Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Hochspannungstest - wieso Durchschlag


von Markus W. (kornbanane)


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Hallo Forum,
ich bin gerade dabei die Isolierungen innerhalb eines Gerätes zu Testen. 
Dies geschieht über einen Hochspannungstest. Wenn es einen Überschlag 
innerhalb des Gerätes gibt zählt der Test als durchgefallen. Dabei 
werden 1,7KV AC zwischen folgenden Messpunkten angelegt:

1.  L und sekundäre Masse
2.  N und sekundäre Masse
3.  Und das selbe noch einmal mit sekundärer Versorgung, also „+“ gegen 
L/N

Das Gerät selbst besteht aus einem geerdetem Rack-Metallgehäuse, einem 
Netzteil 230VAC/24VDC und mehreren eingeschobenen Platinen die den 
Sekundärstromkreis bilden.
Jetzt habe ich aus meinen Messungen eine äußerst verwirrende Erkenntnis 
gezogen. Mir ist klar wie ich das Problem (einen Durchschlag) lösen 
kann, aber nicht weshalb es zustande kommt.
Wenn ich die oben aufgeführten Messungen durchführe und nichts am Gerät 
verändere, außer dass ich eine bestimmte Steckkarte ausgesteckt lasse 
bei der später das Problem auftritt, werden alle Tests problemlos 
bestanden – es gibt keine Überschläge.
Jetzt zu der „Problemsteckkarte“ – ist diese eingesteckt gibt es einen 
Überschlag. Auf der Steckkarte gibt es einen µC und ein paar R‘s und 
C’s. Die Steckkarte wird über eine Kartenführung aus Kunststoff in das 
Rack geschoben. In dieser Kartenführung ist eine Art Halteklammer 
angebracht, die über das Gehäuse geerdet ist. Ganz am Rand der 
Steckkarte ist ein Massepin, der etwas unter einem Millimeter Abstand 
zur Halteklammer hat. Mit anderen Worten: Durch diese Steckkarte gibt es 
einen geringen Abstand von unter einem Millimeter zwischen Masse und dem 
Gehäuse – sprich der Erdung. Und genau hier knallt es – und zwar bei 
jeder oben beschriebenen Messung. Jetzt kann man sagen klar knallt es, 
da der Abstand zwischen Erdung und Masse eben an diesem Punkt so gering 
ist, aber:

1.  Das Netzteil selbst bietet einen Schutz zwischen z.B.: L und PE, L 
und GND, L und Masse usw. dieser wurde auch erfolgreich getestet.

2.  Man kann doch diese Luftstrecke von unter einem Millimeter zwischen 
Halteklammer und Massepin noch als kleine Zusätzliche Isolierung zu der 
vom Netzteil ansehen. Selbst wenn diese hinfällig klein ist wieso wird 
dadurch die Isolierung des Netzteils aufgehoben – wieso der Durchschlag 
zwischen z.B.: L und PE oder L und GND.

3.  Wenn ich die Messung zwischen L und GND /PE durchführe, wie wird 
dann überhaupt der Stromkreis zu L hin geschlossen (sodass ein 
Überschlag zustande kommen kann). Dazu fällt mir nur ein, dass es im 
Netzteil Y-Kondensatoren gibt die L mit PE verbinden aber wie gesagt das 
Netzteil für sich hält ja den Messungen stand.


Folgendes habe ich noch ausprobiert:

Ich habe den Massepin mit der Halteklammer bzw. der Erdung 
kurzgeschlossen -> Kein Durchschlag.
Ich habe eine Leitung an Masse gelötet, die besagte Steckkarte entfernt 
und die angelötete Masseleitung jeweils direkt an Erdung gelegt, oder 
über einen geringen Abstand (so wie der Abstand von Massepin der 
Steckkarte zur Halteklammer) -> Kein Durchschlag.

Mir fällt dazu nur eine Ursache ein, meint ihr das kann hinkommen ?:
 Durch den geringen Abstand zwischen Massepin und Halteklammer entsteht 
ein parasitärer Kondensator zwischen GND und Erdung. Wenn ich jetzt eine 
Messung zwischen L und GND durchführe beginnt das System bestehend aus 
den Y-Kondensatoren im Netzteil und dem parasitärem Kondensator und 
sonstigen Einflüssen zu schwingen. Dadurch entsteht eine höhere Spannung 
der die Isolierung des Netzteils nicht mehr gewachsen ist.

Anders kann ich es mir nicht erklären, aber besonders logisch erscheint 
es mir trotzdem nicht. Ich hoffe mit meiner Skizze kann man die 
Problematik einigermaßen nachvollziehen.

von Markus W. (kornbanane)


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Zwei Dinge muss ich noch erwähnen:

1. Der Hochspannungstester arbeitet mit 50Hz
2. Ich habe die Messungen auch durchgeführt als ich den PE-Kontakt des 
Schaltnetzteils nicht mit Erdung verbunden hatte -> Keine Änderungen.

von Georg W. (gaestle)


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Du hast einen kapazitiven Spannungsteiler aus Entstörungsbauteilen und 
parasitären Effekten, dessen eine (nicht ausreichend Spannungsfeste) 
Hälfte du mit der Verbindung Klammer zu Massepin kurzschließt. D.H. du 
zwingst die schwebende Masse auf ein definiertes Potential. Schwingen 
tut da nichts.

von Michael K. (Gast)


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Markus Wi*** schrieb:
> Durch den geringen Abstand zwischen Massepin und Halteklammer entsteht
> ein parasitärer Kondensator zwischen GND und Erdung

von 3femtofarad ?
Ich denke die Erklärung ist einfacher.
Dein Gesammtsystem bildet einen Kondensator zwischen Prim und sek. Oft 
noch unterstützt von einem 3KV Kerko zwischen prim gnd und sek gnd.
Diese Kapazität ist schon geladen auf irgendwas weil es keine 
wesentliche ohmsche Verbindung gibt die was entladen würde.
Jetzt haust Du einen > 2KV Puls da rauf, baust aber eine Funkenstrecke 
von <1mm über die prm / sek Kapazität.
Was soll da wohl passieren ?

Leg doch sek. gnd fest auf PE, das empfiehlt sich ohnehin in den meisten 
Fällen, oder brauchst Du einen 'floatenden' sek gnd im HV Bereich ?

von GB (Gast)


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Bist Du sicher, dass der Test so richtig ist?
Ich kenne diese Isolationstests nur so:
Alle Eingangsleitungen (L,N,PE) kurzschließen, alle Ausgangsleitungen 
kurzschließen, Spannung zwischen Eingang und Ausgang anlegen.

von Michael K. (Gast)


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GB schrieb:
> Alle Eingangsleitungen (L,N,PE) kurzschließen, alle Ausgangsleitungen
> kurzschließen, Spannung zwischen Eingang und Ausgang anlegen.

Da wird das genauso passieren, weil es eine <1mm Funkenstrecke zwischen 
prim und sek gibt.
Wenn man schon Schutzerde zur Verfügung hat, warum dann trotzdem auf 
alle Vorteile verzichten indem man sek schweben läßt ?

von Markus W. (kornbanane)


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Ich bin grad platt...

hab jetzt wie Ihr vorgeschlagen habt die Masse geerdet und siehe da, 
keine Probleme mehr. Ich muss mir das jetzt erst nochmal durch den Kopf 
gehen lassen. Solange schon mal die Frage: Gibt es irgendwelche 
Nachteile, wenn ich Masse auf Erde lege, also jetzt keine 
Schaltungsspezifischen sondern generelles - auch im Hinblick auf 
Sicherheit.

von Helge A. (besupreme)


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Vorteil sind definierte Potentiale und Sicherheit. Außerdem kommt der 
Elektrische im Servicefall damit eher klar.

Nachteil in verteilten Anlagen sind Ausgleichsströme.

von Markus W. (kornbanane)


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Hallo,

sorry das ich nochmal nachfragen muss.

Also ich habe den Sekundärkreis jetzt geerdet und bei meinen 
Messungen/Tests keine Nachteile festgestellt.

Jetzt mache ich mir Sorgen über die ESD Prüfung...

Wenn mit der ESD Pistole 8 bzw. 15 KV auf das Gehäuse einschlagen 
(Geerdetes Metallgehäuse Schutzklasse 1), was "sieht" dann der 
Sekundärkreis über seine Masse ?. Liegt dann dort trotzdem nur Erdung 
an, da die 8/15KV über den Lichtbogen abfallen der sich zwischen 
ESD-Pistole und Gehäuse bildet, oder liegt dann auf Erde bez. GND auch 
ein Puls an? Und wie ist es bei direktem Kontakt zwischen ESD-Pistole 
und Gehäuse - dann gibt es ja kein Lichtbogen.

Meine Überlegung ist also wird der geerdete Sekundärkreis nicht 
zerstört, wenn der EDS-Puls auf das Gerät einschlägt (über direkten 
Kontakt oder Luftstrecke) ?

Danke für die Antworten

von Helge A. (besupreme)


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Das hängt von deiner Erdung ab. Der Lichtbogen hat eine niedrige 
Impedanz, dann werden als begrenzendes Element eher die induktiven 
Anteile deiner Verkabelung interessant.

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