Forum: Platinen lötzin, flussmittel


von Miriam (Gast)


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Hallo zusammen,

Welches Flussmittel und welches Lötzin verwendet ihr, damit die Platinen 
sehr gute lötaugen bekommen?

Vielen Dank

: Verschoben durch Moderator
von HaraldDräger (Gast)


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Beim Elektronik-Löten verwende ich nur Sn60Pb40 mit Kolophonium-Seele 
2,5%.

z.B. ISO-Core "RA" 1mm Durchmesser von der Fa. Felder
(soll keine Schleichwerbung sein, es gibt auch andere gute Hersteller)


Für schwierige Lötverbindungen kommt selten auch schon mal Lötfett zum 
Einsatz, das Zeug oxidiert leider "ein Leben lang" nach - deshalb nur 
für Prototypen.


Wo wir beim Thema sind, weiß jemand, was es bedeutet, wenn auf einer 
Elektronik-Lot-Rolle steht " halogenhaltig  aktiviert "? Das geht ja 
dann anscheinend über Kolophonium hinaus.

von Cyblord -. (cyblord)


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HaraldDräger schrieb:

> Für schwierige Lötverbindungen kommt selten auch schon mal Lötfett zum
> Einsatz

Für Dachrinnen nehm ich das auch....

von Daniel W. (roughdog)


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Hi,

um auch brauchbare Antworten und nicht nur furchtbar lustige Kommentare 
hier zu finden:

Die besten Erfahrungen habe ich mit Flutitin 1532 (Cookson Electronics) 
gemacht. Wesentlich besser als andere, kaum Rauchentwicklung, beste 
Löteigenschaften über einen großen Temperaturbereich.

Viele Grüße

Daniel

von Miriam (Gast)


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Und welches Flussmittel, könnt ihr empfehlen?

von Cyblord -. (cyblord)


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Miriam schrieb:
> Und welches Flussmittel, könnt ihr empfehlen?

Gar kein extra Flussmittel. Das im Lötzinn reicht. Lass die Finger von 
Flussmittel, Lötfett, Lötwasser, Kolophonium usw. usw.

: Bearbeitet durch User
von Frank M. (frank_m35)


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Miriam schrieb:
> Hallo zusammen,
>
> Welches Flussmittel und welches Lötzin verwendet ihr, damit die Platinen
> sehr gute lötaugen bekommen?
>
> Vielen Dank

Willst du bleihaltig oder bleifrei löten?

Bleifrei:
Ich verwende von Stannol das Flowtin TSC KS115 (die halogenfreie Version 
wäre KS100). Beide sind No-Clean, d.h. man muss das Flussmittel danach 
nicht entfernen.
Zum Halogen vielleicht hilfreich: 
http://www.stannol.de/fileadmin/Service/Loetforum/phpBB2/viewtopic.php?t=123&sid=a65bd9d5cd1645596ec8966fe51f7963


Flussmittel:
Flüssig oder als Gel. Es gibt genug Beiträge über die Diskussion der 
verschiedensten.
Flüssig benutze ich ebenso von Stannol den mini-fluxer X33S-07i. Der 
Nachteil daran ist, dass es schnell verdampft, der Vorteil, dass es sich 
gut verteilt und über den Stift leicht dosierbar ist.
Als Gel habe ich aufgrund der Diskussionen hier im Forum mal von Edsyn 
die FL 22 Flussmittelpaste gekauft, jedoch bin ich noch nicht dazu 
gekommen es mal einzusetzen.

von Oliver R. (orb)


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HaraldDräger schrieb:
> Beim Elektronik-Löten verwende ich nur Sn60Pb40 mit Kolophonium-Seele
> 2,5%.

Dann solltest Du zugunsten der Elektronik und der Lötspitzen auf ein 
Lötzinn mit 1-2% Kupferanteil wechseln (z.B. Fluitin 1532 SN60PB38Cu2 
oder Stannol H10 SN60PB39Cu1).

Das Felder-Zeug kann mit dem Lötfett zum Hammerlötkolben für die 
Dachrinnen.

von Gerd_Br (Gast)


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Oliver R. schrieb:
> Dann solltest Du zugunsten der Elektronik und der Lötspitzen auf ein
> Lötzinn mit 1-2% Kupferanteil wechseln

Das könnte man besonders für "billige" Lötspitzen überlegen.

Miriam schrieb:
> Welches Flussmittel und welches Lötzin verwendet ihr, damit die Platinen
> sehr gute lötaugen bekommen?

Für gute Lötaugen ist das Cu nach meinem Ermessen allerdings nicht 
erforderlich.


cyblord ---- schrieb:
>> Für schwierige Lötverbindungen kommt selten auch schon mal Lötfett zum
>> Einsatz
>
> Für Dachrinnen nehm ich das auch....

Im Gegensatz zu Cyberlord benutze ich Lötfett nur für ganz kleine 
Lötverbindungen, z.B., wenn dünnste Drähte an dünnste Anschlussbeinchen 
gelötet werden müssen.

von Frank (Gast)


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Hier liest man allerlei Wiedersprüche?!??!
Mal heißt es due Kupferhaltigen fressen Spitzen, andere empfehlen es 
weil es besser für diese sein soll?!??
Der eine behauptet Lötfett oxidiert ein Leben langg..
Andere sagen das kann problemlos verbleiben und SCHÜTZT!! vor Oxidation 
(Was auch meine Erfahrung ist, alte Röhreradios etc sind of voll mit 
altem Kolphonium und das sieht alles gut aus!
Einzig aus Gründen der Optik wird das nach dem Löten entfern!

Ich kann leider nur eine Empfehlung fürs SMD IC Lösten geben, da ist
 MG Chemicals No Clean Flux Paste supi...(Reichelt glaube ich)
Ich denke auch, man kann Lötpasten für Bleifreies Lot auch für 
Bleihaltiges verwenden.
Nur umgekehrt könnte evtl die Temperatur ein problem sein.
Da das für Bleifrei aber Ttemperaturfester ist, sollte hier nichts gegen 
die Verwendung für bleihaltiges Lot sprechen

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Frank schrieb:

> Mal heißt es due Kupferhaltigen fressen Spitzen, andere empfehlen es
> weil es besser für diese sein soll?!??

Deine Fragezeichentaste klemmt …

Das hängt von den Spitzen ab.  Die Kupferbeimengungen hat man gemacht,
damit weniger Kupfer aus der Spitze ins Lot in Lösung geht.  Bei
Lötspitzen, die mit einer ordentlichen Diffusionssperre versehen
sind, braucht man das jedoch nicht.

> Der eine behauptet Lötfett oxidiert ein Leben langg..

Macht es auch.

> Andere sagen das kann problemlos verbleiben und SCHÜTZT!! vor Oxidation

Das kann ein Flussmittel gar nicht.

Flussmittel sind immer reaktiv, sonst wären sie keine Flussmittel
geworden.  Manche sind es etwas mehr (und eignen sich daher auch
für hartnäckigere Oxidschichten auf bereits etwas „abgehangenen“
Bauteilen), manche etwas weniger (weshalb Hersteller sie dann als
„no clean“ anpreisen).  Aber auch „no clean“ führt in hinreichend
aggressiver Umgebung zu Korrosion (Feuchtigkeit in Verbindung mit
permanent anliegenden Gleichspannungen).

> (Was auch meine Erfahrung ist, alte Röhreradios etc sind of voll mit
> altem Kolphonium und das sieht alles gut aus!

Klar, die Dinger haben die Feuchtigkeit auch selbst ausgeheizt. :-)

> Da das für Bleifrei aber Ttemperaturfester ist, sollte hier nichts gegen
> die Verwendung für bleihaltiges Lot sprechen

Korrekt.

von Jürgen (Gast)


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Frank schrieb:
> Hier liest man allerlei Wiedersprüche?!??!

Allerdings!

Frank schrieb:
> Der eine behauptet Lötfett oxidiert ein Leben langg..
> Andere sagen das kann problemlos verbleiben und SCHÜTZT!! vor Oxidation
> (Was auch meine Erfahrung ist, alte Röhreradios etc sind of voll mit
> altem Kolphonium und das sieht alles gut aus!

Lötfett != Kolophonium !!

Frank schrieb:
> Lötpasten für Bleifreies Lot

Lötpaste?? Lotpaste != Flussmittel !!

Also ich bin auch von dem, weiter oben erwähnten, Edsyn FL 22 
(Reichelt),einem gel- bzw. pastenartigem Flußmittel, absolut begeistert, 
falls die Flussmittelseele meines bleihaltigem Lotes mal nicht 
ausreicht.

von herbert (Gast)


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Daniel W. schrieb:
> Die besten Erfahrungen habe ich mit Flutitin 1532 (Cookson Electronics)
> gemacht. Wesentlich besser als andere, kaum Rauchentwicklung, beste
> Löteigenschaften über einen großen Temperaturbereich.

Kann ich nur bestätigen,löte damit schon ein halbe Ewigkeit und auch 
schwierige Sachen. Allerdings sollte man danach die Platine waschen. Bei 
mir in der Arbeit war dieses Lot bei Reparaturen an Platinen nicht 
erlaubt. Dafür hatten wir ein anderes.

von Daniel W. (roughdog)


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Jürgen schrieb:

> Also ich bin auch von dem, weiter oben erwähnten, Edsyn FL 22
> (Reichelt),einem gel- bzw. pastenartigem Flußmittel, absolut begeistert,
> falls die Flussmittelseele meines bleihaltigem Lotes mal nicht
> ausreicht.


Auch das hab ich im Einsatz, bin genauso begeistert. Gerade die 
Finepitch-Sachen lassen sich damit gut löten.

Wie herbert reinige ich die Platinen mittlerweile nach dem Löten auch, 
ich verwende Kontakt LR. Auf der Arbeit sind allerdings auch etliche 
ältere Projekte noch aktiv, wo nicht gereinigt wurde. Alter um die 10 
Jahre. Bisher keine Auffälligkeiten...

Viele Grüße

Daniel

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Hallo Frank.

Frank schrieb:
> Hier liest man allerlei Wiedersprüche?!??!

Allerdings, weil sich die Leute schon mit den Begriffen vertun, und 
darum alles durcheinanderwerfen.



> Mal heißt es due Kupferhaltigen fressen Spitzen, andere empfehlen es
> weil es besser für diese sein soll?!??

Sie fressen keine Spitzen. Der Kupferanteil ist gerade dazu da, das sich 
weniger Kupfer aus den Lötspitzen im Lötzinn löst. Aber es ist auch 
etwas schwieriger zu verlöten.

> Der eine behauptet Lötfett oxidiert ein Leben langg..

Löt*fett* ist tatsächlich eine sehr aggressive Substanz. Sie soll ja die 
Oxidschicht auflösen. Und sie bleibt aggressiv. Darum muss sie, wenn sie 
in der Elektronik verwendet wird, anschliessend sehr sorgfältig entfernt 
werden.


> Andere sagen das kann problemlos verbleiben und SCHÜTZT!! vor Oxidation


> Einzig aus Gründen der Optik wird das nach dem Löten entfern!

Kolophonium ist kein Lötfett, obwohl Lötfett Kolophonium enthalten 
kann....aber Kolophonium (Baumharz) wird oft in den Seelen von 
Flussmittelhaltigem Lötdraht verwendet.

> (Was auch meine Erfahrung ist, alte Röhreradios etc sind of voll mit
> altem Kolphonium und das sieht alles gut aus!

Kolophonium ist nur bei hohen Temperaturen aggressiv. Nach dem Erkalten 
ergibt es eine inaktive Schutzchicht, die durchaus auf der Lötstelle 
verbleiben kann, wenn nichts anderes dagegen spricht.


Tipp: Es ist eine gute Idee, sich ein kleines Fläschchen mit in Alkohol 
aufgelöstem Kolophonium hinzustellen, um mit einem Pinsel oder einer 
Pipette etwas zusätzliches Flussmittel zu haben.
Auch die Wirkung von Entlötlitze kann mit dieser Lösung deutlich 
gesteigert werden.

>
> Ich kann leider nur eine Empfehlung fürs SMD IC Lösten geben, da ist
>  MG Chemicals No Clean Flux Paste supi...(Reichelt glaube ich)

"No Clean" bedeutet, das es nicht entfernt werden kann, auch wenn es 
möglicherweise besser wäre. :O)
Diese Flussmittel sind Chemikalien, die in kaltem etwas und in heissem 
Zustand stärker aggressiv sind. Durch Zersetzten bei Löttemperatur oder 
durch Einbinden in ein Harzgrundsubstrat werden sie dann beim Erkalten 
wieder inaktiv.....wenn alles so klappt wie vorgesehen.

Zu kaltes Löten, viel zu heisses Löten oder die Anwesenheit von 
Feuchtigkeit kann das ganze stören. Dann bleibt das Zeug auch aggressiv 
und durchaus auch manchmal störend Leitfähig.

Wenn weissliche Schleier auf der Platine sind, so ist das immer ein 
Grund für Misstrauen.

> Ich denke auch, man kann Lötpasten für Bleifreies Lot auch für
> Bleihaltiges verwenden.
> Nur umgekehrt könnte evtl die Temperatur ein problem sein.

> Da das für Bleifrei aber Ttemperaturfester ist, sollte hier nichts gegen
> die Verwendung für bleihaltiges Lot sprechen


Die Wahrscheinlichkeit, das Flussmittel für bleifreies Lot beim 
bleihaltigem Löten nicht heiss genug wird, sich nicht ausreichend 
zersetzt/verdampft und problematische Rückstände bildet, ist relativ 
hoch.

Umgekehrt wirkt Flussmittel für bleihaltiges Lot bei bleifreiem Lot oft 
nicht gut genug. Bleifrei ist auch in dem Falle viel kritischer im 
Handling.

Ansonsten noch ein Link: 
http://de.wikibooks.org/wiki/Fehlersuche_in_Elektronik-Schaltungen/_L%C3%B6ten_und_Entl%C3%B6ten#Flussmittel

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.dl0dg.de

von HaraldDräger (Gast)


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Frank schrieb:
> Andere sagen das kann problemlos verbleiben und SCHÜTZT!! vor Oxidation
> (Was auch meine Erfahrung ist, alte Röhreradios etc sind of voll mit
> altem Kolphonium und das sieht alles gut aus!

Also mein
Lötfett, säurefrei mir Chlorzink
schafft beste Lötzinnverbindungen, oxidiert aber ewig weiter (über die 
Jahre entsteht an den Stellen Kupferspan auf Platine)

Kolophonium kann aus meiner Erfahrung problemlos für immer auf der 
Platine verbleiben!

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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HaraldDräger schrieb:
> Kolophonium kann aus meiner Erfahrung problemlos für immer auf der
> Platine verbleiben!

Nur, weil es irgendjemand ständig wiederholt, wird es davon nicht
richtiger.

Auch Kolophonium kann grausige Korrosion anrichten, auch wenn dir
diese Erfahrung bislang erspart geblieben ist.  Es war jedoch meine
erste Erfahrung beim Versuch, Kfz-Elektronik zu bauen.  Es war nur
eine einfache Stromflussüberwachung für Schluss- und Bremsleuchte am
Motorrad.  Nicht wirklich viel Elektronik, zwei Reed-Relais zum
Überwachen, ein einfacher Blinker, damit man die bestehende
Leergangkontrolle als Schlusslichtausfallmeldung doppelnutzen konnte.
Montiert unter der Sitzbank, also nicht etwa direkt der Umwelt
ausgesetzt.

Funktionierte nur wenige Monate, danach war Schluss mit lustig.
Zentimeterbreite Leitbahnen waren einfach weg!  Die permanente
Feuchtigkeit, zusammen mit während der Fahrt ständig anliegenden 12 V
Gleichspannung, hat binnen kürzester Zeit das Material einfach
abgetragen.  Die Kolophoniumreste haben dabei gut mitgeholfen.

Seither bin ich etwas vorsichtiger geworden mit Flussmittelresten. ;-)
Flussmittel müssen korrosiv sein, denn sonst wären sie keine
Flussmittel.  Der Spagat zwischen guter Aktivierung bei Löttemperatur
und möglichst wenig Aktivität bei Raumtemperatur lässt sich aber eben
nie komplett auflösen; ein wenig korrosiv sind sie daher auch immer
bei Raumtemperatur, und zusammen mit Feuchtigkeit und dauerhaft
anliegender Gleichspannung (und seien's nur 3 V) kann das durchaus
tödlich werden.

Auch das Zigbit-Modul meines Außentemperatursensors hat grad mal ein
Jahr durchgehalten.  Da war sicher “noclean”-Flussmittel drin verbaut,
trotzdem waren danach ganze Leiterzüge weg.  Seither habe ich eine
selbst gelötete Platine, bei der ich nach dem Löten die Flussmittelreste
abgewaschen und die Platine lackiert habe.  Hält nun schon etwas
länger, aber auch nicht völlig problemlos (zumal man halt den Sensor
selbst nicht unterlackieren kann, denn der soll auch Feuchtigkeit
messen können).

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Hallo Jörg.

Jörg Wunsch schrieb:


> Montiert unter der Sitzbank, also nicht etwa direkt der Umwelt
> ausgesetzt.
>
> Funktionierte nur wenige Monate, danach war Schluss mit lustig.
> Zentimeterbreite Leitbahnen waren einfach weg!  Die permanente
> Feuchtigkeit, zusammen mit während der Fahrt ständig anliegenden 12 V
> Gleichspannung, hat binnen kürzester Zeit das Material einfach
> abgetragen.  Die Kolophoniumreste haben dabei gut mitgeholfen.

Richtig. Permanente Feuchtigkeit ist ein erhebliches Problem.
Du hast (mindestens) zwei verschiedene Metalle. Das Lötzinn (egal welche 
Legierung), das Kupfer der Leiterbahn, und eventuell auch noch als 
drittes z.B. Eisen aus dem Kern eines Anschlussdrahtes, das zufällig, 
weil es angeschnitten wurde, feiligt. Und manchmal wierd auch noch 
irgendwo Aluminium oder Nickel verwendet.....

Wenn jetzt ein Elektrolyt dazukommt, z.B. eine Salzhaltige, 
Wasseraufnahmefähige Beschichtung und Betauung, entsteht ein 
Galvanisches Element.....und das frisst und frist und frist.

Erfahrungsgemäß ist aber "sauberes" Kolophonium bei Betauung relativ 
unproblematisch. Wenn natürlich im Fahrzeugbereich ein Salznebel 
dazukommt, oder das Flussmittel Verunreinigungen enthält, ist der Ärger 
groß.

Ich habe lange etwas in einer Gartenlaube betrieben, wo es regelmäßig 
betaute. Das Kupfer ist angelaufen, und ich hatte irgendwann 
Kontaktprobleme an Steckern, aber sonst in ca. 10 Jahren kein Problem.

Das Kolophonium reisst übrigens, weil es mit der Zeit sehr spröde wird, 
und dem Temperaturgang nicht folgen kann. Als ich es dann entfernt 
hatte, zeigte sich auf der unterliegenden Leiterbahn ein  Muster aus 
angelaufenen Stellen. Das war, wo die Risse bzw. abgeplatzten Stellen 
waren.

Ein gleichartiges Stück, das ich paralell aufgebaut hatte, aber im 
Keller aufbewart hatte, wo die Temperatur gleichmäßiger ist, zeigte 
diesen Effekt nicht.


> Seither bin ich etwas vorsichtiger geworden mit Flussmittelresten. ;-)
> Flussmittel müssen korrosiv sein, denn sonst wären sie keine
> Flussmittel.

Richtig.

> Der Spagat zwischen guter Aktivierung bei Löttemperatur
> und möglichst wenig Aktivität bei Raumtemperatur lässt sich aber eben
> nie komplett auflösen; ein wenig korrosiv sind sie daher auch immer
> bei Raumtemperatur, und zusammen mit Feuchtigkeit und dauerhaft
> anliegender Gleichspannung (und seien's nur 3 V) kann das durchaus
> tödlich werden.

Auch das ist richtig. Ausserdem müssen Flussmittel eben auch bei 
Bleifrei deutlich korrosiver sein als bei Bleihaltig. Insofern 
verschärft Bleifrei diese Problematik.
Wenn dann "No Clean" verwendet wird, und die Temperatur beim Löten noch 
einen Tacken zu kalt ist, ist der Ärger da.

>  Hält nun schon etwas
> länger, aber auch nicht völlig problemlos (zumal man halt den Sensor
> selbst nicht unterlackieren kann, denn der soll auch Feuchtigkeit
> messen können).

Wenn es bei der Feuchte um Betauung geht, so müsste sich das theoretisch 
auch kapazitiv gut messen lassen, bei der großen 
Dielektrizitätskonstante von Wasser.

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.dl0dg.de

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Bernd Wiebus schrieb:

> Wenn jetzt ein Elektrolyt dazukommt, z.B. eine Salzhaltige,
> Wasseraufnahmefähige Beschichtung und Betauung, entsteht ein
> Galvanisches Element.

Wobei das hier gar nicht nötig war.  12 V Gleichspannung im Betrieb
haben sich als deutlich effektiver erwiesen als ein paar 100 mV von
zwei verschiedenen Metallen.

> Wenn es bei der Feuchte um Betauung geht, so müsste sich das theoretisch
> auch kapazitiv gut messen lassen, bei der großen
> Dielektrizitätskonstante von Wasser.

Nö, es handelt sich da um einen SHT-21, der seine Daten über Funk
nach innen überträgt.

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Jörg Wunsch schrieb:

> Wobei das hier gar nicht nötig war.  12 V Gleichspannung im Betrieb
> haben sich als deutlich effektiver erwiesen als ein paar 100 mV von
> zwei verschiedenen Metallen.

Galvanische Zersetzung geht nicht ohne Elektrolyt. Zum Elektrolyten 
braucht es immer Feuchtigkeit.

Es mag sein, das zähflüssigeres Flussmittel etwas enthält, z.b. 
Glycerin, das wasseraufnahmefähig ist, und beim Löten nicht komplett 
verdampft ist....
Mit Kolophonium alleine passiert das aber eher nicht. Und Isopropanol 
verdampft schnell. Das Problem kommt dann also wohl aus Zusätzen, die 
anno 1960 noch nicht so üblich waren.

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.dl0dg.de

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Bernd Wiebus schrieb:
> Galvanische Zersetzung geht nicht ohne Elektrolyt.

Das hat ja keiner bestritten, aber es braucht keine zwei verschiedenen
Metalle (also kein Lokalelement), wenn eine separate Spannungsquelle
vorhanden ist.

von Frank (Gast)


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Jörg Wunsch schrieb:
> HaraldDräger schrieb:
>> Kolophonium kann aus meiner Erfahrung problemlos für immer auf der
>> Platine verbleiben!
>
> Nur, weil es irgendjemand ständig wiederholt, wird es davon nicht
> richtiger.
> .......
Es ist aber richtig. Ganz im Gegenteil: Das Kolophonium schützt vor 
Korrosion. Deine Korrosionserlebnisse sind ja in Ordnung, nur haben die 
eben überhaupt nichts mit dem Kolophonium zu tun.

Die haben eine ganz andere Ursache und zwar mögen es Kupferleiterbahnen 
überhaupt nicht offen zu liegen. Deshalb sind auch alle industriell 
hergestellten Platinen lackiert und die freien Kupferstellen an den 
Lötpunkten verzinnt oder chemisch vergoldet.

Alle Flußmittel der Kategorie SW3X haben diese Eigenschaft. Also 
Kolophonium, Halogenhaltig, Halogenhaltig aktiviert. Sie schützen 
zusammen mit dem Blei die Lötstelle vor Korrosion.

Ich verwende Sn63Pb37 mit 2,5% SW32, Dicke 0,5 mm für alle wichtigen 
Lötaufgaben. Es ist zwar teurer als Sn60Pb40, dafür aber auch besser.

Alle Flußmittel die nicht SW3X sind, müssen unbedingt von der Platine 
restlos entfernt werden, sie erzeugen ansonsten unfreiwillige Kontakte 
bis hinab zu 10-100 KOhm. Darüber hinaus können sie die Lötstelle 
angreifen (Korrosion).

Also Flußmittel:
SW1X: stark korrosiv
SW2X: korrosiv
SW3X: nicht korrosiv bzw. schützend

Kolophonium ist übrigens SW31, Kolophonium aktiviert ist SW32
Die Aktivierung dient dazu etwaige Fettanhaftungen auf der Platine zu 
lösen.

Von allen bleifreien Loten ist ebenfalls dringend abzuraten. Bleifreies 
Lot zerstört den Lötkontakt mit der Zeit, deshalb dürfen alle wichtigen 
(Medizin, Militär) elektrischen Geräte gesetzlich nicht mit bleifreiem 
Lot gelötet werden.

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Hallo Frank.

Frank schrieb:

> Von allen bleifreien Loten ist ebenfalls dringend abzuraten. Bleifreies
> Lot zerstört den Lötkontakt mit der Zeit,

Nein. Rein Zinn Lote bzw. Lötzinnlegierungen ohne Bleianteil sind 
chemisch im wesentlichen genauso stabil wie bleilegiertes Zinn. Darum 
zerstören (?) sie auch die Lötstelle nicht mehr oder weniger als 
bleihaltiges Lot.
Das elektrochemische Potential könnte ein wenig anders sein, aber auch 
nur gering, und ohne Anwesenheit eines Elektrolyten ist das auch egal.

> deshalb dürfen alle wichtigen
> (Medizin, Militär) elektrischen Geräte gesetzlich nicht mit bleifreiem
> Lot gelötet werden.

Das wiederum ist richtig. Dort haben sie vorgeblich Angst vor "thin 
whiskers". Das sind Zinnnädelchen, die mehrere Millimeter aus Reinzinn 
herauswachsen können, und Kurzschlüsse verursachen können. Aber die 
treten wohl nur bei sehr reinem Zinn auf. Wenn schon so 1% was anderes 
hinzulegiert wurde, wurden sie wohl noch nicht beobachtet.

Praktisch kennt man sich eher mit dem mechanischen Verhalten von 
bleifreien Lotlegierungen über die Temperatur noch nicht sicher genug 
aus. Bleifreie Legierungen sind teilweise (nicht immer) härter und 
spröder als bleihaltige, und zeigen auch ein anderes 
Temperaturverhalten, was die Duktilität und die Temperaturausdehnung 
betrifft.
In dem Punkte ist Bleihaltig eben über einen weiten Bereich 
gleichbleibend gut. Bleifreie Lote treffen meist nur engere 
Temperaturbereiche (und sind dort aber teilweise besser als bleihaltige 
Lote).

Es muss also noch viel Erfahrung gewonnen werden, um zu Wissen, wo man 
in welchen Bereichen man Abstriche an der Temperaturwechselbeständigkeit 
machen kann, um auf Dauer zuverlässige Geräte zu haben.

Ein anderer Punkt ist dass bleifreies Lot im allgemeinen mit höheren 
Temperaturen verarbeitet werden muss. Das wiederum belastet auch die 
Bauteile, und, fast noch wichtiger, die Haftung der Kupferbeschichtung 
auf dem Platinenmaterial, die dadurch irreversibel schlechter wird. Das 
ist bei FR4 schon ein kleines Problem, wird aber bei z.B. Hartpapier 
richtig schlimm, was aber meist erst bei Reparaturen auffällt.

Letztlich sind es also die vielen kleinen "Nickeligkeiten" im Prozess, 
bedingt durch die höhere Verarbeitungstemperatur, die Bleifrei so 
unangenehm machen. Für Haushalts- und Jubelelektronik, die nur bei 
Zimmertemperatur betrieben (und gelagert) wird, spielen die 
Temperaturwechselgeschichten nur eine untergeordnete Rolle. Wenn davon 
ausgegangen wird, das Massenelektronik nicht repariert, sondern 
weggeworfen wird, ist auch die schlechtere Haftung des Kupfers auf der 
Platine kein Problem, solange es nicht um etwas mechanisch belastetes 
wie SMD Anschlüsse, Stecker oder Schalter geht.

Aber bei Automotive geht es dann schon los.....
Hier kommt dann oft noch Feuchtigkeit hinzu, und das Flussmittel und 
seine Verarbeitungstemperatur ist dann kritischer...

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.dl0dg.de

: Bearbeitet durch User
von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Frank schrieb:

> Es ist aber richtig. Ganz im Gegenteil: Das Kolophonium schützt vor
> Korrosion. Deine Korrosionserlebnisse sind ja in Ordnung, nur haben die
> eben überhaupt nichts mit dem Kolophonium zu tun.

Ach?

Sorry, da brauchen wir nicht weiterreden.

Zumindest müsstest du vorher erst einmal erklären, wie ein Stoff,
der dazu gedacht ist, eine chemische Reaktion zu befördern, plötzlich
dazu gut sein soll, chemische Reaktionen zu hemmen.

Weder die Logik noch meine seinerzeitige Technologievorlesung hat
dafür nämlich eine Erklärung — sehr wohl aber dafür eine, dass
Flussmittel auch außerhalb des Lötprozesses eine gewisse Aggressivität
behalten.  (Die Technologievorlesung hatte ich übrigens erst nach
meinem "Selbstexperiment".)

Übrigens: das zweite Exemplar der besagten Platine lebt heute auch
nach 25 Jahren noch.  Gleiche Stelle im Fahrzeug, gleiche Schaltung,
gleiches Layout (im Wesentlichen — war ja handgezeichnet).  Einziger
Unterschied: keine Kolophonium"schutz"schicht mehr, sondern die
Platine wurde sorgfältig gereinigt nach dem Löten.

> Von allen bleifreien Loten ist ebenfalls dringend abzuraten. Bleifreies
> Lot zerstört den Lötkontakt mit der Zeit

Noch so ein Ammenmärchen.

: Bearbeitet durch Moderator
von Mehmet K. (mkmk)


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Jörg, womit reinigst Du die Platinen?

Kolophonium geht gut weg mit Isopropanol.
Aber um das No-Clean Zeug von der Platine zu kriegen musste ich etwas 
"pröblen".
Schmierseife (nicht das Pril-Zeug), Zahnbürste und fliessendes Wasser 
hat sich dabei sehr gut bewaehrt. Hinterher noch mit etwas Isopropanol 
abspühlen.

: Bearbeitet durch User
von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Mehmet Kendi schrieb:
> Jörg, womit reinigst Du die Platinen?

Damals sicher nur mit Spiritus und entsprechend mechanischer Nachhilfe
an den Stellen, wo das Zeug hartnäckig war.

> Kolophonium geht gut weg mit Isopropanol.

Ja, noch besser mit Aceton, aber da muss man gucken, dass nichts
anderes in Mitleidenschaft gezogen wird.

> Aber um das No-Clean Zeug von der Platine zu kriegen musste ich etwas
> "pröblen".

Mittlerweile habe ich von Kontakt-Chemie den Leiterplattenreiniger,
da scheint ziemlich viel in der Mischung drin zu sein (bis zu
chlorierten Kohlenwasserstoffen).  Außerdem ist ein schöner fester
Pinsel gleich mit dran.

von Frank (Gast)


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> Zumindest müsstest du vorher erst einmal erklären, wie ein Stoff,
> der dazu gedacht ist, eine chemische Reaktion zu befördern, plötzlich
> dazu gut sein soll, chemische Reaktionen zu hemmen.
Eben er befördert die Reduktion, also das Gegenteil von Oxidation. Es 
bewirkt, daß Metalle metallisch bleiben und nicht zu ihren Oxiden 
korrodieren. Mehr noch, es kann durch die Reduktionswirkung bereits 
oxidertes Metall wieder zu Metall reduzieren.

Zu Deinen Beobachtungen: Ich kann nur soviel dazu sagen, mit Kolophonium 
hat das nichts zu tun. Wieso bist Du Dir so sicher, daß Deine 
Flußmittelreste überhaupt Kolophonim waren? Weißt Du noch genau die 
SW-Angabe auf dem verwendeten Lötzinn?

von Frank (Gast)


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Jörg Wunsch schrieb:
> Frank schrieb:
>> Von allen bleifreien Loten ist ebenfalls dringend abzuraten. Bleifreies
>> Lot zerstört den Lötkontakt mit der Zeit
>
> Noch so ein Ammenmärchen.
Ich formuliere das mal ein bißchen klarer. Die ursprüngliche 
Formulierung war unglücklich, weil der Eindruck entstand, das Lötzinn 
würde sich selber zerstören.

Natürlich war es so gemeint, daß die bleihaltige Lötverbindung extrem 
lange hält, während die bleifreie Lotverbindung schnell kaputt geht. Das 
fängt an mit Brüchen durch Sprödigkeit, der Eigenzersetzung mit 
Kristallwachstum und Korrosion, je nach Art des bleifreien Lotes.

Kurz gesagt: Wenn man zuverlässige, leicht zu lötende Verbindungen will, 
dann nimmt man bleihaltiges Lot.

Ganz böse Zungen sind der Ansicht, daß die Verordnung zu bleifreien 
Loten Lobbyarbeit von der Elektroindustrie war, damit die Geräte nicht 
so lange halten.

Ich glaube es kam von den Elektroschrottentsorgern, damit diese sich 
Geld sparen. Oder beide gemeinsam, das nennt man dann wohl Hebelwirkung.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Frank schrieb:

> Zu Deinen Beobachtungen: Ich kann nur soviel dazu sagen, mit Kolophonium
> hat das nichts zu tun. Wieso bist Du Dir so sicher, daß Deine
> Flußmittelreste überhaupt Kolophonim waren?

Weil es ein Kolophoniumklumpen aus dem Musikladen war, damit haben
wir damals dann die Leiterplatten fein säuberlich überzogen …  Das hat
auch immer ganz gut funktioniert, eben bis zu dem Zeitpunkt, da das
Zeug permanenter Feuchtigkeit ausgesetzt wird.

Solange der Kram trocken bleibt, geht das alles gut.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Frank schrieb:

> Natürlich war es so gemeint, daß die bleihaltige Lötverbindung extrem
> lange hält, während die bleifreie Lotverbindung schnell kaputt geht.

Ist in dieser allgemeinen Formulierung aber nicht korrekt.

Als diese Verordnung in Kraft gesetzt worden ist, war zwar das System
Blei-Zinn gut untersucht, aber alles andere so gut wie gar nicht.  Da
kann man eine prima Verschwörungstheorie reinformulieren.  Wenn
überhaupt, dann könnte es am ehesten die Montanindustrie gewesen sein,
die auf diese Weise mal zu ein paar Forschunsgeldern auf einem bis
dato gut abgegrasten Gebiet gekommen sein dürfte.

Dass es in der Anfangsphase der bleifreien Prozesse zu erhöhter
Ausfallrate gekommen sein dürfte, ist nur zu verständlich: Prozesse
muss man in ihren Parametern jeweils erst einmal beherrschen lernen.
Der größte Teil der entsprechenden Ausfälle dürften aber wohl die
klassischen "kalten Lötstellen" gewesen sein, die man auch von
bleihaltigen Loten zur Genüge kennt, aber die nun einmal bei
mangelnder Prozessbeherrschung häufiger auftreten.

Es gibt auch Untersuchungen der NASA, wo sie (für bestimmte
Anforderungsprofile) den bleifreien Loten bessere Stabilität
bescheinigt haben als den bleihaltigen.  Das größte Problem wurde
schon genannt, die Zinn-Whisker.  Aber das trifft sowohl den
durchschnittlichen Bastler als auch die klassische Jubelelektronik
nur mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit.

Einziger Schönheitsfehler heutiger bleifreier Lote ist, dass die
Lötstellen eben nach wie vor nicht so schön glänzend aussehen wie
bei bleihaltigem Lot.  Dadurch ist diese klassische
"Qualitätskontrolle" (= "Alles, was glänzt, ist OK") nicht mehr
möglich.

von Erfahrung, Erfahrung (Gast)


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Frank (Gast) schrieb:

Jörg Wunsch (dl8dtl) (Moderator) schrieb:
>> Zumindest müsstest du vorher erst einmal erklären, wie ein Stoff,
>> der dazu gedacht ist, eine chemische Reaktion zu befördern, plötzlich
>> dazu gut sein soll, chemische Reaktionen zu hemmen.

> Eben er befördert die Reduktion, also das Gegenteil von Oxidation. Es
> bewirkt, daß Metalle metallisch bleiben und nicht zu ihren Oxiden
> korrodieren. Mehr noch, es kann durch die Reduktionswirkung bereits
> oxidertes Metall wieder zu Metall reduzieren.

Ein Reduktionsmittel ist Kolophonium aber nur bei entsprechend hohen 
Temperaturen, wie etwa die, die beim Löten von der Lötspitze her 
einwirken.

http://de.wikipedia.org/wiki/Kolophonium

Zitat

"Die im Kolophonium enthaltenen organischen Säuren wirken bei hohen 
Temperaturen reduzierend und beseitigen dünne Oxidschichten der 
metallischen Fügepartner."

von Helge A. (besupreme)


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Bei Kolophoniumresten vom Löten hatte ich bis jetzt keine Probleme.

Allerdings wurde mir auch schon eine Platine zerfressen, die ich vor dem 
Löten mit aufgelöstem Kolophonium behandelt hatte. Dazu habe ich gehört, 
daß nach dem Auftrag zuerst der Reinalkoholanteil verdampft und dann der 
Wasseranteil des Alkohols Kapillaren hinterläßt. Während des Lötens 
verflüssigtes Kolophonium hat diese Kapillaren nicht.

Übrigens sind wir vor diesen tin whiskers nit gefeit. Diese Erscheinung 
ist mir sowohl bei einer PC-Steckkarte als auch bei bleifrei selbst 
gelötetem schon begegnet. Beides gab nach ca. 1 Jahr seinen Dienst auf 
und die Dinger sprießten an mehreren Stellen. Zum Glück ließen die sich 
mit einer feinen Bürste entfernen, unterm USB-Mikroskop waren dann an 
den Stellen winzige Krater in der Lötstelle zu sehen.

von Jens B. (fernostler)


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Miriam schrieb:
> Und welches Flussmittel, könnt ihr empfehlen?

Ich nehme nur Lötzinn/Lötpaste mit wasserlöslichen Flux. Wenn man keine 
(nicht waschbaren) Taster oder nicht geschlossen Relais auf der Platte 
hat  kann man die Leiterplatte dann einfach mit dem Geschirr in der 
Geschirrspülmaschine reinigen. Oder einfach mit Wasser und Pinsel.

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Hallo Jörg.

Jörg Wunsch schrieb:

> Mittlerweile habe ich von Kontakt-Chemie den Leiterplattenreiniger,
> da scheint ziemlich viel in der Mischung drin zu sein (bis zu
> chlorierten Kohlenwasserstoffen).  Außerdem ist ein schöner fester
> Pinsel gleich mit dran.

Bei Leadfree Kontakten unter dem Bauteil ist es auch ein Problem, damit 
"No-clean" zu entfernen.

Jörg Wunsch schrieb:

> Einziger Schönheitsfehler heutiger bleifreier Lote ist, dass die
> Lötstellen eben nach wie vor nicht so schön glänzend aussehen wie
> bei bleihaltigem Lot.  Dadurch ist diese klassische
> "Qualitätskontrolle" (= "Alles, was glänzt, ist OK") nicht mehr
> möglich.

Nun, es gibt auch bleifreie Lote, die durchaus glänzen, wenn auch nicht 
so wie klassisches bleihaltiges. Sogar ein SAC-Lot:

http://www.pkelektronik.com/media/downloads/d/a/datenblatt%20almit%20loetdraht%20sr-37%20lfm-48s.pdf

Die Aussage, dass eine glänzende Lötstelle mit diesem Lot auch gut ist, 
ist aber tatsächlich problematischer als bei bleihaltigem Lot. Trozdem 
kann es ein Indiz sein.

Wichtiger ist eher, ob ich erkennen kann, dass sich eine 
"zusammenhängende" konkave oder konvexe Oberfläche durch die 
Oberflächenspannung ergeben hat.
Stufen oder eine "grobe Struktur" sind mir Wahrnhinweise.
Das kann ich natürlich bei glatten, glänzenden Oberflächen leichter 
sehen.
Aber dabei kommt es vor allem auf die Glätte an, weniger auf den Glanz.

Und das Lot ist mit einer Differenz zwischen Solidus- und Liquidusvon 
von 4°C nahe genug an einem Eutektikum, um ein gleichmäßiges Schmelzen 
zu erleichtern.
Ein vergleichbares Sn96,5Ag3,0Cu0,5 wird übrigens anderswo mit nur einer 
Differenz von 2°C zwischen Solidus- und Liquidustemperatur 
angegeben....?

Das im Datenblatt oben beschriebene Almit SR37 ist übrigens bei 
Zimmertemperatur ähnlich duktil wie Sn60Pb40, und lässt sich, bis auf 
die höhere Schmelztemperatur und die schlechtere Benetzbarkeit bei 
oxidierten Oberflächen ähnlich einfach verarbeiten wie klassisches 
bleihaltiges Lot.

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.dl0dg.de

von Lötrauchkiffer (Gast)


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Zum Basteln/Geräte reparieren nehm ich ganz gewöhnliches, 1.5mm dickes 
Sn63Pb37 mit Kolophoniumkern, was ich vor ein paar Jahren einmal in 
grossen Mengen auf Vorrat gekauft habe.

Wenn ich mal mehr Flussmittel brauch, z.B. beim Platinen verzinnen oder 
SMD-Löten, hab ich noch das selbstgemachtes Flussmittel. Hab ich letzten 
Sommer gekocht, einfach einmal im Wald Tannenharz sammeln, das selbige 
in heissem Ethanol auflösen und danach im heissen Zustand durch einen 
Kaffeefilter filtern. Funnktioniert wunderbar, ist spottbillig und man 
bekommt die Rückstände einfach mit Spiritus weg, allerdings sollte man 
damit nur mit guter Lüftung löten, da es gewaltig qualmt.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Bernd Wiebus schrieb:
> Bei Leadfree Kontakten unter dem Bauteil ist es auch ein Problem, damit
> "No-clean" zu entfernen.

Ja, das ist ein generelles Problem, wenn man derartige Bauteile danach
in rauen Umgebungen benutzen will.

von Mike J. (linuxmint_user)


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Ich bestreiche die frisch geätzten und überprüften Platinen mit einer 
Kolophonium + Isopropanol oder Spiritus Mischung um sie Oberfläche 
luftdicht zu machen und die Oxidation zu verhindern.

Bevor ich meine Bauteile hochlege kommt eine Schicht Wachs hoch welches 
etwas Kolophonium beinhaltet.

Wenn Drähte verzinnt werden müssen halte ich sie in das 
Kolophoniumdöschen und erwärme sie mit dem Lötkolben.


Wenn die Kabel aber eine starke Oxidschicht haben nehme ich etwas (ganz 
extrem wenig, ein paar Atome) Zinkchlorid.
Da Zinkchlorid Wasserlöslich ist muss die Platine dann ein längeres 
Warmwasserbad (ich nehme destilliertes Wasser oder auch Regenwasser) 
über sich ergehen lassen, dann löst sich das langsam Zeug auf.
Danach muss man die Platine wieder trocknen und langsam auf etwas über 
100°C bringen.


Wenn man etwas von dem Zinkchlorid vergessen hat frisst sich das mit der 
Zeit immer weiter und dort wächst eine grüne Ebene ... sieht aus wie ein 
flacher Schimmelteppich.
Wenn du damit etwas behandelst was längere Zeit genutzt werden soll 
musst du dir sicher sein dass du alles von dem Zeug entfernen kannst, 
also nur für Prototypen, dicke Drähte.

Für eine dicke Litze habe ich das Zeug auch schon mal verwendet da an 
dem Kabel absolut kein Zinn haften wollte.

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