Forum: Offtopic Netzfrequenzdatenbank für Forensik (?)


von Günter R. (guenter-dl7la) Benutzerseite


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http://www.faz.net/aktuell/technik-motor/whistleblower-koennen-mit-neuer-technik-enttarnt-werden-13017604.html

In der Hoffnung, dass hier ein paar Leute aus der Kraftwerkstechnik 
mitlesen:
Ein Bekannter sprach mich auf den obigen Artikel aus der Tagespresse an. 
Nun wendet sich der Redakteur mehr an ein Laienpublikum mit schönen 
Definitionen wie "unhörbarer Netzbrumm" und auch die Whistleblower 
dürfen natürlich nicht fehlen (das Sommerloch beginnt), dennoch würde 
mich existieren, ob es ausreichend genaue Aufzeichungen 
(Milli-Hertz-Bereich) darüber gibt.

Dass man aus 500 Samples (10 sek Aufnahme) der Netzfrequenz bei 
vielleicht schlechter Dynamik so à la GPS Ort und Zeit einer verbrummten 
Aufnahme in forensischer Qualität bestimmt, erscheint mir allenfalls als 
urban legend glaubbar...

MfG Günter

: Verschoben durch User
von Achim H. (anymouse)


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Günter Richter schrieb:
> Dass man aus 500 Samples (10 sek Aufnahme)

Ich gehe mal eher von einer Standardaufnahme mit mehr als 44kHz 
(44,1kHz, 48kHz) aus. Dann hat man einen Sinus mit mehr als 440000 
Samples bestimmt. Die 500 Punkte sind schon die Periodenlängen. Ich 
glaube, da sollte man für die Zeit schon eine gewisse Qualitative 
Aussage machen.

Außerdem könnte man auch weitere Hinweise hinzuziehen, um so 
Mehrfachlösungen auszuschließen.

von ArnoR (Gast)


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Günter Richter schrieb:
> dennoch würde
> mich existieren, ob es ausreichend genaue Aufzeichungen
> (Milli-Hertz-Bereich) darüber gibt.

Ja, es gibt: http://www.netzfrequenzmessung.de/

von Peter R. (pnu)


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Da macht sich wieder jemand wichtig:

Einen möglicherweise garnicht wahren Vorfall (wohl urban legend!) zu 
einem  Riesenballon aufblasen. Fehlt nur noch, den üblichen 
Weltuntergang daraus zu prophezeien.
Mit wenig Wissen und Erfahrung kann man seiner Phantasie ja freien Lauf 
lassen und es als Wahrheit in der Öffentlichkeit ausrufen.

von Markus (Gast)


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Hallo zusammen,

naja das WANN die Aufnahme entstanden ist, kann ich mir ja noch 
vorstellen. Aber wie bitte schön soll man daraus den Ort ableiten 
können. Die Netzfrequenz ist in ganz Europa gleich. Dass heißt haben wir 
hier in DE gerade eine Netzfrequenz von 50,004Hz. Haben alle anderen 
Länder in Europa ebenfalls 50,004Hz.

Wie gesagt, über den zeitlichen Verlauf der Frequenz kann man sicherlich 
auf die Zeit schließen, aber weniger auf den Ort.

Gruß

von Nooteja (Gast)


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> Dass heißt haben wir hier in DE gerade eine Netzfrequenz von 50,004Hz.
> Haben alle anderen Länder in Europa ebenfalls 50,004Hz.

Darf ich daraus ableiten, dass in Faro/Portugal und in Bergen/Norwegen 
die gleich Netzfrequenz vorliegt?

von Bernhard (Gast)


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>Darf ich daraus ableiten, dass in Faro/Portugal und in Bergen/Norwegen
>die gleich Netzfrequenz vorliegt?

Norwegen wohl nicht, weil die Skandinavier ihr eigenes Netz haben 
welches asnychron zu unserem ist.

http://de.wikipedia.org/wiki/UCTE

von Peter R. (pnu)


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Nooteja schrieb:
> Darf ich daraus ableiten, dass in Faro/Portugal und in Bergen/Norwegen
> die gleich Netzfrequenz vorliegt?

Bis auf die Phasenänderung durch die Lastverschiebungen. Die Änderung 
der Phase je Zeit ist ja gleich Frequenz.

Bei Großkraftwerken ist ein wesentlicher Parameter die 
Phasenverschiebung der Generatoren relativ zum Netz. Der bestimmt die 
Richtung und das Maß der Energieabgabe. Und wenn diese Phase für 
Lastwechsel verstellt wird, entspricht das für kurze Zeit einer 
Frequenzänderung.
Bei Großkraftwerken wird beim Übergang auf Volleistung für einige 
Sekunden/Minuten etwas höhere "Frequenz" im umgebenden Netz bestehen.

Wenn einmal sehr viele Windkraftwerke am Netz hängen, dürfte das 
geradezu chaotischen Phasen- und Frequenzjitter ergeben. Dann ists mit 
der forensischen Auswertung sowieso vorbei.

Aber eigentlich ist das Thema wohl offtopic.

: Bearbeitet durch User
von vs_vertraulich (Gast)


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Ich denke, der oben zitierte Artikel wurde der Presse aus ganz 
bestimmten Kreisen zugespielt. Nach meiner Einschätzung wird hier
gezielt desinformiert, indem man Informationen mit unterschiedlichem 
Wahrheitsgehalt geschickt miteinander vermischt.

Man schaut halt, wie die Leute darauf reagieren, um so relevante 
Informationen zu gewinnen. Möglicherweise will hier ja ein 
Nachrichtendienst geeigneten Nachwuchs finden oder Informanten 
anwerben...

von Uhu U. (uhu)


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Peter R. schrieb:
> Wenn einmal sehr viele Windkraftwerke am Netz hängen, dürfte das
> geradezu chaotischen Phasen- und Frequenzjitter ergeben. Dann ists mit
> der forensischen Auswertung sowieso vorbei.

Das ist ein Irrtum. Je chaotischer, desto besser.

Markus schrieb:
> Wie gesagt, über den zeitlichen Verlauf der Frequenz kann man sicherlich
> auf die Zeit schließen, aber weniger auf den Ort.

Zitat http://www.netzfrequenzmessung.de/:
1
Die Netzfrequenz ist in allen an das europäische Verbundnetz UCTE direkt
2
angeschlossen Ländern gleich (bis auf kurzzeitige Schwebungen).

Diese Schwebungen geben die Ortsinformation her. Wenn der 
Frequenzverlauf ausreichend aufgelöst für alle Regelleistungsquellen 
archiviert wird, dann läßt sich damit auch grob der Aufnahmeort 
ableiten.

So abwegig ist das alles also nicht.

: Bearbeitet durch User
von Magic S. (magic_smoke)


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Also ich glaube da nicht dran. Eine so gute ungewollte Aufnahme des 
Netzbrumm hab ich noch nie gehört. Zumal das bei digitaler Verarbeitung 
wie MPEG Codierung sowieso im Rauschen untergeht.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Wenn man mal ein wenig herumgoogelt, stellt man fest, dass die Methode
in der Forensik und von Geheimdiensten wohl tatsächlich schon seit ein
paar Jahren angewandt wird. Natürlich müssen, wie bei jedem anderen
forensischen Verfahren auch, etliche Kriterien erfüllt sein, damit es
erfolgreich ist. Wenn aber die Aufnahmequalität sehr gut ist, und eine
50Hz-Quelle in unmittelbarer Nähe des Aufnahmeorts liegt, warum nicht?

  http://en.wikipedia.org/wiki/Electrical_network_frequency_analysis

In dem FAZ-Artikel wird die ganze Sache aber als sehr viel einfacher
dargestellt als sie tatsächlich ist. Nur so ist er ja für die paranoide
Leserschaft lesenswert ;-)

Außerdem lassen mich verschiedene Fakten zum Eindruck gelangen, dass die
Geschichte der Aufklärung eines Mordfalls, so wie sie hier geschildert
wird, fiktiv ist und ursprünglich nur als Beispiel für eine Anwendung
des Verfahrens gedacht war, anschließend aber von einen Journalisten –
absichtlich oder unabsichtlich – als real angenommen wurde. Das ist aber
nur mein (teilweise) subjektiver Eindruck :)

von Uhu U. (uhu)


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magic smoke schrieb:
> Eine so gute ungewollte Aufnahme des Netzbrumm hab ich noch nie gehört.

Wer sagt, dass der Brumm hörbar sein muss? Er wird in aller Regel durch 
andere Geräusche maskiert sein und muss mit einem steilen Bandpass 
herausgefiltert werden. Wenn das glückt, ist das Ergebnis zumindest ein 
Ansatz.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Uhu Uhuhu schrieb:
> Wer sagt, dass der Brumm hörbar sein muss? Er wird in aller Regel durch
> andere Geräusche maskiert sein

Das ist ja gerade das Problem bei dem Verfahren: Wenn das Signal vom
menschlichen Gehör maskiert wird, wird dasselbe auch der MP3-Encoder
tun. Aus den Resten bei nur 10s Aufzeichnungsdauer das Originalsignal
mit der geforderten Genauigkeit zu rekonstruieren, ist kein leichtes
Unterfangen.

von Uhu U. (uhu)


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> ist kein leichtes Unterfangen.

Erfolgsgarantie gibt es natürlich nicht - deswegen ist die Methode aber 
trotzdem nicht rundweg unmöglich.

Der Trick bei vielen forensischen Techniken ist es, eine Signatur aus 
irgend welchen Nebeninformationen zu ziehen und mit dieser Signatur dann 
weitere Informationen zu gewinnen. Hier wird das in geradezu klassischer 
Manier gemacht.

Andere Methoden dieser Art nutzen z.B. mechanische Unregelmäßigkeiten 
früher bei Schreibmaschinen, heute bei Druckern, verborgene Signaturen 
in Fotos,  DNA-Fingerprints, die die Repetitionen in nicht-codierenden 
DNA-Sequenzen als Signatur nutzen, Lackfarben in der Autoindustrie, die 
mittlerweile sogar gezielt mit Substanzen versetzt werden, die für die 
Forensiker eine Signatur ergeben, die kleinsten Lacksplittern zu 
entlocken ist, und und und...

von Michael E. (Firma: irgendeine) (nodalek)


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Ihr habt mich auf eine Idee gebracht.
Man baut einfach ein kleines Gerät, welches man in die Steckdose steckt 
(oder in der Verkabelung einbaut),welches ein codiertes Signal ins 
Versorgungsnetz einspeist, schön versteckt im Rauschen, so das nur der 
Betreiber weis, auf was er achten muss, und angepasst an die 
Komprimierungsverfahren. Und die verteilt man über das Gebiet, was man 
beobachten will.
Wahrscheinlich gibt es das schon, und irgendwann ist es Pflicht, es in 
den Stromzähler zu integrieren, um die arme Musikindustrie zu schützen, 
und anderen Vorteilen für gewisse Leute ;)
Schöne neue Welt.

Und wenn es das noch nicht gibt, wird Spätestens jetzt jemand darüber 
Nachdenken, wie man es konkret umsetzen kann :(

Wenn die Zeit reif für einen Gedanken ist, wird er auch gedacht werden, 
und dann streitet man sich darüber, wer der Erste war ;)

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