Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Bipolare Strommessung AD620


von Andreas T. (skycurve)


Lesenswert?

Guten Tag,

ich baue gerade eine FOC Motorsteuerung und muss zwei Ströme jeweils 
bipolar messen.

Die Messung soll mithilfe von Shunts auf der LOW Side realisiert werden.
Die Werte werden über einen ADC (STM32F4) eingelesen.

Bei -10A sollen am ADC des uC 0Volt anliegen, bei 0A sollen 1.5Volt und 
bei 10A entsprechend 3Volt anliegen.

Hier wird oft der AD620 empfohlen.

https://cdn-reichelt.de/documents/datenblatt/A200/DS_AD620.pdf

Wenn ich es richtig verstanden habe, kann man mit dem AD620 Ströme nur 
in eine Richtung messen.
Hinzu kommt noch, dass der AD620 zusätzlich eine negative Spannung 
benötigt, welche ich aber später im Einsatz nicht haben werde.
Also benötige einen Rail to Rail Differenzverstärker, richtig?

Gibt es sowas als ein einzelnes Bauteil oder muss ich zwangsweise zwei 
Differenzverstärker pro Shunt verwenden.


Schön wäre, wenn man gleich zwei Ströme in beide Richtungen messen 
könnte.
Oder würdet ihr eher einen Stromsensor wie den ACS714 empfehlen?

Mit freundlichen Grüßen
  Andreas

: Verschoben durch Admin
von Jobst Q. (joquis)


Lesenswert?

Nimm doch den AD8218, der genau für solche Zwecke gedacht ist. Gibts 
auch bei Reichelt für 2,50. Einziger Nachteil: sehr winziges Gehäuse.

https://cdn-reichelt.de/documents/datenblatt/A200/DS_AD8218.pdf

: Bearbeitet durch User
von Andreas T. (skycurve)


Lesenswert?

Danke für den Tipp, suche schon den ganzen Tag, bin auf diesen aber noch 
nicht gestoßen. Schade dass der so klein ist.
Gibt es sowas ähnliches nur DIP-8?

Habe noch diesen hier gefunden:
http://pdf1.alldatasheet.com/datasheet-pdf/view/517573/TI/INA210A.html

scheint aber auch so winzig zu sein und gibts nicht bei reichelt.

Vielleicht hat ja noch jemand eine Idee :)

von ichbin (Gast)


Lesenswert?

Hallo Andreas

Die MSOP gehen doch noch halbwegs für Bastler ohne großartiges 
SMD-Werkzeug zu verarbeiten.
Ich verwende dafür immer solche Adapterplatinchen:
Beispiel: 
http://www.ebay.de/itm/10x-SMD-Adapterplatine-SOIC-MSOP-SOP-SO-SSOP-TSSOP-8-Kontakte-1-27mm-und-0-65mm-/161400043111?pt=Elektromechanische_Bauelemente&hash=item2594313667

ichbin

von Andreas T. (skycurve)


Lesenswert?

Guten Abend,

ja stimmt, sieht eig. machbar aus. Werde mir die Adapterplatten 
bestellen.
Weiß nur noch nicht ob den AD8217 oder AD8218 brauche, muss noch die 
Datenblätter vergleichen.

Ich hätte noch eine Frage bezüglich des Gains (also 
Verstärkungsfaktor?).
Auszug aus Datenblatt AD8218:
----------------
gain of 20 V/V |
----------------

bedeutet es, dass die Spannung zwischen +IN und –IN 20x verstärkt wird?
Wenn ich zB -15A .. +15A messen will folgende Rechnung:
(höchstmögliche Spannung am ADC: 3Volt)
3V / 2 = 1.5V
1.5V / 20 = 0.075V
R = U / I:
R = 0.075V / 15A = 0.005 Ohm
Also brauche ich für die Messung einen 0.005R Shunt und an REF muss ich 
1.5 Volt anlegen.
Kenne mich mit OPVs noch nicht aus :(

Edit: Laut Datenblatt handelt es sich um einen HIGH Side current 
monitor.
Verstehe ich es richtig, dass man den auch auf der LOW Side einsetzten 
kann, da der sowieso bidirektional ist?

Mit freundlichen Grüßen
  Andreas

: Bearbeitet durch User
von U. M. (oeletronika)


Lesenswert?

Hallo,
der AD620 ist ein Instrument-OPV.
Die nimmt man sehr gern, wenn eine gleichtaktbehaftete Differenzspannung 
am Ausgang auf Massepotential verstärkt werden soll.

Dazu gibt es noch ein nettes Gimmik. Mit dem Referenz-Pin kann man den 
Ausgang mit einem definierten Offset versehen, in deinem Fall  +1,5V.
Dann kannst du mit dem Teil auch beide Polaritäten messen.

Das Problem mit der negativen Betriebsspannung läßt sich leicht mit 
einer Ladungspumpe  lösen. Die klassische Ladungspumpe ist der ICL7660.

Alternativ könnte man am Ausgang des OPV einen zusätzlichen 
npn-Transistor
setzen. Damit kannst du das Aussteuersignal am Ausgang soweit anheben, 
dass der OPV auch ohne neg. Betriebsspannung funktioniert.
Bei solchem Konstrukt besteht aber mögl. Schwingneigung wegen der 
zusätzlichen Verstärkung. Außerdem muß die Beschaltung am Eingang 
negiert werden.

Noch eine andere Variante ginge so, dass du den OPV nicht von 0-3V 
sondern z.V. von 0-18V aussteuern läßt (also 6-fache höhere Verstärkung) 
und dann hinter den OPV noch einen Spannungsteiler 4:1 setzt.
Das hat den Vorteil, dass die Dropspannung gegen Masse auf ein 1/5 
reduziert wird.
Statt 0-3V mit Mittenspannung 1,5V würde sicher auch z.B. 0,3-3V mit 
Mittenspannung 1,65V gehen, oder?

Gruß Öletronika

von Andreas T. (skycurve)


Lesenswert?

Hallo Öletronika,

bedeutet „auf Massepotential verstärkt“ bei zB. 3-facher Verstärkung, 
dass

-5V auf -15V
+6V auf +18V

verstärkt werden?

Wenn ich jetzt noch eine Ref-Spannung von 1.5V anlege:

-5V   =>   (-15V + 1.5V) = -13.5V
+6V   => (+18 + 1.5V) = 19.5V

Stimmt das?

Das mit der Ladungspumpe ist ein guter Tipp! Könnte man statt dieser 
auch einen DC/DC Wandler mit galvanischer Trennung verwenden?

Man könnte auch auf 1.65 Mittelspannung gehen. Welchen Vorteil würde es 
mir bringen?

Gruß
Andreas

von U. M. (oeletronika)


Lesenswert?

Hallo,
> Andreas True schrieb:
> bedeutet „auf Massepotential verstärkt“ bei zB. 3-facher Verstärkung,
> dass
> -5V auf -15V
> +6V auf +18V
> verstärkt werden?
??? Da muß man doch nix verstärken.
Ein Instrument-OPV ist eine spezielle OPV-Schaltungstechnik.
http://www.elektronik-kompendium.de/public/schaerer/diffamp.htm
Um die Besonderheit zu verdeutlichen, stelle dir vor, du willst deinen 
Motorstrom nicht Lowside gegen Schaltungsmasse bestimmen, sondern 
Highside.
Da hättest du z.B. 0,01 Ohm -> macht bei +/-10A genau +/-0,1V 
Differenzspannung über den Meßschunt.

Aber diese Meßspannung "hängt oben quasi in der Luft", hat also einen 
Gleichtakt von z.B. ca. 24V.
Mit einem Instrument OPV kannst du nun die +/-0,1V auf +/-1,5V 
verstärken und diese am Ausgang als Spannung gegen Schaltungsmasse 
ausgeben, eben mit einem Aussteuerbereich von -1.5V bis +1,5V.
Dann gibst du an dem Referenzspannungspin noch ein Potential von 1,5V 
drauf, damit hebt sich der Aussteuerbereich auf 0V bis 3,0V an.
Der Instrumentverstärker macht also 3 Sachen:
1. Differenzspannung mit Faktor 15 verstärken
2. Die Ausgangsspannung gleichtaktfrei (mit Massebezug) ausgeben
3. Einen wählbaren Offset dazu geben.

> Wenn ich jetzt noch eine Ref-Spannung von 1.5V anlege:
> -5V   =>   (-15V + 1.5V) = -13.5V
> +6V   => (+18 + 1.5V) = 19.5V
> Stimmt das?
Falls du die Verstärkung so einstellst, dass aus +/-0,1V z.B. +/-7,5V am 
Ausgang werden (Faktor 75), dann müßtest du als Offset +7,5V drauf 
geben.
Dann wäre der Aussteuerbereich am Ausgang 0 bis +15V mit Mittenspannung 
+7,5V.

> Das mit der Ladungspumpe ist ein guter Tipp! Könnte man statt dieser
> auch einen DC/DC Wandler mit galvanischer Trennung verwenden?
Kann man, aber brauchst du die galv. Trennung?
DCDC-wandler wäre aber evtl. auch einfacher zu handhaben.

> Man könnte auch auf 1.65 Mittelspannung gehen. Welchen Vorteil würde es
> mir bringen?
Wenn ohne neg. Betriebsspannung die Aussteuerung nicht 0V bis 15V, 
sondern nur 1,5V bis 15V zu erreichen ist, dann wäre mit Spannungteiler 
4:1 am ADC eine Spannung von 0,3V bis 3V auszuwerten.
Da wäre die Mittenspannung bei 1,65V (= 0A) mit je 1,35V 
Aussteuerbereich nach oben und unten für +/-10A.
Gruß Öletronika

: Bearbeitet durch User
von Andreas T. (skycurve)


Lesenswert?

Guten Abend,

vielen Dank für deine sehr ausführliche Beschreibung. Nun habe ich alles 
verstanden. Werde morgen noch den Elektronik-Kompendium Artikel genau 
lesen.

Habe mir nun beide, den AD8218 und den AD620 bestellt.

Gruß
Andreas

von Andreas T. (skycurve)


Lesenswert?

Hallo,
ich hätte eine Frage zum AD8218.

Wie viel Strom darf maximal durch den OUTPUT fließen? Im Datenblatt 
finde ich dazu nichts.

http://www.analog.com/static/imported-files/data_sheets/AD8218.pdf


Angeschlossen habe ich ihn folgendermaßen:

+IN: hängt in High Side auf +12Volt
Vs: nichts angeschlossen
ENB: nichts
GND: Ground
NC: nichts
REF: +1.5Volt Referenz Spannung
-IN: die „andere“ Seite vom Messwiderstand in High Side

Eigentlich genau so wie es im Datenblatt „Figure 29. Operation with No 
VS Connection“ beschrieben ist, nur 1.5 statt 2.5 Ref Spannung.

Ich habe vor, die Spannung auf dem OUT mit ADC (STM32) zu messen.  Würde 
aber gerne einen Vorwiderstand an OUT des AD8218 hängen um ihn zu 
schützen, da ich leider schon 2st. gekillt habe :(

Grüße
Andreas

von Andreas T. (skycurve)


Lesenswert?

Noch eine Frage:
Datasheet, s.12 BIDIRECTIONAL HIGH-SIDE CURRENT SENSING:

'The user must ensure that the voltage
applied at Pin 7 (REF) is from a low impedance source'

gleichzeitig auf s.3 in der Tabelle unter 'REFERENCE INPUT'
steht 1.5MOhm.

Die Ref. Spannung von 1.5Volt erzeuge ich mit einem 3.3Volt 
Spannungswandler + 250R Poti. Ist das so in Ordnung?

von Marius S. (lupin) Benutzerseite


Lesenswert?

Andreas True schrieb:
> Die Ref. Spannung von 1.5Volt erzeuge ich mit einem 3.3Volt
> Spannungswandler + 250R Poti. Ist das so in Ordnung?

Sollte in Ordnung sein.
Ich vermute mal die Ref-Spannung soll nur niederohmig sein, damit bei 
schwankenden Ref-Strom der Messwert stabil bleibt.

Warum nutzt du nicht die Versorgung mittels Vs?

Wie hast du die vorherigen denn gekillt?

: Bearbeitet durch User
von Andreas T. (skycurve)


Lesenswert?

Laut Datenblatt ist Vs optional und kann verwendet werden, wenn der Plus 
(High-Side) zum Rauschen neigt oder irgendwelche anderen Störungen 
enthält.
Ich habe auch testweise an Vs +5Volt gelegt und am OUT mit dem Scope 
keinen Unterschied festgestellt.


> Wie hast du die vorherigen denn gekillt?

Ein AD8218 musste dran glauben weil ich (testweise) +IN und -IN 
vertauscht habe. Beim anderen bin ich mir nicht sicher, habe den OUT-Pin 
über einen 1kOhm und 100nF an Masse gelegt um am Scope ein etwas 
glatteres Signal zu sehen. Entweder hat er das nicht verkraftet oder ich 
bin aus Versehen mit OUT irgendwo in der Schaltung drankommen.
=> in beiden Fällen selbst schult :/

Daher die Frage welchen Widerstand ich an OUT hängen kann um ihn zu 
schützen aber gleichzeitig die Messung nicht zu stark zu verfälschen.

Grüße
Andreas

von Marius S. (lupin) Benutzerseite


Lesenswert?

Das hängt vom Eingangswiderstand des AD Wandlers ab. Der Ausgang selbst 
soll laut Datenblatt einen Innenwiderstand von 2 Ohm haben.

Ich würde einfach mal 10kOhm und 1n versuchen. Ich glaube nicht, dass 
man den Ausgang schützen muss, aber Tiefpass macht schon Sinn.

von Andreas T. (skycurve)


Lesenswert?

Danke für den Tipp. Denkst du ich könnte als Tiefpass auch 10k + 68nF 
Folienk. nehmen? Habe hier gerade nur 100nF, 68nF Folie und 100pF 
Keramik.

Wobei bei 10kOhm eig. nichts kaputt gehen sollte. Aber bevor ich noch 
einen verbrate...

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.