennen 
dann.

von Chris (Gast)


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Oh weja, die 60V Maximalspannung der PTCs habe ich glatt außen vor 
gelassen...
Letztendlich lande ich dann beinahe doch wieder bei meiner 
ursprünglichen Lösung: TSV + TBU + Gasableiter. Mist... :)
A propos Stromfluss durch die TVS-Dioden. Angenommen, ich habe 230V an 
einer Datenleitung anliegen. Die TVS Diode begrenzt auf sagen wir mal 
50V. Wie lässt sich der Stromfluss durch die Diode berechnen?

Danke & Gruß
Chris

von Gerd E. (robberknight)


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Chris schrieb:
> Letztendlich lande ich dann beinahe doch wieder bei meiner
> ursprünglichen Lösung: TSV + TBU + Gasableiter. Mist... :)

Du könntest den Gasableiter weglassen, das spart viel Platz. TVS und TBU 
müssten das eigentlich auch so abkönnen.

> A propos Stromfluss durch die TVS-Dioden. Angenommen, ich habe 230V an
> einer Datenleitung anliegen. Die TVS Diode begrenzt auf sagen wir mal
> 50V. Wie lässt sich der Stromfluss durch die Diode berechnen?

Auf längere Sicht raus wird der Strom nur durch die Sicherung in dem 
Unterverteiler von Deinem Netz begrenzt. Kurzfristig spielt die 
Induktivität der Zuleitung ne Rolle.

Die TBUs machen aber sehr schnell dicht so daß die TVS-Dioden das 
überleben sollten.

von Chris (Gast)


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Im worst case fließen also schlimmstenfalls 16A wenn ich mal eine 
Schukoleitung als "Störquelle" annehme. Wenn dieser Fehler auf 
irgendeinem Grund längere Zeit anliegt, wäre da eine zusätzliche 
Single-Blow Sicherung evtl. ratsam?

Wenn ich den Gasableiter weglasse, würde dann der TBU im Falle eines 
ESD-Ereignisses nicht sterben?

Beste Grüße
Chris

von Chris (Gast)


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Oh, ich sehe gerade, bis 2 kV sind die TBUs immerhin ESD-geschützt...

von Gerd E. (robberknight)


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Chris schrieb:
> Im worst case fließen also schlimmstenfalls 16A wenn ich mal eine
> Schukoleitung als "Störquelle" annehme.

Theoretisch ja. Aber welches Bauteil sollte denn auf 16A limitieren? Die 
TVS-Diode macht Kurzschluss, die will deutlich mehr als 16A ziehen. Die 
Sicherung schaltet dadurch nach ein paar Millisekunden ab. Bis dahin hat 
sich die TVS aber schon in Rauch aufgelöst, die Leiterbahnen auf dem 
Board vermutlich auch gleich mit.

Die TBUs sind da deutlich fixer als die mechanische Sicherung und haben 
vorher schon lang zugemacht.

> Wenn dieser Fehler auf
> irgendeinem Grund längere Zeit anliegt, wäre da eine zusätzliche
> Single-Blow Sicherung evtl. ratsam?

Wenn die TBUs zugemacht haben löst die Sicherung nicht mehr aus. Wenn 
die TBUs kaputt sind könnte ne zusätzliche Sicherung helfen nen Brand zu 
verhindern. Die Bauteile sind dann aber schon hinüber.

> Wenn ich den Gasableiter weglasse, würde dann der TBU im Falle eines
> ESD-Ereignisses nicht sterben?

Gasableiter sind gegen ESD das falsche Bauteil, zu langsam. "Normale" 
ESD-Impulse sollten die TBUs so abkönnen, im Datenblatt stehen 2KV HBM. 
Die Gasableiter sind eher gegen Ereignisse vorgesehen, die die 
Sperrspannung der TBUs länger überschreiten, z.B. Blitzschlag in der 
Umgebung oder ähnliches.

von Hmm (Gast)


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>Im worst case fließen also schlimmstenfalls 16A wenn ich mal eine
Schukoleitung als "Störquelle" annehme.


Was? .... Wegen der 16A Sicherung ? Dann vergiss das Ganze schnell 
wieder. Eine 16A Sicherung ueberlebt 16A dauernd. die bringt kurzzeitig 
aber auch 100A. Ein normaler Anlaufstrom eines Motors eben. Schau mal 
unter Sicherungen nach. I^2t-kenninie.

von Chris (Gast)


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Hallo,

ich habe mich jetzt für folgende Lösung entschieden (siehe Schaltplan):

- größere TVS Dioden, die erst ab +/- 54 V eingreifen und den bis +/- 60 
V spezifizierten LT1791 schützen
- die TBUs bleiben, um gegen AC Power Cross Situationen zu schützen
- zusätzliche habe ich Varistoren ergänzt, die die TBUs - sofern sie 
ausgelöst haben sollten - gegen ESD schützen sollen, im Normalfall 
jedoch nicht aktiv werden

Diese Lösung ist an eine Bourns App-Note angelehnt. Über Meinungen würde 
ich mich sehr freuen.

Eins ist mir jedoch noch unklar: der LT1791 ist Bestandteil einer 
Mikrocontrollerbaugruppe, die über einen isolierten DC/DC Wandler 
versorgt wird (galvanische Trennung). Das isolierte GND dieser Baugruppe 
ist über R||C (1 MOhm || 220 pF) mit dem eigentlichen GND verbunden.

Müssten meine Varistoren und TVS-Dioden nicht auch an dieses GND und 
nicht an das isolierte GND angechlossen werden?

Besten Dank & Grüße
Chris

von Gerd E. (robberknight)


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Chris schrieb:
> ich habe mich jetzt für folgende Lösung entschieden (siehe Schaltplan):

welcher Schaltplan?

> - zusätzliche habe ich Varistoren ergänzt, die die TBUs - sofern sie
> ausgelöst haben sollten - gegen ESD schützen sollen, im Normalfall
> jedoch nicht aktiv werden

Hmm, Varistoren halte ich jetzt gegen ESD für nicht so geeignet: 
reagieren zu langsam, meist zu groß -> zu hohe Induktivität und haben 
beim Auslösen normal noch nen recht hohen Restwiderstand. Damit geht 
vermutlich der größte Teil des ESD-Puls am Varistor vorbei. Varistoren 
sind eher gegen größere, aber langsamere Energien gedacht.

Die TBUs sind doch schon etwas gegen ESD geschützt, das willst Du nur 
verbessern. Wie wäre es da mit 2 kleinen (Bauform, wg. Induktivität, 
also z.B. 0603) Kondensatoren gegen Erde, von jeder Datenleitung einen? 
Rechne mal durch ob Dein RS485 z.B. noch 1nF an jedem Node verträgt, 
sonst halt entsprechend verkleinern, z.B. die 220pF die Du an dem DC/DC 
hast.

Setz die Kondensatoren so nah wie möglich an die Eingangsbuchse, nicht 
an die TBUs wenn da noch Platz zwischen sein sollte.

> Eins ist mir jedoch noch unklar: der LT1791 ist Bestandteil einer
> Mikrocontrollerbaugruppe, die über einen isolierten DC/DC Wandler
> versorgt wird (galvanische Trennung). Das isolierte GND dieser Baugruppe
> ist über R||C (1 MOhm || 220 pF) mit dem eigentlichen GND verbunden.
>
> Müssten meine Varistoren und TVS-Dioden nicht auch an dieses GND und
> nicht an das isolierte GND angechlossen werden?

Die TVS-Dioden verbraten die Energie, die müssen die nicht irgendwohin 
ableiten. Außerdem ist der Bezugspunkt für kritische Spannungen am 
RS485-Transceiver die isolierte Masse.

Anders sieht es bei ESD aus - der muss abgeleitet werden. Da sind Cs 
direkt gegen Erde am wirkungsvollsten.

: Bearbeitet durch User
von Chris (Gast)


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Hoppala, da habe ich den Anhang vergessen, den ich hiermit nachreichen 
möchte.

Man sieht da einerseits die IOs des RS485 Treibers und andererseits den 
DC/DC Wandler. Das ist ein Traco TDR2-2411WISM.
Die Signale durch den RS485 Triber sind seeeeehr langsam. Weitere 
Kapazitäten wären da nicht schlimm.

> Die TVS-Dioden verbraten die Energie, die müssen die nicht irgendwohin
>ableiten. Außerdem ist der Bezugspunkt für kritische Spannungen am
>RS485-Transceiver die isolierte Masse.
>
>Anders sieht es bei ESD aus - der muss abgeleitet werden. Da sind Cs
>direkt gegen Erde am wirkungsvollsten.

Hm, ich verstehe nicht, was du damit meinst. Bislang war ich der 
Ansicht, dass die TVS gerade gegen ESD wirksam wären?

von Chris (Gast)


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> Anders sieht es bei ESD aus - der muss abgeleitet werden. Da sind Cs
> direkt gegen Erde am wirkungsvollsten.

Darf ich an dieser Stelle noch einmal nachhaken? Geeignete Kondensatoren 
für die Ableitung von ESD-Impulsen. Ok, verstanden!
Diese sollen gegen Erde geschaltet sein. Ich habe in meiner Schaltung 
zunächst 2x GND. 1x für den Mikrocontrollerteil (GND1), 1x für den 
galvanisch isolierten RS485 Bereich (GND2), jeweils mit entsprechend 
isoierten DC/DCs. Versorgt wird das Ganze über ein 24V-Netzteil. Zwar 
kann das Metallgehäuse der Schaltung mit PE verbunden werden, eine 
Verbindung mit GND1 oder GND2 besteht jedoch nicht. Ich nehme aber an, 
dass die Kondensatoren genau gegen PE und damit gegen Erde ableiten 
sollen? Oder gegen GND1 meiner Schaltung?

Beste Grüße
Chris

von holger (Gast)


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Hi,
wenn bei ESD die Entladung auf Dein Metallgehäuse stattfindet dann hat 
der Funktionserder in der Regel eine zu hohe Impedanz, Ableitung über 
Kapazität der Oberfläche zur Erde, Gehäuse auf hohes Potential 
aufgeladen, Risiko eines zweiten Überschlages auf Deine Schaltung wenn 
eine Deiner Leitungen nach draussen eine niedrigere Impedanz hat und die 
Abstände das zulassen.

Sind Deine Leitungen alle mit ca. 1nF "impedanzarm" an der 
Gehäusedurchführung auf Gehäuse verbunden so geht Deine ganze Schaltung 
mit hoch auf das Potential des Gehäuses -> keine Spannungsdifferenz -> 
kein Überschlag.
Gruß, Holger

von Chris (Gast)


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Hm, wäre denn eine Anbindung des Gehäuses an PE überhaupt nötig?

von Uli der Troll (Gast)


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Ein Metallgehaeuse muss, falls mit Netz gespiesen immer geerdet werden.

von Chris (Gast)


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Das ist klar. Die Speisung erfolgt über ein 24 V Netzteil, wie oben zu 
lesen ist.

von Uli der Troll (Gast)


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Ein externes 24V Schaltnetzteil. Und die Ueberspannung donnert dann in 
dieses hinein ? Zb ein Puls von 230V, oder 600V gegen Erde ? Oder die 
Signalleitung wirkt als Antenne.

von Chris (Gast)


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Nein, deswegen sind ja gerade alle IO's mit galvanischer Trennung 
versehen und mit TVS-Dioden geschützt.

von Uli der Troll (Gast)


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Eine galvanische Trennung bedeutet nicht zwingend einen AC Trennung, und 
diese TSV Dioden helfen, resp greifen nur bei Spannung zwischen den 
Pins, dh als Differentialspannung, nicht als Gleichtaktspannung, dh 
beide Pins gegen Erde.

Erst sollte man eine Idee vom Fehlerfall haben. Gegen was soll 
geschuetzt werden? Spannung, Frequenz.

Die Signalleitung hat eigentlich 3 Pins, GND, D+ & D-. Wo soll was 
anliegen koennen?

von Chris (Gast)


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Soweit ich das überblicke kann ich mir folgende Fehler einfangen:

1.) AC Power Cross (230 V): dagegen sind alle elektrischen Verbindungen, 
die in die Schaltung hineingehen, mittlerweile geschützt

2.) ESD-Ereignisse an den RJ-45 Buchsenleisten (diese Kontakte sind ja 
offen für die Außenwelt)

> Ein externes 24V Schaltnetzteil. Und die Ueberspannung donnert dann in
> dieses hinein ? Zb ein Puls von 230V, oder 600V gegen Erde ?

Wo sollen ESD-Impulse denn sonst hin, wenn es ein Schaltnetzteil ist, 
das auf der Kleinspannungsseite keinen Erdungsanschluss hat?

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