Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Freilaufdiode zu langsam?


von Ben (Gast)


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Hallo,

ich schalte mit einem IGBT einen Motor (230V, 5A). Um den Freilaufstrom 
in den Griff zu bekommen, habe ich eine P600S genommen, die ich hier 
noch rumliegen hatte. Sobald ich den IGBT nun aber auch nur für eine ms 
durchschalte, ist er hinterher zerstört (wird leitend). Bei einer 
ohmschen Last habe ich das Problem nicht. Meine einzige Erklärung ist, 
dass die Diode zu langsam ist und die Spannung meinen IGBT killt, bevor 
der Strom durch die Diode abgeführt werden kann. Ist das möglich? Im 
Datenblatt habe ich keine Angaben zu irgendwelchen Einschaltzeiten 
gefunden.

von Basti (Gast)


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was für ein igbt benutzt du denn und wie sieht die Absteuerung aus?

von ArnoR (Gast)


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Ben schrieb:
> dass die Diode zu langsam ist und die Spannung meinen IGBT killt, bevor
> der Strom durch die Diode abgeführt werden kann.

Normalerweise schalten Standart-Dioden vergleichbar schnell ein wie 
schnelle Dioden. Die Langsamkeit bezieht sich auf das Freiwerden von 
Ladungsträgern. Kritisch ist also eine Sperrbelastung nach vorherigem 
Leiten. Also das Wiedereinschalten des IGBT. Womöglich ist die Diode 
noch leitend und der IGBT schaltet auf einen Quasi-Kurzschluss. Bei 
ohmscher Last passiert das nicht, weil die Diode da keinen Freilaufstrom 
übernehmen musste.

von Helmut L. (helmi1)


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Ben schrieb:
> ich schalte mit einem IGBT einen Motor (230V, 5A).

Was fuer ein Motor?

Du weisst das im Anlauf der Motorstrom sehr viel hoeher sein kann als im 
Betrieb (5A).

von Johannes E. (cpt_nemo)


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Ben schrieb:
> Um den Freilaufstrom
> in den Griff zu bekommen, habe ich eine P600S genommen,

Wie hast du die denn verschaltet? Mach mal ein Foto und einen 
Schaltplan.

von Ben (Gast)


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Der IGBT ist aktuell ein IRG4BC20SD (600V, 10A). Den Schaltplan habe ich 
angehängt. Die Spannungsquelle V2 ist eigentlich ein µC der bei 3,3V 
läuft. L1 und R1 stellen den Motor da. Der Motor ist ein 
Einphasen-Reihenschlussmotor. Die Gate Spannung sieht gut aus - keine 
Peaks oder Spannungseinbrüche. Am Kollektor dagegen steigt die Spannung 
beim Abschalten deutlich über 600V.
Dass der IGBT einschaltet, bevor der Diodenstrom 0A erreicht, ist 
ausgeschlossen. Die Elektronik ist zum prüfen so programmiert, dass ein 
Konopfdruck einen Puls von einer Millisekunde auslöst. Danach bleibt das 
Gate low.

Helmut Lenzen schrieb:
> Du weisst das im Anlauf der Motorstrom sehr viel hoeher sein kann als im
> Betrieb (5A).
Da hast du natürlich recht. Muss die Diode dann diesen erhöhten Strom 
vertragen? Ich dachte bei kurzzeitigen Belastungen kann ich vielleicht 
auch mal über den Nennstrom hinaus gehen? Das scheint jedenfalls nicht 
das aktuelle Problem zu sein, da die Diode das Spiel überlebt.

Johannes E. schrieb:
> Wie hast du die denn verschaltet? Mach mal ein Foto und einen
> Schaltplan.
Das Foto von der Lochrasterplatine erspare ich euch erstmal. Ich habe 
sie aber mit viel Sorgfalt sehr sauber aufgebaut.

von Helmut L. (helmi1)


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Ben schrieb:
> Muss die Diode dann diesen erhöhten Strom
> vertragen?

Nein die must nur den Strom aushalten der im eingeschwungenen Zustand 
fliest.

Dein Motor ist ja keine reine Induktivitaet wie eine richtige Spule auch 
wenn da Wicklungen drin sind.

Im Ersatzschaltbild eines Motors ist noch eine Spannungsquelle 
eingezeichnet die man EMK nennt. Im Einschaltmoment hat die die Spannung 
0V. Dann wird der Strom in erster Linie nur durch die ohmischen Verluste 
(wenige Ohm) begrenzt.
Das fuehrt zu einem grossen Strom und damit zu einem grossen Drehmoment. 
Jetzt laeuft der Motor los, dadurch entsteht eine innere Spannung (EMK) 
die ist der Betriebsspannung entgegengesetzt. Dadurch wird die wirksame 
Spannung am ohmischen Anteil kleiner, der Strom geht zurueck. Der Strom 
der jetzt noch fliest dient dann zur Abgabe der Motorleistung und zur 
deckung der Verluste.

Die Diode dient nur zum Abbau des Magnetfeldes bein abschalten des 
Motors.

von Falk B. (falk)


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@ Ben (Gast)

>Einphasen-Reihenschlussmotor. Die Gate Spannung sieht gut aus - keine
>Peaks oder Spannungseinbrüche. Am Kollektor dagegen steigt die Spannung
>beim Abschalten deutlich über 600V.

Das killt dir den IGBT, der mag keine Überspannungen.


>> Du weisst das im Anlauf der Motorstrom sehr viel hoeher sein kann als im
>> Betrieb (5A).
>Da hast du natürlich recht. Muss die Diode dann diesen erhöhten Strom
>vertragen?

Nö, aber ggf. dein IGBT (Ok, streng genommen auch die Diode)

>Das Foto von der Lochrasterplatine erspare ich euch erstmal. Ich habe
>sie aber mit viel Sorgfalt sehr sauber aufgebaut.

FALSCH! Denn gerade bei sowas ist das Layout und die Leitungsführung 
ENTSCHEIDEND!

von Alex (Gast)


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Sind die 230V Wechsel oder Gleichspannung?
Im Schaltbild steht da "Netz".

Falls Wechselspannung:
Was macht der IGBT wenn er Eingeschaltet in der neg. Halbwelle?
Strom über IGBT nach Diode nach Netz.

Alex

von Alex (Gast)


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Ok!
Mein Fehler, hab neh Plan nicht vollständig angesehen :-)

Alex

von Harald W. (wilhelms)


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Ben schrieb:

> ich schalte mit einem IGBT einen Motor (230V, 5A). Um den Freilaufstrom
> in den Griff zu bekommen, habe ich eine P600S genommen,
> Sobald ich den IGBT nun aber auch nur für eine ms
> durchschalte, ist er hinterher zerstört

Nun, eine schnelle Diode kostet ja nun wirklich nicht viel.
Ich würde die einfach einbauen und hätte damit eine "Baustelle"
weniger, wo ich nach der Ursache für das Ableben des IGBT
suchen müsste.
Gruss
Harald

von Carsten R. (kaffeetante)


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Ben schrieb:
> Die Elektronik ist zum prüfen so programmiert, dass ein
> Konopfdruck einen Puls von einer Millisekunde auslöst. Danach bleibt das
> Gate low.

Heißt das Du gibst immer nur für eine Millisekunde Saft und danach ist 
der IGBT augenblicklich Schrott?

von Ben (Gast)


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@Helmut: Danke für die anschauliche Erklärung. Das mit der 
Spannungsquelle im Ersatzschaltbild kannte ich noch nicht, ist aber 
einleuchtend.

Falk Brunner schrieb:
> beim Abschalten deutlich über 600V.
> Das killt dir den IGBT, der mag keine Überspannungen.
Die Frage ist aber, wieso die hohe Spannung trotz Diode auftritt.

Ich habe mir nun doch mal die Mühe gemacht, die Bilder zu machen und 
Strompfade einzuzeichenen. Ich finde aber, dass das soweit ganz 
vernünftig aussieht (?).

Harald Wilhelms schrieb:
> eine schnelle Diode kostet ja nun wirklich nicht viel
Dann besorge ich mir jetzt einfach erstmal die schnellste Diode, die ich 
in der Spezifikation finde und bestelle sie. Leider finde ich bei den 
"normalen" Dioden, die ich hier habe keine Angaben zur Geschwindigkeit 
in den Datenblättern. Ich gehe einfach mal davon aus, dass sie dann 
recht langsam sein dürften.

von Ben (Gast)


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Carsten R. schrieb:
> Heißt das Du gibst immer nur für eine Millisekunde Saft und danach ist
> der IGBT augenblicklich Schrott?
Richtig. Einschaltet tut er, ausschalten nicht mehr richtig. Ich messe 
beim Ausschalten aber wie gesagt eine Spannungsspitze am Kollektor. 
Ausschlaggebend ist also scheinbar nicht die Einschaltdauer, sondern das 
Ausschalten.

von Helmut L. (helmi1)


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Ben schrieb:
> Ich habe mir nun doch mal die Mühe gemacht, die Bilder zu machen und
> Strompfade einzuzeichenen. Ich finde aber, dass das soweit ganz
> vernünftig aussieht (?).

Finde ich leider nicht. Deine Emitterleitung ist viel zu lang. Die wirkt 
als induktivitaet und zerschiesst dir dein Gate. Wichtig ist z.B das man 
zwischen Gate und Source (Emitter) beim IGBT eine Z-Diode einbaut und 
zwar so dicht es geht an den Transistor. Die sorgt dafuer das es keine 
Spannungsspitzen am Gate > 20V gibt (Z-Diode so 15 .. 20V)

von Carsten R. (kaffeetante)


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Und womit versorgst Du dieses Board? Auch die Zuleitung hat gewisse 
Eigenschaften, die nicht einer idealen Spannungsquelle entsprechen.

Der IGBT unterbricht nicht nur den Lastkreis der dann über die Diode 
Umgeleitet wird. Auch die Versorgung erleidet eine radikale 
Stromänderung. Und die wird wo abgefangen? Weit, weit weg jenseits des 
Boards, denn zwischen Gleichrichter und IGBT liegt kein Kondensator.

Ich unterstelle mal daß die Freilaufdiode ihren Dienst verrichtet. Dann 
schließt sie Dir den Lastkreis im Freilauf kurz und verhindert so dort 
die Spannngsspitze. Dort ist also alles gut. Aber dadurch wird Dir der 
Collector auf Versorgungsspannungsniveau gesetzt. Dadurch sieht die 
C-E-strecke am IGBT den vollen Spike in der Versorgung, der mangels 
Schutzmaßnahen in der Versorgugsseite beträchtlich sein wird.

Messe mal in der Versorgung wenn du noch einen IGBT grillen willst oder 
kümmere Dich gleich um die Versorgung.

: Bearbeitet durch User
von Falk B. (falk)


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@ Ben (Gast)

>Die Frage ist aber, wieso die hohe Spannung trotz Diode auftritt.

Die Frage ist auch, Ob sie WIRKLICH auftritt oder es nur ein Messfehler 
ist.

>Ich habe mir nun doch mal die Mühe gemacht, die Bilder zu machen und
>Strompfade einzuzeichenen. Ich finde aber, dass das soweit ganz
>vernünftig aussieht (?).

Naja. Was direkt auffällt, ist die fehlende sternförmige Verdrahtung von 
Gateansteuerung und Leistungsteil. Der Einschaltstromstoß des Motors 
hämmert voll über die Masseleitung zum Gate. Das riecht nach Ärger!
Ich hoffe auch, dass du deine Schaltung NICHT direkt am Netz betriebst 
und einen Trenntrafo benutzt! Denn du hast hier keinerlei galvanische 
Trennung!
Zur Fehlersuche sollte man wie immer systematisch vorgehen. Ersetzt 
mal deinen Motor durch eine schwache Last, Sagen wir einen 
Lastwiderstand mit 1kOhm oder so. Dann kannst du sehen, was hier 
passiert.
Wenn das klappt, nimm einen kleineren, leistungsstärkeren Widerstand.
Danach eine große Glühlampe (Einschaltstromstoß!).
Dann kann man langsam an den Motor denken.

Bei Netzspannung auf Lochraster sollte man etwas vorsichtiger sein. U.a. 
sollte man die Pins des IGBTs versetzt einlöten, damit mindestens 1 
Reihe Lochraster Abstand ist. Die Kupferringe dort sollte man entfernen, 
ein spitzes Messer reicht.

>> eine schnelle Diode kostet ja nun wirklich nicht viel
>Dann besorge ich mir jetzt einfach erstmal die schnellste Diode, die ich
>in der Spezifikation finde und bestelle sie.

Bringt wenig. Denn Bei einem EINZELPULS ist auch eine langsame 50 Hz 
Diode schnell genug, denn sie muss nur einmalig einschalten (Beim 
Abschalten des IGBT). Das können selbst langsame Dioden ziemlich schnell 
(<<1µs).
Der wesenliche Unterschied zu schnellen Dioden ist das ABSCHALTEN unter 
Strom, das ist aber erst bei PWM erforderlich.

>"normalen" Dioden, die ich hier habe keine Angaben zur Geschwindigkeit
>in den Datenblättern. Ich gehe einfach mal davon aus, dass sie dann
>recht langsam sein dürften.

Ja. Typische Sperrerholzeiten (reverse recovery time) liegen bei 1-10µs.

Ich glaube nicht, dass die Schaltzeit der Diode im Moment das Problem 
ist.

von Carsten R. (kaffeetante)


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Ben schrieb:
> Bei einer
> ohmschen Last habe ich das Problem nicht.

Ach ja, der Schein trügt. Ich bezweifle, daß du zum Vergleich eine 
ohmsche Last gewählt hast die ähnlich des Einschaltimpulses des Motors 
dimensioniert wäre.

Ich unterstelle mal das die ohmsche Vergleichslast nicht mehrere KW hat. 
Auch wenn das lastseitig keine induktiven Probleme beschert und die 
Diode dort nicht zum Zuge kommt, so würde Dir im aktuellen Aufbau die 
Induktivität in der Versorgung den IGBT höchstwahrscheinlih ebenfalls 
zerstören, denn dort ist alles ungeschützt und ungedämpft.

von Johannes E. (cpt_nemo)


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Für die "Netz"-Spannung fehlt noch ein Kondensator. Die Freilaufdiode 
wirkt zwar für die Motorinduktivität, allerdings hat dein Stromnetz auch 
eine Induktivität. Wenn der IGBT schnell abschaltet, steigt vermutlich 
die Netzspannung udn deshalb stirbt der IGBT.

von Ben (Gast)


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... Also von einigen Layoutoptimierungen abgesehen scheint ja nun die 
Versorgung das Problem zu sein. Aber was kann ich dagegen tun? Ein 220n 
Kondensator vor und nach dem Gleichrichter hatte keine Auswirkung. Muss 
ich ein größeres C nehmen? Könnte eine Suppressordiode helfen?

von Johannes E. (cpt_nemo)


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Ben schrieb:
> Ein 220n
> Kondensator vor und nach dem Gleichrichter hatte keine Auswirkung.

Du brauchst einen großen Kondensator hinter dem Gleichrichter bzw. 
besser noch direkt zwischen der Kathode der Freilaufdiode und dem 
Emitter des IGBTs.

Nimm am besten einen Elko. Als Kapazität würde ich 1 .. 10 µF 
vorschlagen, vielleicht brauchst du aber auch mehr, je nach nach 
Induktivität der Zuleitung.

Du musst dabei beachten, dass der Elko einen relativ hohen Ladestrom 
erzeugt, wenn die Schaltung direkt ans Stromnetz angeschlossen wird.
Dieser Strom sollte mit einer geeigneten Ladeschaltung (Ladewiderstand + 
Relais oder PTC-Ladewiderstand) begrenzt werden, ansonsten besteht die 
Gefahr, dass der Elko beschädigt wird.

von Johannes E. (cpt_nemo)


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Noch eine Frage:

Was soll das ganze eigentlich? Wenn es nur darum geht, einen Motor ein- 
und auszuschalten, könntest du doch auch einen Triac bzw. Solid-State 
Relais vor den Gleichrichter setzen.

Oder möchtest du den Motor vielleicht mit PWM ansteuern? In diesem Fall 
brauchst du auf jeden Fall einen Zwischenkreiskondensator, der auch eine 
ausreichend hohe Ripple-Strom-Festigkeit haben muss!

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Helmut Lenzen schrieb:
> Deine Emitterleitung ist viel zu lang. Die wirkt als induktivitaet und
> zerschiesst dir dein Gate.

Sooo lang ist diese Leitung ja auch wieder nicht (ich nehme an, du
sprichst von der Leitung zwischen Emitter und dem Knotenpunkt, wo die
Gleichrichtermasse mit der µC-Masse aufeinandertreffen). Die
Induktivität dieser Leitung erhöht auch nicht die Gate-Emitter-Spannung,
sondern führt lediglich dazu, dass der IGBT langsamer abschaltet. Da der
Motor nicht periodisch geschaltet wird, sind die Schaltzeiten hier eher
von sekundärer Bedeutung.

Ich sehe wie Johannes E. das Hauptproblem in der Induktivität der
Zuleitungen vor dem Gleichrichter. Das sollte durch einen ausreichend
dimensionierten Kondensator nach dem Gleichrichter gelöst werden können.
Dessen Mindestkapazität hängt vor allem von der Induktivität der
Zuleitungen und dem Motorstrom am Ende des Einschaltzeitraums ab. Ich
würde mal mit mindestens 10µF beginnen, um nicht noch mehr IGBTs zu
töten. Wenn du feststellst, dass damit die Spannungsspitzen wirksam
eliminiert werden, kannst du die Kapazität immer noch reduzieren.

: Bearbeitet durch Moderator
von Carsten R. (kaffeetante)


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Eigentlich bräuchte man keinen Kondensator wenn einem der Ripple egal 
wäre und die Last ausreichend träge. Aber die Welt besteht nicht aus 
idealen Bauteilen. Also braucht man doch einen Kondensator der die 
Energie der Zuleitungsintuktivität bem abschalten unter allen 
Bedingungen aufnehmen kann ohne dabei die 600 Volt zu überschreiten. Die 
Induktivität der Zuleitung ist aber nicht bekannt, da wir noch immer 
nicht wissen was Deine Schaltung versorgt. Netz oder Tenntrafo..

Es gilt für die Energie die in einer Induktivität gespeichert ist:

W = 1/2 L I²

Der Strom ist also wichtiger, da er quadratisch eingeht. Ich vermute 
dein Einphasen-Reihenschlussmotor mit 5A war ein Motor für 230 Volt AC. 
Nach der Gleichrichtung ist die Spannung höher (Spitzenspannung). Das 
ergibt einen noch höheren Einschaltstrom. Wenn Du gerade dann noch 
abschaltest... 100 nF reichen da keinesfals.

Aber, wenn es ein 230 V AC Motor wäre, dann wird er nun mit DC versorgt. 
Das geht zwar aber er benötigt dann bauartbedingt eine kleinere 
Spannung. Also achte darauf daß du ihn nicht überlastest. Mache den Elko 
nicht zu groß. Besser wäre in dem Fall eine niedrigre Spannung.

Bei diesen Fragezeichen ist es schwer eine Kapazität zu nennen. Ich wäre 
für: "So groß wie nötig, so klein wie möglich" und nicht für "Viel hilft 
viel" Ohne Zahlen kann man nur auf Erfahrugswerte setzen. Es ist auf 
jeden Fall nicht nötig den Ripple so stark wie bei einem Trafonetzteil 
zu begrenzen. Solche kapazitäten wären weder bezahlbar noch sinnvoll.

Tut mir leid daß ich dir auf die Schnelle keine Kapazität ausrechnen 
kann, muß gleich los. Wenn du den Vorschlag von Johannes testen willst 
solltest Du nicht dann abschalten wenn der Strom am höchsten ist. Also: 
Wenn der Motor anläuft warte mit dem Abschalten bis er auf Touren ist.

von Ben (Gast)


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Vielen Dank für die Hilfe! Ich weiß nicht, was ich ohne euch machen 
würde! Ich werde gleich noch etwas mit verschiedenen Kapazitäten 
herumspielen. Heute Morgen habe ich auch einfach mal eine fette 400V 
Suppressordiode hinter den Gleichrichter geschaltet. Das hat dann auch 
für einige Schaltzyklen funktioniert, bis es ihr zu viel wurde und sie 
durchgebrannt ist.

Meine Stromquelle ist ein einstellbarer Trenntrafo. Und der Motor wird 
üblicherweise von einer Phasenanschnittselektronik betrieben, also bei 
AC.
Ohne den Kondensator müsste ich ja nach der Gleichrichtung die gleiche 
mittlere Spannung auf den Motor geben. Mit Kondensator steigt dann die 
mittlere Spannung, richtig?

Wie Kritisch ist das Thema mit dem Einschaltstrom im Elko? Relais mit R 
verstehe ich, aber wie funktioniert das mit dem PTC?

Johannes E. schrieb:
> Was soll das ganze eigentlich?
Ich möchte den Motor sozusagen mit PWM ansteuern. Ursprünglich war der 
Plan aber, dass ich die 0-Durchgänge erkenne und davon abhängig meine 
Taktzeitpunkte wähle. Wichtig ist auf jeden Fall, dass ich den Motor im 
bestromten Zustand abschalten kann, also auch im Peak der Halbwelle.

Was ich nun auch mal probieren muss, ist ob das Problem nur im Anlauf 
besteht. Es wäre nämlich möglich im Anlauf nur in den 0-Durchgängen 
abzuschalten. Das Abschalten im bestromten Zustand ist erst später 
wichtig.

von Johannes E. (cpt_nemo)


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Ben schrieb:
> ... aber wie funktioniert das mit dem PTC?

Eigentlich wollte ich vorhin NTC schreiben. Die sind im kalten zustand 
hochohmig und begrenzen den Strom. Im Betrieb werden sie warm und 
niederohmig.

Google mal nach "PTC/NTC inrush current limiter", da sollten genügen 
Informationen auftauchen.

von Ben (Gast)


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Ersteinmal gute Neuigkeiten! Mit 2,2µF lässt sich der Motor pulsen ohne, 
dass etwas abraucht! Die Gleichgerichtete Spannung erreicht dabei 
allerdings immer noch 600V, was mir noch etwas grenzwertig erscheint. 
Aber das Problem schein so in den Griff zu bekommen zu sein.

Dafür habt ihr ja schon darauf hingewiesen, dass ich mir dafür gleich 
das nächste Problem einfange. Den Strom mit einem NTC begrenzen klingt 
schön einfach, aber was, wenn er noch vom letzten Betrieb warm ist und 
ich erneut einschalte?
Die Relais-Variante gefällt mir nur bedingt. Wird das Relais dann 
abhängig von der Kondensatorspannung geschaltet, oder zeitverzögert, 
also per Hardware oder schaltet man es üblicherweise mit dem Controller?

von Johannes E. (cpt_nemo)


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Ben schrieb:
> Den Strom mit einem NTC begrenzen klingt
> schön einfach, aber was, wenn er noch vom letzten Betrieb warm ist und
> ich erneut einschalte?

Ja, das ist ein Problem. Deswegen gehen manche Netzteile auch kaputt, 
wenn man sie sehr schnell mehrmals hintereinander ein- und ausschaltet.

> Die Relais-Variante gefällt mir nur bedingt. Wird das Relais dann
> abhängig von der Kondensatorspannung geschaltet, oder zeitverzögert,
> also per Hardware oder schaltet man es üblicherweise mit dem Controller?

Es ist alles erlaubt, was funktioniert. ;-)

Wenn du sowieso einen Controller mit Zwischenkreis-Spannungsmessung 
hast, dann würde ich den auch verwenden, um das Relais zu schalten. 
Ansonsten kann man auch mit einem Komparator die Zwischenkreisspannung 
auswerten und damit das Relais schalten, evtl. noch mit zusätzlicher 
Zeitverzögerung.

Ideal ist, wenn man auch noch die Netzspannung erkennt und das Relais 
sofort abschaltet, wenn das Gerät vom Netz getrennt wird. Dann kann auch 
nichts passieren, wenn man es schnell ein- und ausschaltet.

von Ulrich (Gast)


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Universalmotoren laufen zwar mit DC und AC, aber meist reicht bei DC 
eine geringere Spannung als bei AC Betrieb. Es kann also gut sein, dass 
ein Motor für 230 V AC keine gleichgerichtete Netzspannung verträgt. In 
einer Regelschleife kann das noch funktionieren, wenn die zuverlässig zu 
hohe Leerlaufdrehzahlen verhindert.

von Udo S. (urschmitt)


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Ben schrieb:
> Und der Motor wird
> üblicherweise von einer Phasenanschnittselektronik betrieben, also bei
> AC.

Ben schrieb:
> Ich möchte den Motor sozusagen mit PWM ansteuern. Ursprünglich war der
> Plan aber, dass ich die 0-Durchgänge erkenne und davon abhängig meine
> Taktzeitpunkte wähle. Wichtig ist auf jeden Fall, dass ich den Motor im
> bestromten Zustand abschalten kann, also auch im Peak der Halbwelle.

Und warum machst du das nicht so wie in Millionen Maschinen und steuerst 
den Motor mit Phasenanschnitt an?

von Carsten R. (kaffeetante)


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Ben schrieb:
> Ohne den Kondensator müsste ich ja nach der Gleichrichtung die gleiche
> mittlere Spannung auf den Motor geben. Mit Kondensator steigt dann die
> mittlere Spannung, richtig?

Nein und ja.

Zum "Nein" haben ich und danach Ulrich auch noch was geschrieben. bei 
Gleichspannung benötigt der Motor bauartbedigt weniger Spannung für die 
gleiche Leistung, was umgekehrt bedeutet daß er bei gleicher 
Effektivspannung bei DC mehr Leistung hat und womöglich überlastet wird. 
Das "Ja" von Frage 2 macht es nich besser.

Schau mal bei Wiki nach

http://de.wikipedia.org/wiki/Reihenschlussmotor#Reihenschlussmaschine

Kurzfassung was dahinter steckt:

Anker und Stator sind in Reihe geschaltet. Daher der Name ;-) Der Anker 
wird bei der Rotation ständig umgepolt. Wenn zusätzlich die 
Wechselspannung das Vorzeichen ändert, werden durch die Reihenschaltung 
beide Elemente umgepolt, so daß die Kraft weiter in die gliche Richtung 
wirkt. So weit so gut.

Allerdingst hat der Stator auch eine Induktivität. Diese bremst den 
Stromfluß, bzw reduziert durch die Reiheschaltung die Spannung am 
Rotor/Anker. Bei Gleichstrom entfällt die Ummagnetisierung. Die 
Induktivität der Stators drosselt nun nicht mehr den Strom. Daher liegt 
am Anker nicht mehr die reduzierte Spannung sondern die volle Spannung 
an. Wie groß dieser Unterschied aber genau in Zahlen ist, ist aber 
modelspezifisch. Trotzdem kan man im allgemeinen von einem Unterschied 
in nennenswerter Höhe sprechen.

von Ben (Gast)


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Udo Schmitt schrieb:
> Und warum machst du das nicht so wie in Millionen Maschinen und steuerst
> den Motor mit Phasenanschnitt an?
Weil ich gewisse Effekte ausnutzen möchte, die entstehen, wenn ich den 
Motor mit mehr als 50Hz betreibe (Kohleabrieb etc.).

Später wird der Motor drehzahlgeregelt laufen. Um die Unterschiede bei 
Gleich- bzw. Wechselspannung muss ich mir also weniger Gedanken machen.

Aktuell habe ich wie schon berichtet einen 2,2µF Elko hinter dem 
Gleichrichter. Auf diese Weise bleibt die Spannung im Rahmen und ich 
kann den Motor betreiben. Aber es gibt ein Problem! Der Elko wird viel 
zu schnell viel zu heiß. Was mache ich nun? Größerer Elko? Anderer Elko? 
Etwas ganz anderes?

von Carsten R. (kaffeetante)


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Was ist das für ein Elko?

von Johannes E. (cpt_nemo)


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Ben schrieb:
> Der Elko wird viel zu schnell viel zu heiß.

Wie steuerst du den Motor jetzt genau an? Schaltest du einmal pro 
Sinus-Halbwelle (Phasenabschnitt) oder mehrmals (PWM).

Du musst herausfinden, wie groß der effektive Ripple-Strom ist und dann 
einen Elko oder Folienkondensator wählen, der das auch aushält.

Wenn du keine große Kapazität haben möchtest, wäre ein Folienkondensator 
besser geeignet, weil die auch bei kleiner Kapazität ziemlich hohe 
Ripple-Ströme aushalten. Bei Elkos kommst du da ziemlich schnell in den 
Bereich von mehreren 100 µF, wenn der Effektivwert des Ripple-Stroms im 
Bereich oberhalb 1 A liegt.

von Carsten R. (kaffeetante)


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Und die Spannung beachten. Nicht die vom Netz und auch nicht die 
Netzspitzenspannung. Du sprichst selbst von 600 Volt. Da braucht man 
noch etwas Reserve. Das bekomt man mit einem einfachen Elko kaum hin. 
Serienschaltung, oder anderer Kondensatortyp.

Der Strom ist auch zu beachten. Das Wurde zwar schon gesagt, aber da 
wäre noch eine weitere Aternative zu nennen. In diesem Fale könnte man 
den Kondensator mit einem Widerstand zu einem Snubber machen und so den 
Strom beim Kondensator reduzieren. Eine Spannungshaltung ist hier ja 
nicht das Ziel. Es geht ja nur um die Begrenzung.

von Ben (Gast)


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Carsten R. schrieb:
> Was ist das für ein Elko?
Aktuell irgendeiner aus der Schublade. 2,2µ 450V mehr weiß ich leider 
nicht.

Johannes E. schrieb:
> Wie steuerst du den Motor jetzt genau an? Schaltest du einmal pro
> Sinus-Halbwelle (Phasenabschnitt) oder mehrmals (PWM).
Wie es am Ende sein wird, gilt es noch herauszufinden. Zum Testen takte 
ich aktuell pro Halbwelle einmal für eine Millisekunde. Später möchte 
mehrmals schalten. Über 1kHz wird es aber sicher nicht werden.

Johannes E. schrieb:
> Du musst herausfinden, wie groß der effektive Ripple-Strom ist und dann
> einen Elko oder Folienkondensator wählen, der das auch aushält.
Also mit Strommesszange mal messen?

Johannes E. schrieb:
> Wenn du keine große Kapazität haben möchtest, wäre ein Folienkondensator
> besser geeignet, weil die auch bei kleiner Kapazität ziemlich hohe
> Ripple-Ströme aushalten. Bei Elkos kommst du da ziemlich schnell in den
> Bereich von mehreren 100 µF, wenn der Effektivwert des Ripple-Stroms im
> Bereich oberhalb 1 A liegt.
Eine gute Info. Dann sehe ich mich jetzt erstmal bei den 
Folienkondensatoren um. Ein großer Elko ist besonders aus Platzgründen 
nicht so ideal.

Carsten R. schrieb:
> Du sprichst selbst von 600 Volt.
Auch ein guter Hinweis. Die aktuellen 450V sind wohl zu knapp...

Carsten R. schrieb:
> In diesem Fale könnte man
> den Kondensator mit einem Widerstand zu einem Snubber machen
Ich will doch möglichst schnell den Strom abführen. Würden sich mit 
Widerstand die Spannungspeaks nicht wieder erhöhen?

von Johannes E. (cpt_nemo)


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Ben schrieb:
>> Du musst herausfinden, wie groß der effektive Ripple-Strom ist und dann
>> einen Elko oder Folienkondensator wählen, der das auch aushält.
> Also mit Strommesszange mal messen?

Ja, das sollte am besten eine Strommess-Zange sein die man ans Oszi 
anschließen kann; alternativ Rogowski-Spule oder anderer Stromwandler.

Wenn du einen einzelnen solchen Strompuls gemessen hast, kannst du den 
Effektivwert des Stroms für unterschiedliche Schaltfrequenzen 
abschätzen.

: Bearbeitet durch User
von Carsten R. (kaffeetante)


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Ben schrieb:
> Carsten R. schrieb:
>> In diesem Fale könnte man
>> den Kondensator mit einem Widerstand zu einem Snubber machen
> Ich will doch möglichst schnell den Strom abführen. Würden sich mit
> Widerstand die Spannungspeaks nicht wieder erhöhen?

Nicht unbedingt. Der Widerstad sorgt zwar zu beginn, direkt nach dem 
Abschalten des IGBT, für einen Spannungsanstieg. Dadurch sinkt der Strom 
aber viel schneller, so daß bei richtiger Dimensionierung der Peak sogar 
kleiner ist, sogar mit kleinerem Kondensator.

Snubber:
Snubber ist nur eine Funktion, keine konkrete Bauart. hier skizziere ich 
kurz nur den RC-Snubber aus Widerstand und Kondensator.

Das setzt allerdings eine richtige Dimensionierung vorraus. Entweder 
rechnen oder experimentieren. Bislang haben wir aber auch nur geraten 
und gebastelt ohne konkrete Werte zu haben. Snubber sind ein eigenes 
Thema, ebenso ihre Dimensionierung. Im Moment haben wir 3 Varianten.

Ein kleiner Kondensator geht beim Abschalten mit der Spannung rauf und 
gibt diese Spitze auch an den Motor und den IGBT kurzzeitig ab. Der 
Energiegehalt ist aber vergleichsweise gering. Danach folgt er der 
Netzspannung bis sehr weit nach unten.

Ein großer Kondensator glättet besser, aber die effektive Spannung 
erhöht sich dadurch. Um den Motor nicht zu überlasten muß der Dutycyle 
stärker begrenzt werden.

Ein Snubber speichert einen Teil der Energie und verheizt den Rest im 
Widerstand. Der Widerstand muß also belastbar sein. Er verheizt Energie 
beim Laden und beim Entladen. Dadurch entspricht der Energiegehalt der 
Gleichgerichteten Spannung dem der Wechselspannnung am Ehesten (geringe 
Speicherwirkung des Snubber). Es bleibt aber der Effekt der 
Gleichrichtung, der diesen Motor wegen der fehlenden Ummagnetisierung, 
wie früher schon bschrieben, überlasten könnte.

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